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Qualitativer Utilitarismus von Mill

In diesem Video werde ich euch den qualitativen Utilitarismus von John Stuart Mill erklären. Falls ihr neu auf dem Kanal seid und euch für Philosophie interessiert, abonniert gerne den Kanal und aktiviert die Glocke. Auf diese Weise verpasst ihr kein Video mehr. Jetzt wünsche ich euch viel Spaß mit dem qualitativen Utilitarismus von John Stuart Mill. Zuallererst möchte ich anmerken, dass Mill ein Schüler von Bentham war und dessen Utilitarismus weiterentwickelt hat.

Deshalb ist es sinnvoll zuerst zu schauen, was Bentham gesagt hat und dann zu betrachten, inwiefern Mill das weiterentwickelt hat. Zu Banthams Utilitarismus habe ich bereits ein Video gemacht. Ihr findet es oben in der Infokarte.

Mein Bantham Video bildet gewissermaßen die Grundlage für dieses Video, weil ich euch jetzt erklären werde, inwiefern Mill den Utilitarismus von Bantham weiterentwickelt hat. Also wenn ihr möchtet, schaut gerne zuerst das Bantham Video und dann dieses hier an. Jetzt würde ich sagen, legen wir los. Zur Erinnerung, was besagt nochmal der Utilitarismus?

Er besagt, dass eine Handlung genau dann moralisch richtig ist, wenn sie die größtmögliche Summe von Glück für alle Betroffenen erreicht. Bentham hat Glück bzw. Lust ja rein quantitativ verstanden. Nach Bentham kann man die Stärke und die Dauer von Lust neben einigen anderen quantitativen Kriterien bestimmen und verschiedene Lüste so vergleichen.

Vereinfacht gesagt, wenn Chips essen z.B. eine Lustanheit pro Stunde erbringt und ein Philosophiebuch zu lesen 5 Lustanheiten pro Stunde erbringt, Dann müsste man 5 Stunden lang Chips essen, um eine Stunde lang Philosophiebuchlesen auszugleichen. Jetzt kommt aber Mill und sagt, dass es neben diesen quantitativen Aspekten von Lust, wie der Stärke und der Dauer der Lust, auch noch qualitative Aspekte gibt, die man bei der Bewertung von Lustempfindungen berücksichtigen muss. Deshalb bezeichnet man Mills Utilitarismus auch als einen qualitativen Utilitarismus. Mill sagt, dass die geistigen Lüste qualitativ besser sind als die niederen Lüste.

Nach Mill könnte man also das Philosophiebuchlesen wahrscheinlich nicht durch Chipsessen ausgleichen. Das liegt daran, dass das Philosophiebuchlesen nach Mill als geistige Lust von höherer Qualität ist als das Chipsessen, was eine niedere Lust darstellt. Mill schreibt, es ist besser ein unzufriedener Mensch zu sein als ein zufriedenes Schwein. Besser ein unzufriedener Sokrates als ein zufriedener Nare.

Das liegt daran, weil der Mensch und Sokrates zu höheren geistigen Lüsten fähig sind als das Schwein und der Nare. Also obwohl Schwein und Narr eigentlich glücklich sind, fehlt ihnen die qualitativ hochwertige Lust, Und deshalb haben sie nach Mill das schlechtere Leben. Um es auf den Punkt zu bringen, Mill unterscheidet Lustempfindungen hinsichtlich Qualität und Quantität, während Bentham sie nur hinsichtlich ihrer Quantität unterscheidet.

Außerdem soll man nach Mill die qualitativ höherwertige Lust immer einer qualitativ niederen Lust bevorzugen. Mit der Begründung, dass man qualitativ hochwertige Lüste nicht durch niedere Lüste ausgleichen kann. An der Stelle eine kleine Randnotiz, Mill muss auch sagen, dass man die qualitativ hochwertigen Lüste nicht durch die niederen Lüste ausgleichen kann.

Weil wenn man die qualitativ hochwertigen Lüste durch die qualitativ niederen Lüste ausgleichen könnte, dann würde der Unterschied letztendlich nur quantitativ sein. Also wenn man tatsächlich durch Chips essen das Philosophiebuchlesen ausgleichen könnte, dann läge ich hier einen rein quantitativen Unterschied vor. Soviel dazu, jetzt zurück zum Video. Jetzt könnte man den Einwand vorbringen, dass viele Menschen ja freiwillig zu niederen Lüsten greifen.

Die meisten von uns greifen ja spontan vielleicht lieber zu Chips und Netflix, als jetzt ein Gedicht zu lesen. Wie passt das jetzt damit zusammen, dass die qualitativ hochwertigen Lüste immer zu bevorzugen sind? Mill schreibt, dies, also dass viele Menschen zu den niederen Lüsten greifen, ist mit der vollen Anerkennung der inneren Überlegenheit der höheren Befriedigungen durchaus vereinbar.

Aus Charakterschwäche entscheiden sich Menschen, sowohl bei der Wahl zwischen zwei Sinnlichen, wie auch bei der Wahl zwischen sinnlichen und geistigen Freuden, oft für das nähere Gut. Obgleich sie wissen, dass es einen geringeren Wert hat. Also obwohl wir wissen, dass wir eigentlich lieber ein Philosophiebuch lesen sollten, greifen wir doch zu Tipps und Netflix. Diese These erscheint schon irgendwo plausibel, weil wir uns ja oft denken, wir müssten eigentlich X tun, zum Beispiel ein Philosophiebuch lesen, und würden uns auch besser fühlen, wenn wir das machen, aber greifen dann oft zum näheren Gut, z.B.

Netflix, und fühlen uns hinterher schlecht. Um es auf den Punkt zu bringen, nur weil Menschen in der Praxis aus Charakterschwäche manchmal niedere Lüste bevorzugen, heißt das nicht, dass diese niederen Lüste erstrebenswerter werden als die qualitativ besseren Lüste. Kommen wir zum nächsten Punkt.

Eine wichtige Frage ist, wie man überhaupt bestimmt, welche Lust qualitativ hochwertig ist und welche Lust qualitativ minderwertig ist. Mill hat da eine bestimmte Methode zur Ermittlung der Qualität von Lustempfindungen entwickelt. Und zwar schreibt Mill folgendes. Darüber, welche von zwei Befriedigungen es sich zu verschaffen am meisten lohnt, kann nur das Urteil derer, die beide erfahren haben, oder, wenn sie auseinander gehen sollten, dass der Mehrheit unter ihnen als endgültig gelten.

Was anders sollte darüber entscheiden, welche von zwei Schmerzempfindungen die heftigste oder welche von zwei lustvollen Empfindungen die intensivste ist, als das Mehrheitsvotum derer, denen beide vertraut sind. Das heißt, wenn wir entscheiden wollen, ob Chips essen oder ein Philosophiebuch lesen, die höhere Qualität hat, müssen wir schauen, was die Experten dazu sagen. Die Experten sind die, die beide Lüste erfahren haben und deshalb mit denen vertraut sind. Jedoch könnte dieses Argument zirkulär sein, weil Mill nur diejenigen als Experten durchgehen lässt, die die geistigen Lüste auch wirklich als qualitativ besser einstufen.

Also wenn jetzt jemand sagen würde, Netflix schauen ist eine qualitativ bessere Lust, als ein Philosophiebuch zu lesen, dann würde Mill sagen, dass er die Lust des Philosophiebuchlesens nicht wirklich kennt und deshalb kein Experte ist. Also Mill lässt im Endeffekt nur die Personen als Experten zu, die auch seinen Standpunkt teilen. Ob Mills Methode zur Bestimmung der Qualität von Lustempfindungen wirklich plausibel ist, ist eine sehr interessante Frage, die ich aber in diesem Video nicht aufgreifen möchte. Bevor ich zum nächsten Punkt komme, möchte ich erwähnen, dass ich vor zwei Jahren mal eine Hausarbeit über Mills Unterscheidung von Lustempfindungen hinsichtlich Qualität und Quantität und über seine Methode zur Bestimmung der Qualität von Lustempfindungen geschrieben habe. Darin sind die Punkte, die ich bis jetzt erklärt habe, noch einmal viel ausführlicher und detaillierter beschrieben.

Außerdem habe ich dort noch einige Kritikpunkte an Mill erwähnt, die den Rahmen dieses Videos sprengen würden. Falls euch das näher interessiert, kommt gerne in unseren Discord-Server und schreibt mich an. Den Link zum Discord-Server findet ihr in der Videobeschreibung. Dann kann ich euch die Hausarbeit gerne zusenden, falls ihr da Interesse habt. Jetzt möchte ich einen weiteren Punkt ansprechen, bei dem sich Mills Utilitarismus von Benthams Utilitarismus unterscheidet.

Und zwar ist Mills Utilitarismus ein sogenannter Regelutilitarismus, während Benthams Utilitarismus ein sogenannter Handlungsutilitarismus ist. Handlungsutilitarismus bedeutet, dass jede Situation einzeln utilitaristisch bewertet wird. Also für jede Situation wird einzeln geschaut, welche Handlung die Folgen hervorbringt, die das Glück aller Betroffenen maximieren.

Beim Regelutilitarismus von Mill ist es jedoch anders. Und zwar wird hier davon ausgegangen, dass es viel zu aufwendig ist, jede Situation einzeln für sich zu beurteilen. Deshalb sollen Regeln gemäß den utilitaristischen Prinzipien ausgearbeitet werden, damit nicht jede Situation einzeln beurteilt werden muss.

Zum Beispiel könnte eine solche Regel sein, du sollst Versprechen immer halten. Diese Regel könnte man mit der Begründung aufstellen, dass durch sie das Glück aller Betroffenen maximiert wird, weil wenn Versprechen immer gehalten werden, kann man sich gegenseitig vertrauen und das führt eben dazu, dass das Glück aller maximiert wird. Jetzt kann es aber natürlich Situationen geben, in denen es nach dem Handlungsutilitarismus geboten sein könnte, ein Versprechen zu brechen. Nehmen wir als Beispiel, dass ich jemandem versprochen habe, ihn nie anzulügen. Jetzt kommt aber eine Situation auf, in der ich durch eine Lüge viele Menschenleben retten könnte.

Man könnte jetzt sagen, der Regelutilitarismus ist in dem Fall schlechter als der Handlungsutilitarismus, weil ich in diesem Beispiel wegen der Regel eine Handlung wählen muss, die zwar vielleicht im Gesamtdurchschnitt aller Situationen das Glück maximiert, aber in dieser speziellen Situation wäre es ja doch gut, wenn ich die Regeln brechen würde, weil ich dann eben durch diesen Regelbruch in dieser einen Situation das Glück aller maximieren würde, indem ich eben Menschenleben rette. Ein überzeugter Regelutilitarist könnte einwenden, dass die Regel dann einfach nicht gut aufgestellt war, wenn ein Regelbruch in bestimmten Situationen geboten ist. Diese Diskussion möchte ich an der Stelle nicht weiter ausführen.

Ich wollte nur zeigen, dass es diesen Streit zwischen Handlungs-und Regelutilitaristen gibt. Wir können also festhalten, dass Banthams Utilitarismus ein quantitativer Handlungsutilitarismus ist, weil nur quantitative Aspekte von Lust berücksichtigt werden und jede Situation einzeln für sich beurteilt wird. Auf der anderen Seite gibt es Mills qualitativen Regelutilitarismus, in dem Lustempfindungen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ unterschieden werden und Regeln gemäß utilitaristischen Prinzipien aufgestellt werden sollen, die man dann befolgen soll.

Mill und Bentham gehen beide davon aus, dass der Mensch nach Glück und dem Vermeiden von Leid strebt. Daraus folgern beide, dass man mit seinen Handlungen das Glück aller maximieren soll. Sie schließen hier also von einer Feststellung auf eine Norm.

Warum das problematisch ist, erkläre ich in diesem Video. Falls euch das interessiert, klickt gerne drauf. Ich wünsche euch viel Spaß damit. Bis gleich.