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Machtkampf zwischen König und Papst im Mittelalter

Die Mitte Europas im zweiten Jahrtausend. Ein Land, das lange braucht, um eins zu werden. Menschen, die sich erst im Laufe der Jahrhunderte als deutsch verstehen. Wer sind wir? Woher kommen wir? Fragen an ein Jahrtausend deutsche Geschichte. Im 11. Jahrhundert kommt es zum Streit. Wer ist der Stärkere? Der König der Deutschen oder der römische Papst? Papst Gregor und Heinrich IV. kämpfen um die Macht. Die deutschen Fürsten, sie entscheiden mit über Niederlage oder Sieg. Dass der Name des Papstes einzigartig ist in der Welt. Was ertraubt sich dieser Papst? Dass alle Fürsten nur dem Papst die Füße küssen dürfen. Ich bin der König der Römer, der künftige Kaiser, Nachfolger Karls des Kronen. dass er selbst von niemandem sonst gerichtet werden kann. Ein Kampf um die Macht im Königreich der Deutschen und im christlichen Abendland. Dass er allein Bischöfe absetzen und wieder einsetzen kann. Ein anderer besteige den Thron des heiligen Petrus. Dass es dem Papst erlaubt ist, den Kaiser abzusetzen. Musik In der Burg Canossa in Oberitalien bahnt sich die Entscheidung an. Ihr Name wird in die Geschichte eingehen. Es beginnt mit einer beunruhigenden Nachricht an Papst Gregor VII., der hier Zuflucht gesucht hat. Der deutsche König Heinrich ist im Anmarsch. So verfügen wir, dass der Landbesitz der Region übergeht... Er ist gekommen, heiliger Vater. Regt euch nicht auf. Wer ist gekommen? Der deutsche König, Heinrich. Er steht vor dem Tor. Vater! Vater! Immerhin hat Gregor VII. den deutschen König abgesetzt. Er wird nicht wagen, uns hier anzugreifen. Er ist ganz allein und er trägt ein Büßerhemd. Einen solchen Vorgang hat es in der Geschichte noch nicht gegeben. Was treibt den König als Büßer zum Papst? Vater! Vater! Was sollen wir tun, Heiliger Vater? Soll ich das Tor öffnen lassen? Nein. Der Kampf zwischen dem römischen Papst und dem deutschen König prägt das späte 11. Jahrhundert und verleiht auch dieser Stadt eine ganz besondere Bedeutung. Speyer. Es ist die über alles geliebte Stadt der Saarland, die hier auch das damals größte Gotteshaus der Welt errichtet haben, in Speyerer Dom. Für Heinrich und seine Vorfahren ein Ausdruck königlicher Macht und christlichen Kaisertums. Als Kind wird Heinrich der vierte deutsche König. Sein Vater Heinrich III. leitet an Gicht und muss sich beeilen, seine Nachfolge zu sichern. Gewählt wird der Herrscher nach alter Tradition von den deutschen Fürsten. Sie sind die Säulen des Reiches, wie es heißt. Und erst ihr treue Schwur macht den Königssohn zum Herrscher. Schwört eurem zukünftigen König, meinem Sohn... Die Treue. Die selbstbewusste Dynastie der Salier, sie sieht sich zum Königtum berufen. Sehen die Fürsten das genauso? Deine Feinde sind meine Feinde. Deine Freunde sind meine Freunde. Ich will dir allzeit treu und gewärtig sein. Doch wie die Quellen berichten, geschieht nun etwas Unerwartetes. Deine Feinde sind meine Feinde. Deine Freunde sind meine Freunde. Ich will dir allzeit treu und gewärtig sein. Wenn du ein gerechter Arscher wirst. Der mächtige Herzog von Schwaben, Rudolf von Rheinfelden, knüpft seine Gefolgschaft erstmals an eine Bedingung. Nur einem gerechten König will er die Treue halten und steht damit nicht allein. Die Fürsten waren mit der Herrschaftsführung Heinrichs III. sehr unzufrieden. Es gab eine starke Opposition und sie bringen mit diesen Worten eine Warnung an den Vater zum Ausdruck. Gleichzeitig aber stellen diese Worte auch eine Hypothek für den kleinen Heinrich IV. dar, von dem sie erwarten, dass er ein König in ihrem Sinne wird. Wann wird die Hypothek fällig? Der Vater Heinrich III. stirbt drei Jahre nach der Wahl des jungen Königs. Seine Schultern müssen künftig die Last der Verantwortung tragen. Das Reich, über das Heinrich IV. eines Tages herrschen soll, bedeckt halb Europa. Seit dem 10. Jahrhundert ist der deutsche König auch Kaiser der römischen Christenheit. Zu seinem Machtbereich gehört Oberitalien und seit 1033 auch Burgund. Auf deutschem Boden leben damals etwa 5 Millionen Menschen. Es ist die Zeit, in der aus manchen Dörfern kleine Städte werden. Geschützt durch Mauern, mit festeren Wegen und Gebäuden, ziehen sie die Menschen an, öffnen ihre Tore für Handel und Wandel. Medizinische Versorgung muss man sich leisten können. Gleich hab ich ihn, gleich hab ich ihn! Die meisten Menschen leben auf dem Land, haben gerade das Notwendigste, dienen als Unfreie ihren Herren. Technischer Fortschritt erleichtert auch damals schon das Leben. Bessere Ernährung lässt die Menschen älter werden. Die durchschnittliche Lebenserwartung steigt auf immerhin 32 Jahre. Die Fläche, die ein Bauer bewirtschaften kann, wird immer größer. Macht und Besitz im Reich teilen sich die Fürsten, die Bischöfe, der Adel und der König. Einen festen Herrschaftssitz gibt es immer noch nicht. Regiert wird dort, wo der Monarch gerade ist. Doch Dürr ist damals noch ein Kind und unter Vormundschaft der Mutter, Königin Agnes. In den Anahnen des Jahres 1056 steht, das war der Anfang der Übel. Er war ein Knabe. Die Mutter gab leicht nach, indem jeder ihr Ratschlag erteilte. Dieser Mann würde das gern übernehmen. Ein päpstlicher Gesandter namens Hildebrandt erscheint am Hof der Königin. Er tritt für die Erneuerung der Kirche ein und für die Rechte des Papstes gegenüber dem König. Halt! Heinrich! Handelt man so seine Gäste? Nein. Entschuldigt. Man hat seit eurem letzten Besuch schon einiges von euch gehört, Hildebrandt. Ihr wollt die vielen Missstände in der Kirche bekämpfen. Das ist wahr. Die Klöster leben in Saus und Braus. Wir müssen der Weiberwirtschaft bei den Priestern ein Ende machen. Und die Bischöfe, die Bischöfe, die Bischöfe müssen wieder, sie müssen unbedingt wieder... Mehr dem Papst als dem König folgen. Entschuldige dich bitte bei Herrn Hildebrandt. Selbst unser Herr Jesus Christus musste seiner Mutter gehorchen. Entschuldigung. Es wird nicht bei dieser Begegnung bleiben. Er muss zu Bett. Entschuldigt. Wie lange müssen wir uns noch auf diese Weise demütigen lassen? Ihr habt völlig recht. Wem hat der Herr das höchste Amt auf Erden übertragen? Kommt! Päpstlicher Legat, der das deutsche Königtum in die Schranken weisen will und selbst nach höheren Weihen strebt. Doch es gibt auch andere, die den König gefügig machen wollen. Die Pfalz Kaiserswerth bei Düsseldorf war damals Schauplatz einer dramatischen Entführung. Drahts hier ist der Erzbischof Anno von Köln. Ihn und andere Fürsten hatte die Mutter des jungen Königs zu einem Hoftag eingeladen. Das ist wirklich ein ganz besonders schönes Schiff. Es ist pfeilschnell. Von Köln aus haben wir nicht einmal zwei Stunden für die Fahrt benötigt. Steig ein! Der junge König wird auf ein Schiff gelockt, das am Rheinufer verteugt liegt. Der Erzbischof ist nur einer von vielen Fürsten, die den Monarchen in sicherer Obhut wissen wollen. In ihrer eigenen. Zunächst schöpft niemand Verdacht. Was tut ihr denn? Heinrich! Keiner der Fürsten schreitet ein, um den Raub des Königs zu verhindern. Heinrich soll nach Köln verschleppt werden, um die nächsten Jahre in Gewahrsam von Erzbischof Anno zu verbringen. Der Junge spürt die Gefahr, versucht zu entkommen. Um ein Haar hätte es den jungen Salier das Leben gekostet. Trotz Rettung in letzter Sekunde, die Entführung ist das Trauma seiner Kindheit. Der Erzbischof von Köln ist einer der mächtigsten Fürsten seiner Zeit. Erzbischof Arno von Köln war, das kann man wohl sagen, in Sorge um das Reich. Die Königsherrschaft bis dahin hat die Interessen der Fürsten zu wenig berücksichtigt. Das führt dazu, dass er den jungen Heinrich IV. entführen lässt, der berühmte Staatsstreich von Kaiserswerth, um Heinrich IV. nach reinem Sinn, im Sinne der Fürsten zu erziehen, zu einem gerechten König. Wer hat nun die Macht im Reich? In Goslar, seinem Geburtsort, ist auch der Thron Heinrichs IV. erhalten. Doch der steht damals erst einmal leer. Anstelle des Königs entscheiden nun die mächtigen Fürsten im Reich. Und das erlebt nicht nur innere Unruhe. Als die Zeit für Heinrichs Thronbesteigung gekommen ist, stehen Aufstände im Osten bevor. Doch die rebellierenden Slaven werden bezwungen und unterworfen. Künftig ist König Heinrich, Kraft seines Amtes, für die Verteidigung des Reiches nach innen und außen verantwortlich. Als der König volljährig wird, entlassen ihn die Fürsten aus der Obhut. Im März 1065 wird Heinrich IV. für mündig erklärt und erhält sein Königreich zurück. Die Bischöfe hoffen ihn zu einem rechtschaffenen Herrscher erzogen zu haben. Wie seine Vorgänger ist auch er ein Reisekönig. Sein Leben lang wird er durch sein Reich reiten. Mehr als 120.000 Kilometer, dreimal um die Welt. Sein Hofstaat reist mit ihm. Es sind bis zu 2000 Ritter, Handwerker, Dienstleute und Hofschreiber. Zwischen den königlichen Pfalzen liegen lange Wege. Versorgt werden der Monarch in sein Gefolge von den Bauern der Umgebung. Ein Dutzend Ochsen, tausende von Scheffeln Getreide, hunderte Ziegen und Schweine, zahllose Strohballen und Fässer mit Wein und Bier, tausende Eier und die Hühner gleich noch mit dazu. Was soll das? Wieso nur drei Eier? Ich hab nur die drei. Du hast drei Hühner und von jedem sollst du drei Eier abgeben. Ein königlicher Aufenthalt war eine große Idee. Ehre und enorme Bürde. Zwar wird der Monarch auf seinen Wegen gut bewacht, doch auch er ist gegen Krankheiten nicht gefeit. Gegen Infektionen gibt es keinerlei medizinische Hilfe. Schon eine Erkältung kann zum Tode führen, auch bei einem König. Nur wenige Herrscher im Mittelalter wurden älter als 40 Jahre. Heinrich IV. war laut Quellen in der Jugend schwer erkrankt, doch als Erwachsener erfreute er sich bester Gesundheit. Für Menschen des Mittelalters war der König mit 1,80 Meter ungewöhnlich groß und athletisch gebaut, wie an seinem Skelett gemessen wurde. Gefunden wurde es, als im Jahr 1900 im Speyerer Dom die saalischen Kaisergräber geöffnet und die Gebeine und Grabbeigaben erstmals untersucht werden konnten. Das Skelett Heinrichs IV. ist verblüffend gut erhalten. Es zeugt, so Experten, von einem Leben im Sattel. Der Schädel deute auf markante Gesichtszüge. Ein Schneidezahn wurde wohl in der Jugend ausgeschlagen. Andere Zähne sind stark abgerieben. Heinrich IV. ist der dritte Salier auf dem Thron. Schon sein Großvater begann mit dem Bau des Domes von Speyer. Unter der Herrschaft seines Enkels wird er zur größten Kirche der Welt. Heinrich will der Salier-Dynastie ein Denkmal setzen, seinem Verständnis von Gott, der Welt und vom eigenen Königtum Ausdruck verleihen. Auf Augenhöhe mit dem Papst widerstehen, wie dieser sieht er sich von Gott berufen. Auch die über alles geliebte Stadt soll von der Macht der Salier zeugen. Seit dem Jahr 1030 wird Speyer planmäßig aufgebaut. Der Dom steht im Zentrum der geometrischen Anlage. Sogenannte Kreisschläge markieren den Straßenverlauf der Planstadt. Eine Stadt entsteht, in der um die Wende zum 12. Jahrhundert etwa 6000 Menschen leben. Vorbild für andere, spätere Gründungsstädte, die auch auf dem Reißbrett entstehen. Wie Freiburg, Leipzig oder Lübeck. Metropolis Germanië. Die Hauptstadt Deutschlands nennt ein englischer Mönch die Stadt. Das ist typisch für das 11. Jahrhundert, die Steigerung der Effizienz. Nur dann kann man nämlich auch erklären, weshalb es im 11. Jahrhundert möglich war, diese gewaltige Bauleistung überhaupt an den Tag zu legen. Diese vielen, vielen riesigen Kirchen zu bauen, diese Klöster und die Städte, die jetzt entstehen. Auch die Klöster gewinnen in der Ära Heinrichs an Bedeutung, haben großen Zulauf und wachsen. Sie sollen mehr den Menschen dienen und der römischen Kirche folgen und weniger den weltlichen Herren. Das fordert ein neuer Papst in Rom, der selber zuvor Mönch war. Viele Äbte und auch Bischöfe werden von den Herrschern ernannt, andere kaufen sich das Amt. Damit soll nun Schluss sein. Zurück zu den Regeln des heiligen Benedikt, heißt die Losung aus Rom. Ora et labora, bete und arbeite. Auch sollen sich die Novizen künftig strikt an das halten, was sie geloben. Keuschheit, Gehorsam und Besitzlosigkeit. Von den Klöstern geht im 11. Jahrhundert eine Reform der Kirche aus. Musik Libertas Ecclesiae heißt die Parole Roms, Freiheit der Kirche vom Einfluss der welchen Machthaber. Die Botschaft der Mönche, sie macht auch vor den Königen nicht halt. Am Hofe Heinrichs gehe es wüst zu, schreiben die Chronisten. Es gibt nicht nur den Papst zu denken, sondern auch manchen deutschen Fürsten, die den König von Gottes Gnaden an seine heiligen Pflichten erinnern wollen. Rudolf von Rheinfelden hatte einst beim Treueschwur gesagt, er werde nur einem gerechten König dienen. Ein Mann, der sich als Stellvertreter des hindischen Königs auf Erden bezeichnet, soll sich dessen auch würdig erweisen. Wo finde ich den König? Mal sehen. Er, der der König über viele Völker war, richtete in sich selbst der bösen Lust einen Thron auf, schrieb der sächsische Chronist Brun. Zwei oder drei Konkubinen hatte er zur gleichen Zeit, aber auch damit war er noch nicht zufrieden. Rudolf von Rheinfelden, der Herzog von Schwaben! Beide sind immerhin verwandt. Komm mal meine Brust, mein Schwager, was kann ich für dich tun? Mein König, du wolltest mich sprechen? Besell dich zu uns! Ich werde ein anderes Mal wiederkommen, du verzeihst! Schwein, ihr Narren! Der König muss sich in Acht nehmen. Den Fürsten misstraut er. Seine Entführung hat er nicht vergessen. Doch ihm ist auch bewusst, ohne ihre Unterstützung kann er nicht regieren. Ebenso weiß er, dass in der Ferne einer den Anspruch erhebt, den Königen die Macht über die Kirche streitig zu machen. Der Papst in Rom. Im Stuhl der Stellvertreter Christi residiert seit 1073 Papst Gregor VII., ehemals der Mönch Hildebrandt, der dem jungen Heinrich einst begegnete. Nun will er den König in die Schranken weisen, stellt dessen Recht in Frage, eigenmächtig Bischöfe zu ernennen. Das stehe allein der Kirche zu. Dabei ist es durchaus Tradition, dass der König von Gottes Gnaden im Reich auch Bischöfe einsetzt. Man nennt es Investitur, Einkleidung, mit dem Stab und mit dem Ring als Zeichen der geistlichen Würde. Die Ernennung der Bischöfe sichert die königliche Macht im Reich. Sie sind ihm treu, verfügen über Reichtümer und Territorien, stellen Truppen. So schafft sich der Monarch mit der Besetzung der Bistümer Verbündete. Doch die Entscheidung über die Bischofsstühle will der römische Papst nun allein der Kirche vorbehalten. Die Zeit der selbstherrlichen Verfügung über geistliche Ämter war vorbei. So wurde der Streit zum Investiturstreit. Wer aber hat im Machtpoker die besseren Karten? Steht der Papst über dem König oder umgekehrt? Im bayerischen Kloster Prüfening sind Gemälde erhalten, die Partei ergreifen. Über allem droht die himmlische Kirche, hier in Gestalt der Ekklesia. Die Macht auf Erden aber habe Gott in Form zweier Schwerter verliehen. Die geistliche Autorität gebührt dem Papst, die weltliche dem Kaiser und König. Beide stünden somit auf einer Stufe. Doch die römische Kurie meint, beide Schwerter empfange der Papst von Gott. Und danach handelt der ehemalige Mönch Hildebrandt, Papst Gregor VII. Im Vatikanischen Geheimarchiv in Rom befindet sich ein Dokument, das Geschichte machte. Der sogenannte Diktatus Pape aus dem März 1075. Keine offizielle Urkunde, eine Notiz eher, aber eine Kampfansage. Dass der Name des Papstes einzigartig ist in der Welt. Dass alle Fürsten nur dem Papst die Füße küssen dürfen. Dass er selbst von niemandem sonst gerichtet werden kann. Dass er allein Bischöfe absetzen und wieder einsetzen kann. Dass es dem Papst erlaubt ist, den Kaiser abzusetzen. Dass ein Papst hingeht und mit einer derartigen Konsequenz die Ansprüche des Papsttums neu formuliert und sie gleich auch noch in politischer Praxis umsetzt, das ist das Aufregende im 11. Jahrhundert. Und die Ouvertüre für einen bislang beispiellosen Machtkampf. Lest, er hat euch sogar Deutscher König genannt. Deutscher König? Ich bin der König der Römer, der künftige Kaiser, Nachfolger Karls des Großen. Hol den Schreiber. Der Monarch regiert damals nicht nur über deutsche Lande, sondern auch über Burgund und Teile Italiens. Vor allem aber ist der König der Römer der Römer. König der Deutschen, auch designierter Kaiser der römischen Christenheit und fühlt sich berufen von Gott. Heinrich, der nicht durch Anmaßung, sondern durch Gottes gerechte Anordnung König ist, an Hildebrandt, der nicht mehr der Papst, sondern der falsche Mönch ist. Der Herr Jesus Christus hat uns zum Königtum, dich aber nicht zur geistlichen Herrschaft berufen. Durch List bist du zu Geld gekommen, durch Geld zu Gunst, durch Gunst zum Schwert, durch das Schwert zum Sitz des Friedens. Und vom Sitz des Friedens aus hast du diesen Frieden gestört. So steige du herab. Verlasse den apostolischen Stuhl, den du dir angemaßt hast. Ein anderer besteige den Thron des heiligen Petrus. Einer, der Gewalttaten nicht mit Frömmigkeit bemäntelt. Ich, Heinrich, durch die Gnade Gottes König, sage dir zusammen mit allen meinen Bischöfen, steige herab, steige herab. Von dem Moment an, als die Bischöfe und Heinrich Gregor aufgefordert hatten, den Stuhl Petri zu verlassen, weil er ein Eindringling sei, war der Konflikt nicht mehr zu deeskalieren. Die Antwort aus Rom lässt nicht lange auf sich warten. Gregor VII. handelt getreu seinem Selbstverständnis. Er, der Papst, setzt den König schlichtweg ab und entbindet alle Untertanen vom Treue ein. Der Bann über den König erreicht binnen weniger Wochen die Bischöfe, die Fürsten und das Volk. Zur Ehre und zum Schutz deiner heiligen Kirche. Kraft deiner Gewalt und deiner alles umfassenden Vollmacht. Spreche ich König Heinrich, der sich gegen deine heilige Kirche mit unerhörtem Hochmut erhob. hat die Herrschaft ab über Deutschland und Italien. Und ich löse alle Christen vom Eid, den sie ihnen geleistet haben oder noch leisten werden. Und ich untersage... Und ich untersage allen Christen, ihnen in Zukunft zu folgen. Musik Als die Nachricht vom Bann über den König zu den Uhren des Volkes gelangte, da erzitterte unser ganzer römischer Erdkreis, notierte Bischof Bonizio von Sutri. Herzog Rudolf von Rheinfelden, weitere Fürsten und Bischöfe beraten, ob sie dem König ihre Gefolgschaft aufkündigen sollen. Sie fragen sich, ob Heinrich noch ihr König sein kann, ob er der Würde seines Amtes gerecht wird. Sollen wir ihm wirklich weiter die Treue halten? Der Papst hat ihn gebannt. Das ist ein eindeutiges Zeichen. Wie sollen wir uns verhalten? Wie sollen wir uns verhalten? Er hat die Würde des Reiches beschmutzt. Sie schlechte Berater gesucht. Aber er ist der Sohn Kaiser Heinrichs. Wir haben ihm Gefolgschaft geschworen. So auch du, Rudolf. Ich leistete meinen Eid nur auf einen gerechten Herrscher. Aber es war doch Gottes Wille, dass er die Königskrone trägt. Dann ist es auch Gottes Wille, dass er sie wieder verliert. Halt! Wir müssen eine Entscheidung fällen. Jetzt. Ja, man wollte über den König, nicht mit dem König verhandeln. Man wollte sich selber darüber klar werden, ob man ihn absetzen muss wegen seiner Verbrechen oder aber ob er noch länger König bleiben kann. Heinrich hat die Initiative verlogen, kann nur abwarten, wie andere über ihn befinden. Endlich! Wir haben die Fürsten entschieden. Die Entscheidung der Fürsten ist bedrohlich. Binnen eines Jahres muss er sich vom Bann des Papstes befreien, sonst verliert er seine Krone. Musik Heinrich muss handeln, aber wie? Im eisigen Winter 1077 macht er sich auf den Weg über die Alpen. Die Fürsten haben die Pässe sperren. lassen, um zu verhindern, dass der König nach Italien gelangt zum Papst. Doch Verwandte Heinrichs erlauben ihm die Passage über Burgund und den Mont Senni. Eine Reise unter wenig königlichen Bedingungen. Bald krochen sie auf Händen und Füßen vorwärts, schreibt der Chronist Lampert. Bald stützten sie sich auf die Schultern ihrer Führer, manchmal glitt ihr Fuß auf dem glatten Boden aus. Sie fielen hin und rutschten ein ganzes Stück den Berg hinunter. Doch der König und sein Gefolge, sie haben keine Wahl. Boten berichten, dass der Papst bereits auf dem Weg nach Norden sei, um sich mit den Fürsten zu verbünden. Heinrich will, ja muss ihn abfangen. Der Papst erfährt, dass Heinrich die Alpen überquert hat und verschanzt sich in der Burg Canossa, denn er befürchtet einen Angriff des deutschen Königs. Was sich im Winter 1076-1077 abspielt, der Gang nach Canossa, hat, das kann man sagen, weltgeschichtliche Bedeutung, denn zum ersten Mal unterwirft sich ein König dem geistlichen Oberhaupt, ein Vorgang, der schon in der Zeit und vor allen Dingen aus dem Rückblick als umstürzend angesehen wird. Der Papst hatte mit einem Angriff des deutschen Königs gerechnet. Doch dann geschah das Unerwartete. Hier stand der König nach Ablegung seiner Gewänder, ohne alle Abzeichen der königlichen Würde. Vater! Barfuß und nüchtern, vom Morgen bis zum Abend. Das Urteil des Papstes erwartend. So der Bericht des Chronisten. Vater! Die Schilderungen des Chronisten Lambert von Hersfeld wollen den König möglichst schwach und den Papst möglichst stark erscheinen lassen. Vater, vergib mir! Mein König, es hat keinen Sinn. Pater Nostra qui es in Caelis sanctificetur nomen tuum, fiat voluntas tua, sicut in Caelo et in Terra, panem nostrum quotidianum da nobis hodia. Die Quellen machen aus dem Gang nach Canossa ein historisches Drama. Heinrich IV., so berichten die Quellen, stand drei Tage lang vor den Toren Canossas, im Büßergewand, barfüßig, frierend in Eis und Schnee. Ob das alles so stimmt, ist die Frage. Aber Fakt ist, er hat durch seine Büßerhaltung enormen Druck auf den Papst ausgeübt. Der ist nicht nur Kirchenfürst, er ist auch Seelsorger. Ein reuiger, bußfertiger Sünder hat Anspruch auf Verzeihung und Barmherzigkeit. Das weiß auch Heinrich. Und so nennt sein Chronist die ganze Inszenierung einen klugen Schachzug. Der Papst noch eine Wahl? Schließlich lenkt er ein. Von den Drängen seiner Reue und den flehendlichen Bitten aller, die zugegen waren, überwunden, schreibt Gregor VII., haben wir schließlich die Fessel des Kirchenbands gelöst und ihn wieder in die Gnade der Gemeinschaft der Heiligen und in den Schoß der Heiligen Mutterkirche aufgenommen. Der Gang nach Canossa mutet an wie die Heimkehr des verlorenen Sohnes. Die Nachwelt teilt ein in Sieger und Besiegter. Nie zuvor sei ein deutscher König so gedemütigt worden. Nie zuvor habe ein römischer Papst seine Macht drastischer bewiesen. Tatsächlich war beim Gang zum Papst vor allem Berechnung im Spiel. Insofern war der Canossa-Gang ein wirklich kluger... Schachzug Heinrichs IV., genauso nämlich, wie es der Autor seiner Vita auch genannt hat. Ein kluger Schachzug Heinrichs IV., der im Grunde das Überleben der saarlischen Dynastie, des saarlischen Königtums gewährleistet hat. Denn vom Bann befreit kehrt Heinrich zurück in sein deutsches Königreich und fordert Gefolgschaft ein. Die vor allem ein mächtiger Fürst nicht mehr leisten möchte. Rudolf von Rheinfelden. Von Kindesbeinen an wurde Heinrich von ihm in Frage gestellt. Ein gerechter Arscher war es. Wir müssen eine Entscheidung fällen. Jetzt! Inzwischen haben ihn die Fürsten und Bischöfe zum Gegenkönig ernannt. Die Entscheidung suchen die Kontrahenten nun auf dem Schlachtfeld. Die Waffen sollen entscheiden, wer künftig regiert. Nun zeigt sich, wer der wahre König ist. Ich kämpfe nicht um eine Krone, die ich schon habe, Herr von Rheinfelden. Die hast du verloren, als du in Canossa auf den Knien lagst. 15. Oktober 1080 treffen die Heere der beiden deutschen Könige an der Weißen Elster in Thüringen aufeinander. Und ein schreckliches Morden beginnt, wie Kronisten schreiben. Rudolf von Rheinfelden gilt als der beste Feldherr seiner Zeit. Und von Anfang an scheinen seine Truppen überlegen. Heinrich gerät in Bedrängnis. Doch nimmt die Schlacht eine unverhoffte Wende. Der Gegenkönig wird umzingelt und tödlich verwundet. Sogar die rechte Hand sei ihm abgeschlagen worden, berichten die Quellen. Die Schwurhand. Die gerechte Strafe für den Meineid, da er sich nicht gescheut hatte, den Treuereid zu brechen, den er seinem Herrn und König geschworen hatte, schreibt der Chronist Heinrichs. Wie das Skelett Heinrichs hat auch die Hand Rudolfs fast ein Jahrtausend überstanden. Sie wurde mumifiziert und in einem Reliquienkästchen aufbewahrt. Gibt sie weitere Aufschlüsse über das Geschehen auf dem Schlachtfeld damals? Für diesen Film führte das Anthropologische Institut der Universität Mainz eine computertomografische Untersuchung durch. Mit einem überraschenden Befund. Die Schnittspuren, die wir finden, betreffen nicht die ganze Hand. Wenn die Hand im Kampf abgehackt worden wäre, müsste sich der Schnitt entlang der gesamten Handwurzelknochen zeigen. Wir finden aber nur einen Schnitt im äußeren Teil der Hand und glauben deshalb, dass die Hand nach seinem Tode erst abgetrennt worden ist. Der Verlust der Schwurhand in der Schlacht. Mit solcher Propaganda stilisierte Heinrich seinen Sieg über Rudolf von Rheinfelden zum Gottesurteil. Der gefallene Gegenkönig ist im Dom von Merseburg begraben. Seine Macht im Reich der Deutschen hat Heinrich nun gefestigt. Doch er will mehr, die Kaiserkrone, wie sein Vater. Als deutscher König ist er dazu erwählt, doch krönen muss ihn der Papst. Und dafür muss er einmal mehr nach Italien ziehen, diesmal nicht als Büßer. Nachdem er seinen früheren Gegner Gregor VII. vertrieben hat, lässt er sich am Ostersonntag des Jahres 1084 von einem neuen Papst zum Kaiser krönen. Von einem Gegenpapst, den er selbst ernannte. Keiner soll über ihm, dem Kaiser, stehen. Der Papst, der die Macht des Monarchen anfocht, verbringt seine letzten Tage im Exil in Salerno. Gregor VII. stirbt dort im Jahr 1085. Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und das Unrecht gehasst. Deshalb sterbe ich in der Verbannung. Waren den Quellen zufolge seiner letzten Worte. Er wollte seine Kirche vor weltlichem Einfluss bewahren und hat doch im Kampf um die irdische Machtpartei ergriffen. Die Person Gregorius VII. ist mit Sicherheit eine Ausnahmeerscheinung. Schon die Zeitgenossen haben ihn mit Bezeichnungen wie Heiliger Satan bedacht. Und es waren keine Feinde Gregorius VII. Man hat also die Rigorosität, den Fanatismus schon unter den Zeitgenossen gesehen. Und die Konsequenz, mit der er bis zum Ende gehandelt hat, ist mit Sicherheit sehr, sehr außergewöhnlich. Unter den Nachfolgern Gregors wird der Streit zwischen Kaiser und Papst vorerst beigelegt. Mit dem sogenannten Wormser Konkordat im Jahr 1122. Das kostbare Schriftstück zählt heute zu den wertvollsten Dokumenten im Vatikanischen Geheimarchiv. Wie lautet die Einigung, die in Worms so feierlich beschlossen wurde? Das Wormsau-Konkordat brachte einen Kompromiss. Heinrich verzichtete auf die Einsetzung der Bischöfe in ihr geistliches Amt. Der Papst erlaubte ihm im Gegenzug, jedoch diese Bischöfe in ihre weltlichen Herrschaftsrechte weiterhin einzusetzen. So etablierten sich Bischöfe Ebte wie die weltlichen Fürsten als wichtige Partner des Königtums und schufen so eine föderale Struktur des Reiches, die sich bis heute etwa im Föderalismus der Länder wiederfinden lässt. Heinrich IV. stirbt im Jahre 1106. Diese Krone hat ihn auf dem letzten Weg begleitet. Am Speyerer Dom fand er seine letzte Ruhe. Auch den Ring, den er als König trug, nahm er mit ins Grab. Chronisten schrieben die Geschichte seines Lebens auf ihre Art. Hießen ihn Verlierer, die anderen nannten ihn Sieger. Im Ringen um die Macht als deutscher König und Kaiser. Nach Canossa. Er steht für einen Wendepunkt der jungen deutschen Geschichte.