EINE NETFLIX ORIGINAL DOKUREIHE Vor erst 50 Jahren brachen wir endlich zum Mond auf. Zum ersten Mal blickten wir auf unseren eigenen Planeten. Seitdem hat sich die Bevölkerungszahl mehr als verdoppelt. Diese Reihe feiert die Naturwunder, die verblieben sind, und zeigt, was wir bewahren müssen, um das Gedeihen von Mensch und Natur zu gewährleisten. Wälder. Über die Hälfte aller Bäume auf der Welt, immergrüne Bäume und Laubbäume, stehen in diesen großen Verbänden. Für viele von uns sind es geheimnisvolle, dunkle Orte. Sie sind entscheidend für unser Klima und Heimat zahlloser, einmaliger Arten. In der Vergangenheit zerstörten wir sie bedenkenlos. Doch die Wälder haben erstaunliche Fähigkeiten zur Regeneration. WÄLDER Dies ist der südliche Rand des borealen Nadelwalds. Dieser Wald beherrscht den hohen Norden. Er erstreckt sich östlich über tausende Kilometer durch Russland, und ist jetzt, mitten im Winter, größtenteils still. Anscheinend sind hier keine Tiere unterwegs. Doch hier lebt ein so seltenes Tier, dass es fast mythisch ist. Ein Sibirischer Tiger. Es gibt nur noch weniger als 600. Intimere Aufnahmen von ihnen in freier Wildbahn gab es noch nie. Ein männlicher Sibirischer Tiger durchstreift fast 2000 Quadratkilometer. Das muss er auch, wenn er genügend Beute finden will, um den langen Winter zu überleben. Es ist karges Land, und Nahrung jeder Art ist hier knapp. Ein Kiefernzapfen. Kiefernkerne liefern im Winter lebenswichtige Energie. Wildschweine sind auf die Kerne angewiesen. Sie müssen schnell fressen und verschwinden, denn sie sind Tigerfutter. Dieses Versteckspiel findet in riesigen Waldgebieten statt, wenn alle Tiere die Leben spendenden Kieferbestände suchen. Durch Wilderei wurde der Sibirische Tiger beinahe ausgerottet, doch seit den 1980ern steigt ihre Zahl langsam wieder. Diese seltenen Einblicke belegen, dass ihre Zukunft von großen Waldgebieten abhängt, in denen sie jagen können. Der boreale Nadelwald erstreckt sich von Russland im Osten über Europa nach Nordamerika. In ihm stehen 750 Milliarden Bäume. Er speichert über 40 Prozent des weltweiten Kohlenstoffs und ist ein entscheidender Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Im Winter sind die Tage so kurz und die Temperaturen so niedrig, dass nichts mehr wächst. So hoch im Norden kann der Wald nur sehr wenige Tiere ernähren, verglichen mit den Regenwäldern der Tropen. Viele sind auf die Beigaben in den Flüssen angewiesen. Im Frühjahr, und jetzt im Herbst, schwimmen im westlichen Alaska Lachse, die den Ozean verlassen haben und flussaufwärts zu ihren angestammten Laichplätzen schwimmen. Ihre Reise aus dem Meer in den Wald ist der größte Transfer von Nährstoffen zwischen zwei Lebensräumen auf der Erde. Die Fische sind wichtiges saisonales Futter für alle Raubtiere im Wald. Weißkopfseeadler leben das ganze Jahr hier und nisten in Flussnähe. Junge Adler, noch ohne weißen Kopf, suchen in den ersten Jahren Nahrung im Wald. Aber wie dieses vierjährige Weibchen, sind sie nun groß genug für einen Platz am Fluss. Anfangs erwischt sie nur die Reste von anderen. Und sogar darum muss sie kämpfen. Sie muss woanders suchen. Der boreale Nadelwald ist riesig, aber die Laichplätze der Lachse sind allen Raubtieren bekannt. Wenn die Flüsse zufrieren, wird der Konkurrenzkampf schärfer. Dieses Jungtier hat Glück, aber ihr Erfolg fällt sofort auf. Einen Vorteil hat sie. Auch junge Weibchen sind größer als die Männchen. Und auf die Größe kommt es an. Im Laufe des Winters müssen Jung und Alt mit der extremen Kälte fertigwerden. Wenn sie überlebt, hat sie ihren Platz in einem der größten und rauesten Wälder der Erde gefunden. Etwas weiter südlich stehen die letzten der großen Redwood-Wälder. Vor nicht langer Zeit gab es die großen Bäume überall im pazifischen Nordwesten. Jetzt sind nur noch fünf Prozent übrig. Die Bedingungen sind hier weniger streng. Der Wind führt warme, feuchte Luft vom Pazifik mit, sodass die Bäume das ganze Jahr hindurch wachsen. Versteckt in der Vegetation des feuchten Waldbodens liegt eine bevölkerungsreiche Unterwelt. Ein männlicher Rauhäutiger Gelbbauchmolch. Jedes Jahr im Frühling verspürt er den mysteriösen Drang, zu dem Teich zurückzukehren, in dem er als Kaulquappe schlüpfte. Und er muss schnell dort sein. Denn es gibt viele andere wie ihn... ...mit derselben Idee. Sie alle suchen ein Weibchen. Die mehrere hundert Meter lange Wanderung über alten Waldboden ist nicht leicht. Die Konkurrenz ist groß. Und das Weibchen will schnell loslegen. Bei der Paarung hält er sich fest, denn es kann Stunden dauern, bis sie alle Eier gelegt hat. Andere Männchen würden ihn nur zu gern ablösen. Der Wettbewerb ist so energisch, dass die Weibchen im Zentrum dieses Getümmels tatsächlich aus Luftmangel ertrinken können. Der erste Partner kann sich halten. Nach einigen Wochen schlüpfen die Kaulquappen. Keinen Moment zu früh, denn der Wald verändert sich bald dramatisch. Bis Ende des Sommers hat die Sonne den Wald so stark ausgedörrt, dass er trocken wie Zunder ist. Starker Wind treibt die Flammen voran, und die Temperatur steigt auf 700 Grad Celsius. Die Folge ist offenbar die völlige Zerstörung. Der Wind, der über den jetzt bloßen Boden streicht, wirbelt Staubhosen aus Asche empor. Am Boden scheint es kein Leben zu geben. Aber der Wald ist alles andere als tot. Nach wenigen Monaten werden neue Blumen und Bäume aus dem Boden sprießen. Viele wären ohne die Feuertaufe nicht gekeimt. Licht fällt durch die jetzt durchlässigen Wipfel und liefert die Energie für neues Wachstum. Die alteingesessenen Redwood-Bäume haben überlebt, geschützt durch ihre dicke, feuerbeständige Rinde. Diese Widerstandskraft ist entscheidend für den Fortbestand dieser Wälder. Die meisten Wälder können sich aber nicht allein regenerieren. Oft helfen Tiere dabei. Die Bäume und ihre Bewohner sind voneinander abhängig. Nirgendwo zeigt sich dies besser, als in den Westghats in Indien. In dem global bedeutenden Lebensraum findet sich ein Drittel aller Tierarten Indiens. Bartaffen. Sie ernähren sich von den Früchten vieler Bäume und befördern dabei die Samen, die sie unversehrt ausscheiden. Nur wenige Affen legen große Entfernungen zurück. Wenn Pflanzen ihre Samen weiter streuen möchten, benötigen sie ein anderes Transportmittel. Flügel. Die Flügelspanne der Doppelhornvögel beträgt fast zwei Meter. Die Vögel können auf Nahrungssuche weite Entfernungen zurücklegen. Hornvögel fressen die Früchte von circa 40 verschiedenen Bäumen und befördern die unverdaulichen Samen über die gesamten Westghats. Es ist für die Bäume ein Vorteil, die Hornvögel anzulocken. Die Feigen selbst schmecken zwar gut, sind aber nicht sehr nahrhaft. Daher müssen die Hornvögel viele verzehren. Das kann ermüden. Aber gesetzesfrei ist es nicht. Ein Feigenbaum mit Früchten lockt viele Hornvögel an. Der Konkurrenzkampf ist erbittert. Dieser Luftkampf der Männchen wurde noch nie gefilmt, und der Zweck ist nicht klar. Vielleicht streiten die Vögel nur ums Futter. Es scheint aber mehr dahinterzustecken. Der Sieger kann seine Stärke und Fähigkeiten vor Weibchen beweisen. Die Männchen wollen sich unbedingt beliebt machen. Für Hornvögel ist eine ideale Paarung besonders wichtig, da die Verbindung zwischen Männchen und Weibchen lebenslang halten wird. Der Wald profitiert von den Streitereien, da auch ein besiegter Hornvogel auf der Suche nach der nächsten Mahlzeit weiträumig Samen verteilt. Die Beziehung zwischen Bäumen und Tieren in einem Wald ist nicht immer so harmonisch. Dies ist Afrikas größter Wald, der Miombo, benannt nach einem der Bäume. Er erstreckt sich über 1500 Kilometer, von Angola im Westen bis nach Mosambik im Osten. Am Höhepunkt der Trockenzeit lockt der Miombo Tiere aus dem gesamten südlichen Afrika an. Elefanten bevorzugen Gras. Es ist sehr nahrhaft. Gibt es keins, fressen sie die zahlreichen Blätter und Zweige des Miombos. Doch nicht nur sie haben Hunger. Diese Mopane-Würmer sind keine Würmer, sondern Raupen. Sie schlüpfen gleichzeitig in enormer Zahl. Sobald der Wald neue Blätter produziert, greifen sie an. Sie sind so gefräßig, dass sie in nur sechs Wochen um das 40-fache wachsen. Wenn sie voll ausgewachsen sind, hat die millionenstarke Armee den gesamten Wald entlaubt. Aber der Miombo erholt sich wieder. Wenn die Raupen weg sind, produzieren die Bäume zum zweiten Mal Blätter. Dieses frische Festmahl lockt Elefanten an. Sie sind weniger wählerisch als die Raupen. Sie fressen alle Teile des Baumes. Ein hungriger Elefant kann pro Tag 200 Kilo Vegetation verspeisen. Doch auch diese Zerstörung hat ihre Vorteile. Sie formt den Wald auf eine Art, die einem von Afrikas bedrohtesten Tiere hilft. Wildhunde. Man sieht sie am häufigsten und am besten im Grasland. Diese offenen Wälder sind aber ihr bevorzugter Lebensraum. Weidende Elefanten lichten einen Wald, und das lockt die Beutetiere der Hunde an. Für die Hunde ist der Miombo-Wald das perfekte Jagdgebiet. Und er eignet sich hervorragend für die Aufzucht der Welpen. Die Welpen begrüßen die Hunde nach der Jagd sehr aufgeregt. Futter. Die ersten drei Monate verbringen die Welpen geschützt unterirdisch. Jetzt sind sie selbstsicher genug, um sich größtenteils draußen aufzuhalten. Und wie alle kleinen Hunde haben sie Spaß. Spielen ist wichtig für die Jungtiere, denn dabei bauen sie die Beziehungen auf, die sie brauchen werden, wenn sie später im Team jagen. Der Miombo war für Wildhunde schon immer wichtig, um Beute und einen Zufluchtsort zu finden. Noch nie war er so entscheidend für das Überleben dieser bedrohten Art wie heute. Aber sie werden nur überleben, wenn andere Tiere hier sind, um ihren spezifischen Lebensraum zu schaffen. In Madagaskar steht ein Wald, der von einem höchst sonderbaren Baum beherrscht wird. Baobabs. Die Insel war mehr als 80 Millionen Jahre lang isoliert. In dieser langen Zeit entwickelten sich Flora und Fauna auf eine Art und Weise, wie sonst nirgendwo. Damit gehören diese Wälder zu den kostbarsten unseres Planeten. Dies ist kein Affe, sondern ein entfernter Verwandter, ein Lemur. Es gibt mindestens 40 Lemurenarten, alle ausschließlich in Madagaskar, und alle sind bedroht. Lemuren sind wichtig für den Wald. Ohne sie könnten einige Baumarten nicht überleben. Im Wald gibt es sogar einen eigenen Lemurenjäger. Madagaskars Raubtier Nummer eins. Seine Anwesenheit ist Anlass zur Sorge. Sie können bis zu anderthalb Meter lang sein und werden selten in freier Wildbahn gesichtet. Die Fossa. Fossas leben größtenteils allein, doch in der Paarungszeit treffen sie sich auf einzigartige Weise. Jedes Weibchen bezieht einen speziellen Paarungsbaum. Etwa ein halbes Dutzend Männchen hat sich darunter versammelt. Doch sie ist beschäftigt. Ein Männchen hinterlässt seine Duftnote. Eine Visitenkarte für seinen Besuch. Er muss abwarten, ob sie es zur Kenntnis nimmt. Sie kann noch die ganze Nacht damit beschäftigt sein. Da die Raubtiere abgelenkt sind, können die restlichen Waldtiere ungestört ihren nächtlichen Betätigungen nachgehen. Das sind junge Blattwanzen, eine Art, die es nur in Madagaskar gibt. Der Grund für die ungewöhnliche Form ist ein Rätsel. Sie fressen Baumsaft und scheiden das, was sie nicht brauchen, als süße Flüssigkeit aus, die manchmal, vielleicht schmeichelhaft, Honigtau genannt wird. Honigtau ist wiederum die Nahrung einer kleinen Lemurenart. Der Graue Mausmaki ist nur 15 Zentimeter groß. Er ist einer der kleinsten Primaten der Welt. Er ist sehr aktiv und braucht energiereiche Nahrung. Die Zuckertropfen sind köstlich, halten aber nicht lange vor. Sie lässt keinen Tropfen verkommen. Die Fossamännchen unter dem Baum warten immer noch. Nachdem sie möglichst viel gefressen hat, zieht sie sich in ihre sichere Nisthöhle zurück, um den Tag zu verschlafen. Auf dem Boden unter dem Paarungsbaum der Fossas läuft es weniger zufriedenstellend. Das Paar ist oben immer noch beschäftigt. Er muss sich einen anderen Baum suchen oder sehr geduldig sein. Vielleicht scheitert er auch. Ein Drittel von Madagaskars Fossas sind in den letzten 20 Jahren verschwunden, eine Folge der anhaltenden Zerstörung ihrer Wälder durch die Menschen. Seit diesen Filmaufnahmen ist dieser Wald mit seinem einzigartigen Leben vollständig verschwunden. Nur noch drei Prozent von Madagaskars Trockenwäldern sind verblieben. Weltweit zerstörten wir über die Hälfte der Wälder, die einst auf der Erde gediehen. Wir verlieren nicht nur die Tiere, die einst darin lebten, sondern verändern auch das Klima des gesamten Planeten. Aber gibt man den Wäldern der Erde eine Chance, sind sie unglaublich widerstandsfähig. Den vielleicht besten Beweis für ihre Regenerationsfähigkeit liefert der Ort einer unserer größten Katastrophen. Tschernobyl. 1986 explodierte einer der vier Reaktoren im dortigen Atomkraftwerk. Aus der Zukunftsutopie wurde eine Geisterstadt. Über 100.000 Menschen wurden sofort evakuiert und kehrten nie zurück. Die Fallout-Zone wurde für 20.000 Jahre als unbewohnbar erklärt. Doch trotz der Strahlung gab es eine bemerkenswerte Regeneration. Innerhalb eines Jahrzehnts keimte Vegetation in der zerstörten Stadt. Mit dem Wiedereinzug des Waldes kamen auch Tiere. Zuerst hielt man sie für sporadische Besucher. Doch bald wurde klar, dass die ehemalige Stadt von einer prosperierenden Tiergemeinschaft bewohnt wurde. In nur 20 Jahren verzeichnete die Wissenschaft Tierpopulationen, die denen in den wilderen Teilen Europas ähneln. Rehe, die durch die Vororte streifen, sieht man nun oft. Herden der bedrohten Przewalski-Pferde bewegen sich frei durch die einst geschäftige Stadt. Die größte Überraschung ist, dass die führenden Raubtiere dieser Wälder wieder da sind. Wölfe. Diese Jäger kehren nur zurück, wenn ihre Beute und der umgebende Wald ebenfalls gedeihen. Studien haben belegt, dass es innerhalb des Sperrgebiets sieben Mal mehr Wölfe gibt, als außerhalb. Für schutzlose Menschen ist ein längerer Aufenthalt hier lebensgefährlich. Die Strahlung verjagte uns, aber schuf einen Raum für die Rückkehr der Wildtiere. Die dramatische Neubesiedlung Tschernobyls innerhalb von nur 30 Jahren, ist ein Beweis für die außergewöhnliche Widerstandskraft der Wälder. Wenn wir den Wäldern Zeit und Raum geben, könnten sie die Erde erneut mit den vielfältigen Gemeinschaften aus Tieren und Pflanzen beleben, die wir ihr in jüngster Zeit raubten. Eine Zukunft mit mehr Wäldern ist wichtig für die Widerstandskraft unseres Planeten. Unter ourplanet.com erfahren Sie, was wir tun müssen, um unsere Wälder wiederherzustellen. Untertitel von: Irina Janke