Normalerweise ist es ganz einfach, es findet eine Wahl statt. Bei dieser Wahl bekommen verschiedene Parteien und Wählervereinigungen Stimmen. Die Stimmen werden ausgezählt, und am Ende wird geschaut, wer schafft es, eine Mehrheit im Parlament zusammenzubekommen. Entweder eine Partei allein oder, was häufiger vorkommt, mehrere Parteien zusammen in einer sogenannten Koalition. Aber die vergangenen Jahre haben gezeigt, es wird für die Parteien immer schwieriger, Mehrheiten zusammenzubekommen. Wobei "schwierig" in diesem Zusammenhang auch ein eher positives Wort ist. Mit Blick auf aktuelle Umfragen könnte man auch sagen, teilweise wird es fast schon unmöglich. Sachsen, Brandenburg und Thüringen. Das sind drei Bundesländer, in denen dieses Jahr gewählt wird. Und alle drei Länder könnten nach der Wahl nahezu unregierbar sein. Das heißt, es könnte sein, dass es keine Parteien gibt, die Mehrheiten bilden können zusammen. Eine schwierige Situation in einer Demokratie. Womit hängt das zusammen? Und wozu könnte das noch führen? Darum geht's jetzt. (Lockere Musik) Thüringen, ein Bundesland, das einiges zu bieten hat. Wunderschöne Städte wie Erfurt, Jena oder Gotha. Kulturelle Highlights wie das UNESCO-Welterbe Wartburg, wo Martin Luther sich als Junker Jörg an die Übersetzung des Neuen Testaments gemacht hat. Das geschichtsträchtige Nationaltheater von Weimar, Geburtsort der nach dieser Stadt ernannten Republik. Besondere Schlösser wie das Residenzschloss in Sonderhausen oder Schloss Elisabethenburg in Meiningen. Und Naturfans freuen sich etwa über den ältesten Weitwanderweg Deutschlands, den Rennsteig. Alles das gibt es in diesem Bundesland. Was es allerdings nicht gibt, ist: eine Landesregierung mit eigener Mehrheit. Man könnte sogar sagen, Thüringen wird seit Jahren provisorisch regiert. Denn nach der vergangenen Landtagswahl im Jahr 2019 ist es zunächst keinem Bündnis gelungen, eine stabile Mehrheit hinzubekommen. Zwar gab es kurzzeitig einen Ministerpräsidenten von der FDP, Thomas Kemmerich, der wurde aber unter anderem von der AfD ins Amt gewählt und ist nach Protesten deshalb nach wenigen Wochen schon wieder zurückgetreten oder zum Rücktritt gedrängt worden, je nach Sichtweise. Kurz darauf wurde dann Bodo Ramelow von der Partei "Die Linke" vorübergehend zum Ministerpräsident gewählt und hat erst einmal mit einer Minderheitsregierung unter Duldung der CDU regiert. Aber es sollte möglichst schnell eine vorgezogene Neuwahl geben. Wegen Corona ist daraus zuerst mal nichts geworden und später hat sich die CDU quergestellt. Es blieb deshalb bei der eigentlich nur vorübergehenden Minderheits- regierung unter Bodo Ramelow. Und das bis heute. Das heißt, Thüringen hat seit rund fünf Jahren keine Regierung mit einer eigenen Mehrheit im Parlament, was immer wieder für Schwierigkeiten sorgt. Unter anderem, wenn es darum geht, einen Haushalt zu verabschieden. Das kann anstrengend sein. In einem Interview mit Table Media hat Ramelow vor einigen Wochen gesagt, er persönlich habe, Zitat: "null Bock auf Minderheitsregierung". Außerhalb des Bundeslandes ist inzwischen sogar von Thüringer Verhältnissen die Rede, wenn beschrieben werden soll, dass ein Land nur schwierig regiert werden kann. Unter anderem der Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer, hat diesen Begriff schon verwendet. Dabei könnte sein Bundesland dieses Schicksal auch bald treffen. Dazu kommen wir gleich noch etwas genauer. Klar ist auf jeden Fall, seit 2019 ist Thüringen in einer politischen Krise, die ihre Spuren bei den Menschen dort hinterlassen hat. In aktuellen Umfragen kommt die Regierungspartei "Die Linke" nur noch auf rund 16 Prozent der Stimmen. Das ist erst mal sehr viel für die Linke, wäre so in jedem anderen Bundesland. Aber zum Vergleich, bei der Wahl 2019 waren es noch 31 Prozent. Und nur noch 30 Prozent aller befragten Thüringerinnen und Thüringer sprechen der Landesregierung ihr Vertrauen aus. So steht es im aktuellen Thüringen-Monitor, der jedes Jahr von der Universität Jena erstellt wird und den ihr unten in der Infobox verlinkt findet. Das Problem ist, Veränderung ist kaum in Sicht. Im Gegenteil, die Thüringer-Verhältnisse könnten sich sogar noch einmal verschärfen. Denn am 1. September wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Und wenn das eintritt, was die Umfragen momentan vorhersagen, dann bleibt es schwierig. Und damit ist Thüringen nicht allein. Ähnlich sieht es auch in den anderen beiden Bundesländern aus, in denen dieses Jahr noch gewählt wird. Nämlich in Sachsen, auch am 1. September, und in Brandenburg am 22. September. Alle diese drei Länder liegen im Osten Deutschlands, deshalb auf der Titel dieses Videos. Wobei natürlich klar ist, den Osten oder das Ostdeutschland gibt es genauso wenig wie den Westen oder das Westdeutschland. Seit 1990 ist Deutschland wieder vereint, ganz logisch. Aber weil die drei Länder nun mal geografisch gesehen im Osten Deutschlands liegen, spreche ich hier etwas vereinfachend von Ostdeutschland. Das nur kurz am Rande und kurz zur Erklärung. Also, Landtagswahlen in drei Bundesländern. Und alle drei könnten "unregierbar" werden. Aber warum? Schauen wir uns die einzelnen Bundesländer etwas genauer an. Wir starten mit Thüringen. Über die Vorgeschichte haben wir schon gesprochen. Hier kommen aktuelle Umfragewerte. Die AfD liegt vorne, dahinter kommen relativ dicht hintereinander die CDU, Die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht, kurz BSW. Eine neue Partei, die Anfang 2024 gegründet worden ist und unter anderem bei potenziellen Protestwählern beliebt ist, denen die AfD politisch zu weit rechts steht. Außerdem gibt es laut Befragungen, vor allem in Thüringen, einige ehemalige linke Wähler, die sich jetzt vorstellen könnten, zum BSW zu wechseln. Und ganz weit abgeschlagen hinter AfD, CDU, der Linken und dem BSW kommen noch die SPD und die Grünen. Also zwei von drei Regierungsparteien auf Bundesebene. Die FDP, die dritte Regierungspartei, würde es demnach gar nicht mehr in den Landtag von Thüringen schaffen. Das wiederum ist aber nicht besonders überraschend, denn schon länger schneiden die Ampelparteien in Thüringen unterdurchschnittlich gut ab. Jetzt rechnen wir diese Umfrageergebnisse mal um auf Sitze im Landtag. Und da bekommen wir dieses Bild. Zumindest näherungsweise anhand der Zahlenumfragen, verändern sich immer wieder. Zu vergeben sind insgesamt 88 Sitze. Die meisten davon gehen an die AfD. Danach kommt die CDU und so weiter und so fort. Und das ist bis dahin alles ganz normal. Allerdings, für eine Regierungsmehrheit braucht man mindestens 45 Sitze in Thüringen. Für eine absolute Mehrheit mehr Sitze als alle anderen Parteien zusammen. Beides trifft auf keine Partei zu. Auch das ist so weit noch nicht ungewöhnlich. Das kommt inzwischen in Deutschland eher selten vor, dass eine einzige Partei allein regieren kann. Allerdings, auch Koalitionen aus mehreren Parteien sind schwierig. Rechnerisch gar kein Problem. Aber keine der hier genannten Parteien möchte eine Koalition mit der laut Umfragen stärksten Partei eingehen, nämlich der AfD. Die CDU zum Beispiel hat dafür schon 2018 einen sogenannten Unvereinbarkeitsbeschluss verfasst. Und dieser Beschluss gilt nicht nur für die AfD, sondern auch für Die Linke. Zitat aus einem Papier dazu: So schreibt es die CDU. Interessant dabei ist, für das BSW, für das Bündnis Sahra Wagenknecht, gilt das nicht. Obwohl die Partei von einer ehemaligen Führungsperson der Linken gegründet worden ist und viele ehemalige Linke-Mitglieder dort aktiv sind. Das heißt, theoretisch könnte die CDU mit dem BSW koalieren in Thüringen. Eine Mehrheit würde sie dabei aber mutmaßlich nicht zusammenbekommen. Auch nicht, wenn die SPD und die Grünen dazukämen. Auf der anderen Seite hat die AfD zwar viel Zuspruch, aber ihr fehlt ein möglicher Koalitionspartner. Auf diese Weise kann man die Zahlen aus den Umfragen immer weiter jonglieren. Nirgendwo bekommt man eine richtige Mehrheitszustande, mit der man dann auch entsprechend regieren kann. Entscheidend ist dabei letztlich die CDU. Sollten die Zahlen ungefähr so bleiben, wie sie jetzt sind, dann wäre sie die ausschlaggebende Partei. Entweder sie duldet eine neue Minderheitsregierung, womöglich sogar eine der AfD, oder aber sie kippt ihren Unvereinbarkeitsbeschluss und geht eine Koalition mit der AfD ein oder mit der Linken und dem BSW. Und genau diese letzte Option bringt nicht nur der ehemalige CDU-Chef von Thüringen ins Spiel, Mike Mohring heißt der, sondern auch der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Partei "Die Linke". Zitat: Zusammen könnten CDU, Linke und BSW auf eine mutmaßlich komfortable Mehrheit kommen. Und die CDU würde erst mal seit 2014 wieder in Thüringen den Ministerpräsidenten stellen. Allerdings könnte so eine Koalition zu einer extremen Belastung für die CDU werden. Eine Zusammenarbeit mit der Linken wäre absolut neu und würde, nicht nur wegen des Beschlusses, den es da gibt, bei vielen Mitgliedern für Proteste sorgen. Und nicht nur das, die gemeinsamen Nenner zwischen CDU, Linken und BSW sind überschaubar, wenn man sich die einzelnen Programme anschaut. Streit wäre vorprogrammiert und Kompromisse schwierig. Das heißt, ob es wirklich zu dieser Dreierkonstellation kommt, ist fraglich. Aber realistische Alternativen gibt es kaum. Abgesehen von Minderheitsregierungen. Auch eine Minderheitsregierung der AfD ist theoretisch denkbar. Ändern würde sich die Situation höchstens, wenn SPD und Grüne es nicht in den Landtag schaffen würden. Dann wäre die Verteilung der Sitze eine andere. Das könnte die Karten neu mischen. Es ist auf jeden Fall verfahren. Ganz ähnlich sieht es aus in Sachsen. Hier seht ihr auch wieder eine aktuelle Umfrage. Und auch hier ist ganz vorne die AfD. Deutlich dichter dran als in Thüringen ist allerdings die CDU. Dahinter kommen BSW, SPD und Grüne. Und so sieht es nach Sitzen aus. Für eine Mehrheit braucht man in Sachsen mindestens 61 Sitze. Die könnten ganz knapp erreichen, die CDU, die SPD und die Grünen. Also die aktuelle Landesregierung. Allerdings, je nach Umfrage sieht es auch anders aus. Letztlich könnten die drei Parteien ganz knapp eine Mehrheit verpassen. Und dann wäre es auch in Sachsen schwierig, denn mit der AfD koalieren will niemand. Mehrheiten wären dann nur möglich, wenn das BSW miteinbezogen würde. Wie steht die CDU dazu? Auch hier, es gibt keinen Unvereinbarkeitsbeschluss. Theoretisch möglich wäre eine Verbindung aus CDU und BSW. Und zumindest beim BSW ist man dafür auch in Sachsen offen. Die sächsische Landesvorsitzende Sabine Zimmermann sagt dazu im Interview mit der Leipziger Volkszeitung, Zitat: Eine Koalition aus CDU und BSW, möglich wäre sie in Sachsen auf jeden Fall. Vermutlich allerdings nur mit einem dritten Koalitionspartner. Das wäre dann mutmaßlich die SPD. Denn mit den Grünen will das BSW nicht zusammenarbeiten. Auch der amtierende Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer, sagt, künftig lieber nicht mehr zusammen mit dieser Partei. Das heißt, ganz so kompliziert wie in Thüringen sieht es in Sachsen zwar nicht aus, aber es müsste sich trotzdem ordentlich etwas bewegen, damit Mehrheiten zusammenkommen. Gesichert ist noch längst nichts. Denn dass die CDU tatsächlich mit dem BSW koaliert, dürfte vor allem in den westdeutschen Bundesländern bei den Mitgliedern nicht gut ankommen. Auch nicht beim Vorsitzenden der Bundes-CDU, Friedrich Merz. Der hatte Ende 2023 mal gesagt, eine Partei wie das BSW brauche in Deutschland niemand. Auch im Dritten der Bundesländer, in denen dieses Jahr gewählt wird, spielt das BSW eine zentrale Rolle, nämlich in Brandenburg. Hier sind zunächst wieder aktuelle Werte aus den Umfragen von dort. Wie gesagt, die sind, wie man so schön sagt, volatil, können sich ändern, aber das ist eine Momentaufnahme. Ganz vorne ist auch hier die AfD. Dahinter kommen nahezu gleich auf die CDU und die SPD. Dahinter BSW, Grüne, Linke und die Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegung, Freie Wähler, kurz BVB. Hat in diesem Fall natürlich nichts mit Fußball zu tun. Die Sitzverteilung würde ungefähr so aussehen. Auch hier ist es wie in Thüringen, man braucht mindestens 45 Sitze für eine Mehrheit. Die aktuelle Regierung aus SPD, CDU und den Grünen könnte es ganz knapp schaffen. Oder aber auch ganz knapp nicht. Dann bräuchte sie noch weitere Unterstützung. Die Linke würde wegen der CDU ausscheiden, die AfD sowieso, da bliebe nur noch die BVB. Das wäre aber schwierig, weil sich die politischen Vorstel- lungen der Parteien unterscheiden. Und zum anderen wäre das dann eine Viererkoalition. Ein Begriff, der bisher vor allem für eine Regierung in Bayern verwendet wird, mit vier Parteien zwischen 1954 und 1957. Daran könnt ihr erkennen, wie selten so was in Deutschland vorkommt. Aber was wäre denn die Alternative? Auch hier kommt wieder das BSW ins Spiel. Denn zusammen mit dem BSW hätten die SPD und die CDU wahrscheinlich eine ausreichende Regierungsmehrheit. Mit den schon erwähnten Schwierigkeiten. Auch hier gilt natürlich, eine Minderheitsregierung wäre ebenfalls möglich. Alles sehr komplex, ihr könnt euch die Umfragen in Ruhe anschauen, alles unten verlinkt. Das heißt, durch das BSW hat sich in allen drei östlichen Bundesländern etwas getan. Sah es erst zwischenzeitlich so aus, als könnte die AfD allein regieren, sind die Karten in allen drei Bundesländern ein Stück weit neu gemischt. Klar ist dabei, das BSW spielt eine zentrale Rolle. Entscheidend wird sein, wie sich die CDU zum BSW verhalten wird. Ist sie offen für Koalitionen, dann ergeben sich Möglichkeiten. Ist sie es nicht, wird es mit Mehrheiten mutmaßlich schwierig. Vor allem in Thüringen. Dort geht es auch noch um "Die Linke", also eine weitere Baustelle für die CDU. Klar ist aber auch, bis zu den Wahlen im September ist noch Zeit. Da kann einiges passieren. Vielleicht gibt es bis dahin noch, sagen wir mal, Überraschungskandidaten. In Thüringen etwa will die Werteunion des ehemaligen Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen an den Start gehen und erfolgreich sein. Mehr zur Partei erfahrt ihr oben auf dem "i". Aktuell kommt die Werteunion in Umfragen nur auf rund ein Prozent. Aber der Wahlkampf hat erst begonnen, da kann sich noch was tun. Einfach wird es mit der Regierungs- bildung auf jeden Fall nicht. Egal in welchem der drei Länder. Zumindest theoretisch könnte es nach der Wahl direkt wieder eine Wahl geben. Nämlich dann, wenn sich einfach keine Regierung findet. Also wenn es keine Parteien gibt, die zusammen eine Mehrheit hinbekommen. Das allerdings würde vermutlich die Unzufriedenheit unter den Menschen nur noch verstärken und die Politikverdrossenheit und Politikerverdrossenheit noch weiter anfeuern. Mich interessiert, wie sehen eure Prognosen aus für die Landtagswahlen in Ostdeutschland? Haltet ihr die Bundesländer oder eines davon für unregierbar? Wenn ihr von dort kommt, wie schätzt ihr die Situation ein? Schreibt's in die Kommentare. Neben mir findet ihr ein Video über die AfD in ostdeutschen Bundesländern und etwas vom dunklen Parabelritter: "Absturz Ost - Wie meine Heimat stirbt". Schaut da gerne mal rein. Danke euch fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal.