In diesem Video geht es um den vor allem im Themengebiet der Evolution häufig verwendeten Artbegriff und dessen Definition. Gar nicht so einfach, weil sich Arten im Laufe der Evolution verändern können. Zudem haben Biologen unterschiedliche Vorstellungen davon, was eine Art überhaupt ist und richten bei der Definition ihr Augenmerk auf verschiedene Eigenschaften der Arten, wie gleich noch deutlich wird.
Es lassen sich eine Vielzahl unterschiedlicher Artbegriffe bzw. Artkonzepte unterscheiden, wovon in der Schule vor allem der morphologische, der biologische und der populationsgenetische Artbegriff relevant sind. Morphologisch bedeutet das äußere Erscheinungsbild betreffend. Folglich besteht eine Art nach dem morphologischen Artbegriff aus Individuen, die wesentliche Körpermerkmale miteinander und mit ihren Nachkommen gemeinsam haben.
Umgekehrt gehören Individuen, die sich nicht ähnlich sehen, verschiedenen Arten an. Vielleicht habt ihr ja schon mal von dem Biologen Carl von Linné gehört, der ein System entwickelte, durch das Arten heute benannt werden, und im Laufe seines Lebens tausende von Arten beschrieb. Bei der Klassifikation der Arten nutzte er das morphologische Artkonzept.
Eine andere Möglichkeit blieb ihm nicht, weil man zu dieser Zeit Mitte des 18. Jahrhunderts keine bzw. kaum Kenntnisse über die Genetik hatte. Biologen können sich allerdings nicht nur auf das äußere Erscheinungsbild verlassen, wenn sie feststellen wollen, ob einzelne Organismen der gleichen Art oder verschiedenen Arten angehören. Das Aussehen von Weibchen und Männchen unterscheidet sich teilweise sehr deutlich, wie hier anhand der Stockente deutlich wird. Andererseits gibt es sogenannte kryptische Arten, das sind Arten, die sich morphologisch kaum unterscheiden, sich aber nicht untereinander kreuzen können.
Die Betrachtung von Arten als einzelne Zweige eines Stammbaums nennt man phylogenetisches bzw. evolutionäres Artkonzept. Jede Art entsteht durch ein Artbildungsereignis, erkennbar an der Aufspaltung einer Linie des Stammbaums in zwei Äste.
Spalten sich Populationen einer Art auf und durchlaufen eine separate Entwicklung, ist nach einem gewissen Zeitpunkt noch nicht klar, ob daraus zwei unterschiedliche Arten entstehen. Wie eben schon angedeutet, gilt auch hier als wichtigstes Kriterium, ob sich die aufspaltenden Linien miteinander fortpflanzen bzw. kreuzen können oder nicht.
Können sie das nicht, spricht man von einer sogenannten reproduktiven Isolation. Der Begriff ist sehr wichtig und taucht immer wieder in der Unterrichtsreihe Evolution auf. Erst dann bilden sich unabhängige Entwicklungslinien am Stammbaum.
Die Erkenntnis, wie wichtig eine reproduktive Isolation ist, führte zur Entwicklung des biologischen Artbegriffs. Demnach sind Arten Gruppen natürlicher Populationen, die sich tatsächlich oder potenziell untereinander fortpflanzen können und die von anderen solchen Gruppen reproduktiv isoliert sind. Die Begriffe tatsächlich und potenziell, die häufig nicht in Schulbüchern auftauchen, bilden wichtige Elemente der Definition. Tatsächlich heißt, dass die Individuen im selben Gebiet leben und sich untereinander fortpflanzen können.
Potenziell heißt, dass Individuen einer Art, die nicht in einem Gebiet leben und sich damit nicht real kreuzen, dies potenziell aber tun würden, wenn sie zusammenkämen. Zum Schluss noch der populationsgenetische Artbegriff zu erwähnen, nachdem eine Art eine Gruppe von Populationen, deren Genpool von dem anderer getrennt ist, ist. Dieser deckt sich weitestgehend mit dem biologischen Artbegriff.
Findet keine Fortpflanzung statt, kommt es auch zu keinem Genfluss, also zu keinem Austausch genetischen Materials, und somit zur Entwicklung unterschiedlicher Genpule. Wichtig ist, dass sich die unterschiedlichen Artkonzepte nicht gegenseitig ausschließen müssen. Es handelt sich lediglich um eine unterschiedliche Herangehensweise an die Frage, was sind Arten. Ganz gleich, welches Artkonzept ihr favorisiert, könnt ihr euch merken, dass die reproduktive Isolation unabdingbar ist für die Entstehung von Arten und wichtigstes Unterscheidungsmerkmal, wenn man sich nicht sicher ist, ob es sich bei einzelnen Individuen um eine Art oder um unterschiedliche Arten handelt.