Problematische Stellen des Alten Testaments und christliche Interpretationen

Herausforderungen des Alten Testaments

• Arbiträre Regeln und grausame Strafen:
  • Ernährungsgesetze (z.B. Verbot von Schweinefleisch und Schalentieren)
  • Verbot des Mischens verschiedener Stoffe
  • Steinigung ungehorsamer Kinder
  • Abschneiden der Hand einer Frau, die die Genitalien eines Mannes berührt
• *Störende Passagen:
  • Umgang mit Sklaven
  • Versklavung von Feinden
  • Zwangsheirat von erbeuteten Frauen
• Extremste Passagen:
  • Völkermord an den Kanaaniten, einschließlich Frauen und Kindern

Persönliche Erfahrung und Reaktionen

• In der Sonntagsschule lernte man, dass Gott jeden liebt
• Fragen nach den grausamen Texten wurden ungern beantwortet
• Widerspruch: Gott der Liebe vs. Gott, der Völkermord befiehlt
• Lange ignoriert und verdrängt
• Skeptiker fordern Antworten von Apologeten

Verschiedene Antworten von Theologen und Apologeten

Konservative Positionen

• Eugene Merrill:
  • Gott ist souverän und kann tun, was er will
  • Genozid als Yahweh-Politik für eine einzigartige Situation
• Paul Copan und Matthew Flannagan:
  • Gebote zum Töten der Kanaaniter sind hyperbolisch
  • Gott tötet Kinder, um sie in den Himmel zu bringen (umstrittene Rationalisierung)

Liberale Positionen

• Greg Boyd:
  • Bibelautoren missverstehen Gottes Gebote
  • Gott erlaubt Gewalt nur wegen der harten Herzen seiner Anhänger
• Randall Rouser:
  • Ablehnung der historischen Genozid-Erzählung
  • Bibel hat einen anderen Zweck bei diesen Geschichten

Mittlerer Weg: Redemptive Movement Hermeneutic

• Entwickelt von William Webb
• Zwei Annahmen:
  1. Menschheit ist sündhaft und entfremdet von Gott
  2. Gott will eine liebevolle Beziehung zu Menschen, trotz ihrer Sündhaftigkeit
• Inkremementelles Einfordern von Verbesserungen
  • Gesetze im Alten Testament als Kompromiss zwischen menschlicher Sündhaftigkeit und göttlicher Heiligkeit

Beispiele und Anwendung

Deuteronomium 21:10-14

• Problematik: Ehe mit erbeuteten Frauen und ihre anschließende Freilassung
• Redemptive Aspekte:
  • Verbot der Vergewaltigung und Förderung der menschlicheren Behandlung
  • Wartezeit von einem Monat für Trauer

Genozid an den Kanaaniten

• Hyperbolische Sprache:
  • Historische Kontext zeigt Übertreibung in der Kampfesdarstellung
• Biblische Hinweise auf Überlebende:
  • Widerspruch zur totalen Vernichtung
• Ethik der Zeit:
  • Kein Lob für Kriegsgreuel im Alten Testament
  • Vergleich zu anderen antiken Kriegen zeigt relative Mäßigung

Sklaverei

• Alttestamentliche Regelungen:
  • Strafen für übermäßige Gewalt, Freilassung nach sieben Jahren
• Redemptive Aspekte:
  • Verbesserung der Behandlung von Sklaven

Grausame Strafen (Deut 25:11-12)

• Kontextuelle Perspektive:
  • Historischer Kontext zeigt die „normale“ Brutalität jener Zeit
• Vergleich zu assyrischen Gesetzen:
  • Biblische Strafe (Hand abschneiden) milder im Vergleich zu damaligen Normen

Theologische Unterstützung und Fazit

• Jesu Lehre über Scheidung:
  • Alttestamentliche Zugeständnisse wegen harter Herzen der Menschen (Matthäus 19:8)
• Buch Hebräer:
  • Vergleich von Jesus und dem Alten Testament als Hinweise auf dessen Unvollkommenheit
• Abschlussgedanke:
  • Altes Testament zeigt einen Übergang hin zur Verbesserung menschlichen Verhaltens
  • Gott nutzte diese Gesetze, um Menschen zu einem höheren moralischen Verständnis zu führen

Quellen und weitere Lektüre

• Empfehlung: Werke von William Webb