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Überblick über das Christentum

Das Christentum. Mit über zwei Milliarden Anhängern ist es die größte Religion der Welt. Aber was macht diesen Glauben so einzigartig? Wo liegen die Ursprünge der Kirche? Woran glauben Christen? Was bedeuten ihre Zeichen und Rituale? Und gibt es überhaupt das Christentum? Es sind zehn Dinge, die jeder über das Christentum wissen sollte. Und zwar ganz gleich, ob man mit Kirche was am Hut hat oder nicht, ob man einen anderen Glauben hat oder vielleicht auch keinen. Von Jesus bis Auferstehung, von der Bibel bis heute. Das Wichtigste vom Christentum in 45 Minuten. Heute gibt es viele Zentren des christlichen Glaubens. Rom aber gilt als der prominenteste Schauplatz. Über 400 Kirchen gibt es hier. Gläubige prägen das Bild auf den Straßen. Aber das war natürlich nicht immer so, denn das christliche Rom steht auf heidnischen Fundamenten. Besonders gut kann man das hier sehen, unweit des Kolosseums in der Basilika San Clemente. Hinter diesen Türen verbergen sich in Wahrheit zwei Kirchen. Die Unterkirche aus dem 4. Jahrhundert ist eine der ältesten christlichen Kirchen Roms. Damals war alles noch schlichter und bescheidener, das Christentum noch keine weltbeherrschende Macht. Und es war auch nicht ausgemacht, ob es das jemals würde, denn es gab starke Konkurrenz. In der Welt, in die das Christentum hineinkam, gab es viele mächtige Götter. Durch Gebete und Opfergaben versuchten die Menschen, sie gnädig zu stimmen und göttlichen Beistand zu erhalten. Über mir die christliche Kirche St. Clemente. Hier, zwölf Meter unter dem heutigen Straßenniveau, ein Tempel des antiken Mithras-Kultes. Seine Anhänger verehrten den unbesiegbaren Sonnengott, der hier auf dem Altar als Stiertürmchen geblieben ist. dargestellt wird. Sein Feiertag war der 25. Dezember, an unserem Weihnachtstag. Dass am Ende nicht der Mitraskult, sondern das Christentum das Rennen machte, das hat viel damit zu tun, was vorher war. Mehr als 300 verschiedene Kulte gab es allein im antiken Rom. Für alles und jedes gab es einen Gott oder eine Göttin. Der Tempel der mächtigsten Götter befand sich auf dem Kapitol. Dorthin führten auch die Triumphzüge siegreicher Feldherren. Was konnte das Christentum anbieten, um in dieser Kultur der vielen Götter mit ihrem Gott zu bestehen? Mit Jesus von Nazareth beginnt die Geschichte des Christentums. Christen glauben, er sei der Sohn Gottes, von Gott auf die Erde gesandt, um die Menschen von ihren Sünden zu erlösen. Hier am See Genezareth soll sich die Geschichte vor bald 2000 Jahren abgespielt haben. 29 Wunder habe Jesus vollbracht, so berichten es die Evangelien. Seine Zeitgenossen mögen das geglaubt haben und viele Christen glauben bis heute daran. Dabei zeichnet die Mehrheit der Wissenschaftler inzwischen ein ganz anderes Bild von Jesus und kommt dabei zu erstaunlichen Erkenntnissen. Fakt ist, Jesus von Nazareth hat tatsächlich gelebt. Jesus, der Sohn der Maria, arbeitete zusammen mit Brüdern und seinem Vater Josef als Bauhandwerker. Vermutlich konnte er nicht schreiben, obwohl viele seiner späteren Worte überliefert sind. Die eigentliche Geschichte beginnt, als Jesus mit Ende 20 alles hinter sich lässt. Er schließt sich Johannes dem Täufer an. Ein frommer Jude, der das nahe Ende der Welt prophezeit und zur Vergebung der Sünden eine Taufe im Jordan anbietet. Am See Genezareth beginnt Jesus seine eigene Karriere als Wanderprediger. Auch er verkündet das nahe Reich Gottes. Und nicht nur als Prophet ist er erfolgreich, auch als Heiler und Dämonenaustreiber. Das verschafft ihm Zulauf. Ein Jahr lang wirkt und predigt Jesus am See Genezareth. In Israel suche ich nach Spuren vom Leben Jesu. Hier treffe ich Dieter Viehweger. Er hat sich als Archäologe eingehend mit der christlichen Überlieferung beschäftigt. Herr Viehweger, sind wir hier an einem Ort, an dem auch Jesus gewesen ist? Wir lesen in der Bibel, dass Jesus mehrfach in der Synagoge von Kafarnaum gepredigt hat. Nun darf man sich allerdings nicht täuschen lassen. Diese Synagoge, die wir vor uns sehen, stammt aus dem 4. oder 5. Jahrhundert. Wir können allerdings annehmen, dass die alte Synagoge, in der Jesus gepredigt hat, unter diesem Ort sich befindet. Woher hatte Jesus eigentlich sein tiefes religiöses Wissen? Seine Jünger haben ihn ja Rabbi genannt, einen Gelehrten. War er denn tatsächlich ein Gelehrter? Was war das für ein Gelehrter, ein Rabbi? Nun, wir wissen natürlich nicht, was man unter einem Rabbi zur Zeit Jesu verstand. Es gab noch kein festgefügtes Berufsbild damals. Aber Rabbi, das heißt mein Lehrer, das werden wohl seine Freunde und seine Anhänger zu ihm gesagt haben. Und als Lehrer hatte er viel zu bieten. Selig sind die Friedfertigen. Selig sind die Barmherzigen. Selig sind die Sanftmütigen, eine dem Menschen zugewandte Lehre. Diese Botschaft geht mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den historischen Jesus zurück. Jesus hat also wirklich gelebt. Aber war er auch ein Kirchengründer und Religionsstifter? Es ist schon eine seltsame Geschichte. Jesus war angetreten, seine Landsleute für das baldige Reich Gottes vorzubereiten. Und was wurde daraus? Die Mehrheit seines Volkes glaubte ihm nicht und selbst unter seinen Jüngern kamen Zweifel auf. Doch nach seinem Tod, Tod wurde alles anders. Scharenweise bekannten sich die Menschen nun zum Gott der Christen und machten aus dem frommen Juden Jesus, dem Wanderprediger aus Nazareth, den Stifter einer neuen Weltreligion. Jesus selbst hätte das vermutlich nie für möglich gehalten. Sichtbares Zeichen des neuen Glaubens ist das Kreuz. Es ist das Markenzeichen der Christen. Menschen auf der ganzen Welt tragen es als Bekenntnis ihres Glaubens. Aber wofür steht es? Die Spur führt nach Jerusalem. Mit seinen Jüngern zieht Jesus auf den Tempelberg, damals wie heute heiliger Ort der Juden. Es ist der Anlass zur Strafsache Jesus. Berichtet wird, ausgerechnet hier, im Allerheiligsten der Juden, provozierte er einen Eklat. Jesus wird im Auftrag der Hohenpriester verhaftet. Man macht kurzen Prozess mit dem Aufrührer aus Nazareth. Die christliche Überlieferung berichtet, dass Jesus sich vor seinen Anklägern als Sohn Gottes bekannt habe. Nach jüdischem Recht ein todeswürdiges Verbrechen. Und auch für Pontius Pilatus, den Stadthalter Roms, ist Jesus ein gefährlicher Aufrührer. Er verurteilt ihn zum Tode. Schwerverbrecher wurden nach römischem Recht gekreuzigt. Sechs Stunden soll Jesus qualvoll am Kreuz gelitten haben. Dann erst trat der erlösende Tod ein. Die Strafsache Jesus entsprach also der damaligen Rechtspraxis, auch wenn uns das heute grausam und willkürlich vorkommt. In Rom finde ich einen Hinweis darauf, wie belastend der Kreuzestod auch für die ersten Christen gewesen sein muss. Wie abwegig der Glaube an einen hingerichteten Schwerverbrecher in den Augen der Römer war, zeigt ein Graffiti. Es ist die erste bekannte Darstellung des gekreuzigten Christus überhaupt. Als Esel. Die höhnische Inschrift darunter, Alexamenos, verweist die Geschichte. er ehrt seinen Gott. Dieses Sportkozifix zeigt, dass sich die Römer über die ersten Anhänger des Christentums einfach nur lustig machten, sie im Grunde für Idioten hielten. Damals war das Kreuz wirklich noch nicht, womit die Christen für sich werben konnten. Die ersten Christen deuteten seinen ehrlosen Tod am Kreuz als Opfertod. Damit habe er alle Menschen von den Sünden erlöst. Der Tod Jesu von Nazareth am Kreuz ist ein Fakt. Er wurde zum Urgrund des christlichen Glaubens. Ob Jesus tatsächlich für alle Menschen gestorben ist, um sie zu erlösen? Wir wissen es nicht. Christen glauben daran. Sicher ist, es ist das Kreuzsymbol, das das Christentum am meisten von allen anderen Religionen unterscheidet. Ein hingerichteter Gott, ein Verlierer wird Sieger. Ein solches Gottesbild kannte die Welt bis dahin nicht. Das wichtigste Heiligtum der Christen ist die Grabeskirche in Jerusalem. Sie soll über der Begräbnisstätte Jesu errichtet worden sein. Beliebt bei Pilgern ist der sogenannte Salbungsstein, auf dem, der Erzählung nach, der geschundene Körper des Toten Jesus gesalbt und beklagt wurde. Doch alles änderte sich mit dem Glauben seiner Anhänger an die Auferstehung. Die christliche Überlieferung sagt, am dritten Tag nach seinem Tod am Kreuz sei das Grab leer gewesen. Jesus sei noch einmal ins Leben zurückgekehrt. Er sei von den Toten wieder auferstanden. Bis heute glauben Christen daran. Aber ist hier denn alles nur eine Frage des Glaubens? Wie gehen Historiker mit der Auferstehung Jesu um? In Rom bin ich dazu mit Jörg Vogt verabredet. Herr Vogt, gibt es belastbare Hinweise auf die Auferstehung von Jesus? Belastbare Hinweise oder gar klare Beweise gibt es in dieser Form dafür nicht. Die wünscht man sich als Wissenschaftler. Das hat dazu geführt, dass allerlei Spekulationen auch... in der Welt waren oder ab und zu auch noch sind, dass zum Beispiel der Leichnam Jesu unmittelbar nach der Kreuzigung und Grablege entfernt wurde oder dass die Jünger Visionen entwickelt haben, um ihre große Trauer über den Tod Jesu zu kompensieren. Für die Wissenschaft bleibt die Auferstehung ein Rätsel. Sie ist sozusagen in den Grenzbereichen der Deutbarkeit eigentlich auch schon außerhalb. Könnte es nicht sein, dass die Auferstehung überhaupt eher ein Bild ist, das gar nicht wörtlich zu nehmen ist? Für die Christen aller Kirchen ist dieses sozusagen wörtlich zu verstehen, das ist von hoher Identifikation und von Bedeutung. Etwas überspitzt, plakativ vielleicht formuliert könnte man sagen, dass die Auferstehung Christen… für das Christentum quasi die Initialzündung, der Urknall war. Und diesen Urknall den höheren Gläubigen eben auch heute noch. An Ostern erinnern Christen in aller Welt in feierlichen Prozessionen und Umzügen an die einschneidenden Ereignisse vor bald 2000 Jahren. Keine Auferstehung ohne Kreuz und kein Kreuz ohne die Auferstehung. Das ist der christliche Glaube. Und Ostern, das Fest der Auferstehung, ist das älteste und wichtigste Fest für die Christen. Heute würden wir wohl vom größten Comeback aller Zeiten sprechen. Fakt ist, auch wenn sich die Auferstehung Jesu nicht beweisen lässt, sie ist das A und O des Christentums. Versprechen und Hoffnung der Christen auf Überwindung des Todes, auf ein ewiges Leben. Nur durch die Taufe kann man Christ werden. Ihrem Namen. haben die Anhänger Jesu nach dem auferstandenen Christus. Und von ihm stammt auch der Missionsauftrag. In der Bibel heißt es, Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker. Fakt ist, die Apostel schwärmten nun aus, andere Menschen von ihrem Glauben zu überzeugen. Allen voran der Apostel Paulus. Trotz aller Widerstände, Paulus ist von seiner Mission überzeugt. Der Jude Jesus hat sich nicht nur für die Juden, er hat sich für alle Menschen geopfert. Und alle Menschen sollen nun zu Jüngern Jesu gemacht werden. In Briefen an die ersten Christengemeinden legt er die verbindliche christliche Lehre fest. Manche sehen in Paulus den eigentlichen Erfinder des Christentums. Paulus war ein Kommunikationsgenie. Mit seinen Briefen wurde er der entscheidende Promoter des Urchristentums. Und auf solchen Römerstraßen, den Superhighways der Antike, gelangten sie bis in alle Winkel des riesigen Imperiums. Die gut ausgebauten Steinstraßen durchzogen damals das ganze Römische Reich. Sie waren ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung des christlichen Glaubens. Dem Missionar Paulus muss das engmaschige Straßennetz wie ein Geschenk Gottes vorgekommen sein. An immer mehr Orten entstanden nun Christengemeinden. Die Taufe wird zum Einstiegsritual des neuen Gottesglaubens. Anfangs fanden die Taufen an Flussufern statt. Doch als immer mehr Menschen sich zu Christus bekannten, musste eine andere Lösung her. Taufbecken. Das Baptisterium des Laterans gilt als die älteste Taufkapelle der Christenheit. Eine Art Prototyp. In der Frühzeit des Christentums stiegen meist Erwachsene ins Taufbecken. Das war allerdings zu klein, um, wie im Fluss, mit dem ganzen Körper einzutauchen. Heute werden Täuflinge meist nur mit etwas Wasser übergossen. Erstaunlich aber ist die Taufformel. Ich taufe dich auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Aber das sind ja drei. Ist das Christentum nicht der Glaube an den einen Gott? Die Natur Gottes gibt viele Rätsel auf. Beten Christen zu drei Göttern? Als Schöpfer der Welt verehren sie Gott Vater. Er habe seinen Sohn Jesus Christus auf die Erde geschickt. Und dann gibt es noch den Heiligen Geist. Entscheidend ist, das Christentum gehört wie das Judentum und der Islam zu den monotheistischen Religionen. Das bedeutet, sie glauben an den einen allumfassenden Gott. Juden nennen ihn Yahweh und befolgen ein striktes Bilderverbot. Ebenso die Muslime, die ihn Allah nennen. Aber wieso dürfen sich Christen ein Bild machen von ihrem Gott? Und wie sieht es aus? Ich treffe die Kunsthistorikerin Tanja Michalski. Ja, ob hier oder sonst wo in den Kirchen, wir sehen ja immer Darstellungen von Gott, was Juden und Muslimen verboten ist. Wie kommt das? Sind Christen Liberale? Liberale würde ich nicht sagen, das scheint mir ein zu weiter Begriff. Christen haben immerhin auch einen... Bilderverbot für Gottesdarstellung unter den zehn Geboten. Sie haben allerdings Möglichkeiten gefunden, dennoch Gott darzustellen. Und wie sehen diese Gottesbilder aus? Dazu muss man vorausschicken, der christliche Glauben ist einer an die Dreifaltigkeit, der Gott existiert. existiert sowohl als Gottvater als der menschgewordene Sohn Christus und der Heilige Geist. Und in diesen verschiedenen Naturen Gottes kann er eben auch dargestellt werden. Wie kompliziert sowas zuweilen sein kann, sieht man hier an einem solchen Bild wie in der Absis. Sie sehen ein geschmücktes Gemmenkreuz auf einer Wiese stehen vor Goldhintergrund. Und das lässt sich interpretieren als das Symbol der Erlösung trotz des Martyriums Christi am Kreuz. Was zur Erlösung der Christen führt, wie man hier angedeutet sieht, zum Zum Beispiel durch die Himmelskalotte, die oben da herauskommt. wo Christus noch einmal dargestellt ist. Klingt nicht ganz unkompliziert. Braucht man eine Art Lesehilfe für christliche Gottesdarstellungen? Ja, denn das Besondere an der christlichen Darstellungsform Gottes ist, dass sie eigentlich etwas Undarstellbares darzustellen versuchen. Und da hilft sowohl die Theologie als auch die Kunstgeschichte, um hier solche komplexen Bildprogramme auseinanderzunehmen. Wobei man sagen muss, ein historischer Betrachter, der geübt war darin, konnte das verstehen. Das Rätsel der Natur Gottes lösen gläubige Christen heute mit jedem Kreuzzeichen. Oder sie erleben es beim Segen des Pfarrers, wenn er sagt, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Drei in eins. Die heilige Dreifaltigkeit war die Lösung, die sich durchsetzte. Ein Buch steht für gläubige Christen über allen anderen. Es ist ein Jahrtausend-Bestseller mit einer berechneten Gesamtauflage von drei Milliarden Exemplaren. Doch das Buch der Bücher gibt auch viele Rätsel auf. Was in der Bibel steht, so glaubten die Menschen früher, sei Buchstabe für Buchstabe göttliches Wort. Mal aus den Wolken, mal aus einem brennenden Dornbusch gesprochen. Vieles durch den Mund Jesu, aber immer Wort Gottes. Heute sehen die meisten das anders. Die Texte der Bibel sind ja von Menschen verfasst worden. Menschen, denen sich Gott in den Augen der Gläubigen offenbart habe. Christen schöpfen aus der Bibel ihren Glauben. Die Bibel besteht aber aus vielen Büchern. Juden haben den ersten Teil geschrieben. Christen übernahmen die jüdischen Schriften und fassten sie unter dem Namen Altes Testament neu zusammen. Fundamental in der Bibel sind die zehn Gebote. Sie gehören zu den Basics der christlichen Verkündigung und sind Juden wie Christen gleichermaßen wichtig. Beide Religionen glauben, dass Moses die zehn Gebote auf dem Berg Sinai von Gott erhalten hat. Zwei steinerne Tafeln, eigenhändig beschrieben mit dem Finger Gottes. Sie sagen den Menschen, wie sie mit Gott und untereinander zusammenleben sollen. Das Erstaunliche, die zehn Gebote der Bibel machen eine Weltkarriere, auch außerhalb der Religionen und Gotteshäuser, als eine Werteordnung, ohne die Gemeinschaft auf Dauer kaum bestehen kann. Auch unser freier Wochentag gehört zum biblischen Verhaltenskodex. Drittes Gebot, du sollst den Sabbat heiligen. Für Muslime der Freitag, für Juden der Samstag, für Christen der Sonntag. Ein Tag in der Woche mal Ruhe. Eine gute Sache. von der wir auch heute noch profitieren. Für Christen ist aber vor allem das Neue Testament maßgeblich. Am bekanntesten darin die vier Evangelien von Markus, Lukas, Johannes und Matthäus. Geschrieben wurden sie in den Jahren 70 bis 110 nach Christus. Das erste also immerhin erst 40 Jahre nach seinem Tod. Die Evangelien sind die zentralen Quellen über das Leben von Jesus. Sie erzählen von Jesu Wirken auf Erden, seinem Tod und seiner wundersamen Auferstehung, die Heilsgeschichte des Christentums. Evangelium bedeutet frohe Botschaft. Die vier Evangelisten wollen im Glauben bestärken. Historische Fakten sind ihnen nicht so wichtig. Für gläubige Christen offenbart sich also in der Beschäftigung mit der Bibel das Wort Gottes, auch wenn die Texte selbst von Menschen niedergeschrieben wurden und viel Wunderliches und Widersprüchliches enthalten. Die Bibel als Anleitung für ein gutes, gottgefälliges Leben. Doch wie sieht dieses Leben in der Praxis aus? Wie verhielten sich die ersten Christen im alten Rom? Auch wenn in Europa heute mehr als zwei Drittel der Menschen Christen sind, die Strahlkraft der Kirche hat nachgelassen. Im antiken Rom dagegen waren die Verheißungen des neuen Glaubens regelrecht revolutionär. Wenn man nach den Gründen für die Attraktivität des frühen Christentums sucht, muss man in den Untergrund gehen. So wie hier, in die Katakomben des heiligen Kalixtus. Ein gigantisches Labyrinth auf vier Ebenen. Hunderttausende Christen wurden hier bestattet. Viele der Gräber sind mit Symbolen und Bildern geschmückt. Die frühen Christen waren überzeugt, wie Christus würde ihr Gott auch sie von den Toten auferwecken. Deshalb ließen sie sich auch nicht verbrennen, wie es damals üblich war. Sie ließen sich in solchen Nischen bestatten, denn am Tag der Auferstehung wollten sie körperlich unversehrt sein. Die neue Religion versprach ewiges Leben im Paradies. Eine große Attraktion für die Menschen der Antike. Diese Grabplatte hier zeigt einen sagenumwobenen Vogel mit Strahlen um den Kopf. Ein Phönix. Noch heute das Sinnbild für ein Weiterleben nach dem Tod. Wie ein Phönix aus der Asche, so wollten auch die Anhänger Jesu am jüngsten Tag wieder auferstehen. Und noch heute glauben Christen, Jesus habe ihnen durch seinen Tod am Kreuz die Tür zum ewigen Leben geöffnet. Deshalb heißt es in ihrem Glaubensbekenntnis auch, ich glaube an die Auferstehung der Toten und an das ewige Leben. Heute rufen Kirchenglocken die Gemeinde zu den Gottesdiensten. Aber wo trafen sich die ersten Christen? Wie feierten sie ihren Glauben? Kirchen gab es ja noch keine. Die ersten Christen versammelten sich in Wohnhäusern reicher Gemeindemitglieder. Dort feierten sie, anfänglich noch im Verborgenen, das Abendmahl. Sie brachen und teilten das Brot zum Gedächtnis an Jesus Christus. Brot und Wein waren für sie sein Leib und sein Blut, das er für sie hingegeben hatte. Das geht laut Bibel auf das letzte Abendmahl Jesu mit seinen zwölf Jüngern zurück, ehe er verhaftet wurde. In Rom zeigt mir der Archäologe Norbert Zimmermann einen frühchristlichen Kultraum. Hier kommen wir jetzt also in den ersten und einzigen christlichen Kultraum in einem römischen Wohnhaus, der sich erhalten hat. Wir sehen an der Hauptwand den Märtyrer selbst dargestellt in der Orantenhaltung, in der antiken Gebetshaltung. Er erscheint wie auf einer Bühne zwischen diesen Vorhängen und zu seinen Füßen haben sich Menschen, die ihn verehren, zu Boden geworfen. Das Ungewöhnliche ist, dass er sich nicht mehr so gut als ein Mensch sieht. ist, dass sich ein reicher Römer in seinem Wohnhaus selbst einen Ort geschaffen hat, wo er christliche Märtyrer-Reliquien verehrt. Also so eine Art kleine private Hauskapelle, tatsächlich ein bisschen klein für die Gemeinde. Wo hat die denn nun ihre Gottesdienste gefeiert? Ja, das wüssten wir natürlich sehr gerne. Wir können in keinem Fall einen Ort archäologisch nachweisen, wo Messe gefeiert wurde. Wir wissen aber, dass in den Häusern der Reichen sich die Christen in den Speiseräumen trafen und dort. Tische, die sonst zum Essen, zu ganz normalen Essen benutzt wurden, als Altartisch in dem Fall dann verwendet wurden und spontan der Raum hergerichtet wurde für die Messfeier. Für die ersten Christen gab es keinen Unterschied der Geschlechter, der Herkunft und des Standes. Alle Menschen sind Gottes Kinder. Also muss auch allem geholfen werden. Und so verstanden sich die frühen Christen vom ersten Tag an auch als eine soziale Bewegung, die sich vor allem um die Armen und Ausgegrenzten der Gesellschaft kümmerte. Für die Attraktivität des Christentums sprachen also etliche Gründe. Und sie sind auch heute noch für Christen wichtig. Tätige Nächstenliebe, Fürsorge, das Überwinden sozialer Schranken. Und die Hoffnung auf Auferstehung und ein besseres Leben nach dem Tod. Alles eigentlich sehr positiv. Und dennoch wurden die frühen Christen als Sonderlinge angefeindet. Sie wurden für ihren Glauben verfolgt, ja sogar hingerichtet. Die römische Kirche Santo Stefano Rotondo erzählt vom blutigsten Kapitel in der Geschichte des frühen Christentums. Sie erinnert an Männer und Frauen, die für ihren Glauben bereit waren zu sterben. Stefanus, Mitglied der Jerusalemer Urgemeinde, gilt als der erste christliche Märtyrer. Märtyrer, das ist griechisch für Zeuge. Sie wurden zu Blutzeugen für die Kraft des neuen Glaubens. Die Verlustlosigkeit angesichts von Folter und Tod beeindruckte viele. Christen galten bis ins 4. Jahrhundert hinein immer wieder als Staatsfeinde, weil sie nicht den römischen Staatsgöttern und Kaisern opferten. Wer dann noch an seinem Glauben festhielt und todesmutig bekannte, Christianus sum, ich bin ein Christ, der wurde verbrannt, zerstückelt, aufgeschlitzt oder den Löwen zum Fraß vorgeworfen. Es heißt, jeder Märtyrer verschaffte der christlichen Gemeinde 100 neue Mitglieder. Auch wenn es makaber klingt, die Märtyrer waren vielleicht die beste Werbung für den neuen Glauben. Den Durchbruch für das Christentum schafft Kaiser Konstantin. Im 4. Jahrhundert beendet er die Verfolgung der Christen und sorgt für Religionsfreiheit. Warum er das gemacht hat, darum ranken sich viele Legenden. Angeblich soll Konstantin vor einer entscheidenden Schlacht das Christus-Symbol im Traum gesehen haben. Jedenfalls setzt er auf Jesus Christus und im Zeichen des Kreuzes schlägt er seinen Gegner vernichtend. Ein entscheidender Sieg für ihn und für das Christentum. Später wird man von der konstantinischen Wende sprechen. Kaiser Konstantin will Frieden und Einheit im Reich. Er lässt sich zwar nie taufen und besucht nie einen Gottesdienst. Mit ihm bekommt das Christentum aber einen mächtigen Fürsprecher. Und er startet ein riesiges Bauprogramm. Die Christen sollen eigene Gotteshäuser bekommen. Rom soll christlich werden. Seine ersten Kirchen in Rom baut Konstantin außerhalb der Stadt über den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus. Zum Flaggschiff des neuen Glaubens aber wird die Basilica Santa Maria Maggiore, errichtet auf dem höchsten Hügel Roms. Unter Kaiser Konstantin wurde der neue Glaube zur führenden Religion im Römischen Reich, zum Mainstream. Mit Konstantin entsteht das, was später einmal das christliche Abendland genannt wird. Er war übrigens noch für Toleranz unter den Religionen. Seine Nachfolger aber ließen alle anderen Kulte verbieten und grausam verfolgen. Aus den Underdogs waren nun die neuen Herren geworden, mit einem Papst an der Spitze. Seit dem 5. Jahrhundert beansprucht der Bischof von Rom, das Oberhaupt der Kirche zu sein. Dabei sieht er sich ausdrücklich als Nachfolger des Apostel Petrus. Denn Petrus, heißt es im Matthäus-Evangelium, habe von Jesus die Schlüssel des Himmelreichs erhalten. Aber hatte Jesus ihn auch zu seinem Stellvertreter auf Erden gemacht? Die Nachfolger Petri werden später einmal Päpste genannt. In katholischer Lesart sind sie genau das. Stellvertreter Christi auf Erden. Ein Anspruch, der bis heute jedem Amtsinhaber enorme Autorität verleiht. Mittlerweile ist der Papst in Rom eindeutig der dienstälteste Global Player. Papst Franziskus ist die Nummer 266 auf dem Stuhl Petri. Das bedeutet, wie alle seine Vorgänger, betrachtet auch er sich als direkten Nachfolger des Apostels Petrus. Und das hat sehr viel mit diesem Ort zu tun. Die Tradition erzählt, Petrus starb als Märtyrer in einem Zirkus. Über seinem Grab ließ Kaiser Konstantin die erste Peterskirche errichten. Gut 1000 Jahre später wird sie abgerissen und komplett neu gebaut. Es ist der heutige Petersdom, die berühmteste christliche Kirche der Welt. Der Petersdom ist so etwas wie das Herz der katholischen Kirche. Mit einem Kirchenschiff, So groß wie drei Fußballfelder. Darüber die damals größte Kuppel ihrer Zeit. Petrus, der Namensgeber, genießt noch immer besondere Wertschätzung unter den Millionen Menschen, die Jahr für Jahr zu ihm pilgern. Unter dem Petersdom könnte er also tatsächlich begraben sein. Aber seit wann heißen die Nachfolger von Petrus eigentlich Papst? Ich kehre noch einmal zurück zu den Kalixtus-Katakomben. Hier haben Archäologen eine besondere Grabkammer entdeckt. Die Krypta der Päpste. Neun Päpste aus den ersten Jahrhunderten des Christentums fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Es ist der erste offizielle Friedhof der Kirche von Rom. Kleiner Vatikan wird er deshalb genannt. Zum Teil haben sich die originalen Grabinschriften erhalten. Epi steht hier neben dem Namen des Toten griechisch für Episkopos, Bischof von Rom. Bischof also, aber eben nicht Papst. Tatsächlich dauerte es weitere 800 Jahre, bis Papst der offizielle Titel für das Oberhaupt der römischen Kirche wurde. Im 11. Jahrhundert war das. Eine lange Zeit also, in der sich das Papsttum zu einer machtvollen Institution entwickelte. Im 16. Jahrhundert regieren Päpste wie Fürsten. Sie fördern die Kunst ebenso wie ihre eigene Macht. Und sie gieren nach dem Geld der Gläubigen. Einem, der hier als frommer Pilger nach Rom kam, war das dann alles zu viel. Zu viel Prunk, zu viel Pomp, zu viel Macht, zu viel Geschäft. Rom und das Papsttum erzürnten einen Mönch aus Deutschland, Martin Luther. Luther fordert eine grundlegende Reform der Kirche. Er wird zur weltweit gehörten Stimme des Protests. Luther beklagt. Die Kirche habe die Heilsbotschaft Jesu verraten. Sie betreibe ein Geschäft mit der Angst. Erst werde die Höllenfurcht der Gläubigen geschürt, um ihnen dann teure Ablassbriefe zu verkaufen. Vergebung der Sünden für klingende Münze. Luther sind diese Missstände ein Gräuel. Er kämpft für eine radikale Wende des Christentums. Selbst vor dem Kaiser bleibt Luther trotz Todesdrohung standhaft. Die Folgen sind immens. Fortan gehen Katholiken und Protestanten getrennte Wege. Ob eine Kirche katholisch oder evangelisch ist, sieht man ihr von außen nicht unbedingt an. Es sei denn, es stimmt, was ich mal als Kind gelernt habe. Katholische Kirchen haben einen Hahn, protestantische ein Kreuz auf der Spitze. Die Christuskirche trägt ein Kreuz auf dem Dach. Sie ist das größte evangelische Gotteshaus in Rom. Deutlicher sieht man den Unterschied, wenn man hineingeht. Gegenüber den Katholiken wirken evangelische Kirchen eher reduziert. Mit der Reformation wurde fast alles aus der Kirche verbannt, was vom Wort Gottes ablenken könnte. Und das wurde, damals revolutionär, auf Deutsch gepredigt, nicht mehr Lateinisch, damit die Menschen die Predigt auch verstehen konnten. Allein was in der Bibel steht, ist für Protestanten verbindlich. Durch die Heilige Schrift habe jeder Christ ein unmittelbares Verhältnis zu Gott. Einen Papst als Stellvertreter Christi auf Erden kann es deshalb im Protestantismus nicht geben. Für die Kirche in Rom ein harter Schlag. Lange vor Luther hatten sich bereits die orthodoxen Kirchen von Rom und vom Papsttum abgewandt. Die Orthodoxen sind die dritte große Glaubensrichtung im Christentum. Orthodox bedeutet die richtige Lehre. Sie gingen schon im 11. Jahrhundert ihren eigenen Weg, ohne den Papst in Rom. Und es gibt noch mehr Vielfalt im Christentum. Auf der ganzen Welt leben heute Christen. Aber Christ ist nicht gleich Christ. Über 300 verschiedene Glaubensrichter sind in der Welt. mit unterschiedlichen Ritualen und Inhalten gibt es. Aber sie alle teilen den Glauben an Jesus, an seine Auferstehung und an ein Leben nach dem Tod. Auch wenn sich manche von den großen christlichen Konfessionen abgespalten haben und ihre eigene Form des Christentums praktizieren. Aber das Christentum war doch selbst eine Abspaltung. Und obwohl es sich aus dem Judentum heraus entwickelte, gab und gibt es bis heute den Hass auf alles Jüdische, gerade auch unter Christen. Zum Glück haben sich die beiden Religionen wieder angenähert. Ich besuche den Oberrabbiner von Rom. Dottore Dissini, wie blicken Juden heute auf das Christentum? Wer ist Jesus aus jüdischer Sicht für Sie? Jesus ist ein Kind unseres Stammes und damit Mitglied unserer Gemeinschaft. Er ist ein Lehrer, der uns eine wichtige Lehre mitgegeben hat und mit dem wir viele Lehren auch teilen. Aber einiges teilen wir nicht mit ihm, so beispielsweise die Auferstehung. Trotzdem bleibt er ein Beter. Mitglied unseres Volkes. Papst Johannes Paul II. hat hier in dieser Synagoge in Rom gesagt, die Juden sind unsere älteren Brüder. Würden Sie im Gegenzug so weit gehen und sagen, die Christen sind unsere jüngeren Brüder? Für uns sind die Christen auf jeden Fall Brüder. Das Problem ist der theologische Aspekt dieser Brüderschaft. In der Bibel ist der große Bruder der Gescheiterte und Schlechte, der, der verliert. Angefangen mit Kain bis zu Esau. Also sind wir Brüder, aber wir unterscheiden nicht zwischen Älterem und Jüngerem. Der fromme Jude Jesus von Nazareth wurde zum Stifter einer Weltreligion. Überall bekennen sich Menschen zum Christentum. Der Glaube an den auferstandenen Gottessohn hat die Welt für immer verändert. Wie sähe unsere Welt ohne Christentum aus? Es wäre eine Welt ohne Kathedralen, Kirchen und Klöster, ohne unsere Kultur, aber auch ohne unsere Sozialsysteme und letztlich ohne den Glauben, dass alle Menschen gleich sind, nicht nur vor Gott. Religionen wie das Christentum haben außergewöhnliche Kraft. Sie geben Menschen Halt, Hoffnung, manchmal auch Erfüllung. Doch die Macht des Glaubens hat auch eine dunkle Seite. Weltweit wurde und wird Gottes Name missbraucht, um Krieg und Unrecht zu rechtfertigen. Wer, wenn nicht die Christen, sind aus ihrer Geschichte heraus berufen, hier immer wieder für ein besseres und friedliches Miteinander einzustehen.