Schon klar - Aufklärung, da denken die meisten an ein ganz bestimmtes Thema. Aber ich muss euch enttäuschen. Darum kümmern wir uns in diesem Video nicht. Bei uns geht's um die geistige Bewegung der Aufklärung. Anhand ihrer fünf Top-Ideen erkläre ich, wieso die Aufklärung Aufklärung heißt, was sie will, welche Menschen sie tragen und wie sie sich auswirkt. Eben alles, was du wissen musst. * Musik * Im Video über die Renaissance und den Humanismus habe ich euch erklärt, dass die Gelehrten und Künstler im 17. Jahrhundert anfangen, die Welt neu zu entdecken. Die Wissenschaften entstehen und die Humanisten wollen die Menschen erziehen und bilden. Immer mehr Leute nehmen die Welterklärungen der Kirche nicht mehr so einfach hin, sondern machen sich Gedanken über die Welt. Sie wollen rational, also mit der Vernunft entdecken und erklären, wieso etwas so ist, wie es ist. Also: Es geht um Vernunft. Und da die Aufklärer das dunkle Mittelalter mit der Strahlkraft der Vernunft erhellen wollen, erklären wollen, spricht man von der Aufklärung. Oder auch von dem "Zeitalter der Vernunft". Damit sind wir schon bei der Top-Idee Nummer eins: Der deutsche Philosoph Immanuel Kant beschreibt die Aufklärung so: Klar, die Sprache ist ein bisschen altertümlich, altbacken, aber wenn man's moderner sagen will, hat das heute auch noch Power, nämlich: Hör auf, alles hinzunehmen und blind zu glauben, was der Staat, die Kirche, die Lehrer, was die alle dir sagen und denk selbst nach. Das ist die Grundvoraussetzung für alles. Natürlich ist es bequem, wenn man das macht, was einem von oben gesagt wird. Man muss sich nicht mit den Oberen, den Eltern, den Lehrern, dem Pfarrer, dem König, wem auch immer anlegen. Aber ist es auch richtig, was einem so gesagt wird? Stimmt das denn? Der Gedanke bringt uns zur zweiten Top-Idee der Aufklärung: In den Naturwissenschaften waren die Menschen schon länger unterwegs, und zwar so, dass sie die Erklärungen der Kirche nicht mehr hinnehmen wollten. Die Aufklärer fordern, dass man Behauptungen beweist, sodass man sie vernünftig verstehen kann. Ein Beispiel: Sagt der Papst: "Die Sonne dreht sich um die Erde." Sagt der Aufklärer: "Woher weißt du das? Wie können wir überprüfen, dass das stimmt?" Sagt der Papst: "Das musst du nicht überprüfen. Das wissen wir, weil Gott es gesagt hat." Sagt der Aufklärer: "Gott? Dann beweis mal, dass es den überhaupt gibt." Also, ihr seht schon, es geht nicht nur um Religion, sondern es geht damit verbunden auch um Politik, es geht um den Staat. Bisher regieren Fürsten und Könige mit der Begründung, dass Gott sie dafür auserwählt hat. Die Gesellschaft ist, wie sie ist und jeder Mensch muss seinen vorbestimmten Platz einnehmen, auf welchem Platz er auch geboren wurde - als Herrscher oder als Diener. Und hier kommt die Top-Idee Numero drei der Aufklärung ins Spiel: Alle Menschen sind geboren, um ein paar wenigen zu gehorchen? Na ja, jahrhundertelang hat man das geglaubt, hat man das hingenommen. Jetzt sagen die Aufklärer: Niemand ist dazu geboren, Untertan zu sein. Keiner ist dazu geboren, über andere zu herrschen. Jeder Mensch ist zunächst einmal als freier Mensch geboren. Und er hat die gleichen Rechte wie alle anderen. Niemand darf ihm diese Rechte wegnehmen. Das hat eine ganz enorme Auswirkung auf die Königtümer und die Feudalherrschaften, die Adelsherrschaften, die es in Europa gibt. Die haben mit ihren Untertanen mehr oder weniger gemacht, was sie wollten. Aber die Aufklärer fordern, dass eine Regierung die Rechte jedes Einzelnen schützen muss und dafür sorgen muss, dass der Mensch möglichst gut leben kann. Aber dafür braucht man einen neuen Staatsaufbau, eine neue Verfassung. Damit wären wir auch schon bei der vierten Top-Idee: Gewaltenteilung statt Alleinherrschaft. Die Macht soll verteilt werden. Der Herrscher darf ruhig herrschen, also dafür sorgen, dass die Leute sich an die Gesetze halten. Aber er soll die Gesetze nicht auch noch machen. Denn dann macht er Gesetze, die ihm passen und er zwingt alle anderen, zu gehorchen. Deshalb meinen die Aufklärer, es ist besser, wenn die Gesetze ein Ausschuss von Leuten beschließt, die überlegen, welche Regeln für alle gut sind. Wenn es Streit gibt, was ein Gesetz genau verbietet oder erlaubt oder wenn die Regierung irgendwas bestimmt und man damit unzufrieden ist, dann soll ein Gericht entscheiden, wer recht hat. Nicht der König, nicht die Regierung entscheidet, sondern ein unabhängiges Gericht. Drei Gewalten, so nennt man diese Säulen eines Staates. Die Regierung, die ausführende Gewalt, das Parlament oder die Volksvertretung, das ist die gesetzgebende Gewalt, und die Gerichte, die richterliche Gewalt. Alle drei müssen voneinander unabhängig sein und sich gegenseitig kontrollieren. Denn den Aufklärern ist auch klar, dass Menschen, die Macht bekommen, dazu neigen, diese Macht zu missbrauchen. Eine der wichtigsten Regeln ist die Top-Idee der Aufklärung Nummer fünf: Die Aufklärer zweifeln an der Religion. Die meisten zweifeln zwar nicht daran, dass es einen Gott gibt, aber sie zweifeln an dem, was die Menschen aus dem Glauben machen. Schon innerhalb des Christentums gibt es heute noch verschiedene Meinungen. Katholiken und Protestanten haben sogar so heftig über Dinge gestritten, dass es zu fürchterlichen Kriegen kam, wie zum Beispiel dem Dreißigjährigen Krieg. Die Aufklärer sagen jetzt: Man kann nicht nachprüfen, ob die Katholiken recht haben oder die Protestanten. Man kann nicht einmal nachprüfen, ob die Christen oder Muslime recht haben und deswegen sollte man religiöse Toleranz üben. Es ist egal, was man glaubt, Hauptsache, man hält sich an die Gesetze. Der Staat ist also wichtiger als die Kirche. Deshalb herrscht in modernen Staaten auch Glaubensfreiheit. Der Staat behandelt seine Bürger gleich, egal, welcher Religion sie angehören. Und auch die Menschen untereinander sind religiös tolerant und lassen Andersgläubigen ihre Meinung. Dass die Religion und damit auch die Kirche immer weniger Einfluss haben, das nennt man den Prozess der Säkularisierung. Das sind die fünf Top-Ideen der Aufklärung: Schauen wir uns die europäischen Länder von damals an, erkennen wir, dass die von den Idealen der Aufklärung mal mehr, mal weniger weit entfernt sind. In Preußen war beispielsweise die religiöse Toleranz verwirklicht. In England gab es ein Parlament, das die Gesetze erließ. Frankreich, immerhin das mächtigste Land Europas, war damals, was die Ideen der Aufklärung angeht, ziemlich rückständig und vielleicht war es deshalb auch reif für die Revolution. Das könnt ihr euch in dem Video dazu anschauen. Das findet ihr, wenn ihr oben auf das "i" klickt. So, mit der Aufklärung war's das für diesen Moment. Wenn ihr noch Fragen habt, stellt sie in den Kommentaren, wir kümmern uns dann darum. Wenn ihr nichts verpassen wollt, dann abonniert diesen Kanal. Vielen Dank fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal. Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017