Hyponatriämie - Ursachen und Therapie Ein Natriummangel, die sogenannte Hyponatriämie, ist die am häufigsten auftretende Elektrolytstörung. Eine Hyponatriämie besteht dann, wenn der Natrium-Wert im Serum unter 135 mmol/L liegt. Bei Werten unter 125 mmol/L handelt es sich um einen schweren Natrium-Mangel. Ist eine Hyponatriämie innerhalb der letzten 48 Stunden entstanden, bezeichnet man sie als akut. Besteht sie hingegen länger, dann spricht
man von einer chronischen Form. Grundsätzlich gibt es ein paar Aspekte, die
man bei der Beurteilung des Serum-Natrium-Wertes beachten sollte: Zum einen erlaubt die Natriumkonzentration im Serum alleine keine Aussage über den Gesamtnatriumgehalt des Körpers! Erst im Zusammenhang mit dem Hydratationszustand
kann dieser eingeschätzt werden. Zum anderen, muss beachtet werden, dass das
im Serum gemessene Natrium-Defizit nicht zwingend mit dem klinischen Bild des Patienten korreliert. Dabei sind leichtere neurologische Symptome wie Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen möglich. Aber auch schwerwiegende Verläufe können
vorkommen, die mit Erbrechen, kardiopulmonalen Problemen und extrem tiefem Schlaf bis hin
zu Krampfanfällen und Koma einhergehen. Je schwerwiegender die Symptome des Patienten sind, umso dringender muss die Therapie eingeleitet werden. Da hierbei, vor allem bei akuten Hyponatriämien,
schwerwiegende Komplikationen auftreten können, schauen wir uns die Therapie am Ende dieser Folge noch ganz genau an. Vorher werfen wir einen Blick auf die Ursachen
einer Hyponatriämie: Als take-home message kannst dir auf jeden Fall merken, dass die
meisten Hyponatriämien indirekt und zwar durch einen Wasserüberschuss und nicht durch einen echten Natriummangel verursacht werden. Daher ist die Serumosmolalität des Blutes
bei Hyponatriämie in der Regel erniedrigt. Sie ist ein Maß für die Triebkraft zur Volumenverschiebung, die alle osmotisch wirksamen Teilchen im Plasma zusammen erzeugen, wird aber hauptsächlich vom Serum-Natrium bestimmt. Folglich ist die häufigste Form der Hyponatriämie
die hypotone Hyponatriämie, also diejenige, bei der die gesamte Serum-Osmolalität erniedrigt ist. Auf diese Form gehen wir gleich noch ausführlicher ein. In seltenen Fällen kann es jedoch auch zu
einer Hyponatriämie kommen, bei der die Serum-Osmolalität erhöht ist, also zu einer hypertonen Hyponatriämie. Sie tritt auf, wenn die Konzentration anderer
osmotisch wirksamer Stoffe im Blut zugenommen hat. Dies ist beispielsweise bei einer Hyperglykämie der Fall. Die hohe Zuckerkonzentration im Blut sorgt dabei für eine hohe Osmolalität des Blutes und es kommt zum Einstrom von Wasser aus dem
Gewebe in die Blutbahn, wodurch die intravasale Flüssigkeit verdünnt wird. Neben der Osmolalität sinkt dann aber auch
der Natrium-Wert unter seinen Normbereich. Einen vergleichbaren Effekt hat die Einnahme
von Osmodiuretika wie Mannitol oder Sorbitol. Eine normale Serum-Osmolalität wird bei der
sogenannten isotonen Hyponatriämie gemessen. Sie kann auftreten, wenn der wässrige Flüssigkeitsanteil
des Serums, in dem das Natrium gelöst ist, verringert ist. Dieser Effekt tritt beispielsweise bei einer
Hyperlipidämie oder einer Hyperproteinämie auf. Da es sich hierbei um einen messtechnisch
bedingten Laborbefund mit einer falsch tiefen Natriumkonzentration handelt, spricht man
auch von einer Pseudohyponatriämie. Solche Messartefakte können mit modernen Laboranlagen heutzutage jedoch meist vermieden werden. Als Ursache einer hypotonen Hyponatriämie
sind zwei pathophysiologische Faktoren denkbar: Zum einen ein Volumenanstieg natriumarmer
Flüssigkeit, zum anderen eine zu hohe Ausscheidung von Natriumsalzen aus dem Körper. Beide Ursachen kann man mithilfe einer Messung
der Urin-Osmolalität auseinanderhalten. Ein Wasserüberschuss geht in der Regel mit
einer erniedrigten Osmolalität des Harns einher. Eine mögliche Ursache ist die sogenannte
Wasserintoxikation, etwa infolge abnormer Trinkmengen bei gestörtem Durstgefühl, einer
sogenannten Polydipsie. Eine Störung der Salzausscheidung, bei der
die Urin-Osmolalität erhöht ist, kann auf verschiedene Mechanismen im Körper zurückgeführt
werden. Je nach Flüssigkeitsvolumen im Körper unterscheidet
man eine hypervolämische Form mit erhöhtem Flüssigkeitsvolumen, bei der der Natriumverlust
die Ausscheidung von Wasser deutlich übersteigt, eine normovolämische Form mit normalem Flüssigkeitsvolumen und eine hypovolämische Form als Zeichen des Wasserüberschusses, zum anderen
nach Zeichen einer Exsikkose, wie trockenen Schleimhäuten und niedrigem Hautturgor, gesucht werden. Daneben führt ein Wasserüberschuss zu einem
erniedrigten Puls bei gleichzeitig erhöhtem Blut- und zentralem Venendruck, ein Wassermangel
führt genau zum Gegenteil: Der Puls steigt an, Blutdruck und zentraler Venendruck sinken ab. Aber lass dich aber nicht verwirren: Die volämische
Klassifikation der Hyponatriämie erfolgt nicht aufgrund des intravasalen Flüssigkeitsvolumens,
sondern nach dem vorhandenen Gesamtkörperwasser! Eine hypervolämische hypotone Hyponatriämie
kann beispielsweise auftreten, wenn als Folge eines intravasalen Volumenmangels die ADH-Sekretion
und damit vor allem die Wasserretention in der Niere gesteigert werden. Darüber hinaus ist dann auch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System stark aktiviert, was zusätzlich die Natriumrückresorption und Wasserretention steigert. Auslöser hierfür können eine Herzinsuffizienz,
Leberzirrhose oder auch ein nephrotisches Syndrom sein. Auch weitere generelle Störungen von Natrium-Rückresorption und Wasserretention, wie sie bei einer Niereninsuffizienz auftreten, können eine hypervolämische hypotone Hyponatriämie auslösen. Die normovolämische, manchmal auch als euvolämisch bezeichnete Form der hypotonen Hyponatriämie kann unter anderem auftreten, wenn eine Hypothyreose, also eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt. Die normovolämische hypotone Hyponatriämie
kann aber auch postoperativ, durch Einnahme von Diuretika oder nach extremem Ausdauertraining
mit mangelhafter Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution auftreten. Das gleichzeitige Vorliegen einer hohen Urin-Natrium-Konzentration kann außerdem darauf hindeuten, dass die Sekretion von ADH im Körper gestört ist. Man spricht dann vom Syndrom der inadäquaten
ADH-Sekretion oder kurz SIADH. Wusstest du übrigens, dass auch psychogene
Faktoren, eine vermehrte ADH-Sekretion bewirken und damit zu einer normovolämischen hypotonen
Hyponatriämie führen können? Zu diesen Faktoren gehören Psychosen, extreme
Angst- und Stressreaktionen sowie Schmerzen. Bei der hypovolämischen Form der hypotonen
Hyponatriämie liegen meist eine vermehrte ADH-Ausschüttung und folglich eine gesteigerte
Wasser-Retention in der Niere vor. Daher ist auch hier die Bestimmung des Urin-Natrium-Werts hilfreich. Bei einem hohen Wert kann die Einnahme von Diuretika oder ACE-Inhibitoren ursächlich sein. Eine weitere mögliche Ursache ist das zerebrale
Salzverlust-Syndrom, bei dem durch Schädigung im Gehirn, vermutlich im Bereich des Hypothalamus,
vermehrt natriuretische Peptide wie das BNP ausgeschüttet werden. In beiden Fällen führt eine Minderaktivität
des RAAS zu einer verminderten Natrium-Rückresorption aus dem Harn. Bei einem niedrigen Urin-Natrium-Wert hingegen
ist vor allem an einen extrarenalen Natriumverlust zu denken, beispielsweise durch starkes Erbrechen oder Durchfall. Auch Erkrankungen, bei denen Flüssigkeit
beispielsweise in den extravasalen Raum verloren geht, aber nicht ausgeschieden wird, wie bei
einer Pankreatitis oder einer Peritonitis, können die Ursache für einen extrarenalen
Natriumverlust sein. Hyponatriämien entwickeln sich meist als
häufiger Nebenbefund vieler Erkrankungen. Es ist sinnvoll, bereits kleinere Abweichungen
des Natrium-Sollwerts auszugleichen, weil auch diese gelegentlich mit schweren Symptomen einhergehen können. Da Natrium das extrazellulär häufigste und
für die Osmolalität maßgebliche Elektrolyt ist, verändert man allerdings im Rahmen einer
Therapie gleichzeitig mit dem Natrium-Wert auch immer die Osmolalität. Daher sind die Auswirkungen auf den Gesamtwasserhaushalt immer zu beachten! Ein zu schnelles Anheben oder Absenken der Serum-Natriumkonzentration kann daher zu schwerwiegenden Komplikationen führen: Wird der Serum-Natrium-Wert
zu schnell angehoben, kann dies zu einer sog. osmotischen Demyelinisierung führen. Der schnelle Anstieg der Blut-Osmolalität
bewirkt, dass Wasser aus dem Gewebe in die Blutgefäße einströmt. Im Gehirn, genauer gesagt im zentralen Bereich
des Pons oder seltener im Thalamus, Putamen oder Marklager, führt dies zu einer Dehydratation
der Myelinscheiden und damit zu deren Untergang. Die Größe der so verursachten Schäden und
die Symptome variieren stark. In Extremfällen können sie bis hin zu Bewusstseinseintrübung, Tetraparese und einer Störung der Hirnstammfunktion führen. Um eine solche osmotische Demyelinisierung
zu vermeiden, sollte der Serum-Natrium-Wert nicht schneller angehoben werden als um 6-8 mmol/L in 24 h. Außerdem ist eine engmaschige Laborkontrolle
des Serum-Natriums während einer Therapie nötig! Wegen des engen Zusammenspiels von Natrium-
und Wasserhaushalt hängt die geeignete Therapie einer Hyponatriämie vom Hydratationszustand
des Patienten ab. Bei der Therapie der hypovolämischen Hyponatriämie
muss neben dem Natrium- auch der Flüssigkeitsmangel im Körper ausgeglichen werden. Daher kann eine Kochsalzlösung per Infusion
verabreicht werden, normalerweise eine isotonische. Nur in Notfällen kann auch auf eine leicht
hypertone Kochsalzlösung zurückgegriffen werden! Bei einer normovolämischen Form wird lediglich
die Trinkmenge des Patienten eingeschränkt. Dadurch steigt die Konzentration aller Serum-bestandteile an und damit auch die des Serum-Natriums. Falls außerdem ein Syndrom der inadäquaten
ADH-Sekretion vorliegt, sollte auch dessen Ursache therapiert und gegebenenfalls ein
ADH-Antagonist verabreicht werden. Bei der hypervolämischen Form der Hyponatriämie
wird ebenfalls die Trinkmenge beschränkt. Zusätzlich wird die Wasserausscheidung durch
die Gabe des Schleifendiuretikums Furosemid aktiv gefördert. Die Serumnatriumkonzentration steigt und der
Flüssigkeitsüberschuss wird abgebaut. Ok, soviel zu den wichtigsten Aspekten der
Hyponatriämie. Wenn du Lust hast, nun mit diesem Wissen eine
optimale Therapie für “deine nächste Patientin” zusammenzustellen, dann schau dir gleich unser Quiz an.