Woran denkt ihr, wenn ihr den Begriff Supermacht hört? An die USA? Die Sowjetunion? An das Britische Empire, an China? In diesem Video wollen wir euch eine der größten Supermächte der Geschichte vorstellen, nämlich das römische Kaiserreich, das Imperium Romanum. Wieso ist dieses Reich so erfolgreich? Welche Rolle spielt die militärische Macht dabei und wie wird man eigentlich Kaiser? Hier kommen sechs Gründe für den Erfolg des Imperium Romanum. Quasi ein "How to be Römische Supermacht". (Einzelner hoher Glockenschlag) Zuerst mal was zur Einordnung der römischen Geschichte. Die ist ziemlich lang, man kann sie in unterschiedliche Phasen einteilen. Ganz am Anfang, etwa ab dem Jahr 800 vor Christi Geburt ist der Stadtstaat Rom ein Königtum. Oberhoheit über dieses Königtum haben die Etrusker. Als deren Macht schwindet, erlangen die Römer die Autonomie, also die Selbstherrschaft. Es entsteht die Römische Republik. Nach Berechnungen der römischen Historiker war das im Jahr 509 vor Christus. Der Stadtstaat Rom erobert in dieser Zeit Italien und besiegt in langen Kriegen die Seemacht Karthago. Hannibal und so. Am Ende ist Rom die bestimmende Macht im westlichen Mittelmeer. Griechenland wird erobert, Ägypten und Gallien. Im Jahr 27 vor Christus beginnt dann das Kaiserreich. Die Zeit der Supermacht Rom. Ab dem Ende des dritten Jahrhunderts nach Christus, so ab 285, verändert sich das Reich noch mal. Stichworte sind Völkerwanderung, Teilung des Reiches, Untergang von Westrom und Beginn des Byzantinischen Reiches. Erfolgsgrund Nummer eins: Caesars Rom wurde in der Zeit der Republik durch viele Kriege immer mächtige und beherrscht immer größere Gebiete. Deswegen passt die Institution der Republik oder die Art und Weise, wie politische Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden, nicht mehr. In der Republik ist die Macht kompliziert zwischen verschiedenen Ämtern verteilt. Kein einzelner Mann soll so viel Macht erlangen, dass er eine Alleinherrschaft errichten kann. Eine besonders wichtige Veränderung, die mit der Zeit stattfindet, ist, dass die Armeen nicht mehr aus Wehrpflichtigen bestehen, sondern aus Berufssoldaten. Mächtige Männer mit viel Geld rüsten Armeen aus und führen sie in den Kampf. Damit erwerben sie sich wieder Reichtümer und noch mehr Macht. Aber diese mächtigen Heerführer kommen sich untereinander in die Quere. Das System, die Macht möglichst gut zu verteilen und auszubalancieren, gerät im ersten Jahrhundert vor Christus an seine Grenzen. Erst kommt es zu Bürgerkriegen, und schließlich geht ein Mann als Sieger hervor, der die alleinige Macht beansprucht. Und den Mann kennt ihr: Gaius Julius Caesar. Um seine Alleinherrschaft zu verhindern, beschließen einige Senatoren, ihn zu ermorden. Das tun sie auch. Wieso ist Caesar dann ein Erfolgsfaktor für das Kaiserreich? Na ja, einmal ganz praktisch. Er sorgt endgültig dafür, dass die alte Ordnung kaputtgeht. So wie früher geht das nicht weiter. Früher sind Politiker, die alleine an die Macht kommen wollen, verpönt. Caesar zeigt, der Staat geht nicht unter, wenn einer allein die Macht hat. Im Gegenteil, Rom ist so mächtig wie nie zuvor. Der Bürgerkrieg ist beendet. Caesar ist im Volk sehr beliebt und weil er umgebracht wird, nach seinem Tod vergöttlicht wird, ist er das ideale Vorbild für alle späteren Kaiser. Sie stellen sich in seine Tradition, in die Tradition eines Gottes. Alle Herrscher schmücken sich mit dem Namen Caesar. Auch das Wort "Kaiser" geht auf den Namen Caesar zurück. Aber mit dem Begriff Kaiser ist es so eine Sache. Deshalb ist der zweite Erfolgsgrund für die Supermacht Rom die Tatsache, dass es keinen römischen Kaiser gibt. Richtig gehört. Das Römische Kaiserreich ist eine Supermacht, weil es keinen Kaiser gibt. Es ist eine Sache, die Macht zu erobern, und eine andere, sie als Alleinherrscher auszuüben. Nach dem Mord an Caesar kämpfen die Anhänger Caesars gegen seine Gegner. Nachdem die besiegt sind, kämpfen Caesars Anhänger untereinander um die Macht. Weitere jahrelange Bürgerkriege fordern einen hohen Blutzoll. Grade auch unter den Senatoren. Am Ende setzt sich Caesars Großneffe und Adoptivsohn Octavian durch. Er wurde von Caesar im Testament zum Erben erklärt. Damit erbt Octavian nicht nur ein riesiges Vermögen, nicht nur die Armeen, sondern auch die Klientel. Also die Anhängerschaft seines Großonkels. Octavian erweist sich als erfolgreicher Feldherr und überaus geschickter Politiker. Nachdem er den Bürgerkrieg beendete, gibt der damals mächtigste Mann im Jahr 27 vor Christus diese Macht in die Hände von Senat und Volk. Die Republik ist scheinbar wiederhergestellt. Und das Kaiserreich? Genau. Das ist Octavians politischer Geniestreich. Er versteht es, die Senatoren einzubinden. Sie behalten eine wichtige gesellschaftliche Rolle. Sie können weiter politisch mitreden und sie dürfen überleben. Als Gegenleistung dafür müssen sie kooperieren. Sie übertragen Octavian nach und nach verschiedene Amtsgewalten der althergebrachten politischen Ämter. Octavian ist faktisch Alleinherrscher. Ganz offiziell hat er nur bestimmte Sondervollmachten, weil er seine Allmacht in den Mantel der Römischen Republik kleidet, bekommt er vom Senat den Ehrennamen "August", "der Erhabene" verliehen. Vielleicht findet ihr das komisch, dass ein ganzer Staat auf einer solchen Schauspielerei aufgebaut wird, aber es ist ein genialer politischer Schachzug. Es wird eine Herrschaft, die Octavian mit Waffengewalt errungen hat, in eine rechtmäßige Herrschaft des Augustus übergeführt. Augustus verändert den Staat und schafft damit die Grundlage für das Römische Kaiserreich. Auch wenn dieses Reich niemals Kaiserreich heißt und die Kaiser auch nicht den Titel Kaiser tragen. Achtung: Genau diesen Trick verwenden natürlich auch viele Diktatoren. Sie geben sich den Anschein, ordnungsgemäße Zustände herzustellen. Bitte hier nicht vergessen: Das alte Rom ist keine Demokratie. Der Titel für einen Kaiser ist übrigens "Princeps". Das bedeutet: der Erste, der vorne steht, der erste Mann im Staat. Grund Nummer drei für die Supermacht Rom ist natürlich das Heer. Klar, mit ihren Armeen erobern sich die Römer ihr Imperium zusammen. Sie erleiden aber auch Rückschläge. Es gelingt etwa nicht, Germanien zu erobern. Aber Stück für Stück wächst das Reich, bis es im Jahr 227 nach Christus seine größte Ausdehnung erreicht. Anstatt zu erobern, bewachen die Soldaten hauptsächlich die Grenzen. Im Reich selbst herrscht die Pax Romana, der Römische Friede. Friede ist relativ. In den vielen Gegenden des riesigen Reiches kommt es immer wieder zu Aufständen. Die Armee muss in den Provinzen für Ruhe und Ordnung sorgen und die Herrschaft Roms durchsetzen. So verteidigen sich die Soldaten auch bei der Errichtung der imperialen Infrastruktur. Sie bauen Straßen und Brücken oder legen Bergwerke an. Rund um die festen Militärlager in den Provinzen siedeln sich Einheimische an. Städte entstehen. Und so tragen die Legionäre den römischen Way of Life in alle Winkel der Welt rund um das Mittelmeer. Mit der Zeit werden immer mehr Männer aus den besetzen Gebieten Legionäre. Sie verpflichten sich für 25 Jahre zum Dienst. Und nach diesen 25 Jahre haben sie die römische Lebensart recht intus. Und sie werden mit der Verleihung des Bürgerrechts belohnt. Die Armee trägt einen Teil dazu bei, die eroberten Gebiete zu romanisieren. Die Armee integriert. Die Armee versorgt, denn die Soldaten werden gut bezahlt. Besonders gut stattet der Kaiser die Prätorianergarden aus. Das sind die einzigen Armeeeinheiten, die in Italien stationiert sind und die dem Kaiser die Macht sichern. Oder die, wenn der Übergang von einem zum nächsten Kaiser nicht gut geregelt werden kann, auch einen Kaiser ins Amt hieven. Die Armee ist ein echter Staat im Staat. Sie bietet Leuten aus den Provinzen Aufstiegsmöglichkeiten, sie setzt römische Herrschaft und Recht durch, sie urbanisiert das Land und sie macht Herrscher. Ohne die Unterstützung der Militärs wird niemand Kaiser. So sorgen sich alle Principes, ihr erinnert euch, so nennt man die Kaiser, um die Unterstützung der Armee. Die Unterstützung der Bevölkerung organisiert sich der Kaiser anders. Erfolgsgrund vier für die Supermacht. Selbstdarstellung. Für die Principes ist es wahnsinnig wichtig, sich als überragende Herrscher- persönlichkeit zu präsentieren. Heute kann jeder Politiker, der mag, direkt bei Twitter und Co mit seinen Anhängern sprechen. Damals im Imperium Romanum geht das nicht. Selbst wenn überall Papyri verteilt worden wären oder Inschriften eingemeißelt wären, klappt das nicht. Nur wenige Leute können das lesen. Also setzen die Herrscher auf Bilder. Bilder auf Münzen, Bauwerke und vor allem Statuen. Es entsteht eine regelrechte Statuenindustrie. Wir wissen das, weil man Statuen aus Zeiten fand, in denen sich die Kaiser sehr schnell abwechselten. Dann haut man keine komplett neue Statue, sondern man tauscht nur das Gesicht aus. Merkt ja keiner. Also fast keiner. Es gibt aber in Rom kein Ministerium für Propaganda. Wie kommt der Herrscher also bis in die weitentlegenen Provinzen? Auch in diesen Städten werden Statuen aufgestellt. Die lokalen Eliten, die Männer, die vor Ort was zu sagen haben, wollen ihren Ruhm vermehren, indem sie sich mit dem Herrscher verbinden. So lässt eben ein reichern Mann in Spanien oder dem heutigen Libyen, Kleinasien oder im heutigen Kroatien in seiner Heimatstadt auf dem Marktplatz eine Statue des amtierenden Caesar aufstellen. Das bringt uns zu Erfolgsgrund fünf: Verwaltung. Anfangs bedienen sich die Herrscher des Senats, um das Reich zu verwalten. Senatoren werden als Statthalter in Provinzen geschickt. Sie führen die Kasse des Reichs usw. Aber nach und nach baut der Kaiser seine eigene imperiale Verwaltung auf. Eine riesige Verwaltung. Es gibt Büros, die kümmern sich um die Bittgesuche aus dem westlichen Reich, die in Latein eingereicht werden. Ein anderes Büro bearbeitet die griechischen Schreiben aus dem Osten. Der Herrscher ist auch der oberste Gerichtsherr, der viele Verfahren entscheiden muss. In dieser Bürokratie werden Sklaven eingesetzt. Hunderte Sklaven, die ihr Verwaltungshandwerk by Training on the Job lernen, wie man heute sagt. Die gesamte römische Wirtschaft basiert auf Sklavenarbeit. Aber Sklaven werden nicht nur auf Feldern und in Bergwerken eingesetzt, sondern auch bei der Erziehung als Dienstleister. Oder eben in der Verwaltung. Es gibt einen Riesenunterschied zwi- schen dem Leben eines Feldarbeiters und dem Leben eines Finanzbeamten. Solche Sklaven sind nicht frei, führen aber ein relativ gutes Leben. Die Senatoren sind nicht begeistert, dass mehr und mehr Sklaven und Freigelassene, ehemalige Sklaven des Kaisers, die Verwaltung des Reiches übernehmen und damit auch mächtig oder oft sogar reich werden. Aber eine Verwaltung allein beherrscht noch kein Reich. Die Armee kann nicht überall sein. Was macht die Supermacht Rom? Wenn immer möglich, werden die ursprünglichen Machtstrukturen vor Ort unangetastet gelassen. Die herrschende Schicht ziehen die Römer auf ihre Seite. Wer vorher in einem germanischen Stamm den Ton angab, gibt auch in der jetzt römischen Provinz den Ton an. Die lokalen Eliten werden romanisiert. Der Asterix-Comic "Kampf der Häuptlinge" thematisiert das. Ein Häuptling, der mit den Römern zusammenarbeitet, fordert den Häuptling von Asterix' Dorf heraus. Lokale Eliten werden integriert, sie können Karriere machen, Luxus genießen, Reichtum anhäufen. Die Gegenleistung: Sie sorgen dafür, dass die Dinge vor Ort im Sinne Roms laufen. Trotzdem kommt es im ganzen Reich ständig zu Ungehorsam. Die Menschen verweigern die Steuerzahlungen. Sie lehnen sich gegen die lokale Obrigkeit im Besonderen und gegen Rom im Allgemeinen auf. Es gärt ständig, aber große Aufstände gibt es nur selten. Wenn es zu großen Rebellionen kommt wie 60 nach Christus in Britannien oder 73 nach Christus in Palästina, schlagen die Legionen die Aufstände brutal nieder. Erfolgsgrund sechs: "Brot und Spiele". Kennt ihr sicher, die Formel, "Brot und Spiele". Im Römischen Reich gibt es viele Städte. Die arme Stadtbevölkerung hat Anrecht auf Versorgung mit Lebensmitteln. Diese Leute bekommen kostenlos Getreide. Oder zumindest ein Teil davon. Vielleicht machen wir ein Video zum Alltagsleben im alten Rom, da können wir das ausführlicher erklären. Das sprengt jetzt aber den Rahmen. Hier mal eine Zahl: Während es Prinzipats geht man von 500.000 armen Menschen in der Stadt Rom aus. Also Leute, die nichts haben. 250.000 von denen kommen in den Genuss der kostenlosen Nahrungsversorgung durch den Princeps. Ihr könnt rechnen, 250.000 Menschen in Rom müssen täglich zusehen, wo sie was zum Beißen auftreiben können. Das ist heftig. Denken wir heute an Rom, dann an großartige Gebäude. Der Kaiser sorgt damals, dass die Stadt Rom, in der damals etwa eine Million Menschen wohnt, mit großartigen Gebäuden, Badeanstalten und Aquaedukten aufgemöbelt wird. Und die Kaiser richten Spiele aus. Vor allem rennen im Circus Maximus oder Gladiatorenspiele in Theatern die dem Kolosseum. Diese Spiele dienen dem Unterhaltungsbedürfnis. Der Kaiser wirbt mit den Spielen um die Gunst der Bevölkerung. Die Gladiatorenkämpfe spiegeln das gefährliche Leben der Römer wider. Politische Gegner werden ermordet. Im Krieg fallen Soldaten. Slaven werden teilweise mit dem Tod bestraft usw. Die Spiele sind oft inszeniert. Da wird eine Seeschlacht gegen Piraten oder eine Schlachte gegen Germanen dargestellt. Am Schluss des Gemetzels siegen die Römer. Ein Sieg der Ordnung gegen die wilde Natur, ein Sieg des Princeps, der die Ordnung garantiert. Insofern haben die Spiele eine politische Funktion. Ein echt grausamer Fakt am Rande: Augustus lässt im Jahr 2 vor Christus etwa zwei Dutzend Tierhatzen, also Jagdvorführungen im Zirkus aufführen, bei denen etwa 3.500 Raubtiere getötet werden. Trajan lässt solche Festspiele 20 Wochen lang durchziehen und dabei sterben etwa 11.000 Tiere. Zusätzlich kämpfen 5.500 Gladiatoren. Wenn ihr überlegt, was es für ein Aufwand ist, in Afrika 11.000 Tiere zu fangen und per Schiff nach Rom zu bringen, und bis zu dem Auftritt im Zirkus zu versorgen, und, und, und, könnt ihr euch denken, wie viel Geld der Kaiser hat. Und was er für das Vergnügen ausgibt Um sich die Unterstützung des Volkes zu sichern, und dafür zu sorgen, dass die Leute ruhig sind. In den vielen Städten im Reich machen es die Reichen und Mächtigen dem Princeps nach und richten auch Spiele aus. Eine gigantische Industrie, die eben wie das Heer, die Ver- waltung, die Propaganda das Ziel hat, Rom zur Supermacht zu machen. Was meint ihr? Haben wir bei den Erfolgsfaktoren wichtige Punkte ausgelassen? Was gehört für euch zur Supermacht Rom? Ihr habt bestimmt Ideen, schreibt es in die Kommentare. Hier neben mir findet ihr das angesprochene Video zur Teilung Roms. Und darunter ein Video der Kollegen von Terra X, die euch zeigen, wie ein Tag im antiken Rom ausgesehen haben könnte. Sehr spannend. Danke euch fürs Zuschauen, bis zum nächsten Mal.