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Verhaltensursachen bei Tieren

In diesem Video geht es um proximate und ultimate Ursachen von Verhalten. Und Äthiologen, also Verhaltensforscher, sind immer daran interessiert, zu erklären, wie und warum es zu Verhaltensweisen von Tieren und Menschen kommt. Und um das ein bisschen verständlicher zu machen, werde ich dies anhand von verschiedenen Beispielen erklären. Ein Beispiel jeder kennt. Man trifft sich mit einem guten Freund oder mit einer guten Freundin und man muss schon, während man auf die Person zugeht, grinsen. Es gibt aber auch sehr sehr außergewöhnliche Verhaltensweisen. Also ein Kuckuck zum Beispiel, der kurz nach der Geburt das Verhalten zeigt, dass er alle anderen Eier aus dem Nest stemmt. Hierzu die Anmerkung, der Kuckuck legt seine Eier in die Nester fremder Singvogelarten. Die Eier, die der geschliffte Kuckuck also aus dem Nest stemmt, sind also die Eier seines Wirtes. Und ein drittes Beispiel ist der Gesang von Singvögeln. Also wie kommt dieser Gesang eigentlich zustande? Proximate Ursachen sind alle... unmittelbar wirksamen Voraussetzungen für ein Verhalten. Der Ethologe Nikolaus Tinbergen formuliert in diesem Zusammenhang zwei Fragen und diese erste Frage bezieht sich genau darauf. Es ist die Frage der Kausalität. Welcher Reiz löst das Verhalten aus? Und der Reiz ist ja eine unmittelbar wirksame Voraussetzung für ein Verhalten. Und da gibt es zum einen interne Faktor, physiologisch, also körperlich besteuerte Prozesse, zum Beispiel in Sinneszellen, in Muskelzellen, in Nervenzellen. aber auch Änderungen des Hormonspiegels zum Beispiel. Und das Verhalten des Kuckucks nach dem Schlüpfen, die anderen Eier aus dem Nest zu schmeißen, hat proximate Ursachen. Der Kuckuck verfügt über Rezeptoren in der Haut seines Rückens, die bei Berührung dieses Verhalten auslösen. Es gibt natürlich auch äußere Faktoren. Das sind Reize aus der Umwelt, darunter zum Beispiel die Temperatur oder die Veränderung des Tag-Nacht-Wechsels. Also das Beispiel der Singvögel, zum Beispiel der Bufink. Im Frühling werden die Tage länger und dadurch kommt es zur Ausschüttung verschiedener Hormone. die den Buchfinken dazu veranlassen zu singen. Man kann daran wieder das Wechselspiel zwischen äußeren Faktoren und inneren Faktoren erkennen. Die zweite Frage ist die Frage nach der Entwicklung bzw. der Ontogenese. Wie verändert sich das Verhalten mit zunehmendem Alter und welche Erfahrungen sind nötig, damit das Verhalten gezeigt wird? Ein Buchfink wird nicht direkt singen können. Er singt, weil er den Gesang von seinen Eltern und benachbarten Vögeln gelernt hat. Ein Balzverhalten wird sich nicht bei frisch geschlüpften Jungvögeln beobachten lassen. Das ist zum Teil ein sehr komplexes Verhaltensmuster. Der Balztanz einer männlichen Stockente besteht zum Beispiel aus zehn aufeinanderfolgenden Elementen und diese Reihenfolge ist immer dieselbe. Und die wird halt auch von dem Anstieg des Hormonspiegels ab einem gewissen Alter induziert. Es gibt aber auch Verhaltensweisen wie zum Beispiel das Betteln um Nahrung, das ist ein charakteristisches Verhalten bei Jungtieren, das in der Regel mit zunehmenden Altern nicht mehr gezeigt wird. Komplexe Verhaltensweisen sind nicht ausschließlich erlernt, sie sind auch genetisch bedingt. Da gehe ich jetzt bei den ultimaten Ursachen näher drauf ein. Ultimate Ursachen zeigen evolutionsbiologische Zusammenhänge, wie anhand der Fragen von Tinbergen auch deutlich wird. Nämlich, erstens die Frage nach der Funktion bzw. dem Nutzen. Wie beeinflusst das Verhalten die Überlebenschance und die Fortpflanzungschance des Tieres? Nicht nur körperliche Merkmale, sondern auch Verhalten kann die reproduktive Fitness steigern, also den Fortpflanzungserfolg. Stockenten-Erpel, die weniger als 10 Elemente zeigen in ihrem Balzverhalten. Die sind sofort für die Enten nicht mehr interessant. Und auch im Beispiel des Kuckucks erhöht er seine Überlebenschancen ja damit, wenn er alleine aufgezogen wird. Und ziemlich verrückt eigentlich, wie der Würzvogel den Kuckuck immer noch mit Nahrung versorgt, auch wenn dieser schon viel, viel größer ist als seine Eltern. Auf YouTube gibt es ein Video, das dieses Verhalten sehr gut zeigt, also das Rausstämmen der Eier aus dem Nest. Und es zeigt auch, wie viel Energie so ein neugeschlüpfter Kuckuck da reinsteckt. Und das werde ich euch mal in der Videobeschreibung verlinken. Die zweite Frage bezieht sich auf die Evolution bzw. die Phylogenese. Wie hat sich eine Verhaltensweise im Laufe der Evolution entwickelt? Und ich habe das ja eben schon angedeutet. Also Verhalten ist in den allermeisten Fällen nicht nur erlernt, sondern ist auch genetisch determiniert. Der komplexe Gesang des Buchfinkes. hat sich aus einfacheren, stammesgeschichtlich älteren Lautäußerungen entwickelt. Das Grinsen, wenn man auf eine Person zugeht, das habe ich jetzt noch gar nicht aufgegriffen und bin da sehr vorsichtig, weil dieses Beispiel nicht in Lehrbüchern steht, sondern wirklich nur auf der Wikipedia-Seite. Demnach ist die ultimate Ursache des Lächelns, dass man angeborene Bewegungsmuster der Gesichtsmuskulatur hat, die demgegenüber eine positive Beziehung vermitteln soll. Und die proximate Ursache ist die unmittelbare Begegnung. Ganz wichtig ist, und das haben ja auch die gezeigten Beispiele deutlich gemacht, Verhalten ist nie nur durch eine einzige Ursache erklärbar, sondern ist immer die Folge mehrerer Ursachen und so kann auch jede Verhaltensweise durch Proximate und Ultimate Ursachen begründet werden.