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Evolutionsmechanismen und Artbildung

Zweifelsohne ist die natürliche Selektion in vielen Fällen der zentrale Evolutionsmechanismus der evolutionäre Veränderung bewirkt. Aber selbst Darwin erkannte bereits, dass es nicht der einzige Prozess ist, der Evolution vorantreibt. Neben der Selektion wirken sich die Evolutionsmechanismen, Kräfte, die zu einer Veränderung der genetischen Struktur einer Population führen, Mutation, Genfluss, Gendrift und nicht zufällige Paarung auf die genetische Zusammensetzung von Populationen aus. Erinnert euch daran, dass wir Evolution definiert haben als Prozess, bei dem sich die Häufigkeit von Genvarianten verändert. Bevor Evolutionsfaktoren die Häufigkeit von Genvarianten verändern können, müssen Genvarianten überhaupt erstmal entstehen. In diesem Kontext können Mutationen eine entscheidende Rolle beigemessen werden. Sie erzeugen genetische Variabilität in einer Population. Diese zufällig auftretenden Veränderungen der DNA-Sequenz bilden das Rohmaterial der Evolution. Denn durch Variationen im Genpool einer Population variieren auch ihre Phänotypen und natürliche Selektion kann auf sie einwirken. Aber auch zuvor neutrale oder nachteilige Allele können sich bei veränderten Umweltbedingungen plötzlich vorteilshaft auswirken. Besonders hohe Mutationsraten weisen Viren und Bakterien auf. Kein Wunder also, dass Evolution hier in kurzen Zeiträumen bereits sehr wirksam ist. Wenn die Selektion unterschiedliche Merkmale begünstigt, kann dies dazu führen, dass aus demselben Vorfahren zwei völlig verschiedene Linien hervorgehen und schließlich neue Arten entstehen. Eine Art kann definiert werden als eine Gruppe von Populationen, die eine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden und reproduktiv von anderen Arten isoliert ist. Sie können sich also nur untereinander, aber nicht mit anderen Arten kreuzen bzw. fortpflanzen. Somit ist für alle Artbildungsprozesse klar, dass das Ergebnis mindestens zwei reproduktiv voneinander isolierte Arten ist. Der Vektorten, dass zwei unterschiedliche Arten entstehen, unterscheidet sich allerdings signifikant. Zu unterscheiden sind die allopatrische, die sympatrische und die parapatrische Artbildung. Von der allopathischen Art Bildung spricht man, wenn eine Population durch eine physikalische Barriere aufgetrennt bzw. separiert wird. Nachdem eine Population durch eine geografische Barriere aufgespalten wurde, entwickeln sich die Teilpopulationen aus verschiedenen Gründen unterschiedlich. Meist aber sind es unterschiedliche Umweltbedingungen und damit unterschiedliche Selektionsdrücke, der sich die Teilpopulationen im Laufe der Evolution angepasst haben. Die Entstehung einer neuen Art, erfolgt dabei graduell, also allmählich. Durch Mutationen, also Veränderungen im Erbgut, evolvieren zunächst Unterarten. Zwar unterscheiden sie sich bereits, zum Beispiel morphologisch, in ihrem äußeren Erscheinungsbild, allerdings können sie sich noch miteinander fortpflanzen. Die weitere, getrennte Entwicklung bewirkt schließlich auch eine genetische Isolation. Fällt die Barriere wieder weg, können die Populationen das dazwischenliegende Gebiet wieder besiedeln und gemischte Bestände bilden, sich aber nicht mehr miteinander kreuzen. Im Gegensatz dazu erfolgt die sympathische Artbildung ohne physikalische Barrieren. Eine Artbildung ohne eine physikalische Isolation erfolgt allerdings nur unter besonderen Umständen und wird eher selten in der Natur beobachtet. Ein Beispiel, wie sympathische Artbildung erfolgen kann, ist durch disruptive Selektionen. Hier sind die häufigen Formen einer Population einem Selektionsdruck ausgesetzt, wohingegen Individuen mit einer extremen Merkmalsausprägung Vorteile haben. Die parapatrische Artbildung wird als Mittelweg zwischen allopatrischer und sympatrischer Artbildung gesehen. Zwei Teilpopulationen besiedeln Verbreitungsgebiete, die geografisch aneinander grenzen. Der Prozess der Artbildung findet also im Gegensatz zur allopatrischen Artbildung nicht in zwei räumlich vollständig voneinander getrennten Gebieten statt, aber auch nicht im selben Gebiet wie bei der sympatrischen Artbildung. Auch hier wirkt durch unterschiedliche Umweltbedingungen eine disruptive, aufspaltende Selektion, wie im entsprechenden Video näher beleuchtet wird. Auch diese Tabelle mit den wichtigsten Unterschieden der verschiedenen Formen der Artbildung findet ihr in diesem Video. Aus einem einzigen Vorfahren sind im Laufe der Evolution durch Artbildungsereignisse Millionen unterschiedlicher Arten hervorgegangen. Stammbäume bieten als grafische Darstellung ein Hilfsmittel, um evolutionäre Verwandtschaftsbeziehungen darzustellen. Im Video über die Phylogenie werden wir uns mit der Frage beschäftigen, wie man solche Stammbäume analysiert. Anhand von Stammbäumen können Evolutionsbiologen Organismen miteinander vergleichen. Die Forscher haben ein großes Interesse daran, Arten miteinander zu vergleichen, denn es ermöglicht ihnen Schlussfolgerungen über ihre Abstammung einerseits und Vorhersagen über ihre gegenwärtige Entwicklung andererseits zu treffen. Wenn Biologen Arten miteinander vergleichen, dann untersuchen sie Merkmale, die sich bei ihnen unterscheiden und versuchen herauszufinden, wann diese Merkmale entstanden sind. Für den Unterricht ist die Unterscheidung von Merkmalen in homologe und analoge Merkmale besonders wichtig. Als Homolog gelten Merkmale dann, wenn zwei oder mehr Arten diese von einem gemeinsamen Vorfahren geerbt haben. Sie wurden also von einem Vorfahren vererbt und damit weitergegeben. Das heißt, die Erbinformationen bzw. DNA-Sequenzen sind weitgehend übereinstimmend. Sie haben einen gemeinsamen Grundbauplan. So besitzen fast alle Wirbeltiere eine Wirbelsäule. Die Wirbelsäule der unterschiedlichen Wirbeltiere kann als Homolog betrachtet werden. Es ist nicht immer leicht, eine Homologie als solche zu erkennen, sodass Evolutionsbiologen Kriterien entwickelt haben, sogenannte Homologie-Kriterien, von denen mindestens eins erfüllt sein muss, damit zwei Körpermerkmale bzw. Organe als Homolog gelten. Das Kriterium der Lage der Spezifität und der Stetigkeit. Betrachtet man die Knochen und Flügel von Fledermäusen und Vögeln, fällt auf, dass die stützenden Knochenstrukturen von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen und somit homolog. Demnach sind Strukturen, Organe homolog, wenn sie in relativer Anzahl und Anzahl übereinstammen. Dort, wo sich beim Vogel der Humerusknochen befindet, ist er auch bei der Fledermaus zu lokalisieren. Und auch die übrigen Knochenstrukturen weisen eine gleichartige Lage auf. Das Kriterium der Spezifität sagt aus, dass die Strukturen bzw. Organe auch bei nicht übereinstimmender Lage dann homolog sind, wenn sie in zahlreichen Merkmalen übereinstimmen. Das wohl bekannteste Beispiel in Schulbüchern ist der Vergleich zwischen Haifischschuppe und Säugetierzahn. Auch wenn beide Strukturen erstmal miteinander nicht viel zu tun haben und auch die Lage sich vollkommen unterscheidet, das Kriterium der Lage wird also in diesem Fall nicht erfüllt, weiß der übereinstimmende Aufbau aus Pulpa, Dentin, und Schmelz, daraufhin, dass es sich um homologische Strukturen handelt. In manchen Fällen kann eine Homologie vorliegen, wenn die ersten beiden Kriterien nicht erfüllt werden. In diesem Fall findet das Kriterium der Stetigkeit Anwendung. Homologie kann auch bei stark in Lage und Struktur voneinander abweichenden Organen vorliegen, dann nämlich, wenn Zwischenformen existieren, die einen Übergang von der einen Struktur zu einer anderen erkennen lassen. Ein Beispiel bildet der Blutkreislauf von Fischen, Reptilien und Säugetieren. Nicht alle ähnlichen Merkmale sind jedoch ein Indiz für eine Verwandtschaft. Auch wenn es sich bei den Vorderextremitäten von Fledermaus und Vogel um homologische Strukturen handelt, die Flügel beispielsweise als weiteres Merkmal und damit die Flugfähigkeit haben sich unabhängig voneinander entwickelt, als Anpassung zum Fliegen, und zwar durch die Umfunktionierung der Vorderextremitäten zweier nicht flugfähiger Stammarten. Funktionell ähnliche Strukturen, die unabhängig voneinander entstanden sind, zum Beispiel die Flügel, bezeichnet man als analoge Merkmale oder Analogien. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer konvergenten Entwicklung bzw. Evolution. Zuletzt spielt im Themenbereich der Evolution auch die Evolution des Menschen eine wichtige Rolle und wird recht ausführlich im Unterricht behandelt. Das entsprechende Video verlinke ich euch an dieser Stelle an.