Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur Vorlesung Wahrheit und Wissen, eine Einführung in die Erkenntnistheorie und insbesondere zur ersten Vorlesung in dieser Vorlesungsreihe, die der Frage gewidmet ist, was Erkenntnistheorie eigentlich ist. Es gibt einige berühmte Stellen, in denen Werken, die in der Philosophie, in der akademischen Philosophie oft gelesen und diskutiert werden. Es gibt einige berühmte Stellen, wo die Frage behandelt wird, was Philosophie eigentlich ist und wovon Philosophie eigentlich handelt. Und eine der berühmtesten dieser Stellen ist die folgende kurze Passage in Immanuel Kant's Kritik der reinen Vernunft, wo Kant schreibt, Alles Interesse meiner Vernunft, das Spekulative. sowohl als das Praktische, vereinigt sich in folgenden drei Fragen.
Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Und an dieser Stelle sehen Sie schon die zentrale Bedeutung, die die Erkenntnistheorie für die neuzeitliche Philosophie hat.
Für Kant ist sie eine der drei Fragen. Eine der drei Fragen, die zentral das Thema der Philosophie beschreiben, ist die Frage, was kann ich wissen? Es gibt dann noch eine andere Stelle bei Kant, wo er noch die vierte Frage, was ist der Mensch, hinzufügt.
Aber mir geht es jetzt nur darum, dass die Erkenntnistheorie diesen besonderen Stellenwert hat. von den drei Fragen, es ist die erste, die hier genannt wird. Im Deutschen bezeichnen wir diesen Teilbereich der Philosophie, der sich mit dem Wissen, menschlichem Wissen beschäftigt, als Erkenntnistheorie. International, in anderen Sprachen ist es etwas üblicher. ein gräzisierendes Fremdwort dafür zu benutzen.
Das passiert sowohl in der englischsprachigen als auch in der französischsprachigen philosophischen Literatur, wo von Epistemology die Rede ist oder von Epistemologie. Und man kann auch im Deutschen bildungssprachlich von Epistemologie sprechen. Und wir sagen oft epistemologisch, wenn wir Erkenntnis theoretisch meinen. Alle diese Wörter leiten sich vom griechischen Wort episteme ab, das Wissen bedeutet oder Kontext auch manchmal sowas wie Wissenschaft bedeuten kann. Im Französischen kann man auch von Theorie de la connaissance sprechen, also Theorie des Wissens.
Unter Epistemologie, das ist im Französischen eher ein sehr weites Feld, das auch solche Themen wie Wissenschaftsgeschichte. beinhaltet. Jedenfalls meinen wir, wenn wir in der Philosophie sprechen, immer das Gleiche, egal ob wir Epistemologie sagen oder Epistemologie oder Erkenntnistheorie.
Wir meinen die philosophische Untersuchung von Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen des Wissens. So habe ich das hier auf dieser Folie mal formuliert. Aber das reicht sicherlich noch nicht, um Ihnen zu sagen, was Erkenntnistheorie eigentlich ist. So eine Lexikon-Definition hilft oft nicht so sehr weit, was zum Beispiel bedeutet, von der philosophischen Untersuchung dieser Dinge zu sprechen. Sicherlich gibt es zum Beispiel auch eine psychologische.
Herangehensweise an diese Themen, Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Wissens, das kann man natürlich auch als Psychologin untersuchen, vielleicht auch als Informatikerin oder auch als Bibliothekswissenschaftlerin. Was unterscheidet die philosophische Untersuchung von Fragen des Wissens von den Untersuchungen, die in anderen Feldern stattfinden? Ich möchte mich jetzt nicht weiter an einer Art Lexikon-Definition versuchen.
die das genau ausbuchstabiert. Stattdessen möchte ich in einem ersten Schritt dieser Vorlesung versuchen zu beschreiben, welche Fragestellungen es sind, die in der philosophischen Erkenntnistheorie diskutiert werden unter der Flagge der Erkenntnistheorie. Und eine vorläufige Antwort jetzt ganz zu Beginn der Vorlesung auf die Frage, was sind das für Fragen, die wir uns in der philosophischen Erkenntnistheorie stellen, möchte ich versuchen, indem ich vier Projekte der Erkenntnistheorie beschreibe, die aus meiner Sicht die hauptsächlichen Projekte der philosophischen Erkenntnistheorie sind.
Und den Anstoß dazu bekomme ich von Steven Stitch, der in einem inzwischen mehr als 30 Jahre alten Buch, The Fragmentation of Reason von 1990, drei dieser Projekte aufzählt und ein bisschen anders, aber das ist jedenfalls mein Anstoß dazu, das so aufzugliedern. Das ist aber keine richtige analytische Aufgliederung, denn diese Projekte überschneiden sich alle und sind miteinander verwoben, wie Sie sehen werden. Also das erste Projekt der philosophischen Erkenntnistheorie ist, das Projekt zu verstehen, was Wissen ist.
Das zweite Projekt ist, das Projekt die verschiedenen Quellen des Wissens zu untersuchen. Ich kann davon sprechen, dass Wissen verschiedene Ursprünge hat und wir können uns die in der Philosophie einzeln vornehmen. Das dritte Projekt, den Skeptizismus widerlegen.
Skeptizismus hier verstanden als die philosophische Haltung, die darin besteht, die Möglichkeit menschlichen Wissens abzustreiten. Wir können gar kein Wissen haben oder wir können fast gar kein Wissen haben, wir können nur ganz wenig Wissen haben oder das, was wir größtenteils für unser Wissen halten, das ist gar kein Wissen. Und das vierte Projekt, die Methoden der Erkenntnisgewinnung bewerten.
Also manche Methoden sind vielleicht besser als andere, auch das ist ein traditionelles Thema der Erkenntnistheorie. Ich glaube, man kann schon ganz schnell sehen, dass diese Projekte alle etwas miteinander zu tun haben. Wenn ich zum Beispiel der SkeptikerIn begegnen will und Argumente, Gegenargumente aufstellen will gegen die skeptische Infragestellung der Möglichkeit menschlichen Wissens, dann muss ich natürlich von irgendeiner Bestimmung ausgehen, die mir sagt, was Wissen eigentlich ist.
Also wie schwer ich es dabei habe, nachzuweisen, dass menschliches Wissen möglich ist, hängt natürlich davon ab, was ich darunter verstehe. So als Beispiel, wie das erste und das dritte Projekt miteinander verwoben sind. Und natürlich werde ich dabei vielleicht zum Beispiel spezifisch auf die Möglichkeit von Sinneserkenntnis zu sprechen kommen, dass ich durch... durch Sinneserfahrung zu Wissen kommen kann.
Und dadurch komme ich dann auch auf das zweite Projekt, die verschiedenen Quellen des Wissens zu untersuchen. In der heutigen Vorlesung möchte ich diese Liste einmal durchgehen und einmal kurz diese Projekte vorstellen. Genauer werden wir dann im Laufe der ganzen Vorlesungsreihe. kennenlernen, aber ich möchte Ihnen zu Anfang einmal einen Einblick darin geben, was das jetzt impliziert, was für Themen alle vorkommen in der philosophischen Erkenntnistheorie.
Also fange ich beim ersten Projekt an, das Projekt zu verstehen, was Wissen ist. Dieses Projekt nenne ich das analytische Projekt, denn es geht um eine Analyse des Wissensbegriffs. Es geht um eine Antwort auf die Frage, was ist Wissen? Dieses Projekt.
Auf diese Frage gibt es eine jahrtausendealte Antwort, die für sehr lange Zeit für die maßgebliche Antwort auf die Frage gehalten wurde. Weshalb auch dieses Projekt über lange Strecken der Geschichte der Philosophie gar keine sehr prominente Bedeutung in der philosophischen Erkenntnistheorie hat. Nämlich deshalb.
Weil viele Denkerinnen und Denker in der europäischen Philosophiegeschichte, also der westlichen Philosophietradition, gedacht haben, auf diese Frage haben wir jetzt mal wirklich eine gute Antwort. Nämlich die Antwort, die Platon uns gegeben hat. Platon schreiben wir, ich werde ein bisschen genauer darauf zu sprechen kommen, aber Platon schreiben wir diese Antwort zu. dass Wissen definiert werden kann als gerechtfertigte, wahre Meinung. Was bedeutet das?
Im Einzelnen habe ich das hier, also dieses hier ist etwas genauer, die Aufschlüsselung. P weiß dann und nur dann das Q. Also P ist irgendein Subjekt und Q ist irgendein Gehalt des Wissens.
Wenn drei Bedingungen gegeben sind, jede einzelne dieser Bedingungen ist notwendig dafür, dass es sich um Wissen handelt und gemeinsam sind sie hinreichend. Erstens, P muss davon überzeugt sein, das Q. Wir können nicht jemandem Wissen zuschreiben, der gar nicht glaubt, das Q. Also wenn Peter nicht glaubt, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist, dann kann er auch nicht wissen. dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist.
Zweitens, Q ist wahr. Eine Wissenszuschreibung ist auch immer eine Wahrheitszuschreibung. Ich kann nicht einem Subjekt Wissen zuschreiben, aber gleichzeitig sagen, ja, aber das, wovon dieses Subjekt überzeugt ist, das ist gar nicht so.
Ich kann nicht sagen, Petra weiß. dass Paris die Hauptstadt von Belgien ist, aber Paris ist gar nicht die Hauptstadt von Belgien. Das ist in sich widersprüchlich.
Wir werden darauf im Einzelnen noch sehr genau zu sprechen kommen. Jetzt könnte man nicht denken, okay, also das wäre bis hierhin haben wir gesagt, wenn wir von Wissen reden, dann meinen wir wahre Überzeugung. Aber, das wird bei Platon diskutiert, Das kann es noch nicht so ganz sein. Wenn zum Beispiel Petra denkt, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist, aber sie denkt es deshalb, weil sie es in ihren Tarotkarten gelesen hat und sie hat gar keinen anderen Grund dafür, dann würden wir sicher sagen, sie hat die Überzeugung. Und die Überzeugung ist zufälligerweise auch wahr.
Aber würden wir... ihr zubilligen, dass sie weiß, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist? Überlegen Sie mal, Ihr Freund kommt zu Ihnen und sagt, ah, morgen wird bei den Lottozahlen ganz bestimmt die 13 gezogen.
Und zwar habe ich das rausgefunden, indem ich das Buch Kohelet von vorne bis hinten durchgelesen und die Ausmaße der ägyptischen Pyramiden genau studiert habe. Und am nächsten Tag wird dann tatsächlich bei den Lottozahlen unter anderem die Zahl 13 gezogen. Das heißt, Ihr Freund hatte die Überzeugung, dass die Zahl 13 gezogen werden würde und sie hat sich auch im Nachhinein als wahr herausgestellt. Die Zahl 13 wurde herausgestellt. Aber würden Sie dann sagen, Ihr Freund wusste, dass die Zahl 13 gezogen werden würde?
Nein, Sie würden sagen, das... Das war nur zufällig so, das war kein Wissen. Diesen Unterschied bezeichnen wir in der philosophischen Erkenntnistheorie mit dem Begriff der Rechtfertigung. Ihr Freund hatte keine Rechtfertigung für seine Überzeugung. Er hatte keine guten Gründe.
Er ist nicht auf eine verlässliche Art und Weise zu seiner Überzeugung gelangt. Die Überzeugung ist am Ende nur zufällig wahr und nicht aus systematischen Erkenntnis theoretisch verlässlichen Gründen. Also, wir müssen als drittes noch fordern, dass eine Person in ihren, seinen Überzeugungen gerechtfertigt ist, um von Wissen sprechen zu können. So weit, so gut. Das ist die klassische Antwort einer Diskussion, die, wie gesagt, schon bei Platon stattgefunden hat, in zwei verschiedenen Dialogen, im Petetetos und im Menon, finden sich interessante.
Beiträge dazu, also platonischen Dialogen. Und für lange Zeit wurde das so verstanden, dass damit eine zufriedenstellende Definition gegeben ist davon, was wir unter Wissen verstehen. Aber in der Mitte des 20. Jahrhunderts sind Zweifel daran aufgekommen, dass dies...
wirklich eine adäquate Definition des Wissensbegriffs ist. Und diese Zweifel sind am stärksten verbunden mit einem Namen und einem sehr kurzen, aber wahnsinnig einflussreichen Aufsatz. Sie sind nämlich verbunden mit dem Namen Edmund Gettier, ein amerikanischer Philosoph.
der im Jahr 1963 diesen gerade mal drei Seiten langen Aufsatz veröffentlicht hat, ist Justified True Belief Knowledge. Also ist gerechtfertigte, wahre Meinung wirklich Wissen. Und Gettier meint, dass es möglich ist, dass Fälle auftreten können, in denen ein Subjekt eine wahre Überzeugung hat und in dieser wahren Überzeugung gerechtfertigt ist, dass es sich bei diesen Fällen dann aber trotzdem nicht um Wissen handelt.
Das heißt, die Definition, die Platon gegeben hat, ist nicht hinreichend. Die Definitionsbedingungen sind nicht hinreichend für Wissen. Ich habe hier ein Beispiel für einen solchen Fall. für einen Fall von der Art, wie Gettier sie beschreibt.
Es ist aber kein Fall, der aus Gettiers eigenem Aufsatz kommt, sondern ein Fall, der schon früher beschrieben wurde, nämlich von Bertrand Russell in seinem Buch Human Knowledge. Das heißt, das Phänomen, das Problem war eigentlich schon vor Gettier bekannt, aber Gettier ist es gewesen, der systematisch Aufmerksamkeit darauf gelenkt hat. Bei Russell wird es eher so beiläufig erwähnt.
Und eine systematische Auseinandersetzung mit dem Problem gibt es erst seit Gettys Aufsatz und deshalb sprechen wir von Gettys Fällen und deshalb wird dieser Aufsatz meistens als Auslöser dieser Diskussion gelesen. Aber trotzdem das Beispiel hier von Russell ist besonders eingängig und schön, wie ich finde, deshalb möchte ich darauf kurz eingehen. Stellen Sie sich vor, Helmut steht vor einer Uhr und...
schaut drauf und durch das Ablesen der Uhr gelangt er zu der Überzeugung, dass es jetzt 14.31 Uhr ist. Und es ist jetzt auch 14.31 Uhr. Helmut hat die besten Gründe davon auszugehen, dass die Uhr zuverlässig ist.
Das heißt, er ist in seiner Überzeugung gerechtfertigt. Da können Sie sich irgendwas... ausdenken.
Er hat die Uhr, er kennt die Uhr schon seit Jahren, ist immer wieder dran vorbeigekommen und hat immer wieder überprüft, ob sie zuverlässig die Zeit anzeigt. Er hat sie vorgestern noch komplett auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt und sich von der ordnungsgemäßen Funktion überzeugt. Er hat sehr gute Gründe.
Er hat bessere Gründe, als Sie und ich normalerweise haben. wenn wir auf eine Uhr gucken. Aber in unserem Gedankenexperiment ist es so, dass die Uhr jetzt gerade heute eben nicht zuverlässig ist.
Die Uhr ist durch einen verrückten Zufall genau um 2.31 Uhr stehen geblieben. Das heißt genau 12 Stunden, bevor Helmut den Blick auf das Zifferblatt wirft. Und nur weil er eben gerade genau 12 Stunden danach auf die Uhr schaut, ist es so, dass er durch das Auf-die-Uhr-Schauen tatsächlich zu einer wahren Überzeugung über die Uhrzeit gelangt. weiß Helmut, dass es 14.31 Uhr ist.
Gettier ist fest davon überzeugt, dass wir diese Frage verneinen sollten. In einer solchen Situation sprechen wir nicht von Wissen. Wir wissen genauso wenig, Helmut weiß genauso wenig, dass es 14.31 Uhr ist, wie der Freund, von dem ich vorhin gesprochen habe, der glaubt, dass morgen die Zahl 13 gezogen wird.
weil er die ägyptischen Pyramiden studiert hat. Es ist nur zufälligerweise so, dass er richtig liegt, wenn er denn richtig liegt. Genauso wie es bei Helmut auch nur zufällig ist. Der Unterschied ist, hier, Helmut hat eigentlich gute Gründe. Jetzt könnte man versucht sein, an dieser Stellschraube zu drehen und zu sagen, naja, dann sind die Gründe, die Helmut hat ja vielleicht doch nicht so gut.
Also ich meine, er hat ja nur vorgestern die Uhr genau untersucht. dann ist sie eben seitdem stehen geblieben und deshalb sehen wir, dass es eben nicht ausreicht, die Uhr vorgestern untersucht zu haben. Aber diesen Weg zu beschreiten, das ist der Königsweg zum Skeptizismus, denn dann kommen sie ganz schnell zu dem Ergebnis, dass sie sagen müssen, wir wissen alle nicht, was die Uhrzeit ist.
Denn es ist hier keine Uhr für mich verfügbar, die ich in den letzten Stunden... gründlich untersucht und auseinandergenommen habe, um mich davon zu überzeugen, dass sie korrekt funktioniert. Das heißt, wir können diese Latte nicht beliebig hochlegen, was es bedeutet, gute Gründe zu haben. Sobald es möglich ist, dass man diese Gründe, was auch immer wir für gute Gründe verlangen, sobald es möglich ist, dass man diese Gründe haben könnte und trotzdem es schief gehen könnte, Und so bald ist es möglich, dass solche Gettyer-Fälle sich ergeben können. Also Fälle, bei denen wir gerechtfertigte Meinungen haben, es zufälligerweise auch wahr ist, aber trotzdem würden wir nicht sagen, dass es Wissen ist.
Seit dieser Entdeckung durch Gettyer in den 1960er Jahren ist das analytische Projekt, also die Frage beantworten zu wollen, was ist denn eigentlich Wissen? plötzlich wieder sehr en vogue und ist plötzlich zu einem der Hauptprojekte der Erkenntnistheorie geworden. Bei diesem Projekt, dem analytischen Projekt, geht es seit Gettier eben hauptsächlich um Modifikationen der Analyse des Wissensbegriffs, die solche Probleme, wie die bei Gettier beschrieben werden, vermeiden. wird im analytischen Projekt im Kern an den drei Elementen der platonischen Analyse festgehalten.
Nämlich erstens, es hat was mit Überzeugung zu tun. Zweitens, es hat was mit Wahrheit zu tun. Und drittens, es hat was mit Rechtfertigung zu tun. Dieser dritte Aspekt, Rechtfertigung, wird entweder beibehalten oder es wird nach einem Ersatzbegriff gesucht, der besser funktioniert als Rechtfertigung.
Wichtig ist, dass das, was Goethe ja zeigt und was alle unsere Überlegungen zum Wissenbegriff zeigen, das Wissen etwas mit der Nichtzufälligkeit unserer Überzeugung zu tun hat. Aufgrund dessen, dass diese Komponenten, die wir schon bei Platon haben, weiterhin Kernkomponenten des analytischen Projekts sind, ist klar, dass Wahrheit, Überzeugung und Rechtfertigung drei Grundbegriffe der Erkenntnistheorie bilden. Und im ersten Teil dieser Vorlesung werde ich mich nacheinander diesen drei Begriffen zuwenden.
Wahrheitsbegriff. Gut, dazu komme ich gleich. Am Ende der heutigen Vorlesung werde ich einmal auch einen Blick auf die Gliederung der Gesamtvorlesung werfen.
Jetzt möchte ich als nächstes auf das zweite Projekt zu sprechen kommen, das Quellenprojekt. Also, das Quellenprojekt sagt Wir untersuchen die Quellen unseres Wissens einzeln kritisch. Wie verlässlich sind sie jeweils? Und wie wirken sie zusammen? Bilden Sie eine bestimmte Struktur.
Welche Quellen gibt es überhaupt? Vier besonders wichtige Kandidaten habe ich hier auf der Folie aufgezählt. Erstens die Sinneswahrnehmung.
Das, woran wir alle als erstes denken, wahrscheinlich, wenn wir Beispiele von Wissensgewinnung suchen. Ich sehe, dass hier eine Brille auf dem Schreibtisch liegt. komme zu der Überzeugung, dass da eine Brille auf dem Schreibtisch liegt. Erinnerung.
Erinnerung, da kann man gleich schon eine Beobachtung machen, ist offenbar keine Ursprungsquelle des Wissens im gleichen Sinn, wie die Sinneswahrnehmung es sein kann. Ich kann mich erinnern, dass ich vorhin gesehen habe, dass da eine Brille auf meinem Schreibtisch liegt und deshalb zu der Überzeugung kommen, dass da wahrscheinlich immer noch eine Brille auf meinem Schreibtisch liegt. Aber dieses Erinnern. Die Erinnerung selbst funktioniert nur deshalb, weil ich früher schon mal auf andere Art und Weise zu dem Wissen gelangt bin. Also damit haben wir schon mal einen Gedanken, dass es vielleicht einen Unterschied gibt zwischen Ursprungsquellen und weitergebenden Quellen, die wir da vielleicht lieber gar nicht Quellen nennen sollten.
Das Wort Quelle ist natürlich eine Metapher und eine... Ursprungsmetapher im Wortsinn. Vernunft als drittes Beispiel.
Vernunft kann ganz offenbar aus manchen Wissensbeständen weitere erzeugen. Wir sind in der Lage, vernunftmäßige Schlussfolgerungen zu ziehen aus dem, was wir schon wissen. Umstritten philosophisch ist die Frage, ob die Vernunft auch eine echte Ursprungsquelle des Wissens ist. Das heißt, über das Schlussfolgern hinaus, was wieder so ähnlich wie die Erinnerung keine richtige Ursprungsquelle ist, sondern zur Voraussetzung hat, dass wir erst mal irgendwie auf andere Weise Wissensmaterial gewonnen haben, was wir dann weiter reichen oder weiterverarbeiten.
Ist die Vernunft, das ist die Frage, auch eine echte Ursprungsquelle des Wissens? echte Ursprungsquelle des Wissens, so wie die Sinneswahrnehmung es möglicherweise ist. Also die Frage, ob es reines Vernunftwissen gibt. Ein Kandidat dafür wäre etwa mathematisches Wissen.
Also ich kann durch reines Nachdenken darauf kommen, dass es keine größte Primzahl geben kann. Das ist ein Kandidat für etwas, das ich weiß, wo ich plausiblerweise vielleicht behaupten kann, dass ich es nur durch Vernunft herausgefunden habe. Ich musste dafür keine Sinneswahrnehmung machen.
Ich kann es bei geschlossenen Augen, kann ich den Beweis in meinem Kopf durchführen. Gibt es noch andere? Ist das so?
Ist das ein gutes Beispiel? Ist das Vernunftwissen? Gibt es noch andere Formen von Vernunftwissen, auch jenseits der Mathematik?
Das ist eine kontrovers diskutierte Frage. Und zum Schluss habe ich hier noch die Mitteilung anderer auf die Liste gesetzt. Da ist nicht umstritten, ob das überhaupt eine Bedeutung hat als Quelle unseres Wissens. Das ist völlig klar. Die Bedeutung der Mitteilung anderer als Quelle unseres Wissens ist ohne Frage sehr eminent.
Man kann aber darüber streiten, ob die Mitteilung anderer eine eigenständige Quelle des Wissens ist. Also ganz sicher gibt es ganz viele Dinge in der Welt, die ich nur durch Mitteilung anderer weiß. Dass in Indien Elefanten leben, dass...
brüssel die hauptstadt von belgien ist dass ich in georgs marienhütte geboren wurde als dinge die ich nie selbst untersucht habe die ich nie selbst überprüft habe sondern die ich nur deshalb glaube weil andere die mir mitgeteilt haben entweder persönlich oder dadurch dass sie irgendwo etwas hingeschrieben haben was ich mal gelesen habe also ein ein ein Ein Riesenanteil meines Wissens stammt aus Mitteilungen anderer. Aber man könnte jetzt behaupten, naja gut, diese Übermittlung von Wissen ist eine Kombination von Sinneswahrnehmung, Erinnerung und Vernunft. Also man hört was, man hört wie jemand anderes was sagt, das ist ja Sinneswahrnehmung.
Man erinnert sich vielleicht daran, wie verlässlich die Aussagen von jemandem immer gewesen sind, man schließt aus Vernunft, dass man das jetzt vielleicht auch glauben kann. Das ist eine ebenfalls in der Philosophie kontrovers diskutierte Frage, ob man die Mitteilung anderer, die in der Diskussion meistens Testimony genannt wird, also Zeugnis, ob man die reduzieren kann auf andere Formen, andere Quellen des Wissens oder ob das eine Quelle des Wissens eigener Art ist, weil wir nun mal soziale Gemeinschaftswesen, erkenntnistheoretische, epistemische Gemeinschaftswesen sind oder soziale kognitive Wesen oder wie man auch immer das nennen will, das wäre sozusagen die Gegenthese, dass wir schon immer Wissen in der Gemeinschaft entwickeln und wir deshalb diese soziale Komponente als eine Komponente eigener Art ernst nehmen sollten. Der ganze Zweig der Philosophie, der sich ergibt, wenn man das tut, wenn man die soziale Komponente bei der Wissensgewinnung ernst nimmt, den nennen wir soziale Erkenntnistheorie.
Das wird uns auch in einer Vorlesung, in dieser Vorlesungsreihe beschäftigen und in diesem Semester biete ich auch ein extra Seminar nur zur sozialen Erkenntnistheorie an. Diese Liste der Quellen des Wissens ist nicht unbedingt abgeschlossen. Man kann eben fragen, gibt es noch andere, die nicht hier abgedeckt sind, zum Beispiel Introspektion, Selbstwissen, Wissen über meine eigenen Gedanken, meine Gefühle und so weiter. Das ist noch ein weiterer Punkt, den man auf der Liste hinzufügen sollte. Aber das sind hier sozusagen die klassischen wichtigen Quellen.
Neben dem analytischen Projekt und dem Quellenprojekt habe ich auch das antiskeptische Projekt genannt. Also SkeptikerInnen sagen, wirkliche Rechtfertigung haben wir eigentlich für keine unserer Überzeugungen und deshalb haben wir auch kein Wissen. Falls wir bei irgendjemandem richtig liegen sollten mit unserer Überzeugung, dann ist es praktisch nur Zufall. Es gibt ein Bon mot von Herbert, einem deutschen Philosophen des 19. Jahrhunderts, Johann Friedrich, heißt er glaube ich, Johann Friedrich Herbert, der gesagt hat, irgendwo geschrieben hat, in seiner Einleitung in die Philosophie.
Jeder Anfänger in der Philosophie ist ein Skeptiker, aber auch jeder Skeptiker ist ein Anfänger. Daraus spricht die Geringschätzung des Skeptizismus, die wir in der akademischen Philosophie immer wieder finden. Und die richtet sich eigentlich gegen naive Formen.
von Skeptizismus. Und naive Formen von Skeptizismus bekommen wir schnell, wenn wir Wissen mit Gewissheit verwechseln. Also Gewissheit ist völlig zweifelsfrei gesicherte Überzeugung.
Ein Beispiel dafür ist vielleicht diese Überzeugung, dass es unendlich viele Primzahlen gibt oder dass es keine größte Primzahl gibt. Wie sicher ist das? ist hundertprozentig sicher, darauf würde ich mein Leben verwenden. Es gibt keine größte Primzahl.
Es gibt sozusagen keine Möglichkeit, dass ich da noch schief liegen könnte. Im Vergleich dazu ist es nicht hundertprozentig sicher, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist. In dem Moment, wo ich jetzt hier spreche, ich habe jetzt schon seit längerer Zeit keine Nachrichten mehr geguckt. Breaking News.
Emmanuel Macron verlegt die Hauptstadt von Frankreich nach Marseille. Nicht sehr wahrscheinlich, vielleicht nicht verfassungskonform, aber nicht vollkommen unmöglich, nicht so unmöglich, dass ich mein Leben darauf verwetten würde, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist. Also Gewissheit, wenn wir von... Trotzdem würde ich sagen, ich weiß, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist, weil diese kleine geringe Möglichkeit, dass das passiert sein könnte, bedeutet nicht, dass ich kein Wissen darüber habe. Nur wenn ich halt behaupte, dass alles, was Wissen sein kann, diesen Grad der hundertprozentigen Gewissheit haben muss, wie mathematische Überzeugungen, nur dann würde ich mir absprechen müssen.
dass ich weiß, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist, nur weil es diese absurde kleine Möglichkeit gibt oder vielleicht gibt es noch andere Möglichkeiten, warum ich da schief liegen könnte mit meiner Überzeugung, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist, die ähnlich weit abliegen und eigentlich unglaubwürdig sind. Naiver Skeptizismus, da passiert es häufig, dass man einfach verwechselt und nicht klar ist, dass Wissen etwas anderes ist als Gewissheit. Wissen nicht unbedingt Gewissheit voraussetzt. Wenn man das tut, dann ist man natürlich schnell beim Skeptizismus, wo man schnell sagt, na gut, wir haben vielleicht ein paar mathematische Überzeugungen, die Wissen sind, aber alles andere wissen wir ja nicht hundertprozentig.
Nicht mit hundertprozentiger Sicherheit, ja, aber man muss nicht mit hundertprozentiger Sicherheit wissen, um überhaupt was zu wissen. Es gibt einen ähnlich gelagerten Schluss, der auch oft hinter naivem Skeptizismus steht. Das ist auch ein Fehlschluss, nämlich der Skeptizismus, der beim Fallibilismus ansetzt.
Fallibilismus ist die Überzeugung, dass es immer sein kann, dass ich mich irre. Also was auch immer ich denke, ich sollte immer die Möglichkeit zugeben, dass ich mich auch irren könnte. Vielleicht mit ein paar Ausnahmen, mathematische Überzeugungen. Aber selbst bei mathematischen Überzeugungen kann man vielleicht sagen, na gut, ich meine zwar, dass ich diesen...
einfachen Beweis davon, dass es keine größte Primzahl gibt, dass ich den völlig durchschaue und ich glaube auch nicht, da irgendwelche Möglichkeiten zu sehen, wie ich da was übersehen haben könnte, aber gut, mein Geist ist begrenzt und ich könnte, ich habe schon mal früher gedacht, dass ich einen Beweis gefunden hatte für einen mathematischen Satz und dann war es doch kein Beweis oder es gab doch eine Lücke, vielleicht so. Ich will es nicht absolut ausschließen, kann man da auch sagen. Also vielleicht kann man den Fallibilismus da auch sogar da auch anwenden.
Das bedeutet aber immer noch nicht, dass es auch ein Skeptizismus ist, weil der Schritt von es kann immer sein, dass ich mich irre zu es kann sein, dass ich mich immer irre, ist kein gültiger Schluss. Satz S. Es kann sein, dass ich mich immer irre. Folgt nicht logisch aus Satz F, es kann immer sein, dass ich mich irre.
Sondern da kommen zusätzliche Bedingungen mit rein. So, kommen zusätzliche Annahmen mit rein. Und der Skeptiker, also das nur allein zuzugeben, dass es sein kann, dass manches, was ich für Wissen halte, in Wirklichkeit kein Wissen ist, das macht mich noch nicht zum Skeptiker.
Das macht mich nur zum vernünftigen Menschen. Jeder sollte sich klar darüber sein, dass manches von dem, was er oder sie weiß, in Wirklichkeit kein Wissen ist und sich irgendwann als Irrtum herausstellen wird. Es ist vernünftig, sogar davon auszugehen, dass es Dinge gibt, die man zu wissen glaubt und die sich irgendwann als Nichtwissen herausstellen werden. Das bedeutet noch nicht, dass man Skeptikerin oder Skeptiker ist, weil Skeptikerinnen und Skeptiker würden...
bedeuten, dass es in wesentlichem Umfang bei meinem Wissen der Fall ist. Und dass viel oder substanziell eigentlich im Großen und Ganzen das, was ich zu wissen glaube, in Wirklichkeit kein Wissen ist. Das folgt eben noch lange nicht daraus. Es gibt aber nicht nur naiven Skeptizismus, sondern es gibt auch etwas raffiniertere skeptische Argumente, die der Philosophie tatsächlich da eine gewisse Nuss zu knacken geben.
Die funktionieren meistens so, dass ich einen bestimmten Punkt meines Überzeugungssystems identifiziere, bei dem ich so fallibilistisch mein Wissen infrage stellen kann. Da könnte ich mich auch irren. Aber dass es sich dort um einen solchen Punkt handelt, wo diese Infragestellung ganz schnell mein ganzes Überzeugungssystem mit Zweifel infiziert.
Ein Beispiel, ein klassisches, schon seit der Frühneuzeit diskutiertes und auch in der klassischen chinesischen Philosophie schon diskutiertes Beispiel ist das Beispiel, dass ich nicht weiß, dass ich nicht jetzt träume oder dass ich vielleicht auch nicht immer träume. Wenn ich jetzt träume, bin ich gerade wach oder träume ich? Wenn ich das nicht sicher weiß, dann weiß ich auch nicht, ob hier eine Brille liegt oder ob hier ein Handy liegt oder ob draußen gerade Regen fällt.
Das kommt mir zwar jetzt alles so vor, aber wenn ich träume... dann sind alle diese anderen Überzeugungen auch infiziert. Und wenn ich nicht sicher sagen kann, ob ich nicht vielleicht sogar immer träume, dann weiß ich natürlich auch nicht, ob ich wirklich verheiratet bin und zwei Kinder habe. Ein anderes Beispiel für so einen Punkt ist die Frage, ob ich jetzt von einem bösen Dämon getäuscht werde oder ob ich vielleicht immer von einem bösen Dämon getäuscht werde. Oder die moderne 20. und 21. Jahrhundert Version davon, ich weiß nicht, dass ich jetzt nicht ein Gehirn in einem Tank mit Nährstofflösung bin, dem von einem Supercomputer elektronische Reize eingegeben werden.
Also stellen Sie sich vor, das ist sozusagen das... Matrix-Szenario, also das Szenario der Matrix-Filmreihe, wobei Hilary Putnam, ein amerikanischer Philosoph, das schon vor über 40 Jahren in einem Buch diskutiert hat, noch lange bevor die Matrix-Filme gedreht wurden. Also in Wirklichkeit von meinem ganzen Körper existiert nur das Gehirn. Das ist in so einem Tank mit einer Nährstofflösung drin und...
an einen Supercomputer angeschlossen und dass ich jetzt ein Philosophie-Professor bin, der gerade ein Vorlesungsvideo aufzeichnet und so weiter. Das sind alles nur vom Computer erzeugte Illusionen, die diesem Gehirn einsimuliert werden. Wir werden dieses Szenario im Einzelnen besprechen. Die ersten beiden Beispiele, also ich weiß nicht, Ob ich jetzt nicht vielleicht träume, ich weiß nicht, ob ich jetzt von einem bösen Dämon getäuscht werde, sind Beispiele, die auf René Descartes zurückgehen oder jedenfalls bei René Descartes sehr ausführlich diskutiert werden im 17. Jahrhundert, frühen 17. Jahrhundert und eben dann bei Hilary Putnam später das Gehirn im Tank-Szenario. Notabene, weder Descartes noch Putnam sind Skeptiker.
Sie wollen nicht mit ihren Überlegungen den Skeptizismus begründen, sondern sie wollen eine gute Grundlage schaffen, um über den Skeptizismus nachzudenken und sich zu überlegen, wie stark der Skeptizismus ist. Sie versuchen, den Skeptizismus erstmal ganz stark zu machen, sagen, okay, das ist eine nicht naive Form von Skeptizismus. Wenn das so ist, dann weiß ich gar nichts.
Könnte das so sein? In welchem Sinne könnte das so sein? Haben wir irgendwelche Argumente dafür zu sagen, es ist aber nicht so? Das ist das antiskeptische Projekt, sich diese Fragen zu stellen. Antiskeptische Projekt ist, die Argumente von Skeptikern, SkeptikerInnen zu widerlegen und zu zeigen, dass wir doch in vielen Fällen über Wissen verfügen.
Vielleicht fällt Ihnen auf, dass ich das jetzt so ein bisschen einseitig formuliert habe. Sie können vielleicht sagen, ja, aber gibt es nicht auch Philosophen, die sagen, doch, die Argumente sind stark, also die auf der anderen Seite stehen. Gibt es auch durchaus, aber es ist eine ganz kleine Minderheit interessanterweise einfach. der skeptizismus ist in der philosophie insgesamt ein rand phänomen und die meisten philosophinnen stehen doch auf der seite derjenigen die sagen doch es muss doch irgendwie in substanziellen wissen in substanziellen umfang wissen über die welt möglich sein oder irgendeine art von welt Also irgendeine Art von Wissen ist uns zu eigen.
Natürlich ist es auch so, dass wenn das antiskeptische Projekt nicht funktioniert, dann der Rest der Erkenntnistheorie irgendwie nicht mehr so interessant ist, weil wir über etwas reden, was es im Großen und Ganzen nicht gibt, wenn der Skeptiker, die Skeptikerin recht hat. Am Ende habe ich noch ein viertes Projekt genannt. dass ich das evaluative Projekt genannt habe.
Ne, habe ich bisher noch gar nicht so genannt, das nenne ich jetzt so. Das evaluative Projekt, nämlich herauszufinden, welche Vorgehensweisen bei der Gewinnung auf das Wissen die besten sind und warum. Stitch nennt das die Evaluation of the Methods of Inquiry und bei Philipp Kitscher kommt sowas ähnliches auch vor. Dann nennt er das... The Merely Rative Dimension of Philosophy.
Und dafür gibt es gute Beispiele von sehr viel diskutierten Werken der Geschichte der Erkenntnistheorie. Also zum Beispiel Francis Bacon's Novum Organum, wo er für eine experimentierende, induktiv vorgehende Wissenschaft, ein Plädoyer wirklich macht. Also Francis Bacon ist der Propagandist der neuen, der wissenschaftlichen Revolution.
Genauso ähnlich bei René Descartes, der für methodischen Skeptizismus, also methodisch alles bezweifeln, was zu bezweifeln geht, argumentiert und dann für eine rationalistische Zugangsweise. Also die Vernunft ist der Schlüssel zu verlässlichem Wissen. Oder John Stuart Mills, also sehr viel später im 19. Jahrhundert John Stuart Mills System of Logic, wo er sehr genau untersucht, mit was für Methoden man eigentlich kausal Zusammenhänge untersuchen kann.
Also hier geht es wirklich darum zu sagen, So finden wir Wissen über die Welt raus. Durch systematisches Experimentieren zum Beispiel. Bei Bacon und bei Mildern auch.
Oder, nein, nicht so sehr, ja, auch, aber hauptsächlich durch scharfes Nachdenken. Das evaluative Projekt in diesem Sinn ist philosophiehistorisch wahnsinnig wichtig für... ist ein traditionell wichtiger Bestandteil der Erkenntnistheorie, ist aber ein bisschen in Vergessenheit geraten. Und zwar, weil dieses erkenntnistheoretische Projekt sehr stark eigentlich delegiert wurde an die Einzelwissenschaften.
Die Einzelwissenschaften haben selbst Methodische Reflexion und da findet selbst ein Überlegen darüber statt, mit was für Methoden kann man am besten zum Beispiel durch systematisches Experimentieren etwas über die menschlichen Geister herausfinden. Das fragen sich Psychologinnen und Psychologen seit über 100 Jahren. Einerseits ist dieser...
ist das evaluative Projekt etwas in die Einzelwissenschaften hineingewandert. Andererseits dort, wo es noch sozusagen Querschnittsfragen in dieser Hinsicht gibt, ist das eher in die Wissenschafts... Philosophie und Wissenschaftstheorie als Sonderzweig der Philosophie gewandert und ist nicht mehr so sehr ein Zweig der Erkenntnistheorie. Trotzdem gehört es dazu und gerade wenn man historische Autorinnen und Autoren anschaut, die sich erkenntnistheoretisch betätigen, dann versteht man sie oft besser, wenn einem klar ist, dass auch dieses evaluative Projekt ein wichtiger Teil von dem ist, was sie beschäftigt. Also nicht nur die Frage, was sind grundsätzlich die Quellen unseres Wissens und was ist denn eigentlich Wissen, sondern auch ganz konkret, wie wichtig ist denn das Experiment, wenn ich etwas über die Natur herausfinden will.
Wie wichtig ist mathematisierte Forschung, mathematisierende, mathematisierte Forschung, wenn ich etwas über die Natur herausfinden will. Ich habe aus zwei Gründen diesen Überblick über verschiedene Projekte der Erkenntnistheorie hier an den Anfang unserer Vorlesung gestellt. Nämlich erstens, um Ihnen eine erste Orientierung zu ermöglichen, was ist überhaupt der Inhalt, worum geht es denn, wenn wir von Erkenntnistheorie sprechen.
Und zweitens aber auch, weil... diese Projekte mir auch als strukturierend, mich als strukturierendes Merkmal dieser Vorlesung dienen. Ich werde nämlich die ersten drei Projekte, also alle mit Ausnahme des Evaluativen, benutzen, um die Struktur dieser Vorlesung danach aufzubauen.
Und das ist jetzt also der Plan der Vorlesung. Ich fange also an mit dem analytischen Projekt. Da habe ich schon gesagt, Kernbegriffe, die da immer eine Rolle spielen, wenn wir uns fragen, was Wissen ist, sind Wahrheit, Überzeugung und Rechtfertigung.
Und deshalb gehe ich so vor. Die erste Vorlesung ist die, die Sie gerade fast zu Ende gehört haben. Die nächsten drei Vorlesungen beschäftigen sich mit dem Thema Wahrheit, mit dem Begriff der Wahrheit.
Dann gibt es eine Vorlesung über Überzeugung und dann zwei Vorlesungen über Rechtfertigung und über die verschiedenen Modifikationsversuche, die unternommen werden und unternommen worden sind, um trotz Gettyer-Problemen zu einer überzeugenden Definition und zu einer überzeugenden Antwort auf das analytische Projekt zu kommen. Die erste Hälfte der Vorlesung beschäftigt mich, das erste, das analytische Projekt. Dann kommen wir zum Quellenprojekt und da klappere ich auch ein bisschen die Quellen nacheinander ab, nämlich Sinneserfahrung in zwei Vorlesungen, Vernunft in diesen Vorlesungen, Empirismus versus Apirismus, da geht es aber auch um Sinneserfahrung, um beides.
Und dann schlussfolgernde Verstandestheoretätigkeit, da geht es im gewissen Sinne um Vernunft. Und dann soziale Erkenntnistheorie, da geht es eben um Mitteilung anderer als Erkenntnisquelle und andere soziale Aspekte unserer erkenntnistheoretischen menschlichen Situation. Und ganz zum Schluss dann noch eine einzelne Vorlesung, die diesem antiskeptischen Projekt gewidmet ist. Eine Frage, ob wir Wissen eigentlich haben. Gut, das wird also unser Vorgehen in diesem Semester strukturieren.
Ich freue mich darauf. Ich freue mich auch auf die Synchronen-und Präsenzsitzungen, die wir haben werden, um über diese Inhalte noch mal zu diskutieren. Bitte vergessen Sie nicht, falls Sie das noch nicht getan haben, auch das Video zu schauen, das erläutert, wie diese Veranstaltung funktioniert, damit Sie da orientiert sind.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Semesterstart. Bis dahin.