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Anatomie und Identifikation von Blutgefäßen

Herzlich willkommen beim Histo-Trainer zum Thema Blut- und Lymphgefäße. Wir beginnen mit den Blutgefäßen und wiederholen zunächst das grundsätzliche Bauprinzip einer Arterie. Dann mikroskopieren wir die Gefäße, wobei wir ihre Histologie bewusst nicht in der Reihenfolge des Blutkreislaufes besprechen. Vielmehr legen wir den Schwerpunkt auf den Vergleich von unterschiedlichen Gefäßtypen mit ähnlichem Gefäßkaliber. Danach verdeutlichen wir die Unterschiede zwischen Blut- und Lymphgefäßen. Und zum Schluss erklären wir noch kurz, wie man Nervengewebe innerhalb von Gefäß-Nerven-Straßen erkennt. Los geht's mit den Arterien. Man unterscheidet beim Aufbau drei Schichten: Tunica intima, Tunica media und Tunica adventitia. Die direkt an das Gefäßlumen grenzende Tunica intima, kurz Intima genannt, besteht aus Endothelzellen und darunterliegendem Bindegewebe. Die Tunica media, kurz Media genannt, enthält glatte Muskulatur zur Regulierung der Gef��weite. Die Tunica adventitia - oder kurz: Adventitia - stellt die äußerste Schicht aus Binde- und Fettgewebe dar. Sie fährt die Nervi und Vasa vasorum zur Versorgung der äußeren Gefäßwand mit Sauerstoff und Nährstoffen. Die innere Gefäßwand wird übrigens durch Diffusion aus dem Gefäßlumen direkt versorgt. Zwischen Intima und Media sowie zwischen Media und Adventitia kann jeweils eine Membrana elastica liegen. Auf die Abweichungen zu diesem Bauprinzip gehen wir später bei den jeweiligen Gef��typen ein. Dazu nutzen wir hier ein H.E.-Präparat des Pankreas, das du vielleicht schon aus einer der vorherigen Folgen kennst. Allerdings schauen wir uns dieses Mal gezielt nur die Gefäße an. Man kann Blutgefäße bereits in geringer Vergrößerung erkennen, wenn sich größere Mengen von Erythrozyten in ihrem Lumen befinden. Diese erscheinen in der H.E.-Färbung als kernlose, kräftig rot gefärbte Scheibchen. Schwieriger wird es, wenn Erythrozyten im Lumen rar sind oder gänzlich fehlen, so wie hier. Das Fehlen von Blutzellen ist ein Artefakt der Präparateaufarbeitung oder der Behandlung des Gewebes bei der Entnahme. Damit du Blutgefäße auch unabhängig von Erythrozyten erkennst, wollen wir uns nun die Gefäßwand näher anschauen. Wir beginnen mit einer Arterie vom muskulären Typ im Querschnitt. Sie stellen den häufigsten Arterien-Bautyp dar und beeinflussen mit ihrer Muskulatur den Blutdruck im Gefäßlumen. Sie eignen sich gut zum Einstieg, da sie dem eben gezeigten Bauprinzip am deutlichsten entsprechen. Die direkt an das Lumen angrenzenden, schmalen Zellkerne gehören zu den Endothelzellen. Da die Zellen sehr flach sind, ist der übrige Zellleib lichtmikroskopisch kaum zu erkennen. Darunter liegt das Stratum subendotheliale aus kollagenem Bindegewebe. Die Grenze zwischen Stratum subendotheliale und Tunica media kann manchmal schwer zu erkennen sein, da beide recht eosinophil sind. Es gibt aber Orientierungspunkte: Zum einen sieht man zwischen den beiden in den großen Gefäßen eine Membrana elastica interna, so wie hier zwischen den Pfeilen. Sie ist reich an elastischen Fasern und erscheint als gewellte, blasse Linie. Zum anderen enthält das Bindegewebige Stratum subendotheliale kaum Zellen und zeigt daher auch nur sehr wenige und eher rundliche Kerne. In der Tunica media ist die Dichte der Kerne dagegen deutlich höher und sie erscheinen länglicher. Jeder dieser länglichen Zellkerne gehört zu jeweils einer Muskelfaser der Tunica media. Und weil die Muskelfasern kreisförmig - also im rechten Winkel zum Blutfluss - verlaufen, kannst du an der Kernform sogar die Richtung bestimmen, in der das Gefäß angeschnitten wurde: Erscheinen die Kerne so schön länglich wie hier, handelt es sich um einen Querschnitt durch das Gefäß. Erscheinen die Kerne hingegen eher punktförmig, so wie hier zu sehen, liegt ein Längsschnitt vor. Die äußerste Wandschicht des Gefäßes ist die Tunica adventitia. Sie besteht vor allem aus zellarmem, kollagenem Bindegewebe. In größeren Gefäßen findet man hier auch Anschnitte von Blutgefäßen , bei denen es sich um Vasa vasorum handelt. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle auch die Membrana elastica externa genannt. Sie ist lediglich in großen bis mittelgroßen Arterien richtig ausgeprägt. In H.E.-Färbung ist nur in hoher Vergrößerung ihr welliges Erscheinungsbild zwischen Media und Adventitia an manchen Stellen noch gerade so auszumachen. Richtig gut erkennt man die Membrana elastica externa und Membrana elastica interna aber in der Elastika-van-Gieson-Färbung, mit der sich beide dunkelviolett bis schwarz anfärben lassen. Nun vergleichen wir mal die Wand der Arterien vom muskulären Typ mit der von Venen. Hier siehst du die Wand einer großen Vene im Querschnitt in gleicher Vergrößerung wie die eben besprochene Arterie. Es lassen sich einige Unterschiede zur Arterienwand finden: Die in großen Arterien deutlich vorhandene Membrana elastica interna ist in Venen meist nur unregelmäßig ausgebildet oder fehlt gänzlich, so wie in diesem Fall. Die Tunica media von Venen ist in der Regel deutlich dünner als die Media bei Arterien von gleichem Durchmesser. Außerdem sieht die Media bei Venen nicht so regelmäßig aus, da zwischen den Muskelfasern vermehrt auch Bindegewebsfasern liegen. War bei den Arterien die Media noch die breiteste aller Wandschichten, so ist es bei den Venen meist die Adventitia. In der Adventitia größerer Venen findest du oft auch längslaufende glatte Muskelfasern. Sie erscheinen im Gefäßquerschnitt als etwas stärker rot gefärbte Bündel mit dicht liegenden Kernen. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Arterie oder eine Vene vorliegt, hier noch ein allgemeiner Tipp: Oft ist es hilfreich, wenn du dir die Gefäße auch in einer etwas geringeren Vergrößerung anschaust. Dann hast du einen besseren Überblick und kannst nach zwei recht simplen, aber sehr zuverlässigen Kriterien Ausschau halten: erstens der Kontur: Arterien haben, egal ob quer oder längs angeschnitten, stets eine relativ regelmäßige Kontur. Venen haben dagegen meist eine leicht unregelmäßige Kontur, da sie aufgrund der dünneren Muskulatur weniger starr sind. Das zweite Kriterium ist das Lumen-Wand-Verhältnis. Vereinfacht gesagt: Venen haben ein relativ großes Lumen bei einer eher dünnen Wand. Arterien haben dagegen ein relativ schmales Lumen bei einer eher dicken Wand . Als nächstes wollen wir uns die Arteriolen und Venolen anschauen. Arteriolen sind die kleinsten Äste des arteriellen Gefäßbaums mit einem Durchmesser von weniger als 100 Mikrometern. Ein Stratum subendotheliale ist bei Arteriolen nicht mehr vorhanden. Ihre Media besteht nur noch aus ein bis zwei Schichten. Wie kannst du die Anzahl der Muskelschichten mikroskopisch bestimmen? Nun, die Anzahl der Schichten entspricht in etwa der Anzahl der Ebenen von Zellkernen, die übereinander liegen. In diesem Beispiel sind es vier bis fünf Schichten, somit liegt hier eine mittelgroße Arterie vor. Dagegen liegen hier bei dieser Arteriole die Kerne alle in einer einzigen Ebene der Media, so dass man von einer Schicht ausgeht. Eine Adventitia ist bei Arteriolen zwar vorhanden, aber nur schmal ausgeprägt, hier noch als dünner Saum zwischen Media und den azinösen Endstücken des Pankreas erkennbar. Wenn du Gefäße von ähnlichem Durchmesser siehst, die aber keine deutliche Media mehr aufweisen, dann handelt es sich um Venolen. Ihre Wand besteht aus Endothelzellen, die einer Basalmembran aufsitzen sowie aus Perizyten. Perizyten stützen das Gefäß von außen und sind lichtmikroskopisch kaum auszumachen, da sie sehr schmale Zellen mit vielen kleinen Fortsätzen sind. Kommen wir nun zu den Kreislaufabschnitten, an welchen der Stoffaustausch stattfindet. Dazu zählen vor allem Kapillaren und postkapilläre Venolen. Widmen wir uns erst den Kapillaren. Auch sie bestehen nur aus Endothelzellen, einer Basalmembran und Perizyten. Ihr Durchmesser beträgt gerade einmal fünf bis zehn Mikrometer. Zum Vergleich: Ein Erythrozyt hat einen Durchmesser von sechs bis sieben Mikrometern. Daher reihen sich die im H.E.-Präparat rot gefärbten Erythrozyten für die Kapillarpassage einzeln wie Perlen an einer Schnur hintereinander auf. Die Wandbestandteile der Kapillaren sowie den vorliegenden Endotheltyp sieht man aber nur mit dem Elektronenmikroskop. Du findest die Kapillaren aber auch zuverlässig mit dem Lichtmikroskop, wenn du nach der beschriebenen perlschnurartigen Anordnung von Erythrozyten Ausschau hältst. Hinter den Kapillaren beginnt dann der venöse Schenkel des Kreislaufsystems mit den postkapillären Venolen. Sie haben eine ähnlich dünne Wand und einen Durchmesser von etwa 30 Mikrometern. Passend dazu sieht man, dass - im Gegensatz zu den Kapillaren - hier ohne Probleme mehrere Erythrozyten nebeneinander im Lumen Platz finden. Von der zarten Venolenwand ist nicht viel mehr zu erkennen als die Kerne der Endothelzellen. Die postkapillären Venolen nehmen aufgrund der Durchlässigkeit ihres Endothels auch noch am Stoffaustausch teil. Bei einer akuten Entzündungsreaktion sind es diese Venolen, aus denen besonders viel Blutplasma und Leukozyten ins Gewebe fließen, um eine Abwehrreaktion zu fördern. Ok, wir schließen das Thema Blutgefäße mit den Arterien vom elastischen Typ ab, da sie aufgrund ihrer Windkesselfunktion eine Sonderstellung einnehmen. Neben der Aorta zählen der Truncus pulmonalis und die großen Abgänge der beiden zu den elastischen Arterien. Ihre Media besteht aus mehr als 50 Schichten. Jede Schicht enthält neben glatter Muskulatur vor allem aber elastische Fasern. Diese werden in der Elastika-van-Gieson-Färbung besonders deutlich sichtbar in Form braun-schwarzer Bänder. Eine weitere Besonderheit ist die hohe Dichte an Vasa vasorum in der Adventitia. Als nächstes wenden wir uns den Charakteristika der Lymphgefäße zu. Hier siehst du im interstitiellen Bindegewebe eine typische Gefäß-Nerven-Straße. In diesen lassen sich meist auch Lymphgefäße finden. Hier sieht man zusätzlich neben einer Arteriole und einer Sammelvenole auch noch einen Ast eines peripheren Nervs. Doch dazu gleich mehr. Erst zum Lymphgefäß. Zugegeben, es kann schwierig sein, ein solches zu erkennen. Es gibt aber Kriterien, die für das Vorliegen eines Lymphgefäßes sprechen: Erstens sollte natürlich ein Hohlraum, das heißt, ein Lumen vorhanden sein. Das Lumen muss, wie bei Blutgefäßen auch, innen von Endothelzellkernen begrenzt sein. Zweitens kann im Lumen eosinophiles Material zu sehen sein, denn Lymphe ist im H.E.-Präparat größtenteils homogen blass rötlich gef�rbt. Drittens sind Erythrozyten, wie hier in der Venole schön zu sehen, in Lymphgefäßen nicht vorhanden. Stattdessen können Lymphozyten vorkommen, die über die Lymphgefäße vom Gewebe in die Lymphknoten gelangen. Die Wand der ersten Lymphgefäßabschnitte besteht nur aus sehr dünnem Endothel, so wie hier. Größere Lymphgefäße besitzen zusätzlich Klappen, ähnlich denen von Venen, sowie eine jeweils dünne Media und Adventitia. So, zum Schluss noch ein paar Worte zum Anschnitt des Nervenastes. Da Gefäße und Nerven oft gemeinsam verlaufen, solltest du wissen, wie man sie auseinander hält. Wenn der Nervenast quer angeschnitten wurde, erscheint er meist relativ rund. Und anstatt eines Lumens findet man rötliche Fasern mit dazwischen liegenden, kleinen wei�en Hohlräumen. Diese sind die Stellen, an denen sich vor der Gewebeaufarbeitung die lipidhaltigen Myelinscheiden befunden haben. Beachte auf, wieviele basophile Zellkerne sich hier befinden. Sie gehören zu den Schwann-Zellen und Fibroblasten. Typical outro text: So, das war die Histologie zu den Blut- und Lymphgefäßen - wir hoffen, du kannst mit ein bisschen Übung auch beim selbstständigen Mikroskopieren alle gezeigten Strukturen wiedererkennen und benennen! Danke für's Zuschauen und bis demnächst - Deine Amboss-Redaktion! Übrigens, wenn du selber das Mikroskopieren dieses Organs oder vieler weiterer Organe wiederholen und üben möchtest, kannst du dir in unserem Shop das Smart-Zoom-Paket von unserem Kooperationspartner für die virtuelle Mikroskopie dazubuchen. Damit lassen sich histologische Präparate mit dem Computer oder Tablet auch von zu Hause aus ganz einfach selber mikroskopieren! -Viel Erfolg!