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Die Dolchstoßlegende und ihre Folgen

Im Felde unbesiegt, die Dolchstoßlegende. Videomodul 332, Sego Geschichte. Übertrage die folgende Tabelle in deine Mappe und ordne wichtige Informationen aus der folgenden Darstellung den Jahreszahlen zu. Um die Informationen in Ruhe aufzuschreiben, benutze Kopfhörer und die Pausentaste. Notiere unbekannte Begriffe und Aspekte, die dir unklar geblieben sind, und recherchiere sie im Schulbuch oder im Internet. Die Jahre 1918 und 1919 markieren zwei Wendepunkte der Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. Erstens hatte das Deutsche Reich den Ersten Weltkrieg verloren und verpflichtete sich im 1919 ausgehandelten Versailler Vertrag die Schuld am 1. Weltkrieg anzuerkennen und umfangreiche Wiedergutmachungen zu leisten. Zweitens beendete die Novemberrevolution 1918 die Monarchie im Deutschen Reich und Kaiser Wilhelm II. musste abdanken. Zehn Monate später wurde in Weimar eine neue Verfassung verabschiedet. Die Weimarer Republik war der erste demokratisch verfasste Staat in der Geschichte Deutschlands. Die Republik hatte starke politische Feinde, sowohl von links als auch von rechts. Die politische Rechte wollte die Niederlage der deutschen Truppen im Ersten Weltkrieg nicht anerkennen und behauptete, die Soldaten seien im Herbst 1918 im Felde unbesiegt geblieben. Der eigentliche Grund für die Niederlage seien die Aufstände und die Revolution der Novemberverbrecher gewesen, die der deutschen Front in den Rücken gefallen und sie hinterrücks erdeutscht haben. Diese in der Weimarer Republik häufig geäußerte Behauptung wird von der Geschichtswissenschaft als Deutschstoßlegende bezeichnet. Um die Deutsch-Dos-Legende und ihre Hintergründe besser zu verstehen, werden in sieben kurzen Kapiteln verschiedene Aspekte der Jahre vor und nach Ende des Ersten Weltkrieges genauer beleuchtet. November-Revolution Anfang November meuterten in Wilhelmshaven und Kiel Matrosen. In nur wenigen Tagen erfassten die Aufstände die großen Städte im Deutschen Reich. Revolutionäre Soldaten und Arbeiterräte übernahmen vielerorts die Macht. Die Kämpfe verliefen teilweise gewaltsam und Dutzende Revolutionäre wurden getötet. In Berlin überschlugen sich die Ereignisse am 9. November. Die Revolution erreichte ihren Höhepunkt. Um die Mittagsstunde verkündete Reichskanzler Prinz Max von Baden die unfreiwillige Abdankung des Kaisers. Wilhelm II. hielt sich zu diesem Zeitpunkt bei der obersten Heeresleitung im belgischen Spar auf. Er flüchtete von dort ins Exil in die Niederlande. Nur kurze Zeit später war er in Berlin. Eine Zeit später, gegen 14 Uhr, wurde gleich zweimal die Republik ausgerufen. Einmal vom SPD-Vorsitzenden Philipp Scheidemann von einem Fenster des Reichstagsgebäudes und etwa gleichzeitig vom USPD-Politiker Karl Liebknecht im Lustgarten in der Nähe des Stadtschlosses. Von diesem Tag an war die Monarchie im Deutschen Reich beendet. Deutschland war nun eine Republik, also ein Staat, in dem die staatliche Gewalt vom Volk und nicht von einem König ausgeübt wird. Endphase des Großen Krieges Im November 1918 dauerte der Erste Weltkrieg bereits mehr als vier Jahre an. Damals wurde der Erste Weltkrieg einfach der Krieg oder der Große Krieg genannt. Die Bezeichnung Erster Weltkrieg entstand erst später in Abgrenzung zum Zweiten Weltkrieg. In Frankreich und in der Weltkrieg-Krise wurde der Erste Weltkrieg genannt. England heißt der erste Weltkrieg bis heute La Grangea bzw. The Great War. Der Krieg war bis dahin der brutalste in der europäischen Geschichte. Insgesamt wurden knapp 10 Millionen Soldaten getötet und noch einmal doppelt so viele verletzt. Die Zahl der getöteten Zivilisten wird europaweit auf mehrere Millionen Menschen geschätzt. Zudem wütete 1918 die spanische Grippe in Europa. Aufgrund der kriegsbedingten Mangelversorgung fanden dadurch nochmals viele Menschen den Tod. Während die Kriegsparteien 1914 davon ausgingen, dass der Krieg in wenigen Monaten beendet sein könnte, wurde im weiteren Kriegsverlauf ein zermürbender Stellungskrieg in Schützengräben kennzeichnet für den Ersten Weltkrieg. Der Frontverlauf änderte sich jahrelang nur unwesentlich. Neuerungen in der Kriegstechnik waren ein massiver Einsatz von Maschinengewehr und Granatenbeschuss, sowie die erstmalige Verwendung von Giftgas. Der äußerst gefährliche Kriegseinsatz an den Fronten und die hohe Zahl getöteter Menschen auf der einen Seite und die schwierige Versorgungslage zu Hause ließen den öffentlichen Unmut über die Fortsetzung des Krieges in ganz Europa ansteigen. Bereits 1917 kam es im Deutschen Reich an verschiedenen Orten zu Unruhen. In Russland wurde 1917 in der Oktoberrevolution der Zar gestürzt. Die Bolschewisten unter Lenin erlangten die Macht. Damit wurden die Kämpfe zwischen dem Deutschen Reich und Russland beendet. Als im April 1917 die USA in den Krieg eintraten und ab 1918 Frankreich und England unterstützten, wurden die deutschen Truppen an der Westfront immer weiter aus Frankreich zurückgedrängt. Im Herbst 1918 stand die Niederlage der deutschen Truppen an der Westfront aufgrund fehlenden Nachschubs und mangelnder Strategien der verantwortlichen Militärs unmittelbar bevor. Anders als im Zweiten Weltkrieg fand der Krieg nicht auf dem Gebiet des Deutschen Reiches statt. Die Soldaten kehrten Ende 1918 von der Front nach Hause zurück. Sowohl die Soldaten als auch die Bevölkerung hatten deshalb nicht das Gefühl, wirklich besiegt worden zu sein. Stattdessen überwog der Eindruck, der Krieg sei aus politischen Gründen abgebrochen worden. Oberste Heeresleitung Das Foto zeigt in der Mitte Kaiser Wilhelm II. sowie die ab 1916 in die Oberste Heeresleitung eingesetzten Generäle Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff. Die Hauptverantwortung für militärische Entscheidungen lag in der Mitte Kaiser Wilhelm II. den folgenden zwei Jahren hauptsächlich bei Ludendorff. Als die militärische Lage im Herbst 1918 aussichtslos wurde, entschied die oberste Heeresleitung Ende September, demokratische Reformen im Deutschen Reich durchzuführen und Friedensverhandlungen einzuleiten. Reichskanzler wurde der als liberal geltende Prinz Max von Baden, den man beauftragte, den Westmächten ein Friedensangebot zu machen. In der Öffentlichkeit lösten diese Entwicklungen Unverständnis und großes Erstaunen aus, denn jahrelang war der deutschen Gesellschaft Kampfbereitschaft, Durchhaltewillen und der kurz bevorstehende Sieg propagiert worden. Die Absicht von Ludendorff und Hindenburg bestand darin, vor der drohenden Niederlage die politische Verantwortung auf andere abzuwälzen. In den 1920er Jahren spielten Hindenburg und Ludendorff weiterhin wichtige Rollen. Hindenburg wurde 1925 zum Reichspräsidenten gewählt. Ludendorff war in den 1920er Jahren ein bekannter rechtsextremer Politiker. So versuchte er fünf Jahre nach der Novemberrevolution, ebenfalls am 9. November, mit Hitler die Reichsregierung zu stützen. Der sogenannte Hitler-Ludendorff-Putsch scheiterte. SPD und OSPD In den Jahren um 1918 spielten auch Politiker der SPD und der OSPD eine wichtige Rolle. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hatte sich 1917 gespalten. Während die Mehrheits-SPD den Krieg bejahte und der Bewilligung von Kriegskrediten zustimmte, wollte die radikalere, unabhängige Sozialdemokratische Partei den Krieg möglichst rasch beenden. Ein kurzer Rückblick. Rund 60 Jahre zuvor In den 1860er Jahren entstand in Deutschland die Arbeiterbewegung, die für die Verbesserung der Lage der Arbeiter kämpfte. Die Arbeiterbewegung wurde im Laufe der Jahrzehnte immer stärker und 1912 größte Fraktion im Reichstag. Allerdings hatte das Parlament im Kaiserreich nur wenig zu sagen. Die Sozialdemokraten waren deshalb bemüht, mehr Mitsprache zu bekommen. Durch die Novemberrevolution hielt die Arbeiterbewegung plötzlich die volle Macht über das Deutsche Reich in den Händen. Friedrich Ebert als Vertreter der Mehrheits-SPD bekam von Prinz Max von Baden die Reichskanzlerschaft übertragen. Ebert setzte einen Rat der Volksbeauftragten ein, der aus je drei Vertretern von SPD und USPD bestand. Die Koalition zerbrach im Dezember 1918, weil die Vorstellungen von SPD und USPD darüber, wie die neue Republik und Demokratie aussehen sollten, weit auseinander lagen. Der Rat der Volksbeauftragten bestand seit Dezember 1918 nur noch aus fünf Vertretern der SPD. Karl Liebknecht als Vertreter der USPD forderte eine Räterepublik nach Vorbild der Bolschewisten in Russland, während die Mehrheitssozialdemokraten eine parlamentarische Demokratie anstrebten. In den folgenden Monaten kam es immer wieder zu revolutionären Kämpfen. Der bekannteste war der Spartakus-Aufstand in Berlin im Januar 1919, bei dem Spartakisten und Anhänger der USPD die Regierung stürzen wollten. Der Aufstand wurde gewaltsam niedergeschlagen. Rund 160 Menschen wurden dabei getötet, darunter auch Karl Liebknecht. Weil Eber zur Bekämpfung der Aufstände ein Bündnis mit rechtsextremen paramilitärischen Verbänden einging, galt er bei den Anhängern der USPD als Verräter. Die Arbeiterbewegung blieb nach 1918 tief zerstritten. Versailler Vertrag Die Strategie Ludendorffs, im Oktober 1918 Waffenstillstandsverhandlungen mit Frankreich, Großbritannien und den USA einzuleiten, bedeutete das Eingeständnis der Niederlage des Deutschen Reichs. Die Friedensverhandlungen fanden 1919 in Versailles bei Paris statt. Dem Deutschen Reich wurde die Schuld für den Ersten Weltkrieg zugewiesen. Die Westmächte waren sich aber uneinig darüber, wie das Deutsche Reich als Kriegsverlierer behandelt werden solle. Besonders Frankreich drängte darauf, Deutschland zu schwächen, um eine mögliche Wiederholung eines Krieges zu verhindern. Der Versailler Vertrag, der im Juni 1919 unterzeichnet wurde, sah Gebietsabtretungen von 13 Prozent des Reichsgebietes, die Reduzierung des Militärs auf 100.000 Personen, den Verlust der Kolonien sowie hohe Reparationszahlungen vor. Zur Durchsetzung der Reparationszahlungen wurde das Rheinland von den Alliierten besetzt. Im Deutschen Reich stießen die harten Vorschriften des Vertrags in der Öffentlichkeit auf Unverständnis, da bis zum Oktober 1919 von einer drohenden Niederlage keine Rede war. Besonders rechte Parteien sprachen über den Fassayer Vertrag von einem Diktat oder Schandfrieden für Deutschland. Unterzeichnen mussten den Versailler Vertrag aber nicht die rechten Parteien, sondern die damalige Regierung aus einer Koalition demokratischer Parteien unter Führung der SPD. Weil sie eine angedrohte Fortsetzung der Kriegshandlungen durch die Westmächte fürchteten, unterzeichneten Vertreter der Regierung den Vertrag am 28. Juni. Weimarer Republik Aufgrund der zahlreichen Ausschreitungen und Kämpfe in Berlin tagte die Nationalversammlung in Weimar. Dort sollte eine Verfassung für die neue Republik ausgearbeitet werden, daher der Name Weimarer Republik. Im August 1919 wurde die Verfassung verabschiedet und Ebert als verfassungsmäßiger Reichspräsident eingesetzt. Die Weimarer Republik bestand bis zu ihrer Zerschlagung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933. In diesen 14 Jahren war die junge Republik häufig Angriffen von ihren politischen Gegnern ausgesetzt. Ein bekanntes Beispiel hierfür war der Kaputsch von 1920, der von rechtsextremen Kampfverbänden angeführt wurde. Auf der anderen Seite gab es aber auch viele Unterstützer der Demokratie. Besonders Mitte der 20er Jahre, als sich auch die wirtschaftliche Situation im Deutschen Reich wieder erholte, wuchs die Zustimmung zur Weimarer Republik. Die politische Rechte, besonders die Rechtsextremen, bedienten sich des Motivs des Dolchstoßes, um die unerwartete Kriegsniederlage und die daraus resultierenden Folgen des Versailler Vertrages zu erklären. Der Dolchstoß entwickelte sich im Laufe der 1920er Jahre zu einem wichtigen Propagandamotiv der politischen Rechten und wurde häufig auch mit antisemitischen Behauptungen in Zusammenhang gebracht. Verbreitung in den Zeitungen fand das Dolchstoßmotiv nach einem Auftritt von Hindenburg vor einem im Herbst 1919 tagenden Untersuchungsausschuss, der die Ursachen der Niederlage Deutschlands im Krieg klären sollte. Hindenburg berief sich in seiner Aussage auf einen englischen General-und Militärkorrespondenten, der das Zitat »Die deutsche Armee ist von hinten erdolcht worden« geprägt hatte. Seither war das Dolchstoßmotiv einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In Äußerungen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, finden sich häufig Zitate von Hindenburg und Ludendorff, in denen sie bekennen, mit der Behauptung des Deuchtstoßes bewusst die Verantwortung für die ausweglose Lage im Herbst 1918 anderen in die Schuhe schieben zu wollen. Das Wahlplakat der DNVP, einer rechten Partei in der Weimarer Republik, verdeutlicht die Propaganda des Deuchtstoßes. Durch die rote Farbe wird der Mann rechts eindeutig der Arbeiterbewegung zugewiesen. Die Maskierung lässt ihn als einen Verbrecher aussehen. aussehen. Der SPD wird auf dem Plakat die Schuld dafür gegeben, dass unser Volk und Vaterland so tief ins Unglück sinken musste. Darin drückte sich auch der Vorwurf an die SPD aus, den Fassayer Vertrag unterschrieben zu haben. Das Motiv des Deutschstoßes findet sich in vielen anderen Zitaten und Karikaturen wieder. Der heute gebräuchliche Begriff der Deutschstoßlegende drückt die Kritik am Propagandamotiv des angeblichen Deutschstoßes aus. Hindenburg sagte am 18. November 1919 vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss über die Endphase des Krieges Die braven Truppen, die sich von der revolutionären Zermürbung frei hielten, hatten unter dem pflichtwidrigen Verhalten der revolutionären Kameraden schwer zu leiden. Sie mussten die ganze Last des Kampfes tragen. So mussten unsere Operationen misslingen. Es musste der Zusammenbruch kommen. Die Revolution bildete nur den Schlussstein. Ein englischer General sagte mit Recht, die deutsche Armee ist von hinten erdeucht worden. Den guten Kern des Heeres trifft keine Schuld. Seine Leistung ist ebenso bewunderungswürdig wie die des Offizierskorps. Wo die Schuld liegt, ist klar erwiesen. Du bist Zeitungsreporter für eine Tageszeitung. Verfasse einen Kommentar über die Aussage Hindenburgs vor dem Untersuchungsausschuss. Ein Kommentar ist eine wertende Stellungnahme eines Journalisten, der zu einem bestimmten Sachverhalt seine Meinung vertritt. Beschreibe die Karikatur und berücksichtige dabei die Symbole. Erkläre die Karikatur, die historischen Hintergründe und die Position des Zeichners. Nimm zur Position des Zeichners Stellung. Stimmst du ihm zu oder nicht? Begründe.