Religion. Viele Menschen treffen sich und teilen eine Begeisterung für eine höhere Macht, deren Existenz fraglich ist. Hatte sie früher noch das Leben aller Menschen fest im Griff, kehren in der modernen Welt immer mehr und mehr Leute davon ab. Doch die, die es nicht tun, halten mit vollem Glauben daran fest? Aus welchem Grund geben viele Leute bzw.
gibt die Gesellschaft heutzutage den religiösen Glauben auf und aus welchem Grund halten einige aus voller Überzeugung daran fest? Diese Fragen haben sich schon zu früheren Zeiten verschiedene Leute gestellt. Sie haben Religion an sich hinterfragt und überlegt, wozu ihre Ausübung dient bzw. ob Religion überhaupt einen Sinn hat. Diese Religionskritiker haben die unterschiedlichsten Ansätze und Theorien entwickelt und in diesem Video soll es darum gehen, die Gedanken vierer der bedeutsamsten Religionskritiker gegenüber zu stellen.
Mit der Aufklärung änderte sich das Denken der Menschen grundlegend. Man begann, von festgefahrenen Systemen abzuweichen und bildete eine neue, neue Welt. Der erste, den wir vorstellen möchten, ist Ludwig Andreas Feuerbach, ein Vorreiter der modernen Religionskritik, der im 19. Jahrhundert tätig war während der Zeit des Vormärz. Er studierte zunächst Theologie, wechselte jedoch zur Philosophie, worin er promovierte und anschließend als Privatdozent an der Universität von Erlangen lehrte. Als solcher kam er mit den Bewegungen seiner Zeit in Kontakt und konnte sie durch die Burschenschaftsbewegungen der Studenten maßgeblich beeinflussen.
Seiner Ansicht nach ist Gott bloß eine Projekte, die er nicht verfolgen kann. Projektion, also ein geschaffenes Bild. Was heißt das?
Die Menschen begannen aus festen Strukturen auszubrechen und die Welt im Hinblick auf ihren Sinn zu hinterfragen. So begann der Siegeszug der Wissenschaft. Sie wurde dem Volk zugänglich gemacht, erlebte einen deutlichen Aufschwung und ebnete den Weg in ein neues Zeitalter.
Ein Zeitalter, das nicht länger von einer festen gottgewollten Ordnung beherrscht wurde, sondern von freiem sinnvollem Denken und Handeln. Ausgehend vom vorherrschenden Christentum stellte er sich die Frage, wie Warum Gott denn so unbestreitbar mächtig und den Menschen übergeordnet ist, obwohl sich die Menschen ihren Gott doch selbst geschaffen hatten? Die Ausübung der Religion ist äußerst strikt und dogmatisch. Sie hat eine feste etablierte Ideologie, deshalb ist sie nicht bereit, neue Erkenntnisse anzuerkennen. Doch genau diese schossen überall um Feuerbach herum aus dem Boden.
Wissenschaft und Vernunft traten nun an die Stelle von Religion und Glaube. Doch wenn man eine sinnvolle Erklärung für ein Phänomen hat, und nichts anderes ist Wissenschaft, dann muss man nicht mehr auf eine nicht zu überprüfende Geschichte vertrauen. Noch dazu, wenn es eine ist, die angesichts einer immer vernünftiger denkenden Welt immer wahnwitziger erscheint.
Somit kommt es durch die Etablierung des Geistes der Wissenschaft, wie Feuerbach es nannte, zu einer natürlichen Abkehr von der Religion. Doch warum gab es sie denn überhaupt erst? Ohne tiefer darauf einzugehen, vergleicht Ludwig Feuerbach die Entwicklung der ganzen Menschheit mit der Entwicklung des Einzelnen. Soll heißen? So wie kleine Kinder zuerst die Welt um sich herum sehen, sie mit ihrer Fantasie erklären und erst irgendwann...
Wann beginnen, sich selbst als Teil dieser Welt zu sehen und bodenständigere, erwachsenere Ansichten zu entwickeln? Ergeht es auch der Menschheit allgemein? Feuerbach konnte feststellen, erst jetzt erlebt die Wissenschaft den Durchbruch.
Vorher brauchten die Menschen dringend etwas anderes, um sich die ihnen unbekannte Welt, die sie noch nicht zu erforschen wagten, zu erklären. Die Menschen lebten auf der Erde, wussten aber nicht, woher sie kamen, warum sie da waren und so weiter. Und sie wären gerne auch noch so vieles andere gewesen. Um irgendwie Licht ins Dunkel zu bringen, um sich eine Perspektive zu geben, um die beobachtbaren und beängstigenden Naturkräfte zu erklären, um sich überhaupt in einer Gesellschaft organisieren zu können, schufen sich die frühen und ahnungslosen Menschen eine Hintergrundgeschichte, verbunden mit einem Katalog für angebrachte Verhaltensregeln und vor allem einem Idealbild. Alles selbst gemacht.
In der Religion drückten die Menschen ihre innersten Wünsche und Vorstellungen einer idealen Welt aus, die sich an sympathischen Protagonisten festmacht. Und genau diese Vorstellung eines sich um den einzelnen sorgenden, persönlichen Gottes stellt Feuerbach in Abrede. Er meint, der Gottesglaube sei die Manifestation des menschlichen Selbstverständnisses.
Die Menschen schaffen einen Gott, der ihnen auffallend ähnlich ist, und statten ihn mit all den Eigenschaften aus, die sie selbst gerne hätten, aber nicht haben. Die menschliche Existenz auf Erden ist begrenzt. Aber Gott! ist unendlich, vollkommen allmächtig und ewig.
Danach sehnten sich die Menschen, und so verlieren sie dieser Selbstsucht in ihrer Geschichte Ausdruck. Und nachdem sie nun so waren wie Gott, bzw. Gott wie sie, hatten sie etwas, was ihnen Halt gab. Sie haben sich in gewisser Weise selbst verwirklicht und sich ihre Bedürfnisse erfüllt, insbesondere mit dem Glauben an ein Himmelsreich, was in diese Unendlichkeit führt.
Darüber hinaus stellte Gott auch eine wichtige Stütze in der Gesellschaft dar, schließlich sahen ihn die Menschen mit der Zeit als reale Gegebenheit an. Kurz, die Menschen haben sich mit Gott ein Designervorbild geschaffen, dem sie mit der Religion entgegenstreben können. Hätten die Menschen andere Wahrnehmungen von der Welt gehabt oder Hätten sie ein anderes Bewusstsein ihrer selbst entwickelt, wäre auch ihr Gott als Erklärung der Welt anders gewesen. Doch der, den sie geschaffen hatten, war genau der, den sie brauchten.
Den sie jetzt aber mit der Entdeckung der Wahrheit hinter den Dingen nicht mehr brauchen. Mit diesen Ansichten setzte Feuerbach eine völlig neue Denkrichtung fest, die aber nahezu perfekt zur modernen Entwicklung der Gesellschaft passte. Demzufolge fand sie sehr großen Anklang. und war für viele Leute Ausgangspunkt ihrer eigenen Überlegungen.
Dennoch, der nächste Religionskritiker setzt ganz andere Schwerpunkte. Es ist Karl Marx, der allseits bekannte Mitbegründer des Kommunismus. Der Philosoph und Ökonom, welcher der Religion vollkommen ablehnend gegenüberstand, entwickelte die Ideologie des dialektischen Materialismus. Dieser Fuste auf dem Konzept Feuerbachs geht aber davon aus, dass Menschen immer nach einer innovativen Lösung suchen, wenn es zu Widersprüchen zwischen Bedürfnissen und Fähigkeiten kommt. Das bedeutet, dass er Feuerbachs Projektionslehre dahingehend weiterentwickelte, dass sie als Ausflucht aus dem wirklichen Elend zu verstehen ist.
Marx war damit nicht einverstanden. Er wollte das wirkliche Elend beseitigen und nicht die Augen davor verschließen. Er bezeichnet die Religion als Opium des Volkes, das Schmerzen, also gesellschaftliche Missstände, betäubt, aber nicht kuriert.
Insbesondere in seiner modernen Welt wird die Fassade seiner Meinung nach vom Staat mit Absicht aufrechterhalten, um von seiner Unfähigkeit und Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung abzulenken. Kurz gesagt, sein Ziel war es, die Leute von der Unterdrückung zu befreien. Dazu ruft er sie auf, das System zu hinterfragen und seine Herzlosigkeit zu entlarven.
Seiner Ansicht nach verblindet Religion den Menschen und entfremdet ihn von seinem eigenen Wesen. Das heißt... Seine Bestimmung wird ihm von der Obrigkeit aufdiktiert und ihm jede Möglichkeit für Selbstentfaltung genommen. Das alles ist aber so geschickt in einer scheinbar fürsorglichen Art und Weise dargestellt, dass das Volk die unfairen Zustände nicht erkennt und mit einer blumenverzierten Kette, wie er es nennt, in einer herzlosen Welt gefesselt bleibt.
Nur wer die Religion hinterfragt, kann dem entkommen. Nur ohne Religion kann der moderne, arbeitende Mensch er selbst sein. Marx strebt eine komplette Befreiung aus den ausbeuterischen Zuständen an, was sich nach seiner Auffassung nur durch eine kommunistische Revolution bewerkstelligen lässt.
Er möchte einen religionslosen Humanismus verbreiten. Insofern führt seine Kritik an der Religion zu einer Kritik an der ganzen Gesellschaft, die von Grund auf umstrukturiert werden muss, um ausgerehnte Missstände zu beseitigen. Nummer 3 ist der mit Abstand extremste Religionsanfechter. den wir hier vorstellen möchten. Es handelt sich um Richard Dawkins, Professor für Evolutionsbiologie an der University of Oxford.
Dawkins vertritt eine relativ junge Ansicht. Durch die fortschreitende Entwicklung der Wissenschaft wird es zunehmend schwerer, mit den Erklärungen der Religion in Übereinkunft zu kommen. Daraus ergibt sich der allseits bekannte Streit zwischen Wissenschaft und Glaube und Dawkins positioniert sich zu 100% auf Seiten der Wissenschaft.
Er versucht im Grunde, den von Feuerbach vorhergesagten natürlichen Abfall vom Glauben mit allen Mitteln umzusetzen, weil es für ihn richtig ist. Folglich fordert er eine Form des aktiven Atheismus und er will, dass die Menschen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Er fordert vehement das Vertrauen zur Wissenschaft, weil er fester Überzeugung ist, dass diese vernünftige Argumente hervorbringt und Religion keinen Sinn hat. Er glaubt sogar, dass die Religion eine Gefahr ist. Sie ermöglicht es, den Menschen Verantwortung abzugeben und als Begründung für Menschen unwürdiges Verhalten vorzubringen.
Dawkins erklärt, dass Religion nur ein negatives Nebenprodukt der Evolution ist. Ursprünglich ermöglichte sie der Gesellschaft ein zielgerichteteres Verhalten und somit bessere Überlebenschancen durch soziale Struktur, gemeinsame Ziele und Regeln. Seiner Meinung nach gingen diese Nutzen sehr schnell verloren, denn sobald sich die Gesellschaft weiterentwickelte, Viel ist ihr schwer, von altertümlichen Verhaltensmustern abzukehren.
Kurz zusammengefasst mit seinen eigenen Worten, Religion ist schädlich, weil sie Leuten beibringt, dass sie ihren Glauben nicht begründen müssen. Folglich handeln sie vollkommen frei von jedem vernünftigen Sachverstand, ohne anständige Argumente vorzubringen und stumpfen ihnen gegenüber sogar ab. Zu guter Letzt möchten wir auf Sigmund Freud zu sprechen kommen. Der österreichische Neurologe und Tiefenpsychologe wurde als Jude geboren und wusste daher, welche Hingabe Religion erfordert, insbesondere in einer Welt, die längst auch ohne Religion ganz gut zurechtkam.
Denn Freud lebte zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches, also vor gerade mal 100 Jahren. Er schlug eine wissenschaftlich laufbare ein und begründete unter anderem die moderne Psychoanalyse. Aufgrund seiner umfangreichen Kenntnisse fielen ihm einige Parallelen zwischen Religion und psychischen Anomalien auf.
Deshalb hinterfragte er die Religion und untersuchte mit seinem Modell der Psychoanalyse, welcher Denkmechanismus die Leute zur Ausübung von Religion trieb. Dieses Ergebnis ist uns unlängst schon einmal begegnet, bei Ludwig Feuerbach. Zur Erinnerung. Feuerbach erklärte, dass die Menschen ein Leitbild brauchen und sich darum einen idealen Gott nach ihren innersten Wünschen und Vorstellungen schufen, der ihnen Halt gibt und Vertrauen spendet.
Mit der wissenschaftlichen Erklärung der Welt sollten sie sich aber nicht mehr an derartige Gute-Nacht-Geschichten klammern, denn das würde ihre Entwicklung behindern. Sigmund Freud folgte exakt dieser Weltanschauung. Und damit nicht genug, er vertrat nicht einfach Feuerbachs Ergebnisse, er versuchte auch, sie zu erklären. Wobei er noch viel kühler und rationaler vorging. Religion, das bedeutet, man macht sich abhängig von einer Illusion.
Man verschwendet Geld und Zeit und lebt unbedingt nach den Regeln eines höheren Wesens, fühlt sich von ihm beobachtet, gibt alles, um ihm zu dienen, und das alles, wie Feuerbach erkannte, obwohl dieses höhere Wesen eigentlich gar nicht da ist. Freud fragt sich jetzt, was stimmt mit den Leuten nicht? dass sie die Sinnlosigkeit ihres Handelns nicht erkennen.
Für den Psychologen waren das die typischen Symptome einer sogenannten Neurose. Das ist ein psychisches Krankheitsbild, bei dem der Betroffene eine Handlung zwanghaft ausführen muss. Strenggläubige kennen dieses Zwangsgefühl auch, wenn sie den Geboten Gottes nicht nachkommen können. Aber nachdem Gott ja nicht existiert, machen sie sich für nichts fertig. Und das ist krankhaft.
Deshalb bezeichnet Sigmund Freud die Religion auch als kollektive Zwangsneurose. Um herauszufinden, warum manche Leute immer noch statt wissenschaftlich vernünftig religiös-gläubig handeln und dafür sogar ein sinnloses, schlechtes Gewissen in Kauf nehmen, wandte Freud sein Modell der Psychoanalyse an. Und das sieht so aus.
Menschen werden permanent vor verschiedene Entscheidungssituationen gestellt, in denen sie reagieren müssen. Dabei wird ein Mensch stets so handeln, wie er es für vernünftig hält. Freud erkannte, dass alles, was wir Menschen als direktes Bewusstsein unserer selbst aufgreifen, nicht alles ist.
Tatsächlich ist jeder von uns aktiv wahrgenommene und als vernünftig eingestufte Gedanke nur die Überlagerung zweier anderer, mehr oder weniger verborgener Teile der menschlichen Psyche. Oder anders formuliert, wir Menschen können über uns selbst nachdenken. Jeder Gedanke gehört in den Bereich der Psyche, den wir gemeinhin als Bewusstsein bezeichnen, und den Freud das...
Ich nennt. Das Ich ist unser vernünftiges Handlungsvermögen. Doch das Ich ist nicht allein.
Tatsächlich ist es das Gesamtbild aus zwei Komponenten, die erst zusammen den Gedanken bilden, den wir bewusst wahrnehmen können. Der Rest unseres ganzen Denkens geschieht unbewusst. Die eine Komponente nennt Freud das Über-Ich.
Das ist ein Speicher aller Regeln, Grundsätze, Normen, Weltanschauungen, die uns persönlich etwas bedeuten. Im Über ich ist unsere ethische Moral festgemacht. Die andere Komponente nennt Freud das Es. Das ist der urinstinktliche Teil unserer Psyche. Unsere ureigenen Triebe und Bedürfnisse.
Es ist der Teil unserer selbst, von dem wir glauben, ihr mit unserer Entwicklung gezähmt zu haben. Was aber, und das zu zeigen war Freuds großer Verdienst, nicht der Fall ist. Wenn wir uns in einer Situation X wiederfinden, greift zuerst unser... Instinkt und gibt einen Handlungsvorschlag vor. Dieser wird sogleich mit der Moral, einem Aspekt, über den nur intelligente Wesen verfügen, abgeglichen.
Aus der Überlagerung entsteht der bewusst ausgeführte, als vernünftig anerkannte Gedanke. Unsere Psyche ist also zweidimensional. Alles entscheidet sich zwischen Moral und Trieb.
Bei einem psychisch gesunden Menschen liegen beide im Gleichgewicht. Je nach Intensität der Situationen in der es zu handeln gilt, kann es auch passieren, dass es zu einer Affekthandlung kommt. Das heißt, der Trieb wird entfesselt und durchschlägt jeden moralischen Grundsatz des Menschen. Wenn sich der Trieb widerlegt, fällt anhand der Moral auf, dass es ein Fehler war, die Beherrschung zu verlieren, und es kommt zu einem schlechten Gewissen. Bei einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Moral und Trieb ist das kein sonderlich großes Problem.
Bei einer Zwangsneurose jedoch sieht die Sache ganz anders aus. Sie kennzeichnet sich dadurch, dass die Moral eines Zwangsneurotikers modifiziert ist. Das heißt, in seinem Über-Ich sind verschiedene Ansichten gespeichert, denen er unbedingt nachzukommen hat. Da der Mensch jedoch nach wie vor derselbe ist, ist ihm der Trieb jetzt im Weg. Denn die religiös beeinflusste Moral geht strenger mit ihm um.
Also wird er seinen Trieb unterdrücken, um dem schlechten Gewissen zu entkommen. Seine persönliche Vernunft liegt nun also wesentlich näher bei seiner Moral, auch wenn diese eigentlich keinen Sinn ergibt. Er hat sich von etwas so sehr abhängig gemacht, dass er seine Grundbedürfnisse einschränkt. Und das ist ungesund.
Doch genau das ist bei den Gläubigern der Fall. Da sie sich zusätzlich zu normalen gesellschaftlichen Werten den Geboten Gottes verschrieben haben, müssen sie sich äußerst strikt beherrschen, damit sie nicht gegen die 10 Gebote verstoßen oder gar eine Todsünde begehen oder sowas in der Art. Sigmund Freud konnte sehen, wie die Menschen mit ihrem schlechten Gewissen kämpften, wenn sie doch einmal gegen die Gebote verstoßen hatten. Das ist die Gefahr, die eine Zwangsneurose birgt. Übersteigerte Selbstkritik und vermindertes Selbstwertgefühl.
Es bleibt nur noch die Frage, warum sie sich darauf einlassen. Um das zu verstehen, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass die veränderten Verhaltensregeln eines Zwangsneurotikers nach außen hin zwar keinen Sinn ergeben, für ihn selbst jedoch sehr wohl. Soll heißen, wenn ich nach Gottes Geboten lebe, erhalte ich seinen Beistand.
Und das ist etwas überaus Positives und zugleich der Grund, warum sich die Menschen der Zwangsneurose aussetzen. Ausgehend von Feuerbachs Darstellung der Menschheit als Kind erklärte Freud, dass Kinder aufgrund unbewusster Triebe Schutz suchen. Alles in der Natur geht den Weg des geringsten Widerstandes, so auch der Geist.
Die Gesellschaft übt Druck auf das Individuum aus und der führt zu psychischen Belastungen, die man möglichst loswerden will. Kinder können bei ihren Eltern Schutz suchen. wenn sie etwas bedroht oder bedrückt.
Doch wer hilft den Erwachsenen? Natürlich der allmächtige Vater. Freud erklärte, für die Menschen ist es immer noch attraktiver, sich eine Illusion zu schaffen, denn dieser können sie ihre Probleme übergeben.
Das Ergebnis gefiel ihm nicht sonderlich gut, denn er wollte nicht, dass die Menschheit in einem Zustand der Zwangsneurose verharrt. Deshalb forderte er sie auf, endlich erwachsen zu werden und sich den Problemen des Lebens zu stellen. Religion schränkt ein, verzerrt die Wirklichkeit und hat folglich keinerlei Sinn für uns. Feuerbach und Freud stehen da klar auf derselben Seite.
Dabei ist anzumerken, dass keiner von beiden Religionen als Fehler ansieht. Sie hatte mal eine sehr immense Bedeutung für uns und das ist auch gut so. Doch die moderne Gesellschaft muss erkennen, dass diese Epoche vorüber ist und ihre Ressourcen sinnvoller nutzen, um sich weiterzuentwickeln. Freud und Feuerbach wollten die Religion weder vernichten, noch die Gläubigen verurteilen. Sie wollten aufklären.
Es ging ihnen darum, die Gesellschaft zu belehren, die Energie, die sie in die Verehrung einer Illusion steckt, umzulenken und lieber für ihre eigene Fortentwicklung nutzbar zu machen. Dass es jedoch nicht leicht ist, sich zwischen Religion und Wissenschaft zu organisieren, zeigt die militante Verbissenheit Dawkins. Für ihn ist Religion strikt ein Fehler im System, ein fehlgeleiteter Gedankengang, der eigentlich nicht existieren sollte.
Obwohl er den anderen beiden was den Ursprung des Glaubens und seinen frühzeitlichen Sinn betrifft, prinzipiell zustimmt, kommt er zu dem Schluss, dass die Menschen nicht nur Probleme an ihren Gott abgaben, sondern auch jegliche Verantwortung. Im Gegensatz zu den Wissenschaftlern weitet Karl Marx die Religionskritik zu einer fundamentalen Hinterfragung der Gesellschaft aus, anstatt sich bloß auf menschliche Verhaltensweisen zu stützen. Für ihn ist Religion ein gezielt gesteuertes Instrument zur Unterdrückung und Kontrolle des Volkes.
Letztendlich sind die entsprechenden Ansichten auch abhängig von der Entstehungszeit und dem Entstehungsort, da sich gesellschaftliche Verhältnisse ständig änderten. Insgesamt kommen aber alle vier Standpunkte zum gleichen Schluss, dass die Gesellschaft ohne Religion besser dran wäre.