Herzlich willkommen zum vierten Jahrhundert. Ein Jahrhundert, das wir uns in diesem Video an wichtigen Stellen genauer anschauen und zu dem wir uns hier die Frage stellen, wie krempelt man ein ganzes Weltreich um? Naja, manchmal reicht dazu ein einziger Traum.
Oder genauer gesagt, eine religiöse Vision. In diesem Video erfahrt ihr, woher Europas christliche Wurzel stammen und warum wir sogar noch heute vielerorts das St. Martinsfest feiern. Und wieder starten wir bei den Römern.
Aber es sind nicht mehr die gleichen Römer wie noch in den Jahrhunderten zuvor. Klammer auf, dazu findet ihr übrigens hier eine Playlist mit den Jahrhunderten, Klammer zu. Sie haben sich verändert, sind durch ihre politische Richtungslosigkeit träge und dekadent geworden.
Längst sind ihre früheren Ambitionen in den Zirkussen und Arenen der Hauptstadt verloren gegangen. Rom. Was ist denn noch Rom?
Naja, für viele nicht mehr als ein Ort der Vergangenheit, in der die alten Statuen, Tempel und Triumphbögen von Ruhm vergangener Zeiten erzählen. Längst liegt die Zukunft aber in Städten wie Alexandria, Nicomedia, Trier oder Mailand. Dort gehen schließlich die Künstler und Intellektuellen hin, die Wissenschaftler und Wirtschaftsmagnaten. So verschiebt sich das Machtzentrum des römischen Imperiums von der italienischen Halbinsel weg.
Auch politisch ist das Land gespalten. Ende des dritten Jahrhunderts führt Kaiser Diokletian ein Vier-Kaiser-Prinzip ein. Es sieht vier Herrscher im Kaiserrang vor.
Jeweils einen Senior-Kaiser, Augustus, in Rom und einen in Nicomedia und dazu je einen Junior-Kaiser, Cäsar oder Kaiser, wie man ihn richtig ausspricht. Als Augustus Constantius Chlorus starb, ließ sich sein Sohn Konstantin, der nicht der Cäsar war, von den Truppen zum Kaiser des weströmischen Reiches ausrufen. Konstantin will aber noch mehr. Er will Kaiser über das gesamte Imperium werden. Um sein Ziel zu erreichen, zieht er 312 nach Rom.
Nach einer Schlacht an der Milvischen Brücke siegt er mit seinen Truppen gegen seinen Konkurrenten Maxentius. Mit der Hilfe eines Traums soll er zu diesem Sieg marschiert sein. Der Legende zufolge ist es Jesus Christus selbst, der ihm eines Nachts erscheint und den Sieg über seine Rivalen prophezeit.
Auf den Schildern und Standarten seiner Soldaten prangt stolz das Zeichen seines neuen Glaubens, das Chiro, das sogenannte Christusmonogramm. Dabei handelt es sich um die ersten beiden Buchstaben des griechischen Wortes Christos. Früher war es ein Geheimsymbol, mit dem sich die Gläubigen während der Christenverfolgungen untereinander verständigten.
Jetzt ist es das offizielle Symbol des weströmischen Kaisers Konstantin. Jesus soll ihm im Traum zugerufen haben, in hoc. Sieg nu vinces!
In diesem Zeichen wirst du siegen. Noch Jahrzehnte zuvor war das Christentum als illegale Sekte verboten gewesen. Die Gläubigen wurden grausam verfolgt und vor einem jubelnden Publikum im Circus Maximus hingerichtet.
Und noch immer folgt die überwiegende Mehrheit des Imperiums den römischen oder hellenistischen Göttern und Traditionen. Konstantin hat mit dem Sieg an der Milvischen Brücke einen seiner härtesten Konkurrenten besiegt. Mit dem Toleranzaddikt von Mailand wird das Christentum offiziell erlaubt. So hören auch die Christenverfolgungen erst im Westen des Reiches und dann bald überall auf.
Aber Konstantin hat noch größere Visionen. Er will die ganze Macht und beginnt mit Kriegsvorbereitung. 324 besiegt er auch seinen letzten Konkurrenten.
Damit wird Konstantin alleiniger Herrscher des römischen Imperiums. Konstantin selbst ist ein Kaiser, der wie viele seiner früheren Amtskollegen nicht im ursprünglichen Römischen Reich geboren wurde. In der formellen Hauptstadt war er so gut wie nie. Denn der wahre Reichtum und auch die wahren Bedrohungen des Imperiums liegen im Norden und Osten des Reiches.
Es ist an der Zeit, ein neues Rom zu gründen, ein christliches Rom. Das Rom Konstantins. Konstantin marschiert im Jahr 324 nach Osten und baut die am Bosporus gelegene Stadt Byzantium zur neuen Hauptstadt des Römischen Reiches aus. Strategisch klug gelegen hat die Stadt großes Potenzial, ein bedeutendes Machtzentrum des Reiches zu werden. Der Kaiser tauft sie Konstantinopel, die Stadt Konstantins.
Heute ist sie das türkische Istanbul. Im Russischen wurde sie lange noch als Zargrad bezeichnet, die Stadt des Zaren. Oder eben Cäsars.
Am 11. Mai 330 wird Konstantinopel offiziell als Residenzstadt eingeweiht. Die Konsequenz dieser neuen christlichen Hauptstadt ist ein langsamer, aber unaufhaltsamer Wandel hin zur Christianisierung großer Teile des Reiches. Das bedeutet aber auch den Anfang vom Ende der Antike.
Auch in den Gebäuden wird der neue Glaube sichtbar. Unter Konstantin werden beispielsweise die Grabeskirche in Jerusalem, der Dom in Trier oder die alte St. Petersbasilika in Rom begonnen. Am wichtigsten ist aber, dass sich Kirche und Politik vermischen. Religiöse Streitigkeiten innerhalb der Kirche werden jetzt auch vom Kaiser entschieden.
Und wenn Konstantin ein Urteil fällt, dann hat das natürlich Auswirkungen auf die Gläubigen im ganzen Reich. Die Verbreitung des christlichen Glaubens ist überall gegenwärtig. Immer mehr Christen werden Beamte, Lehrer und Politiker und verbreiten das Christentum durch ihre Entscheidungen. Noch ist es nicht Pflicht, aber... Man hat definitiv Vorteile in Konstantins Herrschaftsgebiet, ein gläubiger Christ zu sein.
Heute streiten die Historiker noch immer über Konstantins Christlichkeit, ob er wirklich 100% davon überzeugt war oder ob er es allein als Machtinstrument genutzt hat. Das ist schwer einzuschätzen, denn erst auf dem Totenbett im Jahr 337 lässt sich Konstantin taufen. Seine Söhne werden den eingeschlagenen Weg jedoch nicht mehr verlassen. Das Christentum und auch die christliche Kirche, die sich nicht mehr verlassen, nach und nach gebildet hat, etablieren sich in der römischen Welt.
Etwa zur gleichen Zeit, als Konstantin starb, hatte auch auf der anderen Seite des Reiches ein Mann namens Martin ebenfalls einen folgenschweren Traum. Als Soldat der römischen Kavallerie verweilt er gerade im heutigen Frankreich. Dort trifft er mitten im Winter einen frierenden Bettler. Ohne eine Gegenleistung zu erwarten, schenkte ihm die Hälfte seines Mannes. Der Legende zur Folge erscheint auch Martin, Jesus, in einem Traum.
in Gestalt des Bettlers und dankt ihm für die gute Tat. Von da an war das Leben des Martin ganz vom christlichen Glauben geprägt. Er lässt sich sogar taufen und tritt, sobald ihm das möglich ist, aus dem Militär aus. Er wird Priester und später Bischof von Tuch.
Laut Legende wird er nicht ganz freiwillig Bischof. Es sind die Gänse, die den heiligen Martin verraten. Danach war Martin im Jahr 372 dazu ausersehen worden, Bischof von Tuch zu werden.
Und aus Bescheidenheit und aus Respekt vor dem Hohen Amt soll er sich aber in einem Gänsesteil versteckt haben, um der neuen Aufgabe zu entgehen. Aber das Geschnatter der Tiere ist wohl unüberhörbar und das erklärt den Brauch der Martinsgans, die wir auch heute noch essen. Seitdem müssen die Gänse büßen.
Aber im 4. Jahrhundert ist von christlichen Traditionen noch nicht wirklich die Rede. Noch ist das Christentum in einer misslichen Lage. dazu dann aber bald mehr. Was ist sonst noch passiert im 4. Jahrhundert? Entscheidende Erfindungen bestimmen die Kriegsführung in der Steppe Asiens, von der weder Konstantin noch die Reiter Martins etwas wussten.
Der Reitsattel und der Steigbügel. Sie erlauben den berittenen Bogenschützen einen entscheidenden Vorteil im Kampf, da der Reiter nicht nur wortwörtlich sehr viel fester im Sattel sitzt, sondern gleichzeitig auch die Hände zum Kämpfen frei hat. Bald sollen auch die Menschen Europas von diesen Neuerungen lernen, denn diese Reiter sind auf dem Weg zu ihnen. Denn der Osten Europas ist bereits in Bewegung.
Die ersten Völker, namentlich zehntausende Männer, Frauen und Kinder der Visigoten, drängen gegen die römischen Grenzen an der Donau. Sie sind hungrig, erschöpft und verzweifelt. Und die Römer...
sind nicht darauf vorbereitet. Dazu kommt, diese Visigoten sind zum großen Teil keine Heiden mehr, es sind Christen, aber arianische Christen. Im Gegensatz zu den Katholiken glauben sie nicht an die Einheit von Vater, Sohn und Heiligen Geist, sie glauben vielmehr an die Trennung von Jesus und Gott. Die nächsten Jahrhunderte bleiben spannend.
Religionen waren, sind und bleiben ein heikles und umstrittenes Thema. Ob im vierten Jahrhundert oder heute, mit der Christianisierung des Römischen Reiches begann auch die Christianisierung Europas. Unsere Kultur ist noch heute mit dem Christentum eng verbunden, wenn auch lange nicht mehr so stark wie noch ein Jahrhundert oder mehrere Jahrhunderte zuvor. Was mich da mal interessieren würde ist, wie bewertet ihr das vierte Jahrhundert denn?
Wie bewertet ihr den Aufstieg des Christentums? Sagt ihr, das war ein Segen für die Menschen, für die Gesellschaft? Oder sagt ihr, Ne, hier das Gegenteil ist der Fall. Schreibt es gerne unten in die Kommentare und natürlich könnt ihr diesen Kanal hier auch abonnieren, denn dann verpasst ihr künftig kein weiteres Video mehr.
Und apropos weitere Videos, hier neben mir sind Videos zum 3. Jahrhundert und zum 2. Jahrhundert verlinkt, auch da gerne reinschauen. Danke euch fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal.