Herzlich Willkommen zur Welt der Werkstoffe. Mein Name ist Professor Bonnet und in diesem Video werden Sie die Mona Lisa der Werkstoffkunde kennenlernen, das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm. Basis für alle Stähle- und Gusseisenwerkstoffe ist das Zwei-Stoff-System Eisen-Kohlenstoff.
Die mechanischen Eigenschaften von Stählen und Gusseisenwerkstoffen können in außerordentlich großen Bereichen unterschiedlichster Festigkeit verändert werden. Dies hängt eng mit dem Umwandlungsverhalten des Eisengitters und den speziellen Wechselwirkungen zwischen Kohlenstoff und den beiden Gittermodifikationen kubisch raumzentriert und kubisch flächenzentriert des Eisens zusammen. Hinzu kommt, dass Eisen und Kohlenstoff je nach Randbedingungen metastabile oder stabile Phasenzustände ausbilden können und so auch die Herstellung von gut gießbaren Eisenwerkstoffen mit an den jeweiligen Anwendungsfall angepassten mechanischen Eigenschaften zulassen. So ist die Kenntnis des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms und der darin enthaltenen Phasen mit ihren jeweiligen Eigenschaften Grundlage zum Verständnis des Verhaltens aller Stähle- und Gusseisenwerkstoffe. Eisen ist mit einem Anteil von etwa 4,7 Prozent in der Erdrinde das nach Aluminium am häufigst vorkommende Metall.
Wie wir bereits beim Thema Bezeichnung der Stähle gelernt haben, ist gemäß der Euronorm DIN EN 10.020 Teil 1 Stahl ein überwiegend aus Eisen bestehender Werkstoff mit maximal 2 Prozent Kohlenstoff. Der Massenanteil Eisen ist dabei größer als der jedes anderen Elementes. Es sind derzeit über 2500 verschiedene Stahlsorten lieferbar.
Die Ursache dafür liegt in den großen Möglichkeiten, die Eigenschaften des Stahls zu ändern. Durch Wärmebehandlung oder durch Legierungselemente. Eisen gehört zu den wenigen polymorphen Metallen. Das heißt, es tritt in verschiedenen Kristallarten auf.
Anders als bei den meisten anderen Metallen findet sich daher beim reinen Eisen in der Abkühlkurve bei der thermischen Analyse nicht ein, sondern drei Haltepunkte. Reines Eisen erstarrt bei 1536°C zu Kristallen mit kubisch raumzentrierten Gitter, dem sogenannten Delta-Eisen. Es zeigt sich also der erste Haltepunkt.
Bei 1401°C entsteht jedoch das dichter gepackte, kubisch flächenzentrierte Gitter, das Gamma-Eisen. Hier zeigt sich der zweite Haltepunkt, obwohl es sich nicht um die Erstarrung, sondern um eine exotherme Festkörperumwandlung handelt. Nach weiterer Abkühlung findet bei 911°C wiederum eine Gitterumwandlung in das kubisch raumzentrierte Gitter, das Alpha-Eisen, statt. Aber im Vergleich zum ebenfalls kubisch raumzentrierten Delta-Eisen besitzt das Alpha-Eisen kleinere Gitterkonstanten. Es bleibt bis zu tiefsten Temperaturen bestehen.
Die Temperatur, bei deren Erreichen ferromagnetische bzw. ferroelektrische Eigenschaften einer Probe vollständig verschwunden sind, sodass sie oberhalb nur noch paramagnetisch ist, wird als Curie-Temperatur bezeichnet. Diese Temperatur liegt für Eisen bei 769°C, sodass hier eine Unstetigkeit in der thermischen Analyse zu erkennen ist.
Eine weitere Gitterumwandlung. geschieht jedoch nicht. Die Umwandlung am Haltepunkt AR3, also bei 911 Grad Celsius, die Umwandlung von Gamma zu Alpha-Eisen ist besonders wichtig.
Wie an dieser Abbildung gut zu erkennen, verläuft diese Umwandlung bei kleinster Bewegung der Atome. Dabei wird jedoch ein messbarer Volumensprung hervorgerufen. Von den Kristallarten des Eisens sind für Stähle Vor allem zwei von besonderer Bedeutung. Bei Raumtemperatur und niedrigen Temperaturen werden die Eigenschaften und das Verhalten des Stahls bestimmt durch das Alpha-Eisen.
Wir haben schon gelernt, dass es auch Ferret genannt wird und im kubisch-raumzentrierten Gitter vorliegt. Bei höheren Temperaturen oberhalb AR3 liegt beispielsweise beim Warmumformen durch Schmieden das Gammaeisen vor. Wir haben gelernt, dass dieses auch Ausdünnit genannt wird und im kubisch flächenzentrierten Gitter vorliegt. Es hat bedingt durch sein kubisch flächenzentriertes Raumgitter die dichteste Packung. Darüber hinaus zeichnet es sich durch die beste Verformbarkeit aus, ist unmagnetisch, und zeigt eine etwas höhere Wärmedehnung und löst vor allen Dingen deutlich mehr Kohlenstoff im Mischkristall.
Obwohl das kubisch raumzentrierte Alpha-Eisen die geringere Packungsdichte hat, sind die vorhandenen Gitterlücken nur sehr klein und erlauben nur das spannungsfreie Lösen von Atomen mit 15% Atomdurchmesser des Eisenatoms. Ich möchte Ihnen das kurz veranschaulichen. Wenn wir uns...
das kubisch raumzentrierte Gitter vorstellen. Das heißt, ein Atom liegt in der Raummitte der Elementarzelle und im Vergleich dazu das kubisch flächenzentrierte Gitter, dann erkennen wir, dass die Gitterlücken im kubisch-raumzentrierten Gitter deutlich kleiner sind, als die im dichter gepackten kubisch-flächenzentrierten Gitter. Das heißt, hier im kubisch-flächenzentrierten Gitter können Atome bis zu 41% Durchmesser des Eisenatoms spannungsfrei gelöst werden. So kommt es, dass im Ferrit lediglich bis zu 0,02% Kohlenstoff und im Außenhit bis zu 2,06% Kohlenstoff gelöst werden können.
Das vollständige Eisen-Kohlenstoff-Diagramm sieht wie hier dargestellt aus. Für alle Konzentrationen zwischen 0 und 100% Kohlenstoff sind für alle Temperaturen die Phasengrenzen eingezeichnet. Für hohe Kohlenstoffkonzentrationen besteht das Material jedoch zum größten Teil aus Grafit und ist als Konstruktionswerkstoff nicht zu gebrauchen. Von technischem Interesse sind nur Kohlenstoffkonzentrationen von kleiner 6,67% Kohlenstoff, sodass typischerweise der gestrichelt umrandete Bereich detailliert dargestellt wird. Wenn wir diesen eingezeichneten Bereich bis 7 Gewichtsprozent Kohlenstoff herausvergrößern, ergibt sich folglich das Teilschaubild Eisen-Kohlenstoff.
Hier ist das stabile System für unendlich langsame Abkühlung dargestellt, bei dem sich Kohlenstoff in Form von Graphit ausscheidet. Wir haben bereits gelernt, dass Rheineisen bei 1536°C zu Kristallen mit kubisch raumzentrierten Gitter, dem sogenannten Delta-Eisen, erstarrt. Bei 1401°C entsteht das dichter gepackte, kubisch flächenzentrierte Gitter, das Gammaeisen.
Nach weiterer Abkühlung findet bei 911°C wiederum eine Gitterumwandlung in das kubisch raumzentrierte Gitter, das Alphaeisen, statt. So muss in dem Zweiphasengebiet zwischen Delta- und Gammaeisen, Deltaeisen und Gammaeisen vorliegen. Genauso wie in dem Zweiphasengebiet zwischen Gammaeisen und Alphaeisen Musik Gammaeisen neben Alphaeisen vorliegen muss.
Oberhalb der Liquiduslinie liegt selbstverständlich Schmelze vor. Daher muss im Zweiphasengebiet zwischen Schmelze und Deltaeisen Schmelze neben Deltaeisen vorliegen. Und im Zweiphasengebiet zwischen Schmelze und Gammaeisen entsprechend Schmelze und Gammaeisen.
Da es zwar eine begrenzte Löslichkeit für Kohlenstoff in Eisen gibt, Aber Eisen in Kohlenstoff... unlöslich ist, fällt Kohlenstoff als Graphit aus, sodass sich die restlichen Zustandsfelder ergeben zu Schmelze und Graphit, Gamma-Mischkristall und Graphit und schließlich Alpha-Mischkristall und Graphit. Während wir uns beim Gusseisen und hier speziell beim grauen Gusseisen mit dem stabilen Eisen-Kohlenstoff-Diagramm auseinandersetzen müssen, interessiert uns bei Stelen nur das metastabile Systemeisen. Eisenkarbid.
Sie erkennen, dass beim Zustandsdiagramm neben der Kohlenstoffskala der Anteil an Zementit angegeben wird. Zementit ist eine intermetallische Verbindung von Eisen und Kohlenstoff nach der Formel Fe3C mit hoher Festigkeit und Härte, aber auch geringer Zähigkeit. Ein Kohlenstoffanteil von 6,67% entspricht einem 100%igen Zementit-Gehalt.
Daraus wird ersichtlich, warum hier das Teilschaubild endet. Dass der Gamma-Mischkristall Auch als Austenit und der Alpha-Mischkristall als Ferrit bezeichnet wird, haben wir bereits kennengelernt. Aber auch die sich aus den drei Phasen Austenit, Ferrit und Cementit bildenden Gefügebestandteile bekommen hier eigene Namen. Den Bereich bei hohen Temperaturen und hohem Massengehalt an Cementit erkennen wir als System mit abnehmender, beschränkter Löslichkeit im festen Zustand wieder. Es handelt sich also um ein eutektisches System.
Der eutektische Punkt liegt für das System Eisen-Kohlenstoff bei 4,3% Kohlenstoff und einer Temperatur von 1147°C. Wenn wir uns den Hebelarm eingezeichnet vorstellen, können wir uns herleiten, dass das eutektische Gefüge zu etwa gleichen Anteilen aus Ausfinit und Zementit aufgebaut ist. Es wurde nach seinem Entdecker, dem Metallurgen Karl Heinrich Adolf Ledebuer, benannt als Ledeburit. Aufgrund des hohen Cementit-Anteils ist Ledeburit ebenfalls fest und hart, aber auch spröde.
Den Bereich im Zustandsdiagramm bei niedrigen Temperaturen und niedrigen Massegehalt an Cementit erinnert uns ebenfalls an ein System mit abnehmender begrenzter Löslichkeit im festen Zustand. Anders als beim eutektischen System findet die Umwandlung jedoch nicht aus den in der Schmelze ineinander gelösten Komponenten statt, sondern aus den im festen Zustand, nämlich im Ausschnitt, ineinander gelösten Komponenten. Da dieses System dem Eutektikum sehr ähnelt, wird es Eutektoid genannt.
Der Eutektoide-Punkt liegt bei 0,8% Kohlenstoff und einer Umwandlungstemperatur von 723°C. Das eutektoide Gefüge wird perlit. genannt und besteht zum größten Teil aus weichem, zähen Ferrit, das mit stark Härte- und Festigkeit steigernden Zementitlamellen durchzogen ist.
Bei hohen Temperaturen und niedrigen Kohlenstoffgehalten zeigt sich ein Bereich, bei dem ein eutektisches System auf den Kopf gestellt zu sein scheint. Bei 0,16% Kohlenstoff und 1493°C wandelt der Delta-Ferrit und der Restanteil Schmelze zu Austenit um. Diese Art von System wird Peritektikum genannt, spielt aber für die technische Nutzung der Stähle nur eine untergeordnete Rolle. Bleibt noch die unterschiedlichen Typen des Zementits zu erklären. Als Primärzementit wird Zementit bezeichnet, der durch eine Kristallisation aus der Schmelze hervorgegangen ist.
also unterhalb der Linie CD im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm. Sekundär-Zementit Z2 entsteht durch Ausscheidung aus dem Aussenit, also beim Unterschreiten der Linie SEF und Tertia-Zementit schließlich Z3 durch Ausscheidung aus dem Ferrit unterhalb der Linie PQK. Der Anteil an Tertia-Zementit kann natürlich nur minimal sein, sodass er bei der einen oder anderen Darstellung in der Literatur auch gänzlich weggelassen wird. Auch wenn man sich nicht gleich alle Namen und Zahlenwerte des Teilschaubildes Eisen-Kohlenstoff merken kann, so hilft es doch, sich zwei Wertepaare einzuprägen, um sich daran orientieren zu können. Zum einen den Eutektoidenpunkt bei 0,8% und der Temperatur von 700°C.
23 Grad Celsius und der eutektische Punkt bei 4,3 Prozent Kohlenstoffgehalt und einer Temperatur von 1147 Grad Celsius. Legen wir beide Diagramme, das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm für das stabile System und das Eisen-Eisen-Cabit-Diagramm für das metastabile System übereinander, so erkennen wir, dass sich einzelne Punkte und Phasengrenzen leicht verschieben. Die meisten in der Technik verwendeten Eisenlegierungen enthalten außer Kohlenstoff noch weitere Legierungselemente, die die Eigenschaften und das Gefüge zum Teil auch erheblich verändern. Dadurch sind auch die temperaturabhängigen Gefügeänderungen, ihre Anteile und die Gefügearten aus dem Eisen-Kohlenstoff-Diagramm nicht zuverlässig bestimmbar.
Trotzdem kann das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm wichtige und prinzipielle Einsichten vermitteln. Das war jetzt sicherlich recht viel an neuen Informationen auf einmal, sodass wir uns im nächsten Lehrvideo Schritt für Schritt die einzelnen Teilbereiche des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms für das metastabile System zusammen durchgehen, um zu verstehen, welche Prozesse wo stattfinden und welche Gefüge sich ergeben. Bis dahin, auf Wiedersehen!