Vier Grundkräfte beherrschen den Lauf der Welt. Zwei wirken im Innern der Atomkerne und regeln das Zusammenspiel der Kernbausteine. Die dritte Kraft ist die Grundlage unserer heutigen Informationsgesellschaft. Sie hält unsere Computer am Laufen und lässt unsere Städte des Nachts ertralen.
Die vierte ist die schwächste von allen, doch sie reicht am weitesten. Sie hält unser Universum zusammen und zwingt die Planeten auf ihre Bahn. Sie lässt Sterne in sich zusammenstürzen zu schwarzen Löchern, aus denen es keine drinnen gibt. Die Gravitation. Massenanziehung nennen wir sie auch, denn je größer die Massen der Himmelskörper sind, desto größer ist auch ihre gegenseitige Anziehungskraft.
Die Bahnen von Galaxien, von Sternen und Planeten werden ebenso von den Kräften der Gravitation bestimmt, wie der Weg eines Kometen oder eines Meteors. Manchmal trifft so ein Himmelskörper auch unsere Erde und hinterlässt ein Chaos wilder Zerstörung. Musik Auch der Regentropfen, der zur Erde fällt, unterliegt dem Einfluss der Gravitation. Musik Die Menschen erfahren ihre Wirkung jede Sekunde als Schwerkraft oder Erdanziehung. Vom Tag unserer Geburt an bis zum Ende unserer Tage sind wir ihr ausgeliefert.
Als Kinder lernen wir ihr zu trotzen. Und ehrfürchtig bewundern wir jene, die sie meisterhaft beherrschen. Und wenn wir alt geworden sind, dann krümmt sich so mancher Rücken unter ihrer Last.
In der Blüte unserer Jahre verspüren wir unbändige Lust, wenn wir in einer Vielfalt von Sportarten mit ihr spielen. Doch aus Lust wird sehr schnell Frust, wenn wir zu ihrem Spielball werden. Und oft genug müssen wir mit Gips-Corsagen stützen, was unsere Knochen nicht auszuhalten vermochten.
So manches Mal stehen wir auch fassungslos vor Greibern, wenn uns die Schwerkraft besiegt hat. Wie keine andere Kraft im Universum bestimmt sie das Aussehen unserer Erde. Gletscher legen in tausenden von Jahren unter dem Druck der Erdanziehung nur wenige Kilometer zurück. Im Tal verwandeln sie sich zu plätschernden Gebirgsbächen.
Oder reißenden Ungeheuern, die tonnenschwere Steine mit sich schleppen können. Nur der Einfluss der Schwerkraft bestimmt ihren Weg. Oder wir Menschen, wenn wir Hindernisse errichten, hinter riesigen Mauern aus Beton das Wasser stauen, um die Kräfte zu nutzen.
Dann stürzt Wasser durch enge Röhren, presst sich durch Turbinenschaufeln, immer unter dem Druck der Gravitation, um hinterher seinen Weg wieder aufzunehmen. Seinen Weg zum Ozean. Im Laufe von Jahrmillionen spült Wasser ganze Gebirge ins Meer, während sich andernorts durch Erdverschiebungen und Vulkanismus immer wieder neue auftürmen. Ein ewiges, ruheloses Spiel der Schwerkraft. Was ist das Wesen dieser Kraft?
Was wissen wir von ihr? Ursache der Kraft ist ein Trieb der Körper, der sie an ihren natürlichen Ort treibt. Die leichten nach oben, die schweren nach unten. Dass es etwas schlechthin Leichtes und Schweres gibt, ist unschwer zu erkennen.
Schlechthin leicht nenne ich, was seiner Natur nach immer steigt, wie der Rauch des Feuers. Und schlechthin schwer, was immer fällt, wie der Stein zum Beispiel. Was ich meine, wird so noch klarer sein. Die einen Dinge bewegen sich immer von der Weltmitte fort, die anderen immer zu ihr hin. Die Weltmitte ist natürlich die Erde.
Von den ersten sage ich, sie steigen nach oben, von den anderen, sie fallen nach unten. Es wäre nämlich nicht zu rechtfertigen, wenn man, wie einige andere Denker leugnen wollte, dass es in der Welt ein Oben und Unten gäbe. Wenn die Welt allseitig gleichmäßig wäre, es also kein Oben und Unten gäbe, dann würde ja von jedem Standpunkt aus ein jeder auch als Gegenfüßler an sich selbst laufen.
Dann gäbe es für jeden einen Standpunkt, von dem aus er auf dem Kopf stünde. Bei allem Schweren unterscheiden wir Leichteres und Schwereres. Eine Vogelfeder zum Beispiel und einen Stein. Leichteres fällt langsamer als Schwereres.
Wie man deutlich erkennen kann. Nein, es wäre nicht richtig, wollte man Aristoteles belächeln. Vor rund 2400 Jahren interpretierte er das, was für ihn beobachtbar war. Und seine Erkenntnisse über die Schwerkraft waren immerhin für die nächsten 2000 Jahre gültig.
Wir schreiben den 9. August 1173 nach Christi Geburt. Auf der Piazza dei Miracoli, dem Platz der Wunder, wird der Grundstein gelegt für ein neues Bauwerk. Neben der Kathedrale soll ein 100 Meter hoher Glockenturm entstehen, als Wahrzeichen der reichen italienischen Handelsstadt. Venedig und Genua, die Konkurrenten, die sollten sich noch wundern. Doch zunächst wunderten sich die Bauleute.
Das dritte Stockwerk war fast fertiggestellt, als ein schrecklicher Verdacht aufkeimte. Fieberhaft wurde vermessen und immer wieder neu gelotet. Dann war man sich sicher, der Turm stand schief. Der Bau wurde eingestellt, der Architekt gefeuert und sein Name totgeschwiegen. So wissen wir bis heute nicht, wem dieses Missgeschick passierte.
In jedem Fall war klar, unter der Last der ersten drei Stockwerke hatte sich an der Südseite der sandige Untergrund gesenkt und den Turm in seine fatale Schräglage gebracht. Was war zu tun? Da der Turm nun scheinbar nicht weiter kippte, hoffte man, dass er seine endgültige Lage erreicht hätte und nun feststand.
Ein neuer Architekt wurde beauftragt und dann baute man einfach weiter. Doch mit jedem zusätzlichen Stockwerk nahm sein Gewicht zu. Die Schwerkraft zerrte an ihm und der Untergrund gab weiter nach.
Als man seine jetzige Höhe von 58 Metern erreicht hatte, wurde die Glocke hinaufgezogen. Immerhin, er stand, auch wenn er keine 100 Meter hoch geworden war. Durch seine extreme Schräglage, die im Laufe der Jahrhunderte noch zunahm, wurde er dennoch zum Wahrzeichen der Stadt Pisa.
177 Jahre nahm sein Bau in Anspruch. Doch bis heute sind Experten aus aller Welt damit befasst, den Campanile am Umstürzen zu hindern. In jüngster Zeit mit Stahlseilen und 100 Tonnen schweren Gegengewichten.
Unter der festen Nordseite des Turms wird das Erdreich entfernt, durch dicke Stahlrohre, die bis unter das Fundament reichen. Die Maßnahme ist offensichtlich erfolgreich, denn er richtet sich bereits Millimeter um Millimeter wieder auf und scheint für die nächsten 100 Jahre gerettet. Über 200 Jahre später besteigt ein Mann die 293 Stufen des Turms, um die Gesetze der Schwerkraft zu untersuchen.
Er ist Professor an der Universität Pisa und Hofmathematiker des Fürsten Cosimo II. von Medici. Galileo Galilei Galilei wurde hier in Pisa geboren und hatte durch den schiefen Glockenturm das Phänomen der Schwerkraft tagtäglich vor Augen.
Jetzt überprüft er die Aussagen des Aristoteles über die Fallgeschwindigkeit verschieden schwerer Körper. Er lässt sie senkrecht vom Turm fallen. Und stellt fest, nein, Aristoteles hat nicht recht. Verschieden schwere Gegenstände fallen im Prinzip gleich schnell. Was den Fall der Hühnerfeder so stark abbremst, das ist der Luftwiderstand.
Wie der Laborversuch in einer Vakuumröhre zeigt, fällt im luftleeren Raum eine Feder so schnell wie ein Stein. Galilei ist begeistert, als findige Linsenschleifer in Holland ein Gerät konstruieren, mit dem man weit entfernte Gegenstände wie aus der Nähe betrachten kann. Er verbessert die Erfindung und richtet als erster Mensch ein Teleskop zum Himmel.
Da entdeckt er dass die Milchstraße aus Milliarden von Sternen besteht und vier Monde um Jupiter kreisen, so wie unser Mond die Erde umkreist. Galilei ahnt, dass am Himmel dieselben Naturgesetze gelten wie auf der Erde. Er bekennt sich zur neuen Theorie des Nikolaus Kopernikus, der in seinen umstrittenen Büchern von den Umläufen der Himmelskörper die Sonne in den Mittelpunkt der Welt gerückt hatte. Sie wird von den Planeten umkreist.
Die neue Idee sprengt das alte Weltbild, obwohl noch niemand sagen kann, warum die Sterne nicht vom Himmel fallen. Der deutsche Mathematiker Johannes Kepler übernimmt im Jahre 1602 die Stelle des Hofastronomen bei Kaiser Rudolf II. in Prag.
Er findet im Nachlass eines Vorgängers Tycho Brahe dessen langjährige Beobachtungen des Planeten Mars. Damit ist er in der Lage, das Werk des Kopernikus weiterzuführen und den Lauf der Planeten um die Sonne mathematisch zu beschreiben. Kepler findet die drei Gesetze, die die Grundlage der Himmelsmechanik bilden, und zeigt damit, wie sich die Planeten um die Sonne bewegen.
Zunächst stellt er fest, dass sie nicht in Kreisen um die Sonne laufen, wie noch Kopernikus angenommen hatte, sondern in Ellipsen. Auch ihre Bahngeschwindigkeit ist nicht konstant. Wenn sie sich der Sonne nähern, so beschleunigen sie, entfernen sie sich von ihr, so nimmt ihre Geschwindigkeit ab.
Schließlich formuliert Kepler noch mathematisch den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Umlaufzeiten der Wandelsterne und ihrem Sonnenabstand. Ihm ist noch unklar, welche Kraft die Planeten auf ihrer Bahn hält. Er denkt an magnetische Kräfte, die von der Sonne ausgehen und den Planeten je nach Lage seiner Pole anziehen oder abstoßen. Sollten tatsächlich am Himmel Kräfte wirksam sein, wie wir sie auf der Erde kennen? Nein, das ist noch nicht denkbar.
Das wäre Ketzerei. Licht ins Dunkel der himmlischen Sphären kam rund 50 Jahre später. In der englischen Universitätsstadt Cambridge saß der geniale Physikprofessor Sir Isaac Newton unter einem Apfelbaum und dachte nach.
Wenn man der Überlieferung Glauben schenken darf, dann hat sich just in diesem Augenblick ein Apfel vom Baum gelöst und ist dem Genius auf den Kopf gefallen. Und da leichte Schläge auf den Kopf mitunter das Denkvermögen erhöhen sollen, begann der Physiker über die Ursachen dieser Störung nachzugrübeln. Ja, diese Geschichte wird mir nachgesagt.
Sie ist in der Tat sehr amüsant. Aber es bedurfte keines Apfels, um mich auf das Phänomen der Gravitation aufmerksam zu machen. Es war Galileo Galilei, der große italienische Naturwissenschaftler, der erkannte, dass ein einmal angetriebener Körper sich unbeschleunigt fortbewegt, wenn keine neue Kraft auf ihn einwirkt. Wenn ein Apfel also vom Baum fällt.
So ist das kein Zufall. Ohne irgendeine Kraft von außen müsste er ewig hängen bleiben. Und da er...
Zur Erde fällt, muss wohl die Erde den Apfel anziehen. Wenn nun in der sichtbaren Welt überall die gleichen Gesetze herrschen, dann muss die Erde auch die Sonne anziehen und umgekehrt. Dann müssten sich alle Massen gegenseitig anziehen. Das hieße, dass auch der Apfel die Erde anzieht. Aber Da die Masse der Erde ungleich größer ist als die des Apfels, bewegt sich der Apfel natürlich leichter zur Erde als die Erde zum Apfel.
Wenn sich alle Massen gegenseitig anziehen, warum stürzt dann der Mond nicht auf die Erde? Warum rast die Erde nicht in die Sonne? Die Antwort fand ich in den Arbeiten des Johann Kepler über die Himmelsmechanik. Die Gravitationskraft, mit der die Himmelskörper sich gegenseitig anziehen, hält sich die Waage mit der Fliehkraft, die auf sie einwirkt, wenn sie ihre elliptischen Bahnen durchlaufen.
Ursache der Fliehkraft wiederum ist die Massenträgheit der Körper, der Widerstand in jeder Körper einer Richtungsänderung entgegensetzt. Gravitation und träge Masse. Damit ist die gesamte Himmelsmechanik erklärbar.
Und die Erde ist den gleichen Gesetzen unterworfen. Hier finden wir die Gravitation wieder in Form der Erdanziehung. Alles fällt zur Erde. Mir ist es gelungen, das alles in eine einfache mathematische Formel zu fassen und das ist das Gravitationsgesetz.
Sind jetzt Himmel und Erde berechenbar geworden? Nein, denn Newtons Formel für die Gravitationskraft hat einen kleinen Schönheitsfehler. Sie enthält die Massen zweier Körper und den Abstand zwischen ihnen.
Doch ein Wert ist unbekannt, die Gravitationskonstante. Sie könnte man berechnen, wenn es gelingt, die Anziehungskraft zwischen zwei kleinen Massen exakt zu bestimmen. Das gesamte Weltall ist ein Teil der Gravitationskraft. wird durch diese Kraft zusammengehalten.
Doch bei kleinen Massen ist sie so gering, dass sie nur sehr schwer nachweisbar ist. Es vergehen nochmals über 100 Jahre, bis der englische Chemiker und Physiker Henry Cavendish eine Drehwaage erfindet, die so genau ist, dass ihm das Experiment gelingt. Die Formel ist komplett.
Jetzt ist es möglich, die Massen von Planeten und Sonne zu bestimmen, Sonnen- und Mondfinsternisse exakt vorherzusagen oder auch einen neuen Planeten zu entdecken. Bereits im Jahre 1781 hatte Friedrich Wilhelm Herschel in einer klaren Märznacht den siebenten Planeten unseres Sonnensystems gefunden, Uranus. Jetzt stellte sich heraus, dass seine Bahn nicht exakt mit den Berechnungen aus Newtons Formel übereinstimmte.
Der Uranus befand sich fast immer vor oder hinter der berechneten Position. Der Franzose Leverier vermutete, dass die Bahnunregelmäßigkeit von einem weiteren Planeten herrühren müsse. Dessen Anziehungskraft beschleunigt den Uranus auf seiner inneren Umlaufbahn, wenn sich dieser dem unbekannten Objekt nähert.
Entfernt sich Uranus wieder, so wird er durch die Anziehungskraft des fremden Planeten abgebremst. Und tatsächlich fand 1846 Johann Gottfried Galle den gesuchten Himmelskörper genau am voraus berechneten Ort. Neptun. Ein vortrefflicher Beweis für die Richtigkeit der Newton'schen Formel.
Nun scheint das physikalische Weltbild vollendet. Alle Himmelskörper bewegen sich nach dem Gravitationsgesetz, das Sir Isaac Newton gefunden hatte. Und das gilt auch für unsere Erde. Ob Ebbe oder Flut unserer Meere, ob die Statik unserer Bauwerke, alles passt in Newtons Formel. Sogar die Dynamik einer Achterbahn ist mit Newton berechenbar geworden.
Die Perspektiven sind atemberaubend. Science-Fiction-Autoren wie Jules Verne senden in ihrer Fantasie schon die ersten Raumfahrzeuge zum Mond. Dabei ist die Eisenbahn noch fast unbekannt und das Automobil überhaupt noch nicht erfunden. Die Leute lachen über das Unmögliche in Jules Verne's Roman Von der Erde zum Mond. Das Phänomen der Schwerelosigkeit, wie es der Schriftsteller hier erstmals beschreibt, ist einfach noch nicht vorstellbar.
Heute bewegen sich Astronauten fast spielerisch in der Schwerelosigkeit und es scheint als würde ein Leben ohne Gravitation dem Menschen keine Probleme bereiten. Doch der Schein trügt. Bereits nach kurzer Zeit in schwerelosem Zustand beginnt das menschliche Skelett Calcium abzubauen und die Muskulatur bildet sich zurück. Astronauten, die längere Zeit im Weltall waren, können nicht mehr auf eigenen Beinen stehen. Und es dauert einige Wochen, bis sich ihr Körper wieder an die Erdanziehung gewöhnt hat.
Wir brauchen die Schwerkraft. Mit ihr hat sich in Jahrmillionen das Leben auf unserer Erde entwickelt. Jedes Lebewesen hat sich in seiner ganz speziellen Art auf die Kräfte der Gravitation eingestellt.
Hätte unser Planet plötzlich keine Anziehungskraft mehr, wir würden hilflos in den Weltraum entschweben. Unsere Erde könnte keine Lufthülle halten. Und unsere Ozeane würden sich durch den fehlenden Luftdruck in Dunst auflösen. Ohne gegenseitige Anziehung der Massen gäbe es keine Planeten, keine Sonne, keine Sterne, keine Milchstraße, kein Universum. Nichts.
Vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren hat sich unter dem Einfluss der Gravitation unser Sonnensystem gebildet. Aus interstellarem Wasserstoff und Wolken kosmischen Staubs, den Überresten explodierter Sterne. Unter dem Druck der Schwerkraft stiegen tief im Inneren unserer Sonne die Temperaturen so hoch an, dass Wasserstoffionen unter Freisetzung riesiger Energiemengen zu Heliumionen verschmolzen.
Das Feuer unserer Sonne war entfacht. Unter Zucken und Beben bäumt sie sich seither gegen die Kräfte ihrer eigenen schweren Masse auf. Nach allem was wir bisher wissen, bleibt ein Stern wie unsere Sonne etwa 10 Milliarden Jahre stabil. Dann wird sie sich ein letztes Mal aufbäumen gegen die Kräfte der Gravitation.
Sie wird sich zu einem roten Riesen aufblähen und alles um sich her in ihrer Glut verzehren. Auch die Erde. Schließlich wird die Schwerkraft siegen und das, was einmal unsere Sonne war, zu einem kümmerlichen kleinen Stern zusammenpressen, einen weißen Zwerg, der langsam erkalten wird und als dunkler Stellarkörper endet. Ein kosmisches Spiel der Schwerkraft, das sich in rund 5 Milliarden Jahren ereignen wird. Niemand hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts Anlass an Newton und der Richtigkeit seiner mathematischen Beschreibung der Gravitation zu zweifeln.
War man doch bereits dabei, der Erdanziehung ein Schnippchen zu schlagen und den Himmel zu erobern. Aber es gab einige Ungereimtheiten. Niemand konnte sagen, warum wir von der Erde angezogen werden, wie Anziehungskraft funktioniert.
Sendet die Erde vielleicht Saugstrahlen aus? Oder entsteht Gravitation durch winzige kleine Teilchen, die durch den Kosmos fliegen, aus allen Richtungen, die durch ihren Druck Materie zusammenpressen, uns Menschen gegen den Boden und die Planeten gegen die Sonne? Verbraucht Anziehungskraft Energie und ist sie noch vorhanden, auch wenn kein zweiter Körper da ist, auf den sie wirken kann?
Wie konnte eine Kraft ohne Zeitverzögerung mit unendlicher Geschwindigkeit unmittelbar auf einen entfernten Körper wirken? Es waren bereits zwei andere Kräfte bekannt, deren Wirkungsweise man sich zwar auch nicht erklären konnte, aber man konnte mit ihnen im Labor experimentieren. Verschiedene Metalle reagieren auf das Magnetfeld der Erde. Das entdeckten Chinesen bereits im dritten Jahrhundert und erfanden den Kompass. Viele unserer heutigen Kunststoffe verhalten sich ähnlich wie Bernstein.
von den Römern als Elektrum bezeichnet. Reibt man daran, dann kann man damit kleine Teilchen wie Staub, Stoffhusen oder Styroporchips anziehen und sogar einen Wasserstrahl ablenken. Elektrische Kraft heißt das Phänomen heute.
Alle drei Kräfte, Gravitation, elektrische Kraft und magnetische Kraft, hatten eines gemeinsam. Sie wirkten auf entfernte Materie, ohne diese zu berühren. Eisenpfeilspäne stellen sich zwischen den Polen eines Magneten auf, wie die Halme in einem Kornfeld. Daher hatten die Naturforscher um die Mitte des 19. Jahrhunderts den Begriff der Anziehungskraft ersetzt durch den Begriff des Kraftfeldes, ein Raum angefüllt mit Kraftlinien. Die Kraftlinien sollen diesen besonderen Zustand der Anziehung zwischen den Körpern beschreiben.
Jede Quelle eines solchen Feldes besitzt ein bestimmtes Potential, ein elektrisches, ein magnetisches oder ein Gravitationspotential. Und jedes Feld besitzt eine spezielle Energiedichte, die Feldstärke. Eine magnetische Kompassnadel schlägt in der Nähe eines stromdurchflossenen Drahtes aus. Die Entdeckung hatte Hans Christian Oerstedt gemacht, 1820. Das magnetische und das elektrische Feld mussten also irgendwie zusammenhängen. Michael Faraday fand zehn Jahre später heraus, dass die Bewegung eines Magneten in der Umgebung einer Drahtschleife darin einen elektrischen Strom erzeugt.
1855 schließlich erkannte Maxwell, dass auch ein veränderliches elektrisches Feld ein Magnetfeld hervorruft. Er vereinigte beide Felder zu einem elektromagnetischen Feld und sagte bereits die Existenz elektromagnetischer Wellen voraus, die sich mit der Geschwindigkeit des Lichts fortbewegen sollen. Alle diese Entdeckungen zogen die vielfältigsten Erfindungen nach sich.
Erfindungen, die heute noch unser tägliches Leben bestimmen. Doch sie konnten das Geheimnis der Gravitation nicht löffnen. Eines war klar.
Gravitation war die Elementarkraft des Universums. Wenn man herausfinden wollte, wie sie funktioniert, so musste man das Universum verstehen, den Raum, in dem sich die Schwerkraft abspielte. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren sich die Gelehrten mit Newton darin einig, dass der Raum unveränderlich war. Seine Ausdehnung wird in den drei Richtungen Länge, Breite, Höhe gemessen und ist damit dreidimensional. Jeder Punkt im Raum kann mittels dieser Koordinaten angegeben werden.
Der Raum selbst ist nicht zu sehen, sondern nur das, was sich in ihm befindet. Doch würde es den Raum auch noch geben, wenn sich keine Dinge in ihm befänden? Oder war der Raum immer angefüllt mit einer unmessbar feinen Substanz, dem sogenannten Äther, eine Vorstellung, die auf René Descartes im 17. Jahrhundert zurückgeht. Der Äther könnte Kräfte übertragen, so wie Luft den Schall überträgt. Er könnte das Medium sein für die Übertragung der Gravitationskräfte.
Als Descartes Zeitgenosse, der niederländische Physiker Christian Huygens, die Wellennatur des Lichts nachwies, glaubte er, der Äther sei das Medium, das die Fortpflanzung der Lichtwellen möglich machte. Denn wo Wellen sind, da muss es ein Medium geben, das schwingt, den Weltäther, so war die allgemeine Überzeugung. Dieser Äther müsste allerdings seltsame Eigenschaften besitzen.
Einerseits müsste er sich verhalten wie feste oder flüssige Körper, in denen sich Transversalwellen wie die des Lichts ausbreiten können. Andererseits dürfte er der Bewegung einer Masse keinen Widerstand entgegensetzen, sonst würden Planeten auf ihrer Bahn so weit abgebremst, dass sie in die Sonne stürzen müssen. 1887 unternahmen die Physiker Albert Michelson und Edward Morley den Versuch, die Existenz des Weltäters zu beweisen. Mit einem außerordentlich empfindlichen optischen Instrument, dem Michelson Interferometer, wollten sie die Geschwindigkeit des Lichts in verschiedenen Richtungen messen. Denn, so argumentierten sie, wenn der Äther das Medium war, in dem sich die Lichtwellen ausbreiteten, so musste die gemessene Lichtgeschwindigkeit mit dem Ätherwind eine andere sein als gegen ihn.
Vergleichen wir die grundlegenden Schritte ihrer Gedanken mit einem Ballspiel. Kinder werfen einen Ball in die Luft und versuchen ihn wieder zu fangen. Ein Kinderspiel, dem wir keine besondere Aufmerksamkeit entgegenbringen. Jetzt versuchen wir das gleiche Spiel in einem offenen Wagen, der über die Landstraße fährt.
Ist die Geschwindigkeit zu hoch, dann gelingt das Spiel nicht mehr. Der Ball wird vom Fahrtwind erfasst und fällt hinter dem Fahrzeug zu Boden. Genau dieses Ergebnis hatten die Herren Michelson und Morley bei ihrem Versuch erwartet. Statt der Geschwindigkeit des Autos benutzten sie die Umlaufgeschwindigkeit der Erde um die Sonne. Der Fahrtwind war in ihrem Fall der Weltäther.
Und an die Stelle unseres Balles setzten sie einen Lichtstrahl, der von einem Spiegel wieder zurückgeworfen wurde. Der Versuch misslang. Die Lichtgeschwindigkeit war in jeder Richtung die gleiche. Es gab keinen Fahrtwind, der vom Äther herrührte.
Entweder bewegte sich der Weltäther in einer Art Strudel mit der Erde mit, oder es gab keinen Weltäther. Über den Versuch wurde in Physikerkreisen heftig diskutiert, denn die Ergebnisse zeigten geringfügige Abweichungen, die nicht erklärbar waren. Waren es nur Messfehler oder steckte etwas anderes dahinter? Der niederländische Physiker Lorenz vermutete, dass sich alle Materie in der Bewegungsrichtung durch Verformungen im atomaren Bereich zusammenziehen müsse, je mehr sie sich der Lichtgeschwindigkeit nähert. Daher die Abweichung im Michelson-Experiment.
Nach seiner Berechnung schrumpft ein Stab von einem Meter bei einer Bahngeschwindigkeit der Erde von 30 km pro Sekunde ungefähr um die Länge eines Atoms. Die Lorenz-Kontraktion, wie sie genannt wird, ist heute unbestritten. Was die Lichtwelle jedoch trägt und ob es überhaupt eine Welle ist oder ein Teilchen oder etwas völlig anderes, das ist bis heute ungeklärt.
Das mechanistische Weltbild der Physiker geriet ins Wanken, als sich ein Mann zu Wort meldete, von dem vorher noch niemand gehört hatte. Im Jahre 1905 unterbreitete ein Wissenschaftler dritter Ordnung, der am Berner Patentamt sein Auskommen gefunden hatte, der Fachwelt seine Hypothese, die er Prinzip der Relativität nannte und die später als spezielle Relativitätstheorie in die Geschichte der Naturwissenschaften einging. Albert Einstein. Einsteins Grundannahme geht auf Faradays Erkenntnisse zurück, dass die Bewegung eines Magneten in der Nähe einer Drahtschleife einen elektrischen Strom in dieser erzeugt.
Albert Einstein machte deutlich, dass es egal war, ob der Magnet bewegt wurde oder die Drahtschleife. Das Resultat war exakt dasselbe. Es kam nur auf die Relativbewegung der beiden Objekte an.
Übertragen wir das Beispiel auf unseren Erfahrungsbereich. Fehlt uns ein optisches Bezugssystem, so sind wir nicht in der Lage festzustellen, wer oder was sich bewegt. Wir stellen nur...
die relativ Bewegung der Objekte zueinander fest. Jahrhundertelang war alle Welt davon überzeugt, die Erde stehe still, da wir nichts von ihrer Bewegung spüren. Sie war unser Bezugssystem. Noch im 16. Jahrhundert meinte Martin Luther bei einer Tischrede, wie die Heilige Schrift anzeigt, so hieß Joshua die Sonne stillstehen und nicht das Erdreich. Und sein Zeitgenosse, der große Astronom Tycho Brahe, stellte fest, die Erde ist faul und träge und für eine Bewegung nicht geeignet.
Durch Nikolaus Kopernikus war die These von der ruhenden Erde nicht länger haltbar. Jetzt nahm man natürlich ein ruhendes Weltall an. Doch Albert Einstein übertrug sein Prinzip der Relativbewegung auf den gesamten Kosmos. Den absolut ruhenden Raum, in dem sich alles abspielte, den gab es nicht mehr. Jetzt war plötzlich alles relativ.
Für Einstein gab es keinen Weltelter. Für ihn war der Michelson-Versuch vergleichbar mit einem Ballspiel im fahrenden Zug. Es scheint uns völlig natürlich, dass sich hier der Ball ebenso bewegt, als spielte man auf einer Wiese.
Vorausgesetzt, der Zug fährt mit gleichbleibender Geschwindigkeit geradeaus. Ersetzen wir den fahrenden Zug... Durch ein Koordinatensystem, das sich mit konstanter Geschwindigkeit geradlinig durch den Raum bewegt, dann gelten nach Albert Einstein in diesem System alle uns bekannten Naturgesetze genauso, als wenn das Koordinatensystem stillstehen wird. Das gleiche gilt natürlich für jedes beliebige Koordinatensystem, das eine andere Richtung und eine andere Geschwindigkeit haben kann.
Jedes System ist eine Welt für sich und alle Systeme sind untereinander gleichberechtigt. Das Prinzip klingt einfach und überzeugend. Den absolut ruhenden Raum, der immer gleich blieb und in dem sich alle Naturabläufe ereigneten, dessen Punkte man in Länge, Breite und Höhe messen konnte, der angefüllt war mit jenem mysteriösen Lichtmedium, dem Äther, diesen Raum gab es nicht mehr. Wenn Einsteins Prinzip der Relativität richtig war, in jedem System also die gleichen Naturgesetze herrschten, dann durfte das Licht keine Ausnahme bilden. Dann müsste man in jedem System die gleiche Lichtgeschwindigkeit messen.
Also schloss Einstein, die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ist immer die gleiche. Egal wie schnell sich die Lichtquelle bewegt. Und es gibt im Universum keine höhere Geschwindigkeit als die des Lichts.
Das Postulat der Lichtgeschwindigkeit als universelle Naturkonstante brachte ein Problem mit sich. Ersetzen wir in grober Vereinfachung die Lichtgeschwindigkeit wieder durch die durchschnittliche Geschwindigkeit unseres Spielballs. Solange wir in dem Koordinatensystem, in dem das Ballspiel abläuft, mitreisen, ist alles in Ordnung. Wir beobachten in Übereinstimmung mit Einsteins Prinzip immer die gleiche Ballgeschwindigkeit. Doch jetzt verändern wir unseren Beobachtungsstandpunkt.
Ein Zug, in dem das Ballspiel abläuft, fährt an uns vorbei. Aus unserer jetzigen Sicht ist der Ball so schnell, dass unser Auge ihm nicht mehr folgen kann, da sich seine Geschwindigkeit mit der des Zuges summiert. Verlagern wir gar unser Spiel in ein Flugzeug, das mit Überschallgeschwindigkeit fliegt, dann müsste der Beobachter auf der Erde Ballgeschwindigkeiten feststellen, die für einen Kinderball völlig unmöglich sind.
Er fliegt schneller als der Schall. Da aber die Lichtgeschwindigkeit, der unserer Ballgeschwindigkeit entsprechen soll, Vielen Dank. Wenn man die gleiche sein muss, stellt der Albert Einstein einfach das Maß für den zeitlichen Ablauf in Frage. Je schneller sich ein Koordinatensystem bewegt, desto langsamer muss die Zeit in diesem System ablaufen, wenn man es von außen betrachtet.
Jedes System hat sein in ihm innewohnendes Zeitmaß. So bleibt die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit erhalten. Für einen Mitreisenden in diesem System ändert sich nichts. Er nimmt alles in gewohnter Weise wahr. Spätestens an dieser Stelle ist unser Vergleich mit dem Ballspiel nicht mehr zutreffend.
Die Geschwindigkeit unseres Balls mit vielleicht zwei Metern pro Sekunde ist einfach nicht mehr vergleichbar mit der Geschwindigkeit des Lichts, das in einer Sekunde rund 300.000 Kilometer durchheilt. Den Ablauf der Zeit in Frage zu stellen, um die Lichtgeschwindigkeit als Naturkonstante zu retten, das war in der Tat ein Geniestreich. Die Zeit, unser zuverlässiges Maß für alle Ereignisse, war nach Einsteins Theorie dehnbar wie ein Gummiband. Wie umstritten seine verwirrenden Ansichten über die Zeit anfangs auch sein mochten, in der Zukunft sollten sie sich Stück für Stück als zutreffend erweisen. Bei der mathematischen Ausarbeitung seiner Theorie stieß Albert Einstein auch noch auf andere physikalische Größen, die sich ändern mussten, je schneller sich ihr Bezugssystem bewegte.
Wenn seine Annahmen richtig waren, dann mussten sich nicht nur Längen verkürzen, was Lorenz schon erkannt hatte, sondern auch die Masse der bewegten Körper musste zunehmen. Wenn bei hohen Geschwindigkeiten die Massen von Körpern zunahmen, dann musste es eine Beziehung zwischen Masse und Energie geben. Resultat dieser Überlegungen, seine berühmte Formel E gleich mc². Dass diese Formel den Massenverlust bei einer Kernspaltung oder der Kernfusion erklärte und dass die verschwundenen Massen in Form gewaltiger Energien frei würden, das ahnte damals noch niemand. Albert Einsteins Theorie war damit noch nicht komplett.
Was fehlte, war die Gravitation. Wenn diese Kraft das ganze Universum beherrscht, dann wirkt sie auch auf jedes Bezugssystem. Dann gab es kein Bezugssystem, das sich nach den Vorgaben der speziellen Relativitätstheorie mit gleichbleibender Geschwindigkeit geradlinig bewegte. Denn wenn Schwerkraft auf eine Masse einwirkt, so wird diese beschleunigt.
Wie also konnte man beschleunigte Bewegungen in das Prinzip der Relativität mit einbinden? Einem Unfall in seiner Nachbarschaft verdankte Albert Einstein den größten Einfall seines Lebens, wie er später schreibt. Bei Arbeiten auf einem Hausdach stürzt ein Anstreicher und fällt in die Tiefe.
Während des Fallens, so berichtet er später, hatte er kein Gewicht verspürt. Wenn also beim freien Fall im Gravitationsfeld der Erde sich alle Dinge so verhalten, als wäre das Gravitationsfeld gar nicht vorhanden, als würde man sich schwerelos in einem kräftefreien Raum bewegen, vielleicht war dann die Gravitation gar keine eigenständige Kraft. Vielleicht war sie nur eine geometrische Eigenschaft des Raumes. Der Gedanke hatte weitreichende Folgen. Einerseits erklärte er schlüssig die Beobachtung von Galilei, warum im luftleeren Raum alle Dinge gleich schnell fallen, egal wie schwer sie sind.
Andererseits, wie konnte man sich einen Raum vorstellen, in dem die Gravitation als geometrische Eigenschaft verborgen war. Ein Vortrag des Mathematikers Hermann Minkowski im September 1908. kam Albert Einstein zu Hilfe. Die Anschauungen über Raum und Zeit, die ich Ihnen entwickeln möchte, sind auf experimentell-physikalischem Boden erwachsen.
Darin liegt Ihre Stärke. Ihre Tendenz ist eine radikale. Von Stund an sollen Raum und Zeit für sich völlig zu Schatten herabsinken und nur noch eine Art Union der beiden soll Selbstständigkeit bewahren. Gegenstand unserer Wahrnehmung sind immer nur Orte und Zeiten verbunden.
Es hat niemand einen Ort anders bemerkt als zu einer Zeit. Eine Zeit anders als an einem Orte. Ich will einen Raumpunkt zu einem Zeitpunkt, einen Weltpunkt nennen.
Wir erhalten dann als Bild für den ewigen Kreislauf eines Punktes eine Kurve in der Welt, eine Weltlinie. Die ganze Welt erscheint aufgelöst in solche Weltlinien. Die physikalischen Gesetze finden ihren vollkommenen Ausdruck als Wechselbeziehungen zwischen diesen Weltlinien.
Mit dem Vortrag war unsere Welt schlagartig vierdimensional geworden. Raum und Zeit unlösbar miteinander verbunden. Das vierdimensionale Raumzeit-Kontinuum Minkowskis verbannt Albert Einstein jetzt mit der Geometrie des Göttinger Mathematikers Bernhard Riemann.
Riemann hatte um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Geometrie gekrümmter Flächen mathematisch ausgearbeitet und ein Maß für die Krümmung eines Raumes geschaffen. Damit war Einstein in der Lage, Gravitation als geometrische Eigenschaft, als Krümmung der vierdimensionalen Raumzeit zu beschreiben. Die allgemeine Relativitätstheorie war damit geboren und mit ihr eine völlig neue Auffassung von dem Phänomen Schwerkraft. Gravitation als geometrische Krümmung der vierdimensionalen Raumzeit.
Wenn ein Fahrstuhl fällt, so folgt seine Bewegung einfach der Geometrie der Raumzeit und auf die Gegenstände im Lift wirkt keinerlei Kraft. Die Gravitation lässt sich also beseitigen, wenn man ein geeignetes Bezugssystem wählt, hier den freifallenden Lift. Gravitation erweist sich somit als eine Scheinkraft. Einsteins Gleichungen beschreiben, wie sich die Körper in gekrümmten Räumen bewegen müssen und wie diese gekrümmte Geometrie mit der Masse der Körper zusammenhängt.
Das ist die neue Vorstellung von Gravitation. Ein Satellit bewegt sich gradlinig durch einen gekrümmten Raum. Doch wie soll man sich die Krümmung eines vierdimensionalen Raumes vorstellen?
Nehmen wir als vereinfachtes Beispiel eine zweidimensionale Fläche. Ein gespanntes Gummituch. Die Masse eines Körpers verursacht eine Einbuchtung in unserer Fläche.
Je schwerer der Körper ist, desto tiefer wird er einsinken, wird er die Geometrie unseres Gummituches krümmen. Umkreist ein Planet einen Stern, So folgt er der Krümmung der Raumzeit. Die Gravitation als Kraft existiert nicht mehr. Was hatte Einsteins neue Theorie zu bieten, was nicht schon mit Newtons mechanistischen Vorstellungen zu erklären war? Eine Anomalie in der Bahn des Merkur, des innersten Planeten unseres Sonnensystems, war bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts vom Direktor der Pariser Sternwarte beobachtet worden.
Sie war nach der Newton'schen Formel nicht erklärbar. Die Bahn beschreibt eine Rosette um die Sonne, Periheldrehung genannt. Die Abweichung zu der Berechnung nach Newton war gering, in 100 Jahren 43 Bogensekunden.
Und so schrieben die Astronomen die Unregelmäßigkeit einem noch unentdeckten Planeten innerhalb der Merkurbahn zu, oder einer ungleichmäßig verteilten Sonnenmasse. Albert Einstein zeigte, dass die sonderbare Bewegung des Merkur mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie im Einklang stand. Und noch eine weitere Vorhersage konnte er treffen.
Bei einer Sonnenfinsternis müssten nach seinen Berechnungen Sterne zu sehen sein, die eigentlich hinter der Sonne stehen, da ihr Licht im Schwerefeld unserer Sonne abgelenkt wird. Anders ausgedrückt, die Sonnenmasse erzeugt in ihrer Umgebung eine Raumkrümmung, die vom Licht geradlinig durcheilt wird. Konnte Einsteins Theorie dieser Prüfung standhalten? Im Jahr 1919 gab es in Südafrika eine totale Sonnenfinsternis. Die Spannung unter den Physikern und Astronomen war so groß, dass gleich zwei Expeditionen aufbrachen, um mit entsprechenden Teleskopen die einsteinschen Voraussagen zu überprüfen.
Beide Expeditionen bestätigten beachtlich gut die Theorie. Und die Londoner Times feierte diese Entdeckung mit der Schlagzeile Revolution in der Wissenschaft Neue Theorie des Weltalls Newtons Ideen überholt. Damit war Einsteins Ruhm besiedelt.
Nein, die Journalisten hatten nicht übertrieben. Mit seinen Feldgleichungen konnte Einstein erstmals Aussagen über das Universum als Ganzes machen, denn die Raumgeometrie wird in seinen Gleichungen von der im Raum enthaltenen Materiedichte bestimmt. Die Materiedichte wiederum ließ sich aus der Anzahl der Sterne und Galaxien am Himmel abschätzen.
So wurden Rückschlüsse möglich auf die Struktur des Weltalls. Einsteins Berechnungen zeigten, dass das Universum nicht statisch sein konnte, wie man immer angenommen hatte. Es konnte sich nur ausdehnen oder zusammenziehen. Und tatsächlich entdeckte 1929 der Astronom Edwin Hubble dass sich die Spektrallinien im Licht der Sterne umso mehr in den roten Bereich schieben, je weiter die Sterne von uns entfernt sind.
Die Astronomen zogen daraus den Schluss, dass sich alle Galaxien voneinander entfernen. Das Universum expandiert in alle Richtungen. Doch wenn sich unser Weltall ausdehnt, dann muss es irgendwann auf kleinstem Raum vereinigt gewesen sein. Das war vor rund 15 bis 18 Milliarden Jahren. In einer einzigen gigantischen Explosion wurde der Inhalt dieses kosmischen Feuerballs in alle Richtungen geschleudert.
Nach Jahrmillionen der Ausdehnung war das Universum ein einziges flammendes Licht. Die Materie kühlte langsam ab und unter dem Einfluss der Gravitation bildeten sich Milliarden von Galaxien, mit ihren unzähligen Sternen. Alle bisherigen Beobachtungen bestätigen diese Theorie vom Urknall, dem Big Bang.
Mit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie hatte sich die Vorstellung vom Kosmos grundlegend verändert. Aus dem ewig in sich ruhenden Weltall war ein dynamisch sich entwickelndes Universum geworden, dessen Zukunft ungewiss ist. Denn sind die Kräfte der Gravitation zu gering, um die Flucht der Galaxien aufzuhalten, so wird unser Weltall auf ewige Zeiten auseinanderfliegen. Ist aber die Masse der Sterne und der Galaxien groß genug, dann werden die Kräfte der Gravitation siegen und der ganze Kosmos wird dereinst in sich zusammenstürzen. Noch ist der Ausgang dieses kosmischen Spiels der Schwerkraft ungewiss.
Trotz aller Erfolge war die allgemeine Relativitätstheorie in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens sehr umstritten. Physikern und Astronomen fiel es schwer, sich eine gekrümmte Raumzeit vorzustellen und die Zeitphänomene, die damit verknüpft sein sollten. Außerdem war die Mathematik der Theorie reichlich kompliziert.
Da war es einfacher, weiter mit Newtons Formel zu rechnen, zumal in unserem Sonnensystem die Gravitationsfelder doch so schwach sind, dass relativistische Abweichungen noch keine große Rolle spielten. Der Weltraum. Science-Fiction-Autoren waren die so oft Vorreiter des Neuemdenkens. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400-Mann-starken Besatzung fünf Jahre lang unterwegs ist, um neue Zivilisationen zu erzeugen.
Als 1967 in der Fernsehserie Star Trek Captain Kirk mit seinem Raumschiff in das Gravitationsfeld eines nicht verzeichneten schwarzen Sterns geriet, hatten die Astronomen noch keine Ahnung, ob schwarze Löcher wirklich existierten. Zwar hatte Karl Schwarzschild bereits 1916 die erste theoretische Beschreibung schwarzer Löcher geliefert, als er besondere Gravitationszustände nach Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie berechnete, doch an ihre Existenz glaubte ernsthaft damals niemand. Heute sind wir überzeugt, dass es in jeder Galaxie Millionen von schwarzen Löchern gibt.
Fernrohre, die unsere Erde umkreisen, wie das Hubble-Weltraumteleskop, haben uns die Augen geöffnet. Am Schnittpunkt zweier galaktischer Ströme identifizierte Hubble ein gewaltiges schwarzes Loch. Auch im Zentrum unserer Milchstraße scheint solch ein Ungeheuer zu lauern, das unentwegt Materie verschlingt.
Nichts kann ihm entkommen, nichts kann mehr entweichen, nicht einmal das Licht. Stirbt ein Stern, so bäumt er sich in gewaltigen Explosionen gegen die Kräfte der eigenen schwere Masse auf und schleudert einen Teil seiner Materie in den Weltraum. Hat der verbleibende Rest genug Masse, so kann es zu einem Gravitationskollaps kommen.
Durch die Massenanziehungskraft stürzt er in sich zusammen und sein Gravitationsfeld wächst ins Unermessliche. Ein schwarzes Loch ist entstanden. Nach Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie müsste beim Gravitationskollaps durch die schlagartige Veränderung der Raumzeitkrümmung ein Beben durch unser Universum laufen. Eine Gravitationswelle, ähnlich wie wenn ein Stein ins Wasser fällt und man am Ufer noch eine Welle wahrnimmt.
Doch bisher schlugen alle Versuche fehl, mit komplizierten Messgeräten wie diesem Gravitationswellendetektor Gravitationswellen nachzuweisen. Ein anderer Beweis für die Richtigkeit der einsteinschen Theorie ist jedoch geglückt. Nach Einstein sollen sowohl Gravitationsfelder wie auch hohe Geschwindigkeiten unser Zeitmaß beeinflussen. Im Oktober 1971 starteten zwei Flugzeuge zu einer Erdumrundung, das eine in östlicher Richtung, das andere westwärts. Beide hatten hochgenaue Cäsium-Atomuhren an Bord.
Die Zeit, die im Flugzeug nach einer Erdumrundung abgelaufen ist, wird verglichen mit der Uhr der Bodenstation. Nach der allgemeinen Relativitätstheorie müssten die Borduhren schneller laufen als die Uhr der Bodenstation, da das Gravitationsfeld in der Höhe der Flugroute schwächer ist. Andererseits müsste nach der speziellen Relativitätstheorie die Borduhr des ostwärts fliegenden Flugzeugs langsamer laufen als die Uhr am Boden, da sich hier die Geschwindigkeit der Erdrotation mit der des Flugzeugs addiert. Beim Flug westwärts dagegen muss von der Geschwindigkeit der Erdrotation die des Flugzeugs abgezogen werden, da die Erde sich schneller ostwärts dreht, als das Flugzeug nach Westen fliegt. Diese Uhr müsste schneller laufen.
Der Versuch war ein voller Erfolg und Einstein wurde wieder einmal bestätigt. Die Ergebnisse zeigten nur geringe Abweichungen vom errechneten Wert. Für uns Menschen ist der Effekt nicht spürbar, denn der Unterschied zu unserer irdischen Normalzeit beträgt nur 275 Nanosekunden bei der Erdumrundung westwärts.
Ein modernes Satelliten-Navigationssystem hingegen könnte nicht richtig funktionieren, würde man die Zeitdehnung ignorieren, die nach Einsteins Theorie durch Flughöhe und Fluggeschwindigkeit hervorgerufen wird. Die Route wurde berechnet. Sie sind angekommen.
Albert Einstein hat die Welt verändert und seine Gravitationstheorie einer gekrümmten Raumzeit hat viele Türen aufgestoßen und eine Reihe von Phänomenen in unserem Universum berechenbar gemacht, auch wenn uns seine paradoxen Zeitphänomene nur sehr schwer vorstellbar erscheinen. Doch wie Gravitation funktioniert, warum sich die Raumzeit um Massen krümmt, das wissen wir immer noch nicht. Der Geltungsbereich der allgemeinen Relativitätstheorie schließt keine Vorgänge mit ein, die sich im Innern der Atome abspielen.
Dafür ist nach allgemeiner Auffassung der Physiker die Quantenmechanik zuständig. Max Planck, Werner Heisenberg und Nils Bohr hatten sie von 1900 bis 1925 für das Geschehen in der subatomaren Welt entwickelt. Albert Einsteins Auffassung war, Gott würfelt nicht. Seit seines Lebens wollte er sich nicht abfinden mit den bizarren Wechselwirkungen ininnern der Atome. Doch wenn das Phänomen Gravitation von den Massen der Körper abhängig ist, dann könnte ihre Ursache in den Kernbausteinen der Atome zu finden sein, den kleinsten Bestandteilen dieser Massen.
Mathematiker und Physiker auf der ganzen Welt bemühen sich seit Jahrzehnten darum, Ordnung in das scheinbare Chaos der Kernbausteine zu bringen. Riesige Teilchenbeschleuniger sollen dabei helfen. Mit nahezu Lichtgeschwindigkeit prallen hier Atome aufeinander.
Sie zerbersten in eine Vielzahl subatomarer Teilchen von sehr kurzer Lebensdauer. Wenn man die Welt im Innern der Atome verstehen lernt, dann ist vielleicht eine Vereinigung der Quantenmechanik mit der allgemeinen Relativitätstheorie möglich und das Geheimnis der Gravitation könnte damit entschleiert werden. Bisher hat sich jedoch kein durchschlagender Erfolg eingestellt.
Stattdessen scheint der Zufall die einsteinische Gravitationstheorie einer gekrümmten Raumzeit zu erschüttern. Bei Versuchen mit supraleitenden Scheiben hat der Materialwissenschaftler Podgletnov Schwerkraftphänomene beobachtet. Der zweite Typ von GraviFlights werden Fluggeräte sein, die Schwerkraftwellen zurück zur Erde reflektieren.
Und unsere vorläufigen Experimente zeigen, dass das möglich ist. Quantenmechanische Vorgänge im Innern des Supraleiters scheinen die Schwerkraft teilweise aufzusaugen. Doch wie ist das mit Einsteins Gravitationstheorie vereinbar? Wenn Einsteins Theorie einer gekrümmten Raumzeit zutreffend ist, Wie kann die Raumkrümmung dann durch einen Supraleiter verringert werden? Die Welt der Wissenschaftler ist in Aufruhr, denn sollten sich die Versuchsergebnisse bestätigen, dann stehen wir vielleicht an der Schwelle zu völlig neuen Erkenntnissen.