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Vereinte Nationen: Geschichte und Zukunft

Auf einem ehemaligen Schlachthofgelände treffen sich mindestens einmal im Jahr Vertreter von fast allen Ländern der Welt. Mit keinem geringeren Ziel als vor allem den Weltfrieden. Am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York. Obwohl das Gelände mit eigener Postleitzahl diplomatisches Gebiet ist und keinem gehört. 2020 feiert die UNO das 75-jährige Jubiläum. Wir schauen uns an, wie sind die Vereinten Nationen entstanden? Wie funktionieren sie und ist es an der Zeit, sie zu reformieren? Die Idee, dass sich die Staaten der Erde in einer gemeinsamen Organisation treffen, um Regeln festzulegen, wie sie Konflikte lösen und wie ein Krieg verhindert werden kann, die ist schon ziemlich alt. Nach dem Ersten Weltkrieg setzt sich dann vor allem der US-Präsident Woodrow Wilson durch, dass der Völkerbund gegründet wird. Dazu gibt es übrigens auch ein Video, ihr kommt hin, wenn ihr oben auf das i klickt. Dieser Völkerbund scheitert daran, Frieden zu schaffen. Das zeigt der Zweite Weltkrieg. Noch bevor Nazi-Deutschland und das Kaiserreich Japan niedergerungen sind, starten die USA und Großbritannien mit einem neuen Anlauf. Ihre Idee? Ein System kollektiver, also gemeinsamer Sicherheit. Mit den Weltmächten als eine Art Weltpolizei. Die beiden Partner gewinnen viele Unterstützer, darunter auch die Sowjetunion und China. Noch im Juli 1945, als der Zweite Weltkrieg noch nicht überall auf der Welt vorbei ist, aber in Europa beendet, Gründen 51 Staaten die Organisation der Vereinten Nationen. Sie berufen sich auf den Völkerbund und gedanklich stehen die Vereinten Nationen deshalb in der Tradition des Völkerbundes. Aber man versucht etwas zu tun, das die Menschen leider sehr selten tun. Man versucht aus der Geschichte zu lernen. Die Fehler, die beim Aufbau des Völkerbundes gemacht wurden, sollen diesmal vermieden werden. Also, dass die Nationen zum Beispiel nicht in der Lage waren, internationale Aggressoren in die Schranken zu weisen. Und... feindliche Handlungen zu verhindern. Aber was soll jetzt besser werden? Zunächst stellt sich US-Präsident Franklin Delano Roosevelt vor, dass die USA und Großbritannien, damals noch eine Weltmacht mit riesigen Kolonialgebieten, die Rolle einer Art Weltpolizei übernehmen. Als sich die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg als weitere Supermacht etabliert, soll sie auch Weltpolizist werden. Die Idee ist einfach, dass es Staaten gibt, die Aggressoren in die Schranken weisen können. Die Maßnahmen zur Sicherung des Friedens unternehmen. Die Vereinten Nationen sollen kein zahnloser Tiger sein. Ziel 1 ist es, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. Um das zu schaffen, hat die UN einige Instrumente, die im Kern Kollektivmaßnahmen sind. Das sind vor allem friedliche Mittel, um Streitigkeiten beizulegen. Angriffskriege sollen verhindert werden und vor allem gemeinsam globale Probleme gelöst werden. So wollen die Vereinten Nationen auch im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und humanitären Bereich zusammenarbeiten. Die Achtung der universellen Menschenrechte sowie der Grundfreiheiten soll dabei gefördert und gefestigt werden. Das offiziell oberste Gremium ist die Vollversammlung. Jeder Staat, der Mitglied der Vereinten Nationen ist und der seinen Mitgliedsbeitrag gezeigt hat, hat in dieser Weltversammlung eine Stimme. Alle sind gleich. Alle beschließen mit und jede Stimme. wird gehört. Theoretisch ist das absolut richtig. Der Zwergstaat Lichtenstein mit seinen nicht einmal 39.000 Einwohnern hat natürlich die gleichen Rechte wie die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihren 330 Millionen Einwohnern. Aber wie das auch in der politischen Realität so ist, einige sind eben, ja, gleicher als andere. Und vor allem mächtiger. Und da kommt noch ein anderes Gremium ins Spiel, das eine herausgehobene Bedeutung hat. Der Weltsicherheitsrat. Wie der Name schon vermuten lässt. Diesem Sicherheitsrat überträgt die Vollversammlung die Hauptverantwortung für den Weltfrieden. So steht es in der Charta, dem Gründungsvertrag der Vereinten Nationen von 1945. Dort bekennen sich die Mitglieder zur gemeinsamen Sicherung des Weltfriedens. Der Sicherheitsrat hat, und das ist vielleicht das Entscheidende, vor allem die Macht zu handeln. Wenn Staaten ihre Konflikte nicht beilegen können, wenn sie den Weltfrieden bedrohen, dann kann der Sicherheitsrat beschließen, dass Sanktionen verhängt werden. Ich zitiere mal aus der Charta. Und wenn Ihnen der Abbruch von Funkverbindungen oder diplomatischen Beziehungen nicht weit genug geht, dann können Sie eben auch Streitkräfte schicken. Ein Beispiel. Als 1990 der Irak sein Nachbarland Kuwait überfällt, beschließt der Sicherheitsrat, dass eine Armee aufgestellt wird, um den Irak aus Kuwait zu vertreiben. 22 Länder schicken insgesamt fast eine Million Soldaten, die auf Anordnung des Sicherheitsrates kämpfen. Der Sicherheitsrat ist also kein zahnloser Tiger. Die Staaten mit der größten Verantwortung sitzen im Sicherheitsrat. 15 Länder haben dort einen Sitz. Zehn werden alle zwei Jahre gewählt. Fünf Länder sind ständige Mitglieder des Sicherheitsrates. Diese Länder gelten als die mächtigsten Länder der Welt. Naja, zumindest galten sie 1945 als die mächtigsten Länder. Die USA, die Sowjetunion, Großbritannien, China und Frankreich. Alle fünf sind auch heute noch Atommächte. Statt der Sowjetunion sitzt heute Russland im Sicherheitsrat. Und den Sitz Chinas nimmt... bis 1971 die Republik Taiwan ein. Erst seit 1971 ist die Volksrepublik China im Sicherheitsrat. Ich hatte ja gesagt, der Sicherheitsrat hat die Macht zum Handeln. Aber da gibt es ein Problem. Jedes dieser ständigen ... hat die Möglichkeit, Beschlüsse des Sicherheitsrates zu blockieren oder zu verhindern, indem das Mitglied ein Veto einlegt. Veto ist lateinisch und bedeutet ich verbiete. Und jetzt merkt ihr schon, diese fünf Länder haben mehr Macht als die anderen 188 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Und jetzt könnt ihr euch vorstellen, wie das in der Zeit des Kalten Kriegs läuft. Da stehen sich die USA, Großbritannien und Frankreich auf der einen Seite, der Sowjetunion auf der anderen Seite gegenüber. Wenn die eine Seite einen Beschluss fassen will, der ihren Interessen dient, dann legt die andere Seite ein Veto ein. Dabei ist der Sicherheitsrat zwischen 1945 und 1990 praktisch blockiert. Doch auch mit dem Ende des Kalten Kriegs endet das Blockieren von Beschlüssen nicht komplett. Wie wir am Beispiel Syrien heute noch ganz gut sehen können. Und trotzdem leistet er einen Beitrag für den Weltfrieden. Denn im Sicherheitsrat treffen sich die beiden Supermächte jeden Tag. Sie ringen auf die Karte des Krieges. auf dem diplomatischen Parkett miteinander. Besser, als wenn sie mit Raketen aufeinander schießen würden. Man kooperiert trotz aller Gegensätze in einigen Dingen auch tatsächlich gemeinsam. Die Weltgesundheitsorganisation greift ein, wenn es zu Epidemien und Katastrophen kommt. Man einigt sich auf weltweite Regeln, wie man miteinander Handel treiben will. Es gibt das Kinderhilfswerk UNICEF. Blauhelmmissionen, die Konfliktparteien trennen. Und nicht nur heute wichtig, die Vereinten Nationen setzen sich sich für Flüchtlinge auf der Welt ein. Sie bringen weltweite Entwicklungsziele auf den Weg und bei aller Kritik kann man sagen, es hat sich einiges verbessert. Die Deutschen sind nach dem Zweiten Weltkrieg erst einmal nicht zugelassen. Die Bundesrepublik Deutschland und die DDR werden erst am 18. September 1973 Mitglieder der Vereinten Nationen. Aber sie können sich nicht so einbringen wie alle anderen Mitglieder. Denn hinsichtlich des Militärs gibt es Beschränkungen. Das endet erst mit der Wiedervereinigung. Und seitdem beteiligt sich Deutschland auch an Frieden. Friedensmissionen der Vereinten Nationen. Fünfmal ist die Bundesrepublik in den Weltsicherheitsrat gewählt worden. Und sie ist einer der wichtigsten Geldgeber. Auch wenn das mit den Mitgliedsbeiträgen eine ganz andere große Diskussion ist. Die Vereinten Nationen begleiten auch den Prozess der Dekolonialisierung seit 1945. Das ist ein wichtiges Thema, das aber sehr komplex ist. Ein eigenes Thema für sich wäre, gibt's vielleicht noch ein Video zu. Auf jeden Fall könnt ihr mir glauben, wenn ich sage, dass die Vereinten Nationen auch im Sicherheitsrat ... Hitzige Debatten mit impulsiven Wortgefechten. Wenn ihr im Internet nach Khrushchev sucht, Nikita Khrushchev, ehemaliger sowjetischer Staatschef, dann taucht neben der Begriff Schuh auf. Und das hat einen ganz guten Grund. Auf der UNO-Vollversammlung 1960 brüllte Khrushchev durch den Saal. Er beschimpfte Delegierte als Speichellecker oder als Imperialistenknechte. Ihr seht schon, was ich meinte, wenn ich gesagt hab, dass in der UNO auch gestritten wird. Aber es ging noch viel weiter. Das war's für heute. sogar seinen Schuh ausgezogen. Und ja, was dann passiert, ob er tatsächlich mit dem Schuh auf den Tisch einschlug oder ihn doch nur in der Hand hielt, darüber wird bis heute gestritten. Für mich ist das Letzte eher wahrscheinlich. Naja. Und die Vereinten Nationen sorgen auch dafür, dass ein Dialog von reichen und armen Ländern in Gang kommt. Da geht es um fairen Handel. Oder heute reden die Nationen über Maßnahmen gegen den menschengemachten Klimawandel. Ja, wie immer sind das sehr ... Es sind sehr langwierige Prozesse, es dauert und dauert. Aber die Alternative ist ja nur, dass gar nichts vorwärtsgeht. Oder dass sich die einen gegen die anderen mit Gewalt durchsetzen. Heute arbeiten, ohne die Blauhelmsoldaten, die Truppen der Vereinten Nationen, die meist als Puffer eingesetzt werden, knapp 60.000 Menschen für die Vereinten Nationen. Der wichtigste Mitarbeiter ist der Generalsekretär. Bisher übten neun Männer dieses Amt aus. Der erste offizielle Generalsekretär war Trikve Halfdan Di. Der bekannte Sonderkollege Der drittgrateste ist vermutlich Kofi Annan und der aktuelle Antonio Guterres. Die Vereinten Nationen haben inzwischen eine lange Geschichte. Sind sie in ihrer Form noch zeitgemäß? Oder muss die Organisation reformiert werden? Ja, klar, muss sie. Der Ruf nach Reformen der UNO erscheint schon seit dem Tag ihrer Gründung. Denn es gibt vieles, was nicht richtig läuft. Ich zähl hier nur mal ein paar Fragen auf, damit ihr seht, worüber da diskutiert wird. Ist es richtig, dass es immer noch fünf Länder gibt, von denen jedes mehr zu sagen hat als alle anderen? Kann die Generalversammlung mit 193 Mitgliedern eigentlich effektiv arbeiten? Ist das Konzept, dass sich die Nationalstaaten treffen, eigentlich noch sinnvoll? Müssten nicht auch die größten internationalen Konzerne oder auch Bewegungen bei der UNO Gehör finden? Und was ist mit Zivilgesellschaften? Wie löst man grenzüberschreitende Probleme durch nationalstaatliche Mittel? Und kann es klappen, dass Diktaturen, die in der UNO sind, mehr Menschenrechte durchsetzen? Ihr seht, Fragen über Fragen und wie diese Fragen beantwortet werden, das entscheidet über die Zukunft unserer Welt. Es sind die ganz großen Fragen der internationalen Politik. Vielleicht habt ihr Antworten darauf. Wenn ja, schreibt sie in die Kommentare. Vielleicht könnte der UNO weiterhelfen. Über den Völkerbund könnt ihr euch informieren, wenn ihr euch dieses Video anschaut. gibt es ein Video von meinem Kanal über die NATO, auch die wird in diesem Zusammenhang gerne mal genannt. Mehr Geschichte gibt es bei Instagram, Account unten verlinkt in der Infobox. Ansonsten sage ich vielen Dank fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal.