Zeit, die Garnelenfalle zu überprüfen. Wenn Abdul Ghofur seine Netze leert, wimmelt es nur so in seinem Eimer. „Ich fange mittlerweile viel mehr an einem Tag als früher. Normalerweise war es immer bis zu einem Kilo. Jetzt ist eigentlich eine schwierige Saison und trotzdem sind es mehr als drei Kilo. Meine tägliche Ausbeute ist wirklich üppig.“
Das war nicht immer so. Seit Jahrzehnten sichern Fischfarmer wie Ghofur in der indonesischen Region Demak auf Zentraljava mit Teichwirtschaft ihr Einkommen. Schon seine Eltern haben so ihr Geld verdient. Abdul Ghofurs Generation allerdings muss erleben, wie schnell sich die Lage ändern kann.
„Viele Fischfarmer haben Chemikalien benutzt, zum Beispiel Harnstoff und Pestizide. Und zwar exzessiv. Die erste Ernte danach war dann sehr erfolgreich, die zweite eher akzeptabel – aber danach nahm der Ertrag immer weiter ab.“ Außerdem wurden viele der Mangroven entfernt, um Platz für Garnelen- und Fischteiche zu machen. In ganz Indonesien sind so bis zu 40 Prozent der Mangrovenwälder verschwunden. Wie wichtig diese Bäume aber auch in der Teichwirtschaft sind, lernen Fischer hier – unter der Leitung von Wissenschaftlerin Sri Rejeki und ihrem Team.
„Manche Leute denken, dass Mangroven nur für Feuerholz taugen. Oder als Baumaterial. Aber wenn sie erstmal weg sind, merken sie, wie der Strand und die Küste immer mehr abgetragen werden. Darunter hat die Demak-Region hat sehr gelitten.“ Zusammen mit den Fischern hat Sri Rejeki die Anlagen umgestaltet. Die meisten Mangroven, die bereits bei vorherigen Projekten angepflanzt wurden, bleiben dabei bestehen. Die Fischfarmer verpflichten sich, neue Deiche und Schleusensysteme zu bauen. Durch die Regulierung des Wasserzuflusses entstehen Stellen, in denen sich Schlick ansammelt. Dort wachsen Mangroven auf natürliche Art. Das Ziel: Ein starkes grünes Band an Mangrovenwäldern, das sich schützend vor Land und Fischerteiche legt.
„Die Mangrovenwurzeln sind sehr wichtig für das Ökosystem. Und für die Küste. Sie können das Sediment festhalten und so Erosionen vermeiden. Und die Wurzeln können noch mehr: Sie nehmen Schadstoffe auf, auch Schwermetalle.“ Deshalb ist jetzt die Wasserqualität auch wieder besser. Etwas weiter im Westen von Demak, in der Region Kendal, ist die Natur weniger intakt. Die noch verbliebenen Mangroven kommen gegen die immer stärker werdenden Strömungen durch die Meereserwärmung kaum an. Fischfarmer Sutrisno repariert seinen Deich. Doch immer wieder wird er durch die Fluten zerstört und damit auch seine Lebensgrundlage.
„Die Mangroven helfen schon und schützen die Teichanlangen. Aber die Erosion ist bereits zu stark. Neben Mangroven brauchen wir vielleicht noch zusätzlichen Küstenschutz. Und dahinter könnte man dann neue Bäume setzen.“ An einigen Stellen in der Region wird tatsächlich fleißig gepflanzt. Dank des Engagements von Wasito, einem ehemaligen Fischer. Er pflanzt Mangroven schon seit über einem Jahrzehnt. Zu Beginn haben ihn die Einwohner noch verspottet – bis sich einige Küstenstreifen langsam wieder von den Überflutungen erholten. Jetzt schließen sich ihm viele an. Er ist zum Lokalhelden geworden. Die Hilfe braucht er, denn die Zeit läuft. „Viele Menschen hier haben ihre Teichanlagen komplett verloren. Viele Dämme sind auch schon weg. Sie wurden komplett vom Meer verschlungen. Die Regierung und auch die Einwohner müssen sich darum kümmern. Besonders um den letzten Damm davor zu bewahren, dass auch er zusammenbricht. Denn wenn das passiert, wird sich das auch auf die anliegenden Dörfer auswirken.“ Die Regierung unterstützt zwar Projekte, um in Indonesien wieder Mangroven aufzuforsten – aber nicht das von Wasito. Er hat eine eigene Baumschule, die er selber finanziert. Zurück in Demak, bei Sri Rejeki und den Fischern hingegen, wird finanziert – über Universitäten und private Investoren. Auch Schulungen werden unterstützt. Abdul Ghofur hat gelernt, mit Hilfe von Mangrovenblättern Ökodünger herzustellen. Er kompostiert sie zusammen mit Ziegenmist und Seegras und fermentiert alles. Den Sud nutzt er, damit die Böden der Teichanlagen intakt und fruchtbar bleiben.
„Ich habe jetzt so viele Vorteile. Das Geld, das ich normalerweise für Chemikalien ausgegeben habe, kann ich jetzt sparen. Ich muss sie nicht mehr kaufen. Das gesparte Geld kann ich jetzt für die Schulbildung meiner Kinder verwenden.“ Und so werden immer mehr Garnelen- und Fischfarmer wie Abdul Ghofur in Indonesien zu Mangrovenwächtern. Schützen statt Abholzen – nun arbeiten die Bauern im Einklang mit der Natur.