Gong * Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau. Diese Sendung wurde vom NDR
live untertitelt (17.06.2024) Heute im Studio: Thorsten Schröder. Guten Abend,
ich begrüße Sie zur tagesschau. Gut eine Woche nach der Europawahl wird über die Besetzung
der EU-Spitzenposten entschieden. Vor der Abstimmung im EU-Parlament
sind die Regierungschefs am Zug. Sie beraten gerade in Brüssel. Dabei geht es vor allem um die Zukunft von
Kommissionspräsidentin von der Leyen: Spitzenkandidatin
der Europäischen Volkspartei. Zur Diskussion
steht auch die Nachfolge von EU-Ratspräsident Michel
und des Außenbeauftragten Borrell. Sie ist Präsidentin der EU-Kommission
und will es bleiben. Es ist der wohl mächtigste Posten,
der in Brüssel zu vergeben ist. So kann nur die Kommission Gesetze
in der EU auf den Weg bringen. Der informelle Gipfel:
eine gute Bühne, um auszuloten, wer hier
eine zweite Amtszeit unterstützt. Lob für von der Leyen nicht nur
von der eigenen Parteienfamilie. Weil sie unsere Spitzenkandidatin
war, wir die Wahl gewonnen haben und weil sie eine sehr gute
Kommissionspräsidentin ist. Ich möchte aus meiner
und aus dänischer Perspektive sagen: Ursula hat
großartige Arbeit gemacht. Bundeskanzler Scholz
rechnet mit einer schnellen Einigung. Von der Leyens bisherige Unterstützer
im Parlament hätten eine stabile Mehrheit, aber: Im Parlament
darf es keine Unterstützung der Kommissionspräsidentschaft
geben, die sich auf rechte und
rechtspopulistische Parteien stützt. Neben der Kommissionspräsidentin
ebenfalls im Gespräch: Der Portugiese Costa
als Ratspräsident. Dessen Aufgabe: Die Gipfel organisieren
und Kompromisse schmieden. Die Außenbeauftragte soll die
außenpolitische Stimme der EU sein. Es könnte mit Kaja Kallas
eine Estin werden. Ich sage deutlich: Mittel- und Osteuropa
waren unterrepräsentiert in den vergangenen Jahren. Gespräche, Kompromisse
und ein Postenpaket. Das ist jetzt ihre Aufgabe
hinter verschlossenen Türen. Tina Hassel in Brüssel. Wie wahrscheinlich ist eine
zweite Amtszeit von von der Leyen? Offiziell
wird heute nichts entschieden. Aber ihre Chancen
für die Wiederwahl sind gut. Denn die europäischen
Christdemokraten (EVP) bestehen auf eine Wiederwahl. Und die Staats- und Regierungschefs wollen sich
ungewöhnlich schnell einigen. Angesichts
der internationalen Krisen will man, dass die EU
schnell geschlossen wirkt. Mit einem Sozialisten
als Ratspräsidenten und einer Liberalen
als Außenbeauftragte wären auch andere
Parteifamilien vertreten. Auf die konnte sich
von der Leyen bisher stützen. Mit Kaja Kallas würde auch
eine Osteuropäerin dabei sein. Sie müsste ja noch
vom EU-Parlament gewählt werden. Wie will sie da
die Mehrheit erreichen? Auch da
laufen bereits die Gespräche. Auch hier
will man keine Zeit verlieren. Es wird aber spannend, ob auch die Grünen
eingebunden werden. Die Grünen
wollen sie ja mitwählen. Aber in der EVP gibt es Stimmen, die sich in Richtung der
Fratelli d'Italia eröffnen wollen. Danke, Tina Hassel. Ein Thema, über das die EU-Staaten
lange gestritten haben, ist das Renaturierungsgesetz. Es soll dafür sorgen, dass
sich zerstörte Natur erholen kann. Heute hat die Mehrheit der Staaten
zugestimmt. Künftig sollen
Wälder wieder aufgeforstet, Moore in ihren natürlichen Zustand
zurückversetzt werden. 80 Prozent der EU-Lebensräume
sind in schlechtem Zustand. Das Stockholmer SIPRI-Institut warnt vor der zunehmenden
nuklearen Aufrüstung. Aus dem Jahresbericht geht hervor: Die Zahl
der einsatzbereiten Atomsprengköpfe steigt kontinuierlich
auf zuletzt 9500. Fast alle sind
im Besitz der USA und Russlands. Laut SIPRI baut inzwischen aber China sein Nukleararsenal schneller aus
als jedes andere Land. 2023 testen die USA eine Minuteman. Eine Interkontinentalrakete,
die es seit Ende der 60er-Jahre gibt. Sie kann mit Atomsprengköpfen
bestückt werden. Bald soll sie von einem
effizienteren System abgelöst werden. Für Friedensforscher wie Dan Smith ein Beispiel
für ein neues atomares Wettrüsten. Manche Waffensysteme
haben sich mit der Zeit abgenutzt. Wie ein Auto. Und bei den Nachfolgern
will man etwas Besseres. Es geht um mehr Präzision,
um größere Reichweiten. Oder mehr Sprengköpfe pro Rakete. Mehr als 12.000 atomare Sprengköpfe
gebe es weltweit. Die meisten
seien im Besitz der USA und Russland. So geben die USA an,
noch 5044 Atomwaffen zu besitzen. Laut russischen Angaben
sinkt die Zahl auf 5580. China dagegen baue
sein Nuklearwaffen-Arsenal aus. 500 Sprengköpfe soll Peking besitzen. Zum einen will China den Status
einer Großmacht erreichen. Dazu gehören atomare Waffen. Zum anderen bereitet sich China auf verschiedene Bedrohungen
und Szenarien vor. Das treibt die Zahl
weiter nach oben. Mehr einsetzbereite Atomwaffen – ein Trend, der sich laut Forschern
fortsetzen wird. Der SIPRI-Jahresbericht
zeichnet ein düsteres Bild. Von der Kita bis zur Uni: Das deutsche Bildungssystem
arbeitet am Anschlag. Dieses alarmierende Fazit zieht
der neue nationale Bildungsbericht. Es fehlt an Geld und die
Herausforderungen sind vielfältig: Durch Zuwanderung und Digitalisierung
entstehen neue Anforderungen. Es gibt soziale Ungleichheit, weil das Elternhaus
oft die Bildungschancen bestimmt. Aber eines größten Probleme
bleibt der Personalmangel. Den Fachkräftemangel an Schulen
sieht Schulleiter Robert Giese aus Berlin
seit Jahren auf sich zukommen. Vor allem in den Naturwissenschaften
sind Lehrer knapp. Im schlimmsten Fall gibt es Schulen, die bestimmte Fächer
nicht mehr unterrichten. Die dann sagen: "Wir können's nicht. Wir machen dafür mehr Deutsch, können aber Physik
nicht unterrichten." Nach Berechnungen
der Kultusministerkonferenz fehlen bundesweit
68.000 Lehrkräfte bis 2035. Andere Prognosen rechnen mit
doppelt so vielen fehlenden Lehrern. Um das Problem zu lösen, verweist der Bildungsbericht
auf zugewanderte Lehrkräfte. Aber nur 14 % von ihnen
wurden 2023 anerkannt. Bei dieser Gruppe
müssen wir überlegen, ob bestimmte Voraussetzungen,
die wir an den Beruf binden, in Zeiten des Mangels
hinreichend sind. Eine andere Möglichkeit:
Seiteneinsteiger. 2023 gab es besonders viele
in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Die Präsidentin
der Kultusministerkonferenz will noch mehr gewinnen: Auch Hochschulabsolventen
mit nur einem Unterrichtsfach. Bislang müssen es häufig zwei sein. Wir werden uns auseinandersetzen mit der
Ein-Fach-Lehrkräftequalifizierung. Das heißt, zusätzliche Wege
ins Lehramt schaffen. Der Schulleiter Robert Giese
blickt dem skeptisch entgegen. Denn oft seien Seiteneinsteiger
keine Pädagogen und das merke man
gelegentlich am Unterricht. Heute ist die Staatssekretärin
im Bildungsministerium, Döring, entlassen worden. Im Kern geht es um den Vorwurf,
dass im Bildungsministerium gegen die Wissenschaftsfreiheit
verstoßen wurde. Döring hat angeblich
im Alleingang prüfen lassen, ob kritischen Wissenschaftlern
Fördergelder entzogen werden können. Hintergrund ist ein offener Brief
dieser Hochschuldozenten zu Nahost-Protesten. Aber auch Dörings Chefin,
Bildungsministerin Stark-Watzinger, steht in der Kritik. Es geht am Nachmittag um
den Bildungsbericht – eigentlich. Ein anderes Thema
stößt auf mehr Interesse. Hat Bildungsministerin
Stark-Watzinger prüfen lassen, ob kritischen Wissenschaftlern
Mittel gestrichen werden könnten? Nein, so die Ministerin. Ich habe den Auftrag,
förderrechtliche Konsequenzen prüfen zu lassen,
nicht erteilt und nicht gewollt. Der durch diesen Vorgang
erweckte Eindruck ist geeignet, das Vertrauen von Wissenschaftlern
in das BMBF zu beschädigen. Deswegen habe sie,
Ministerin Stark-Watzinger, die Entlassung ihrer Staatssekretärin
Döring beantragt. Sie soll verantwortlich sein. Der Hintergrund: Anfang Mai wird
an der Freien Universität Berlin ein pro-palästinensisches Protestcamp
durch die Polizei aufgelöst. Lehrende sprechen sich
in einem offenen Brief gegen solche Polizeieinsätze aus. Daraufhin will das
Bildungsministerium überprüfen, ob den Unterzeichnern des Briefes
Fördermittel entzogen werden könnten. Die Opposition hat Fragen. Wir wollen, dass die Ministerin
Aufklärung schafft, über das,
was im Hause stattgefunden hat. Und auch, ob das, was sie
in ihrem Statement beschreibt, für ihre Staatssekretärin gilt
oder für sich selbst. Wer wusste wann was?
Wer war verantwortlich? Grüne, SPD, AfD und CDU fordern,
dass aufgeklärt wird. Einsamkeit - dieses Gefühl
verbinden die meisten vor allem mit älteren Menschen. Eine neue Bertelsmann-Studie
aber zeigt: Auch fast jeder Zweite zwischen
16 und 30 Jahren in Deutschland fühlt sich einsam. Eine Entwicklung, die durch
die Corona-Pandemie verschärft wurde. Gründe könnten
häufige Arbeitsplatz-Wechsel und veränderte
Kommunikationsformen sein. Heute startet die Bundesregierung
eine Aktionswoche. Gedenken an den Volksaufstand 1953
in der DDR. Berlins Bürgermeister Wegner
erinnerte daran: Die Demonstrierenden damals hätten für Menschenrechte
und Freiheit gekämpft. Eine Million Menschen waren
in der DDR auf die Straße gegangen, um gegen das vorgegebene
Arbeitspensum und die schlechter werdende
Versorgung zu demonstrieren. Bei den Protesten vor 71 Jahren
wurden mehr als 50 Menschen getötet, 15.000 wurden verhaftet. Bei zwei Bootsunglücken
mit Flüchtlingen starben vor der italienischen Küste
mindestens elf Menschen. Mehr als 60 werden noch vermisst. Deutsche Seenotretter
konnten vor der Insel Lampedusa 51 Menschen von Bord
eines havarierten Holzbootes retten. Ein weiteres Unglück gab es vor der Küste der
süditalienischen Region Kalabrien. Ein Handelsschiff nahm zwölf Menschen
von dem gekenterten Boot auf und übergab sie der Küstenwache. Einer der Geretteten
starb später an Land. Zerstörte Stühle
aus dem Fußballstadion in Charkiw: Damit wurde heute in München
vor dem ersten Spiel der Ukraine bei der EM an den Krieg erinnert. Später in der Allianz Arena
ging es nur noch um Fußball. Die Ukraine kassierte
eine 0:3-Niederlage gegen Rumänien. In einem bis dahin schwachen Spiel
gehen die Rumänen in Gelb in der 29. Minute durch einen Treffer
von Stanciu in Führung. Vorausgegangen war der Fehler
des ukrainischen Torhüters Lunin, der anschließend chancenlos ist. Bis dahin
mangelt es an klaren Torchancen. Nach dem Wechsel
erhöht Marius Marin auf 2:0 (53.). Nie führte Rumänien
bei einer EM so deutlich. Es wird noch besser: Dragus mit dem 3:0 (57.). Kurz vor dem Ende trifft Yaremchuk
für die Ukraine nur die Latte, es bleibt beim 3:0. Außenseiter Rumänien startet
spektakulär ins EM-Turnier. Im zweiten Spiel der Gruppe E
sind die belgischen Fans in Frankfurt voller Vorfreude. Doch der Außenseiter aus der Slowakei
überraschend mit dem Führungstreffer. Schranz, der Torschütze
zum 0:1 nach sieben Minuten. Mit diesem Rückstand für das Team
des Ex-Bundesligatrainers Tedesco geht's in die Pause. Zehn Minuten nach dem Wechsel
dann der vermeintliche Ausgleich. Lukaku allerdings knapp im Abseits. Belgien danach mit Chancen,
doch ohne entscheidende Genauigkeit. Das Tor der Slowaken wie vernagelt. Und kurz vor dem Abpfiff
Pech für Belgien: Lukakus Treffer zählt wieder nicht,
vorher gab's ein Handspiel. 0:1 der Endstand. Die Slowakei schlägt Belgien - die
erste große Überraschung dieser EM. Nun die Wettervorhersage
für morgen, Dienstag, den 18. Juni. Quer über Deutschland
bildet sich eine Luftmassengrenze. Auf der kühleren, nördlichen Seite
gibt's teilweise kräftige Regenfälle, auf der schwül-warmen, südlichen
Seite drohen unwetterartige Gewitter. Heute Nacht
lassen Schauer und Gewitter nach und im Süden sowie in Küstennähe
klart es häufiger auf. Morgen im Süden oft sonnig, sonst teils Sonne,
teils dichte Wolken. In einem breiten Streifen
vom Westen bis in den Osten Schauer und Gewitter
mit Unwettergefahr. Im Nordwesten
später kräftige Regenfälle, am Abend auch im Norden. Im Süden sind
heftige Hitzegewitter möglich. Mittwoch vom Südwesten bis
in den Osten Schauer und Gewitter, die südlich der Donau
heftig sein können. Sonst freundlich. In den folgenden Tagen können sich
entlang der Luftmassengrenze unwetterartige Schauer und Gewitter
entwickeln. In den tagesthemen
in der Halbzeitpause um 21.50 Uhr fragen wir nach der Einigung
zur künftigen EU-Spitze. Und schauen auf
Bildungsministerin Stark-Watzinger in der Fördergeld-Affäre. Ihnen einen schönen Abend. Copyright Untertitel: NDR 2024