Randschichthärten von Stahl Zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit von sich berührenden Bauteilen ist eine harte Oberfläche erforderlich. Dies ist beispielsweise bei Zahnflanken von Zahnrädern der Fall, die im Betrieb permanent aufeinander abgleiten. In diesen Fällen bietet sich grundsätzlich das Härten als mögliche Wärmebehandlung an. Nachteilig ist jedoch die gleichzeitige Abnahme der Zähigkeit.
bzw. die Versprödung des Stahls, die zu unvorhersehbarem Werkstoffversagen führen kann. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, nur die Oberfläche eines Bauteils zu härten, sodass der Bauteilkern seine Zähigkeit behält.
Man spricht dann vom Randschichthärten oder vom Oberflächenhärten. Typische Fälle für das Randschichthärten sind die bereits erwähnten Zahnräder oder Führungsschienen. Aber auch Kurbelwellen oder Nockenwellen werden nach einem vorgeschalteten Vergütungsprozess in der Regel nachträglich oberflächengehärtet.
Merke also, beim Randschichthärten wird zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit nur die Randschicht gehärtet, sodass der Bauteilkern weiterhin zäh bleibt. Je nach Art des Randschichthärtens gibt es verschiedene Verfahren, wie zum Beispiel das Flammhärten, das Induktionshärten, das Laserhärten, das Einsatzhärten oder das Nitrierhärten. Bis auf den Sonderfall des Nitrierens beruht die Härtesteigerung wie beim normalen Härten oder Vergüten auf Gefügeveränderungen während des Erwärmens und des anschließenden Abschreckens. Nähere Informationen hierzu finden sich im verlinkten Video.
In diesem Video gehen wir näher auf die genannten Oberflächenhärteverfahren ein. Betrachten wir zunächst das Flammhärten etwas genauer. Beim Flammhärten wird eine Brennerflamme über die zu härtende Werkstoffoberfläche geführt. Durch die hohen Temperaturen wird die Oberfläche austenitisiert und der Stahl geht von der kubisch-raumzentrierten Faridstruktur in die kubisch-flächenzentrierte Austenitstruktur über.
Der zuvor im Zementit gebundene Kohlenstoff wird hierdurch im Austenitgitter löslich. Unmittelbar hinter den Brennerflammen sind Wasserdüsen angeordnet, mit denen die erhitzte Oberfläche dann abgeschreckt wird. Die rasche Abkühlung sorgt dafür, dass der Kohlenstoff nicht mehr aus dem sich umwandelnden Gitter ausdiffundieren kann. Durch den zwangsgelösten Kohlenstoff entsteht eine verzerrte Gitterstruktur, die als Martensit bezeichnet wird.
Dieses Martensit-Gefüge ist sehr hart und maßgeblich für die Verschleißfestigkeit nach dem Abschrecken verantwortlich. Im Gegensatz zum klassischen Härten oder Vergüten ist ein anschließendes Anlassen beim Flammhärten nicht üblich. Dies gilt in der Regel auch für die anderen Randschichthärteverfahren, da der ungehärtete Kern bereits eine ausreichende Zähigkeit besitzt, sodass das Bauteil durch das Abschrecken insgesamt nicht versprödet und noch eine gewisse Verformbarkeit aufweist. Die Dicke der gehärteten Randschicht kann durch die Vorschubgeschwindigkeit gesteuert werden, mit der die Brennerflamme über die Werkstückoberfläche geführt wird.
Je langsamer die Geschwindigkeit ist, desto tiefer kann die Wärme eindringen und das Gefüge austenitisieren und desto dicker ist die Randschicht nach dem Abschrecken. Gleichzeitig muss natürlich auch die für die Martensittbildung notwendige Abkühlgeschwindigkeit in den tieferen Randschichten gegeben sein. Da Legierungselemente im Allgemeinen die kritische Abkühlgeschwindigkeit herabsetzen, können bei hochlegierten Stählen auch tiefere Randschichten gehärtet werden. Das Flammhärten ist eines der ältesten Randschichthärteverfahren. Es st��ßt jedoch aufgrund der relativ sperrigen Anordnung von Brennerdüsen und Wasserdüsen vor allem bei kleinen Bauteilen mit komplexen Geometrien an seine Grenzen.
So werden beispielsweise bei sehr kleinen Zahnrädern nicht unbedingt nur die Flanken gehärtet, sondern aufgrund der relativ großen Wärmeeinflusszone auch die weiter innen liegenden Bereiche. Bei großen zu härtenden Flächen ist zwar die Gefahr einer ungewollten Härtung geringer, jedoch ist der konstruktive Aufwand höher, da die Form des Brenners und der Wasserdüse immer der Werkstückform angepasst werden muss. Auch hinsichtlich der Genauigkeit der Einhärtetiefe ist das Flammhärten zum Beispiel dem Induktions-und Laserhärten in der Regel unterlegen. Grundsätzlich sollte die Erwärmung bei allen Verfahren zur Randschichthärtung so schnell wie möglich erfolgen, um die Wärmeeinflusszone auf unerwünschte Bereiche gering zu halten.
Andernfalls besteht die Gefahr von Wärmespannungen bzw. des Verzugs der Bauteilgeometrie. Außerdem tritt bei langen Erwärmungszeiten eine verstärkte Zunderbildung auf, die in der Regel eine entsprechende Nachbearbeitung erforderlich macht. Auch wenn eine rasche Erwärmung stets erwünscht ist, muss jedoch beachtet werden, dass der thermodynamische Gleichgewichtszustand im Gefüge nicht mehr gegeben ist.
Dies führt zu einer Verschiebung der Austenitisierungstemperatur zu höheren Werten. Grundsätzlich entsteht durch die Brennerflamme und den langen Aufheizzeiten beim Flammhärten eine relativ große Wärmeeinflusszone. Dies kann bei kleinen Geometrien, wie beispielsweise einer dünnen Welle, zu einer unerwünschten Durchhärtung über den gesamten Querschnitt führen. Um auch solche dünnwandigen Werkstücke nur an der Oberfläche im Bereich weniger Zehntelmillimeter zu härten, kann das sogenannte Induktionshärten eingesetzt werden. Das Prinzip des Induktionshärtens beruht auf dem Induktionseffekt, der auch bei Induktionskochherden oder Transformatoren genutzt wird.
Dabei wird in einer der Form des zu härtenden Werkstücks angepassten Werkzeugelektrode aus Kupfer ein hochfrequenter Wechselstrom erzeugt. Diese Elektrode wird auch als Induktor bezeichnet und bildet im übertragenen Sinne die Primärspule eines Transformators. Durch den Wechselstrom entsteht um die Elektrode ein sich ständig änderndes Magnetfeld. Dieses Wechselfeld dringt in das benachbarte Werkstück ein und erzeugt dort Wirbelströme. Das Werkstück stellt dabei die sogenannte Sekundärspule dar.
Die sehr hohen Wirbelströme von teilweise mehreren tausend Ampere pro Quadratmillimeter führen zu einer starken Erwärmung des Werkstücks. Das Abschrecken der austenitisierten Oberfläche erfolgt beim Induktionshärten in der Regel durch nachgeschaltete Wasserdüsen, die mit dem Induktor gleichmäßig über das Werkstück gezogen werden. In Fällen, in denen nur sehr geringe Einhärtetiefen erreicht werden, kann das Abschrecken auch ohne Wasserdüsen über den relativ kühlen Werkstoffkern erfolgen. Man bezeichnet dies dann als Selbstabschreckung. Da beim Induktionshärten eine sehr hohe Oberflächenhärte erreicht werden kann, können große Eigenspannungen auftreten.
Dies kann ein anschließendes Anlassen bei niedrigen Temperaturen erforderlich machen. Dass die Wärmeentwicklung hauptsächlich an der Oberfläche und weniger im Inneren des Materials stattfindet, liegt an dem sogenannten Skin-Effekt. Während bei Gleichstrom die Stromdichte in einem Leiterquerschnitt konstant ist, nimmt bei Wechselstrom die Stromdichte mit steigender Frequenz in den äußeren Bereichen zu und im Inneren ab. Die Frequenz der Wirbelströme im Werkstück ist abhängig von der Frequenz des Wechselstroms in der Elektrode. Dadurch lässt sich die Einhärtetiefe relativ einfach über die Frequenz steuern.
Je höher die Frequenz, desto stärker ist der Skin-Effekt und desto dünnere Härteschichten können erzeugt werden. Die einzustellenden Frequenzen des Wechselstroms richten sich daher nach den zu erzielenden Einhärtetiefen. Bei einer Netzfrequenz von 50 Hz sind Härteschichtdicken im Bereich von 10 bis 20 mm erreichbar.
Im Mittelfrequenzbereich von einem bis ca. 10 kHz können Schichtdicken von etwa 1 bis 5 mm erzielt werden. Im Hochfrequenzbereich bis zu mehreren Megahertz können sogar Härteschichten von nur wenigen Zehntel Millimetern hergestellt werden. Die Aufheizzeiten beim Induktionshärten sind in der Regel wesentlich kürzer als beim Flammhärten. da eine circa 10-fach höhere spezifische Heizleistung von mehreren Kilowatt pro Quadratzentimeter erreicht werden kann.
Dies hat den Vorteil, dass die Zunderbildung relativ gering ist und der Nachbearbeitungsaufwand entsprechend reduziert wird. Auch die Gefahr von Härteverzug wird deutlich minimiert. Außerdem entstehen beim Induktionshärten keine giftigen Abgase wie beim Flammhärten.
Ein weiterer Vorteil des Induktionshärtens ist die gleichmäßigere Erwärmung der Oberfläche, sofern der Induktor optimal an das Werkstück angepasst ist. Dies erfordert jedoch einen entsprechend hohen konstruktiven Werkzeugaufwand im Vorfeld, sodass das Induktionshärten vor allem in automatisierten Fertigungslinien bei hohen Losgrößen wirtschaftlich ist. Aufgrund der hohen Stromkosten steigt die Wirtschaftlichkeit, wenn nur kleine Flächen an einem Werkstück gehärtet werden müssen. Noch kürzere Aufheizzeiten der zu härtenden Oberfläche als beim Induktionshärten bietet das Laserstrahl härten. Dadurch wird der ohnehin schon geringe Härteverzug und die Verzunderung nochmals deutlich reduziert.
Unter Schutzgas kann eine Oxidation der Oberfläche sogar vollständig vermieden werden. Beim Laserhärten wird ein Laserstrahl mit etwa 10-facher spezifischer Leistung im Vergleich zum Induktionshärten über die zu auszenitisierende Werkstückoberfläche geführt. Die enorme Wärmeleistung des Diodenlasers von mehreren Kilowatt führt in kürzester Zeit zu einer Erwärmung der Randschicht bis knapp unter die Schmelztemperatur. Da die Wärmeeinbringung auf den lokalen Brennfleck des Lasers begrenzt ist, wird eine unnötige Erwärmung unerwünschter Bereiche vermieden. Dies führt dazu, dass der lokal erwärmte Bereich durch die kühleren Umgebungsbereiche rasch abgeschreckt wird.
Diese Selbstabschreckung macht ein Abschrecken mit Wasserdüsen überflüssig. Der Lasersport umfasst je nach Fokussierung und Prozessführung eine Spurbreite von 1 bis ca. 50 mm. Großflächige Randschichten müssen daher zeilenweise mit dem Laser abgetastet werden. Typische Randschichthärtetiefen beim Laserhärten liegen im Bereich von 0,1 bis 2 mm.
Wie beim Induktionshärten gilt auch beim Laserhärten. dass die Wirtschaftlichkeit umso höher ist, je kleiner die zu härtenden Flächen und je geringer die Randschichttiefen sind. Das Laserhärten eignet sich vor allem für sehr schwer zugängliche Stellen wie Absätze oder Sacklöcher.
Grundsätzlich gilt für Stähle, dass die Zähigkeit mit abnehmendem Kohlenstoffgehalt zunimmt, da dann weniger spröde Zementitanteile im Gefüge vorhanden sind. Sollen Bauteile also sehr zäh sein, müssen sie zwangsläufig relativ kohlenstoffarm sein. Gleichzeitig sinkt aber durch den geringen Kohlenstoffgehalt die Härtbarkeit des Werkstoffes, da gerade der zwangsweise im Gitter gelöste Kohlenstoff zur notwendigen Martensittbildung führt.
Um auch solche kohlenstoffarmen Stähle härten zu können, bedient man sich des sogenannten Einsatzhärtens. Beim Einsatzhärten wird ein kohlenstoffarmer Stahl. Ein sogenannter Einsatzstahl mit maximal 0,2% Kohlenstoff zunächst einer kohlenstoffhaltigen Umgebung ausgesetzt. Früher hatte man den Stahl hierzu in mit Kohlegranulat gefüllte Kästen eingesetzt und diese dann luftdicht verschlossen. Aus diesem Grund auch die Bezeichnung Einsatzhärten.
Anschließend wird der Stahl bei Temperaturen zwischen 900 und 1000 Grad Celsius für mehrere Stunden in einen Glühofen gestellt. Heutzutage werden die Bauteile meist in kohlenstoffhaltigen Atmosphären in Gasöfen oder in Salzschmelzen geglüht. Die im Folgenden erläuterten physikalischen Vorgänge sind dabei aber grundsätzlich dieselben. Durch die hohen Temperaturen diffundiert der in der Umgebung enthaltene Kohlenstoff in die Randschicht des Bauteils und führt dort zu einer Anreicherung des Kohlenstoffgehaltes auf ein herdbares Niveau von etwa 0,8% Kohlenstoff. während der Kern weiterhin kohlenstoffarm bleibt.
Diese Kohlenstoffanreicherung in der Randschicht wird auch Aufkohlung genannt. Die Aufkohlungstiefen liegen in der Regel zwischen 0,1 bis 5 mm. Nach dem Aufkohlen der Randschicht auf die gewünschte Härtbarkeit erfolgt das eigentliche Härten durch Abschrecken im Wasserbad oder in einem anderen Abschreckmedium.
Je nach Prozessführung wird der Stahl direkt nach dem Aufkohlen abgeschreckt. Man spricht dann von Direktherten, oder der Stahl wird nach dem Aufkohlen zunächst langsam an Luft abgekühlt und der Härtevorgang nachträglich durchgeführt. Nach dem Einsatzherten ist im Allgemeinen ein nachträgliches Anlassen erforderlich, um die großen Spannungen abzubauen, die durch die starken Härteunterschiede zwischen Oberfläche und Bauteilkern entstanden sind.
Nach dem Einsatzherten ist die Bauteiloberfläche nicht nur sehr hart und verschleißfest, sondern die erzeugten Druckeigenspannungen erhöhen die Dauerfestigkeit in besonderem Maße. Deshalb ist das Einsatzhärten besonders für dynamisch beanspruchte Bauteile wie Zahnräder oder Antriebswellen geeignet. Den bisher vorgestellten Verfahren zur Randschichthärtung ist gemeinsam, dass die harte Randschicht durch eine martensitische Gefügeumwandlung erreicht wird. Eine solche Gefügeumwandlung ist jedoch für eine präzise Fertigung mit möglichst geringem Nachbearbeitungsaufwand hinderlich, da die Gefügeumwandlung in der Regel zu einem Härteverzug führt. Auch die sich bildenden Zunderschichten können eine Nachbearbeitung erforderlich machen.
In solchen Fällen kann das Nitrierhärten Abhilfe schaffen, bei dem keine Gefügeumwandlung stattfindet. Das Nitrierhärten wird auch als Nitrieren bezeichnet. Beim Nitrieren werden spezielle Stähle, sogenannte Nitrierstähle, die Legierungselemente wie Aluminium, Chrom, Molybden, Vanadium oder Titan enthalten, bei Temperaturen um 500°C einer stickstoffhaltigen Umgebung ausgesetzt.
Die Stickstoffatome diffundieren in die Stahloberfläche und verbinden sich dort mit den vorhandenen Legierungselementen zu harten und verschleißfesten Nitriden. Während die Oberflächenhärte durch die gebildeten Nitride stark zunimmt, bleiben die Eigenschaften des Bauteilkerns nahezu unverändert, da sich die Nitride nur an der Oberfläche bilden. Die Schichtdicken liegen im Bereich von 0,1 bis 1 mm.
Dickere Nitridschichten sind nur mit sehr hohem Aufwand möglich. Die langen Glühzeiten von teilweise mehreren Tagen können das Nitrierhärten sehr zeitaufwendig und damit teuer machen. Die an der Oberfläche gebildeten Nitride führen zusätzlich zu Spannungen im Werkstoff.
Diese stellen jedoch keineswegs eine Schwächung dar, sondern erhöhen durch die erzeugten Druckeigenspannungen die Dauerfestigkeit des Bauteils in besonderem Maße. Außerdem wird durch die Nitridschicht die Korrosionsbeständigkeit verbessert. Ich hoffe, dass Ihnen das Video gefallen hat und Sie es hilfreich fanden. Vielen Dank fürs Anschauen.