Kölliken im Schweizer Kanton Aargau. Etwa 4000 Einwohner leben in diesem Dorf. Ein beschaulicher Ort, vor allem bekannt wegen seiner Strohdachhäuser aus dem 19. Jahrhundert. Doch der Schein trügt, denn ab 1978 haben vor allem die Basler Chemie, aber auch die Kantone Aargau und Zürich mitten im Wohngebiet ihren zum Teil hochgiftigen Müll abgeladen. Die Beschwerden über den stinkenden Müll häufen sich.
Erst 1985 setzt die Gemeinde die Schließung der Sondermülldeponie durch. Doch jetzt gefährdet das Wasser, das aus der Deponie austritt, das Grundwasser. Zum Schutz der Bevölkerung steht heute die größte Halle der Schweiz, mitten im kleinen Kölliken.
Das ist jetzt weit über die Grenzen hinaus bekannt für die größte Umweltzünde des Landes und für eines der komplexesten Sanierungsprojekte in der Welt. in ganz Europa. Verantwortlich für den Rückbau dieses rund 14'000 Quadratmeter grossen, verseuchten Geländes ist der Geologe Dr. Benjamin Müller. Der Anfang dieser Deponie war ein Versuch, die dann... die damals in den 70er Jahren noch ungeregelte Müllablagerung in geordnete Bahnen zu bringen.
Dummerweise war der Ort ungeeignet, es ist bewohntes Gebiet. Und die Deponie ist auch sehr unsorgfältig gebaut worden, sage ich. Man hat die geologischen Grundlagen nicht richtig designt, man hat die Gefahren unterschätzt.
Hier herrscht eine lebensfeindliche Atmosphäre wie auf einem anderen Planet. Rund 500.000 Tonnen Sonderabfälle lagern unter der riesigen Halle. Auch giftige und krebserregende Substanzen wie Toluol, Benzol oder chlorierte Kohlenwasserstoffe. Vorsichtig graben die Spezialisten die Fässer und Säcke aus. Was sie finden, ist mitunter extrem gefährlich.
Jeder hier bewegt sich in einem kompletten Schutzanzug mit Atemgerät. Wir haben grossen Respekt vor Phosphor oder Magnesium. Das sind Stoffe, die selber mit Sauerstoff reagieren, um zu brennen. beginnen.
Es ist vor allem auch gefährlich, wenn das nachts losgeht, wie das im Jahr 2008 der Fall war, als wir einen grösseren Brand hatten, der uns etwa ein ganzes Jahr zurückgeworfen hat. Die Konsequenz, Wärmebildkameras überwachen jetzt die gesamte Halle. Jedes Fahrzeug ist mit solch einer Spezialkamera ausgestattet.
So sehen die erfahrenen Umwelttechniker sofort, wenn es brenzlig wird. Das nächste große Problem, das verseuchte Deponiewasser. 18 Meter unter der Erde läuft eine Drainage um das Gelände herum. Sie ist 650 Meter lang und soll verhindern, dass das kontaminierte Deponiewasser ins Grundwasser dringt. Regelmäßig werden Proben genommen.
Nur so lässt sich kontrollieren, ob die zulässigen Grenzwerte für die diversen Schadstoffe eingehalten werden. Jedes Fass, jeder Sack wird einsam. Einzelnen ausgegraben. Zwar gibt es Einlagerungspläne, mit deren Hilfe sich abschätzen lässt, wo in etwa sich was befindet, doch die sind nicht immer zuverlässig.
Mit Spitzenbaggerfingern werden die Deckel abgezogen. Nur so können die Umweltexperten im Begleitfahrzeug überhaupt abschätzen, welche Art von Sondermüll sich darin verbirgt. Sie entscheiden dann, in welchen Container der Müll gepackt werden muss.
Jedes einzelne Fass wird dann ferngesteuert, beprobt, stets unter den prüfenden Augen der Fachleute. Das dürfte Ammoniumbromid sein. Ein Stoff, der uns mit dem Geruch extrem Mühe macht. Das ist das stinkendste Zeug, das wir überhaupt haben. Das macht uns in der Abluftbehandlung auch Mühe.
Dann die roten Dinge. Vermutlich Rückstände. aus der Farbstoffindustrie.
Die eher grünlichen Schlemme, die in den hinteren Fässern da sind, da könnte Kupfer drin sein, in der Regel oxidiertes Kupfer wie Grün oder auch Chrom, also Galvanikschlemme könnten das sein. Damit die Experten tatsächlich wissen, um welche Wie viele Schadstoffe es sich handelt, sind mehr als 120 Laboruntersuchungen notwendig. Erst dann wird sortiert und neu verpackt, was einst achtlos weggekippt wurde.
Eine Mammutaufgabe. Aber nur so kann gewährleistet werden, dass am Ende wirklich jeder Stoff auf bestmögliche Weise unschädlich gemacht wird. 50 Tonnen Sondermüll pro Waggon.
Täglich rollt ein Zug mit elf solchen Waggons von der Baustelle. Ein Teil kann in der Schweiz direkt entsorgt werden. Andere Container haben einen weiteren Weg.
Die giftigste Materialkategorie ist der Inhalt von Fässern, Big Bags und Gebinden, also die pure Chemie. Diese Abfälle werden separat gehandelt, in eigenen Containern. werden, wenn die Analytik vorliegt, auch separat transportiert und kommen direkt in Hochtemperaturverbrennungsöfen in Deutschland in der Regel. Bis zum Jahr 2016 wird der Rückbau der Sondermülldeponie wohl nicht mehr möglich sein.
noch dauern. Die Kosten mindestens 600 Millionen Euro. Wenn dann endlich alle Arbeiten beendet sind und die Abbauhalle verschwunden ist, könnte Köllecken wieder ein beschauliches kleines Dorf in der Schweiz werden.