Transcript for:
Wasserstoffbrückenbindungen

Habt ihr euch schon mal gefragt, wieso Eiswürfel im Glas immer oben bleiben, auch wenn man sie runterdrückt? Nein? Solltet ihr aber, ist eigentlich voll interessant. Heute geht es um: Langes Wort, aber könnt ihr euch direkt für immer merken, denn Wasserstoffbrückenbindungen spielen in der Natur und unserem Leben eine ganz wichtige Rolle. Womit haben wir es hier genau zu tun? Bei einer Wasserstoffbrückenbindung handelt es sich um eine sogenannte zwischenmolekulare Wechselwirkung. Also keine chemische Bindung wie Atom- oder Ionenbindung, also Anziehungskräfte zwischen Atomen innerhalb eines Moleküls, sondern eine Kraft, die zwischen zwei oder mehreren Molekülen wirkt. Wasserstoffbrückenbindungen entstehen zwischen Molekülen, wenn Wasserstoff an einen, man sagt, elektronegativeren Partner gebunden ist. Elektronegativ könnt ihr euch ungefähr so vorstellen: Mal angenommen ihr habt ein Wassermolekül, also H2O. Ein Sauerstoffatom ist hier an zwei Wasserstoffatome gebunden. Man sagt, Wasser ist ein polares Molekül, habt ihr vielleicht schon mal gehört. Das liegt daran, dass die Bindung zwischen Wasserstoff und Sauerstoff polar ist. Das Wort "polar" kommt nicht von ungefähr, unsere Erde hat ja auch zwei entgegengesetzte Pole, Nord und Süd. Das Wort beschreibt also oft etwas, wo zwei Partner verbunden, aber entgegengesetzt oder unterschiedlich sind. Und diese Polarität kommt zustande, weil Sauerstoff elektronegativer ist als Wasserstoff. Das hört sich jetzt ein bisschen kompliziert an, ist es aber gar nicht mal, pass auf: Die Elektronegativität gibt an, wie gut ein Atom die Bindungselektronen, also die zwei Elektronen in einer Bindung, an sich ranziehen kann. Wie groß genau die Elektronegativität eines bestimmten Elements ist, verrät uns das Periodensystem. Dort ist die Elektronegativität in der Regel auf dem Elementensymbol, also auf dieser Tafel, angegeben. Je größer der Wert, desto größer die Elektronegativität. Bei Sauerstoff haben wir eine Elektronegativität von 3,4. Bei Wasserstoff eine von 2,2. Das bedeutet, wenn Sauerstoff und Wasserstoff eine Bindung eingehen, dann kann Sauerstoff eine stärkere Anziehungskraft auf das Elektronenpaar ausüben als Wasserstoff und so die beiden Elektronen innerhalb der Bindung näher an sich ranziehen. Die vier elektronegativsten Elemente sind übrigens Fluor, Sauerstoff, Stickstoff und Chlor. Und alle vier sind in Verbindung mit Wasserstoff auch dazu in der Lage, Wasserstoffbrückenbindungen auszubilden. Zurück zum Wassermolekül. Dadurch, dass Sauerstoff die Elektronen stärker zu sich zieht, wird die Elektronendichte um den Sauerstoff herum vergrößert und um den Wasserstoff herum verkleinert. Wir wissen ja von Ionen, dass elektrische Ladung dadurch entsteht, dass Atome Elektronen aufnehmen oder abgeben. Ganz so extrem ist das hier nicht, aber es geht in dieselbe Richtung. Der Sauerstoff nimmt die Elektronen vom Wasserstoff zwar nicht ganz auf, aber zieht sie, wie gesagt, näher an sich ran. Und dadurch entsteht auch eine Art Ladung, man nennt diese Ladung Partialladung. Da der Sauerstoff die Elektronen zu sich zieht, ist er teilweise negativ geladen. Und da sich die Elektronen dadurch etwas weiter vom Wasserstoff entfernen, ist der Wasserstoff teilweise positiv geladen. Diese Partialladung kennzeichnet man so: Dieses Zeichen heißt Delta, kommt aus dem griechischen Alphabet und man schreibt dann entweder δ+ oder δ-. Nehmen wir noch mal das Wassermolekül und schauen uns diese Partialladungen mal an. Das Wassermolekül ist ja geknickt. Jetzt haben wir auf der einen Seite eine positive Partialladung bei den Wasserstoffatomen und auf der anderen Seite eine negative Partialladung mit dem Sauerstoffatom. Und das ist genau das, was ich gerade mit "polar" meinte. Wir haben hier zwei Pole, so ähnlich wie bei einer Batterie, ein Pluspol und einen Minuspol. Man sagt dazu auch Dipol. Jetzt wissen wir schon mal, dass Wassermoleküle Dipole sind. Und was wir auch wissen ist, dass sich negative Ladungen und positive Ladungen gegenseitig anziehen. Wenn wir jetzt mehr als ein Wassermolekül betrachten, sehen wir, dass sich die Moleküle so ausrichten, dass jeweils der Pluspol des einen Moleküls und der Minuspol des anderen Moleküls sich anziehen. Und schon haben wir eine Wasserstoffbrückenbindung zwischen den Wassermolekülen. Wie bereits erwähnt, können sich Wasserstoffbrückenbindungen aber nicht nur zwischen Wassermolekülen bilden. Auch Flusssäure, Ammoniak und Salzsäure sind dazu in der Lage. So eine Wasserstoffbrückenbindung ist natürlich nicht so stabil wie eine Ionen- oder Atombindung. Sie ist aber mindestens genauso wichtig. Und so kommen wir zurück zu Wasser und Eis. Dass Eiswürfel im Glas oben schwimmen ist, wenn man genau drüber nachdenkt, eigentlich megastrange. In unserem allerersten Video zu den Aggregatzuständen haben wir doch gelernt, dass ein Feststoff eine höhere Dichte hat als eine Flüssigkeit. Deswegen müsste Eis als festes H2O doch eigentlich untergehen. Dass das aber nicht passiert, haben wir den Wasserstoffbrückenbindungen zu verdanken, denn beim Gefrieren von Wasser passiert etwas ziemlich Interessantes. Die Wassermoleküle lagern sich zu einem Sechsring zusammen, der durch Wasserstoffbrückenbindungen verbunden ist. Dadurch entsteht ein Freiraum in der Mitte der Moleküle und durch diese Leerräume entsteht eine geringere Dichte. Genau deswegen schwimmt Eis oben, nämlich weil es eine geringere Dichte als sein flüssiger Aggregatzustand Wasser hat. Diese Sechsecke sind außerdem der Grund, warum wir im Winter so schöne symmetrische Eiskristalle beobachten können. Wenn ihr genau hinschaut, dann findet ihr in Schneeflocken überall diese sechseckige Form wieder. Die Wasserstoffbrückenbindungen schützen unser Wasser aber auch davor, bei sehr niedrigen Temperaturen zu verdampfen. Bei 25 Grad liegen die meisten anderen Stoffe, deren Moleküle so klein und leicht sind wie die von Wasser, schon längst als Gas vor. Unser Wasser zum Glück nicht. Denn durch die Wasserstoffbrückenbindungen werden die Wassermoleküle deutlich fester zusammengehalten als andere Moleküle ohne Wasserstoffbrückenbindungen. Und wenn Wasser verdampft, also in den gasförmigen Zustand übergeht, müssen dazu erst mal die Wasserstoffbrückenbindungen gebrochen werden. Hierzu wird jedoch recht viel Energie benötigt, was zur Folge hat, dass Wasser erst bei 100 Grad Celsius siedet und nicht schon viel früher. Ohne Wasserstoffbrückenbindungen würde es also gar keine Meere aus Wasser geben, zumindest nicht bei den Temperaturen hier auf der Erde. Außerdem spielen Wasserstoffbrückenbindungen überall in der Natur eine wichtige Rolle. Zum Beispiel bei unserer DNA, also unserem Erbgut. DNA besteht aus langen Molekülen. Vielleicht habt ihr ja schon mal schematische Bilder gesehen, die ein bisschen wie gewundene Reißverschlüsse aussehen. Die Mitte dieses Reißverschlusses, also die Verbindung der beiden Stränge, wird durch Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten. Ihr seht also, Wasserstoffbrückenbindungen sind superwichtig. Und, so hoffe ich zumindest, vom Prinzip her gar nicht so schwer zu verstehen. Lohnt sich also, sich dieses lange Wort zu merken. Wenn euch das Video gefallen hat hinterlasst einen Daumen nach oben, wenn ihr Fragen habt, schreibt sie in die Kommentare und jede Woche gibt es neue Chemievideos. Deswegen Abonnieren nicht vergessen, bis bald. Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017