Wie behandeln wir den Airbus, wenn er krank ist? Wenn Systeme ausgefallen sind, muss nicht zwangsläufig alles so wie vorher funktionieren. Da Krankheiten verschieden stark verlaufen können, gibt das Flugzeug mehr und mehr Kontrolle an seine Piloten ab.
Und das schauen wir uns heute an. Viel Spaß! Stell dir vor, man hat einen Schnupfen.
Klar, das ist unangenehm, man ist nicht ganz so leistungsfähig, aber man wird in den meisten Fällen noch relativ normal zur Arbeit gehen können. Man funktioniert noch, aber man müsste jetzt auch nicht gleich einen Marathon laufen gehen. Stell dir vor, man hat jetzt eine deutlich schwerere Erkrankung, bei der man zum Beispiel sogar Hilfe braucht, um sich überhaupt aufzurichten. Genau mit diesen beiden Bildern kann man eigentlich super das Verhalten des Airbuses beschreiben.
Bei einfachen Systemausfällen funktioniert der Airbus noch ganz gut. Bei schweren Systemausfällen braucht er dann umso mehr Hilfe von der Cockpit-Besatzung, da er nicht mehr seine eigenen Funktionen kontrollieren kann. Das war's für heute.
Wie das Flugzeug im Normal Law, also im gesunden Zustand funktioniert, das haben wir im letzten Video besprochen. Ich würde dir an der Stelle echt empfehlen, das noch nachzuholen, solltest du es noch nicht gesehen haben, weil vieles davon die Grundlage für dieses Video ist. Den Link findest du oben rechts.
Im Normal Law befindet sich der Airbus immer, solange er selbst alle Dinge gut einschätzen kann. Das heißt, solange er weiß, wie hoch er ist, wie schnell er ist, in welcher Konfiguration er sich befindet, ob seine Steuerflächen funktionieren. Solange er alle Informationen hat und diese durch die richtigen Computer richtig eingefügt werden, weiß der Airbus, dass er sich im Normal Law befindet. Sollten Systeme nun im Flugzeug ausfallen, was natürlich unfassbar selten ist, aber dennoch hin und wieder vorkommt, gibt es immer weitere Systeme, die grundlegend die Funktion der ausgefallenen Systeme übernehmen können.
Man sagt an der Stelle auch, Systeme sind redundant. Wird ein ausgefallenes System nun übersetzt, kann es durchaus sein, dass das ersetzende System ein paar Aufgaben mehr hat. Es muss ja immer noch seine eigene, ursprüngliche Aufgabe erledigen und trotzdem das ersetzte System auch weiterhin mitmanagen.
Stell dir das vielleicht ganz einfach folgendermaßen vor. Ein Mitarbeiter ist krank. Du musst die Aufgabe übernehmen.
Nun hast du deine eigene Aufgabe plus zusätzlich die Aufgabe des erkrankten Mitarbeiters noch gleichzeitig zu erledigen. Das heißt nun aber auch, dass man bei zwei Jobs gleichzeitig schon mittelfristig Unterstützung braucht. Man braucht eine Alternative. Und genau diese Alternative ist die erste Rückfallstufe des Airbus, das Alternate Law. Das Alternate Law gibt es dabei grundlegend in zwei verschiedenen Ausführungen.
Einmal mit Protections. und einmal ohne Protections. Den Rückfall in das Alternate Law erkennst du an den orangen Kreuzen. Überall, wo du ein Kreuz findest, weißt du, dass die Schutzmechanismen des Normal Laws nicht mehr funktionieren.
Du findest im E-Com nun Flight Control, Alternate Law, Protection Lost und auch die Empfehlung von einer maximalen Geschwindigkeit von 320 Knoten zu fliegen. Die Geschwindigkeitsanzeige ändert sich auch etwas. Alpha Prod entfällt und wird nun ganz durch den roten Bereich ersetzt. Dieser ist nun auch nicht mehr durchgehend rot und die oberste Grenze dieses Bereichs markiert nun die VSW, das Ganze steht für Stall Warning Speed. Was weiterhin gleich bleibt, egal ob Alternate Law mit oder ohne Protections, ist die Load Factor Limitations.
Das heißt auch im Alternate Law ist dein Flugzeug vor zu großen Belastungen geschützt. Und das ist an dieser Stelle tatsächlich furchtbar interessant, das ist nämlich die einzige echte Protection, die auch vollkommen im Alternate Law funktioniert. Was passiert eigentlich in dem Moment, wenn du an deinem Flight 6 ziehst. Vergleichst du das Ganze mal mit einer Cessna.
Wenn du dort an deinem Steuerhorn ziehst, dann geht über Bautenzüge direkter Ausschlag an dein Höhenruder hinten und dieses lenkt hoch oder runter. Je nachdem wie stark du an deinem Steuerhorn ziehst oder drückst. Linear so groß ist auch der Ausschlag von deinem Höhenruder und damit veränderst du natürlich die Lage deiner Nase.
Das ist beim Airbus anders. Wenn du beim Airbus die Nase runterdrückst oder hochziehst, dann ist damit keine lineare Ausschlag hinten am Höhenruder gemeint, sondern was du tust, ist dem Flugzeug eine Änderung seiner Belastung vorzugeben. nennt man auch Load Factor Demand. Das heißt, immer wenn du hoch oder runter steuerst, erfragst du von deinem Flugzeug die Änderung der Beschleunigung und im Prinzip keinen direkten Ausschlag des Höhenruders.
Etwas anders ist es, wenn wir das Rollen betrachten. Das Rollen ist jetzt nämlich sehr, sehr direkt mit deinem Ausschlag verbunden. Und das bedeutet, dass du sehr viel feinfühliger um die Längsachse deines Flugzeuges das Flugzeug drehen musst, da es viel, viel schneller als im Normal-Law reagiert. Das Gute an der Stelle, für die Trimmung gilt weiterhin das Gleiche wie im Normal-Law, die funktioniert einwandfrei.
Im Alternate Law mit Protections hat sich nun auch die High Angle of Attack Protection verändert. Die, wie im letzten Video schon erklärt, wichtigste Protection, welche vor einem Luftstromabriss schützt, wird nun 5 bis 10 Knoten vor Erreichen der Stall Warning Speed die Nase so bewegen, nach unten drücken. Dieses Verhalten kann nun aber vom Piloten überschrieben werden, sollte dieser weiter am Flightstick ziehen.
Damit wäre es hier theoretisch möglich in einen Luftstromabriss zu kommen, das Ganze müsste dann aber sehr gewollt passieren. Das Ganze ist dann in dem Sinne auch kein Schutzmechanismus mehr. Es nennt sich Low Speed Stability und genau so sollte man das auch verstehen.
Es ist eine unterstützende Funktion, aber kein echter Schutzmechanismus mehr. Das hört sich jetzt auch schon viel schlimmer an als es ist. Es soll eigentlich nur das Verhalten des Systems erklären.
Denn in dem Bereich, wo wir so hohe Anstellwinkel haben, dass dieser Mechanismus aktiv wird, in den kommen wir gar nicht erst. Die letzte Protection, die noch funktioniert. ist die High-Speed-Protection.
Auch hier wieder nennt sich das nicht mehr High-Speed-Protection, sondern High-Speed-Stability. Das bedeutet ganz einfach, dass analog zum Low-Speed-Stability, wenn du zu schnell wirst, nimmt der Flieger die Nase hoch, um langsamer zu werden. Der Pilot kann das aber, wenn er möchte, in dem Fall wieder überschreiben, sollte er es aus irgendeinem Grund tun müssen.
Kann ja sein. Auch hier wieder kein echter Schutzmechanismus, aber eine unterstützende Funktion. Zusammenfassend haben wir im Alternate Law mit Protections also die G-Load Protection, also den Schutz vor zu hohen Belastungen, Low-Speed Stability, also den Schutz vor zu hohen Anstellwinkeln und die High-Speed Stability, also den Schutz vor zu hohen Geschwindigkeiten. Im Alternate-Law ohne Protections hingegen gibt es lediglich den Schutz vor zu hohen Belastungen.
Begibt man sich nun mit dem Alternate Law in den Anflug, wird man mit Herausfahren des Fahrwerks zurück ins Direct Law gestuft. Das Direct Law ist, wie unschwer der Name schon zu erkennen gibt, die direkte Kontrolle über das Flugzeug vom Piloten. Der Airbus sagt an der Stelle, hey, das schaffe ich jetzt nicht mehr, mach du mal.
Das äußert sich zum einen darin, dass die automatische Trimmung nicht mehr funktioniert und zum anderen darin, dass alle Steuereingaben nun extrem sensibel sind. Im Primary Flight Display erscheint nun Use Manual Pitch Trim, das daran erinnert selbst zu trimmen. Das ist nun wirklich fliegerisch auch anspruchsvoll, denn neben den ausgefallenen Systemen, die ja eh auch schon Einfluss auf deine Flugeigenschaften haben können, musst du noch von Hand fliegen, ungewohnterweise trimmen und auch noch den korrekten Schub setzen.
Und weil das alles andere als Daily Ops ist, wird es regelmäßig im Simulator geübt, damit man im Falle des Ausnahmepfalls gut vorbereitet ist und sicher landen kann. Das war's für heute. Interessant an der Stelle auch, sollte man im Direct Law durchstarten müssen. Dadurch, dass die Triebwerke des Airbuses unter seinem Drehpunkt angebracht sind und wir beim Durchstarten maximalen Schub brauchen, ist das Moment, mit dem die Nase nach oben gerissen wird, einfach unfassbar groß.
Im Normal Law hilft dir der Flieger ja gegen dieses Moment gegen zu trimmen. Im Direct Law funktioniert die Trimmung aber nicht mehr. Das heißt, wenn du da durchstartest, kann es durchaus sein, dass du kräftig mit dem Stick die Nase wieder nach unten drücken musst, damit der Flieger eben... bei seinen ungefähr 15 Grad Pitch erstmal bleibt und die Nase nicht vollkommen gerade in den Himmel nimmt. Und wenn es noch schlechter kommt, kommst du in die aller allerletzte Rückfallstufe und das ist das sogenannte Mechanical Backup.
Wenn du das siehst, kannst du dich zu Recht an der Stelle fragen, warum ich? Ein fettes rotes Manual Pitch Trim Only fasst schon sehr gut zusammen was noch funktioniert. Nämlich die Trimmung und die Ruderpedale.
Das war's. Allerdings ist es quasi ausgeschlossen, in diesen Zustand zu kommen. Es müsste entweder die komplette Elektronik im Flugzeug ausfallen, was per se quasi schon nicht geht, da wir zwei Generatoren in dem Triebwerk haben, die APU, also unseren Hilfsgenerator. Wechsel Hauptstrombusse ausfallen, dann würde automatisch die Ram Air Turbine rausfallen und auch Strom liefern und zur allerletzten Not hätten wir sogar noch die Batterien, die auch Strom liefern würden. Weiterhin kämen wir ins Mechanical Backup, wenn alle Computer, die für die Flight Controls zuständig sind, ausfallen, wenn beide Höhenruder ausgefallen sind oder wenn alle Spoiler und das Querruder ausgefallen ist.
Nur dann kommen wir in das Mechanical Backup. Das Mechanical Backup nochmal ist an der Stelle wirklich nicht dazu gedacht damit zu landen. Die Höhe können wir wirklich in dem System nur noch über den Trim und alle Querlagen nur über die Ruder steuern. Wozu es gedacht ist, ist kurzfristig eine stabile Fluglage herzustellen. die es dem Piloten erlaubt im Cockpit die ausgefallenen Systeme wieder herzustellen.
Und dafür tut es seinen Job. Ob der Autopilot und die automatische Schubregelung, also der Autothrust funktioniert, hängt dabei maßgeblich vom Fehler ab. Das erste, was man macht, wenn eines der Systeme ausgefallen ist und nachdem eine sichere Fluglage eingenommen wurde, ist tatsächlich wieder zu probieren, funktioniert eigentlich der Autopilot 1 oder 2 und geht der Autothrust noch? Wenn das der Fall ist, umso besser, wenn nicht, Ich muss halt einer der beiden Piloten den Rest des Fluges komplett von Hand fliegen. Was natürlich auch geht, aber es bindet natürlich eine Menge Kapazitäten.
Nun habt ihr einen super Überblick über die verschiedenen Laws im Airbus. Im nächsten Video möchte ich mit euch einen Fall anschauen, der in echt so stattgefunden hat. Auf einem Flug sind Sensoren vereist und diese haben dafür gesorgt, dass das Flugzeug im normal Law an seine Protections geflogen ist. Das ganze hat das Flugzeug in einen unsicheren Zustand gebracht.
Der Cockpit Crew ist es dann gelungen, das Flugzeug zurück ins Alternate Load zu schalten und damit die Protection zu umgehen. Und wie das genau funktioniert hat, das schauen wir uns zusammen an. Bis dahin, always happy landings!