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Rousseau’s Civilization and Morality Critique

Das moderne Leben ist tiefgreifend mit der Idee von Fortschritt verbunden. Im 18. Jahrhundert - als europöische Gesellschaften reicher und technologischer wurden - war es die herkömmliche Auffassung, dass sich die Menschheit fest auf einer positiven Entwicklungslinie vom Barbarentum und von Ignoranz in Richtung Prosperität und Zivilisation befand. Aber es gab mindestens einen Philosophen aus dem 18. Jahrhundert, der damit überhaupt nicht einverstanden war und dieser hat selbst für unsere Zeit sehr provokative Dinge zu sagen. Jean-Jacques Rousseau wurde als Sohn eines gebildeten Uhrmachers in Genf im Jahr 1712 geboren. Als er zehn Jahre alt war, verwickelte sich sein Vater in einen Rechtsstreit und seine Familie musste Genf verlassen. Von nun an war Rousseaus Leben von tiefer Instabilität und Einsamkeit geprägt. Als junger Mann ging Rousseau nach Paris und war dort dem oppulenten Luxus ausgesetzt, der im Paris des Ancien Regime Alltag war. Das war ein grosser Unterschied zu seinem Geburtsort, Genf; eine schlichte Stadt, die dem Luxus stark entgegengesetzt war. Dann, eines Tages in 1749, las er eine Kopie einer Zeitung, den 'Mercure de France', welche eine Werbung für einen Essay enthielt über das Frage, ob neue Fortschritte in Künsten und Wissenschaft zur 'Reinigung der Sitten' beigetragen hatten. In anderen Worten: Wurde die Welt besser? Rousseau erlebte etwas wie eine Erleuchtung: Es bewegte ihn, dass Zivilisation und Fortschritt eigentlich die Menschen nicht verbessert hatten. Stattdessen hatten sie einen schrecklichen, destruktiven Einfluss auf die Moral von Menschen, die einst gut gewesen waren. Rousseau nahm diese Einsicht und machte es zu seiner zentralen These in seiner 'Abhandlung über die Wissenschaften und Künste'. Sein Argument war simpel: Individuen waren einst gut und glücklich. Aber als sich Menschen aus ihrem 'vor-sozialen' Status herausentwickelten und sich in Gesellschaften vereinigten, begannen sie, von Laster und Sünde geplagt zu werden. In diesem Werk - und in dessen Zwiling 'Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen' - ging Rousseau weiter, um zu skizzieren, wie es am Anfang der Geschichte wohl gewesen sein mag; eine idyllsche Periode, die er 'Naturzustand' nannte. Vor langer Zeit, als Männer und Frauen in Wäldern lebten und nie in ein Geschäft gegangen waren oder Zeitung gelesen hatten, mussten die Leute vernünftig ihre eigenen Gedanken verstanden haben und so das richtige Los für wichtige Aspekte eines erfütlen Lebens gezogen haben - so die Vorstellung des Philosophen (Rousseau): die Liebe einer Familie, die Respektierung der Natur, Erfurcht vor der Schönheit des Universums , eine Neugierde über andere und ein Geschmack für Musik und einfache Unterhaltung. Der Naturzustand war moralisch und wurde von spontanem Mitleid geführt; Empathie für andere und deren Leiden. Was also war mit der Zivilisation, von der Rousseau dachte, dass sie Menschen korrumpiere und moralischen Verfall erzwinge? Rousseau behauptete, dass der Gang in Richtung Zivilisation in den Menschen eine ungesunde Art von Selbstliebe geweckt hatte. Er nannte es 'amour propre'. Etwas, das künstlich war und mit Stolz, Neid und Nichtigkeit zu tun hatte. Rousseau argumentierte, dass diese destruktive Form der Selbstliebe entstanden war, als Menschen in Städte zogen und dort begannen, sich miteinander zu vergleichen und ihre eigene Identität nur aufgrund ihrer Nachbaren zu schaffen. Zivilisierte Menschen hatten aufgehört darüber nachzudenken, was diese selbst wollten und fühlten. und nur andere Leute imitierten, dabei in einen ruinösen Wettkampf eintretend, nur um Status und Geld zu erlangen - und dabei denn Sinn für ihre eigenen Gefühle zu verlieren. Rousseau wird immer mit dem Begriff 'Edler Wilder' assoziiert bleiben. Denn es war seine Leistung, die die Unschuld und die Moral unserer Vorfahren beschrieb. Er kontrastierte diese mit moderner Dekadenz. Als Rousseau schrieb, war die Europäische Gesellschaft fasziniert von der Not, die nordamerikanischen Stämme erlebten. Berichte einer Indianischen Gesellschaft, erfunden im 16. Jahrhundert, hatten die Indianer einst als materiell simpel aber psychologisch sehr reich beschrieben. Gemeinschaften waren klein, engverbunden, egalitär, religiös, verspielt und kriegerisch. Dennoch, innert weniger Jahrzente nach der Ankunft der Europäer, hatte sich das Status-System revolutioniert durch Kontakt mit Technologie und dem Luxus der europäischen Industrie. Indianer wollten nun Gewehre, Alkohol, Perlenketten und Spiegeln. Selbstmordraten und Alkoholismus war angestiegen, Gemeinschaften zerbrachen, Parteien stritten. Die moderne Welt ruinierte die Leben der Menschen, die einst glücklich im Naturzustand gelebt hatten. Rousseaus Interesse in natürlicher Güte machte in neugierig über das Wesen von Kindern. 1762 schrieb er 'Emile oder über die Erziehung' - vielleicht das erfolgreichste Buch, das je über die Erziehung geschrieben worden ist. Rousseau suggerierte, dass Kinder 'natürlich gut' geburden würden, und dass der Schlüssel ihrer Erziehung deshalb immer darin lag, sie von gesellschaftlicher Korruption zu schützen. Diese Idee war sehr einflussreich; Eltern, die zuvor ihre Kinder als boshaft oder bestenfalls als leere Blätter betrachtet hatten, sahen sie nun als Quellen der Weisheit und versuchten ihnen eine Kindheit voller Spiele und Besuchen von Wäldern und Seen zu geben. Rousseau wurde der Erfinder von kindsorientierter Ausbildung. Er war ebenfalls ein starkter Verfechter von mütterlichem Stillen, folgendes behauptend: 'Lasse Mütter herab, ihre Kinder zu stillen, und Sitten werden sich selbst formen. Die Gefühle der Natur werden erweckt in jedem Herz und der Staat wird wieder bevölkert.' Es war - das wusste er - eine kleine Übertreibung, dennoch regte es eine Welle des Stillens an, selbst unter den Wohlhabenden, die lange von dieser Praktik abgesehen hatten. Künstler beeilten sich, die neue Welle von Stillen zu malen und zu ehren. Da Rousseau den Menschen so sehr in seinem ursprünglichen Zustand schätzte, folgte auch aus seinen Romanen, dass Rousseau auch intensive Gefühle zelebrierte - anstelle von grossen Taten oder sozialen Ereignissen. In seinem Roman 'Julie', verfasst 1761, Rousseau stellte die Aufregung und Angst einer Frau aus der Oberschicht, die in einem Liebes-Dreieck gefangen war, zwischen ihrem sensiblen Tutor und ihrem langweiligen, aber sozial gebilligten aristokratischen Mann. Rousseaus Zeitgenossen mögen Julie als unweise und ihre Gefühle als eine vorübergehende Laune empfunden haben, aber Rousseau stellte ihre Liebe in einem höheren Licht dar. Er zwang uns, deren Grösse, Tiefe und Ehre zu sehen. In seinen Schriften über sein eigenes Leben war Rousseau ähnlich romantisch, oder - wie man es auch nennen könnte - von sich selbst eingenommen. In seinen berühmten 'Bekenntnnissen' - eine der ersten Autobiographien überhaupt - füllte Rousseau viele Seiten, die sein Innenleben erkunden. Wie frustrierend er Einkaufen fand; das überraschende Gefühl von Zärtlichkeit für den Partner seiner Ex-Freundin; oder die Freuden der Gärtnerei. Für ihn waren dies keine trivialen oder egoistischen Themen; sie waren Teil einer wichtigen Aufgabe: Zu zeigen, was es heisst zu leben - im Inneren des Menschen. 'Ich habe ein neues Genre konzipiert, dem Menschen etwas zu leisten', sagte er. Ihm das wirklichkeitsgetreue Bild jemandes seiner selbst zu zeigen, sodass er sich selber kennenlernt. Rousseau starb 1778, im Alter von 66 Jahren. Seine Reputation wuchs aber weiter an. Er war einer der Helden der Französischen Revolution - vom Grabe aus. Und er wurde zur Ikone für eine grosse Zahl an Künstlern und Schriftstellern des 19. Jahrhunderts. Rousseau kann als eine der Gründungsfiguren der sogenannten Romantik betrachtet werden - eine Ideologie, die das Primitive höher als das Ziviliserte wertet. Das Kind höher als den Erwachsenen; den passionierten Liebhaber höher als den ruhigen, loyalen Ehepartner. Die moderne Welt - trotz ihrem Hang zu Status, Maschinerien und kapitalistischen Werten - ist in vielen Weisen nach wie vor zutiefst romantisch. Es ist erstaunlich, dass so viel von dem, was wir als selbstverständlich oder natürlich auffassen,