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Richard von St. Victor und die Dreifaltigkeit

die Verbindung, irgendwie das Band, aber es ist doch eine eigene Person. Das muss doch auch selbst in einer solchen Liebesgemeinschaft noch mitgedacht werden. Und er deutet den Geist so, dass der Geist derjenige in der Liebe ist, auf den hin sich die Liebe öffnet. Also, Liebe ist nicht einfach nur eine Sache zwischen Zweien, sondern Schafft einen Raum auch für den Dritten. Liebe will sich weiter mitteilen. Und da alles in Gott gleichrangig ist, ist diese mitgeteilte Liebe, dieser Mitgeliebte, auf den hin sich die Liebe immer öffnet, auch Gott gleich und ist Geist. Das ist also die Pneumatologie, die Geistlehre von Richard von St. Victor und ein Zitat dazu. Wenn zwei sich gegenseitig lieben, einander ihr Herz in hohem Sehnen schenken und der Liebesstrom von diesem zu jenem, von jenem zu diesem fließt und so auf das Gegenüber gerichtet ist, dann ist zwar auf beiden Seiten Liebe da, aber die Mitliebe fehlt. Von Mitliebe kann erst dann gesprochen werden, wenn von den beiden ein Dritter einträchtig geliebt, in Gemeinsamkeit liebend umfangen wird. Und die Neigung der beiden in der Flamme der Liebe zum Dritten ununterschieden zusammenschlägt. Das ist eine ganz andere Weise, von der Personalität Gottes zu sprechen, als die Weise, in der Augustinus spricht. Da wird ausgegangen von einem personalen Austausch, der, wenn Gott selber dieser Austausch ist, so auszulegen ist, dass Gott mit sich selbst in Liebe so verbunden ist, dass er in dieser Liebe die Hingabe an den ganz anderen Gottgleichen ist. Und dass die Vermittlung dieser Liebe selbst Liebe ist, auf die sich die Liebe selbst noch einmal öffnet. Und das Interessante bei dieser Dreifaltigkeitslehre von Richard von St. Victor ist auch, Diese Liebe ist Urbild unserer Liebe als Ideal. Das ist die vollkommene Liebe. So wie Augustinus gesagt hat, dass Gott sich im Menschen abbildet und in der vollkommenen Weise Geist ist, in vollkommener Weise, wie das der Mensch nur als Abbild sein kann, so ist auch die menschliche Liebe nach Richard von Sackt-Victor erfüllt in Gott und unsere Liebe hat in dieser... vollkommenen göttlichen dreifaltigen Liebe ihr Urbild. Und das heißt dann für die menschliche Liebe, Liebe bedeutet eben die Hingabe anderen anderen und zugleich die Öffnung dieser Liebe für den Dritten, was nun auch der Dritte im menschlichen Bereich heißen mag. Das kann sozusagen der Freund sein, das kann das Kind sein, jedenfalls Liebe sprengt zugleich die Exklusivität. Sie ist exklusiv, aber sie ist zugleich inklusiv und sich öffnend. Und das Vorbild dafür ist Gott selbst in seiner Personalität, die zugleich Interpersonalität ist. Das ist also eine Weise, wie der Gottesbegriff auch philosophisch. gefasst werden kann, eine Parallele zu der Dreifaltigkeitslehre des Augustinus. Und es ist auch ein weiteres in diesem kleinen Text, De Trinitate, interessant, von Richard von St. Victor. Er entwickelt von daher dann einen Personenbegriff, der einen anderen Akzent setzt. als dieser Personenbegriff des Boetius. Sie erinnern sich? Person, individua, Substanz, ja, individuelle Substanz, rationales Nature. Aristotelische Kategorien, der Mensch ist eine Substanz, individuelle Substanz. Relationen hat er dann auch, aber diese Relationen sind äußere. Die können da sein, müssen nicht da sein. Die Personalität ist durch diese Individualität gekennzeichnet. Richard von St. Victor geht von dem Personenbegriff als Existenz aus. Als Existenz. Und er sagt, was heißt denn eigentlich Existenz? Existenz heißt Existere. Das heißt von etwas her stehen und seinen Stand haben. Und wenn Person wesentlich Existenz ist, dann ist Person wesentlich aus einer Beziehung heraus zu verstehen. Und deswegen ist Person, Existenz, wesentlich Beziehung. Und F hat ihr Vorbild in der Personalität Gottes. Und diese Personalität ist selbst Beziehung. Ist Beziehung. Bei Richard heißt es dann, ich lese es mal zunächst lateinisch vor, Quid est enim existere, nisi ex aliquo sistere, hoc est substantialiter ex. aliquese. Das heißt, Was ist existieren anderes, als von einem anderen her standfinden? Dies ist substanziell von einem anderen her sein. Wolfhard Pannenberg hat darauf hingewiesen, dass Die neuzeitliche Sicht der Person als eingebettete Interpersonalität und überhaupt weitgehend die philosophische Interpersonalität. Interpersonallehre, wie sie bei Martin Buber erscheint, bei Ferdinand Ebner erscheint und bei anderen, diese Interpersonallehre, den Menschen aus dieser interpersonalen Beziehung. zu begreifen, die einzelne Person aus diesem Beziehungsgeflecht zu begreifen, dass das eigentlich den Hintergrund hat, als Hintergrund hat die Dreifaltigkeitslehre. Aber die Dreifaltigkeitslehre eigentlich in der Weise, dass die Personen eben selbst Beziehungen sind. Und das heißt auch, dass die philosophische oder dass die Gotteslehre, das christliche Gottesbild, dann eben auch für heute eine... einen Anstoß ist, Personalität zu denken und die Tiefe der Personalität so zu denken, dass auch die Tiefe der Personalität, also der göttliche Grund der Personalität, dann so ist, wie ich diese Personalität denke, nämlich als Einheit von Inbeziehung. Nun auch noch etwas zu der neuzeitlichen Diskussion um den Personenbegriff. Da ist deutlich, dass, ich habe schon gesagt, die... Die Dreifaltigkeitslehre des Augustinus hat diesen Aspekt der Interpersonalität, der Person als Beziehung, eher in den Hintergrund treten lassen. Da war mehr und mehr von einem Subjekt die Rede. Deswegen kann man auch verstehen, dass sich dann in der Neuzeit die Philosophie teilweise dagegen gewendet hat, Gott als Person zu denken. Denn ist das Absolute, das Unendliche, dann dieses eine Subjekt über den Wolken? Ist das nicht dann eine Vermenschlichung? Bei Spinoza zum Beispiel ganz klar, da ist Gott die eine Substanz. Denken und Wille haben immer etwas Begrenztes an sich und kann mit dieser einen göttlichen Substanz nicht identifiziert werden. Besonders einflussreich wurde dann die Kritik von Gottlieb Fichte, in einem kleinen Aufsatz über den Grund unserer Vorstellung von Gott als moralische Weltordnung, wo er dann sagt, ich zitiere, was nennt er denn nun Persönlichkeit und Bewusstsein? Da geht es um die Frage, also kann Gott Person oder Bewusstsein genannt werden? Doch wohl dasjenige, was ihr euch, was ihr... in euch selbst gefunden, an euch selbst kennengelernt und mit diesem Namen bezeichnet habt. Dass ihr aber dieses ohne Beschränkung und Endlichkeit schlechterdings nicht denkt, noch denken könnt, kann euch die geringste Aufmerksamkeit auf eure Konstruktion dieses Begriffs lehren. Ihr macht so nach dieses Wesen, also Gott, durch die Beilegung dieses Prädikates der Person zu einem Endlichen, zu einem Wesen. euresgleichen. Und ihr habt nicht, wie ihr wolltet, Gott gedacht, sondern nur euch selbst im Denken vervielfältigt. Also Fichte lehnt es ab, Gott Person zu nennen. Fichte ist aber nicht irreligiös. Er sagt nur, im Namen dieses umgreifenden Unendlichen kann Gott nicht Person genannt werden, wie ein Subjekt, das dann anderem gegenübersteht. Denn Subjektivität bedeutet eben diese Einzelheit. Dieser Aufsatz und diese Kritik hatte übrigens enorme Konsequenzen. Fichte geriet dann in einen Atheismusstreit, ihm wurde Atheismus vorgeworfen und er musste dann Jena verlassen. Hegel ist hier anders. Hegel sagt, Fichte hat Recht, Gott, das Absolute, darf nicht verendlicht werden. Aber ist denn Person ein Begriff der Endlichkeit und der Grenze? Ist Personalität nicht dadurch gekennzeichnet, dass sie jede Grenze überschreitet? Und Personalität wesentlich darin besteht, dass sie die Grenze zum Anderen überschreitet, zur anderen Person überschreitet und erfüllt sich nicht erst darin. Personalität. Und Hegel sagt, das ist eigentlich die ursprüngliche Gotteslehre, die christliche Gotteslehre, die christliche Dogmatik. Und Hegel hat, ohne jetzt den Richard St. Victor zu erkennen, sondern rein aus philosophischen Überlegungen und aus einer philosophischen Betrachtung der christlichen Dogmatik und der Dreifaltigkeitslehre zu einem Personenbegriff gefunden. der eben in sich dieses Element enthält. Person ist nicht Begrenzung, sondern Entgrenzung, Überschreitung der Grenze, und zwar auf den anderen hin. Es gibt dann schöne Sätze von Hegel über was eigentlich Person ist, und diese Aussagen. über Personen, also die allgemein gelten, wie übrigens auch bei Richard von St. Victor, die Aussagen über Personen gelten dann allgemein. Also Gott ist das Urbild für die Personalität, aber diese Aussagen gelten dann allgemein. Und Hegel macht diese Aussagen innerhalb seiner Religionsphilosophie, innerhalb seiner Lehre von der offenbaren Religion. das heißt der Philosophie, philosophischen Lehre über das Christentum. Und es heißt da, Persönlichkeit spricht aus, dass der Gegensatz absolut zu nehmen sei. Und gerade auf dieser Spitze hebt er sich selbst auf. Es ist der Charakter der Person, des Subjektes, vielmehr seine Isolierung, Abgesondertheit aufzuheben. Die Sittlichkeit, Liebe ist seine Besonderheit, besondere Persönlichkeit aufzugeben, zur Allgemeinheit zu erweitern, ebenso Familie, Freundschaft. Da ist diese Identität eins mit dem anderen vorhanden. Indem ich recht handle gegen den anderen, betrachte ich ihn als identisch mit mir. In der Freundschaft, in der Liebe gebe ich meine abstrakte Persönlichkeit, abstrakt heißt immer abgezogen, abgehoben, ergebe ich meine abstrakte Persönlichkeit auf und gewinne sie dadurch als Konkrete. Das Wahre der Persönlichkeit ist also eben dies, sie durch dies Versenken, Versenktsein in das Andere zu gewinnen. Also man sieht hier, wie der theologische Dreifaltigkeitsbegriff, der theologische christliche Gottesbegriff, dann in die Philosophie hineinwirkt. Hier bei Hegel in einer philosophischen Aufnahme, zum Teil auch wieder, wie vorher, in einer Kritik an der Personalität Gottes. Aber das ist also ein großer geistesgeschichtlicher Zusammenhang, in dem es nun wirklich interessant ist, diesen Prozess mitzuvollziehen. Und das Ergebnis ist dann doch so, dass der... christliche Gottesbegriff in einer qualifizierten Weise begriffen, nämlich als Beziehungseinheit Gottes, eine wichtige Bedeutung hat für die Philosophie in ihrem Bemühen, das Absolute Selbst zu denken. Wenn Sie daran denken, an den großen Einwand, den Plotin, gemacht hat. Der große Einwand war der, Differenz ist immer ein Mangel und deswegen kann das Höchste, darf nicht berührt sein von irgendeiner Differenz. Der christliche Gotteslehre sagt, Gott ist Einheit und Differenz. Und Differenz ist hier kein Mangel, sondern Bestandteil der Einheit. Die Einheit ist eine Beziehungseinheit und setzt selbst die Differenz, die sie selbst überwindet. Also dieser hochspekulative Gedanke ist eigentlich ein Gedanke der christlichen Gotteslehre und von daher auch eine Ebene mit einem so bedeutenden Philosophen wie Plotin zu diskutieren. Und zum Abschluss... einige Überlegungen anzufügen, wie diese Sicht Gottes, also diese spekulative Sicht, nun auch Bedeutung hat für eine philosophische Sicht Gottes, eine philosophische Gotteslehre. Drei abschließende Gedanken. Einmal. kann ein solcher Gottesbegriff, der die Differenz in sich selbst enthält, der die Differenz in sich enthält, auch begründen, warum es eine Welt mit ihren Differenzen gibt. Bei Parmenides ist es so, das Sein ist die reine Einheit und dann gibt es eben die Vielheit und das ist sozusagen irgendwie was ganz anderes und ein Herausfall. Wenn der Grund, der alles begründet, das Sein begründet, aber auch die Differenz begründet, als Differenz, dann muss diese Differenz auch in dieser begründenden Einheit sein und darf ihr nicht vollkommen fremd sein. Das heißt, von der Begründung... Und der kosmologische Gottesbeweis, wenn Sie sich daran erinnern, war ja die Frage nach dem letzten Grund von allem. Ist eine Lehre von Gott als Einheit in Differenz eine bessere Antwort auf die Frage nach der letzten Begründung? Der zweite Gesichtspunkt, wenn dieser Gott sich zum anderen dann verhält, also zum anderen zu ihm. nämlich zur Welt, dann kann seine Beziehung so gedacht werden, dass sie eine Beziehung zum Anderen ist, in der sich auch die Beziehung in ihm selbst zum Anderen erfüllt. Beziehungsweise diese Beziehung zum Anderen kann dann in die Beziehung zu ihm selbst hineingenommen werden. Also die Beziehung in der Beziehung zur Welt. Kann Gott sich ganz aussprechen? Er kann sich so in der Welt aussprechen, dass er sich als Beziehung zur Welt ausspricht. Und umgekehrt kann die Beziehung zur Welt dann so in ihn hineingenommen werden, dass diese Welt dann gleichsam Teil seiner Selbstbeziehung wird, ohne dass der Gottesbegriff aufgelöst wird. Und der dritte Punkt ist der, Wie verhalten wir uns zu diesem Gott? Dürfen wir ihn personal verstehen als du? Nicht so, dass wir uns ihm gegenüberstellen können. Du und ich beide auf anderen Seiten. So nicht. Aber trotzdem, wir dürfen uns zu Gott so verhalten, dass wir ihn ansprechen können, dass wir zu ihm beten können, dass wir uns auf ihn beziehen können. Aber nur so, dass wir diesen Gott, auf den wir uns beziehen, als einen begreifen, der zugleich auf unserer Seite steht. Also in Gott uns auf Gott beziehen. Und das erlaubt uns, uns Gott gegenüberzustellen, ohne ihn zu verendlichen. Da Gott, indem wir uns ihm gegenüberstellen, auf unserer Seite steht, in ihm. Leben wir, bewegen wir uns und sind wir, hieß es in der Apostelgeschichte in der Predigt des Paulus vor den Philosophen in Athen.