Um ca. 600 v. Chr. beginnt der Mensch selbstständig über die Welt und seine eigene Existenz nachzudenken, die Philosophie entsteht.
Die Anfänge der Philosophie werden oft mit dem Schlagwort vom Mythos zum Logos beschrieben. Aber was bedeuten diese Begriffe eigentlich? Und wie hat sich der Wandel vom Mythos zum Logos vollzogen? Mythos bedeutet wörtlich übersetzt Wort, Rede, Erzählung oder Geschichte.
Beim Mythos handelt es sich um eine Erzählung über den Lauf und Sinn der Welt. Im Zentrum dieser Erzählung steht in der Antike das Verhältnis zwischen Menschen und Göttern. In diesem dualistischen Weltbild ist der Mensch bloßes Objekt des göttlichen Willens und muss sich seinem vorherbestimmten Schicksal fügen.
Auch der Anfang der Welt, ihre weitere Entwicklung, Wetterphänomene oder Naturgewalten werden mit Rückgriff auf Götter, Geister oder übersinnliche Kräfte erklärt. Ein gängiger Mythos im antiken Griechenland ist beispielsweise, dass der Göttervater Zeus seinen Zorn durch Blitz und Donner ausdrückt. Der Mythos sucht nicht nach eigenen Lösungen oder Begründungen, sondern beschreibt vorherbestimmte Zustände und Situationen. Ein Mythos übermittelt nur traditionelles Lehrgut, liefert aber keine Beweise. Logos hat verschiedene Bedeutungen.
Es bedeutet Wort, Vernunft, Verstand oder rationales Denken. Der Logos sucht nach Ordnung, nach eigenen und vernünftigen Begründungen, Erklärungen, Beweisen. Die Autorität der Tradition reicht nicht mehr aus, um die Richtigkeit irgendwelcher Erklärungen zu garantieren.
Hinter der Natur wird eine Struktur und ein Sinn erkannt. Das Dasein gilt nicht mehr als vorherbestimmt, sondern kann vom Menschen gestaltet werden. Man sucht nun beispielsweise selbst nach logischen Erklärungen für Wetterphänomene, indem man die Natur beobachtet. Durch den Logos macht sich der Mensch unabhängig von göttlicher Vorsehung und wird zum Herrn seines Schicksals. Er ist frei und trägt Verantwortung.
Schauen wir uns einmal die Unterschiede zwischen Mythos und Logos genauer an. Während Mythen Naturvorgänge durch Symbolik, durch Bilder, Vergleiche oder Erzählungen erklären, beschreibt der Logos Naturvorgänge durch Hypothesen und Theorien. Der Logos ist sprachlich, formal und abstrakt.
Der Mythos basiert auf Glauben und Tradition. Er lebt davon, dass Menschen unreflektiert an ihn glauben. Ein kritisches Hinterfragen würde seine Wirkung zerstören. Der Logos hingegen basiert auf logischer Überlegung.
Aussagen und Theorien werden kritisch hinterfragt und reflektiert. Der Logos lebt davon, sich durch ständiges Hinterfragen zu verändern und zu entwickeln. Infolgedessen sind Mythen statisch. Sie werden mehr oder weniger unverändert von Generation zu Generation weitergegeben. Der Logos ist dynamisch, denn durch rationales Denken entwickelte Theorien verändern und entwickeln sich.
Übernatürliches oder Göttliches spielt beim Mythos eine zentrale Rolle. Für Naturphänomene werden übernatürliche oder göttliche Erklärungen gegeben. Im Gegensatz dazu spielt übernatürliches oder göttliches beim Logos keine Rolle.
Es werden diesseitige und rationale Erklärungen für Naturphänomene gesucht. Der Ausdruck vom Mythos zum Logos bedeutet, dass mythologische Antworten auf existenzielle Fragen durch logisch-rationale Antworten ersetzt werden. Die schrittweise Ablösung des mythischen Denkens beginnt ca.
600 v. Chr. Es geht bei diesem Wandel um die Befreiung des Menschen von der absoluten Abhängigkeit von göttlichen Mächten. Dieser Wandel hatte tiefgreifende Konsequenzen für das Selbstverständnis des Menschen und für sein Verständnis der Welt. Der Philosoph Karl Jaspers nannte diese Zeit die Achsenzeit der Menschheitsgeschichte.
Unabhängig voneinander wirkten in unterschiedlichen Teilen und Kulturen der Welt Denker, Religionsstifter, Propheten und Philosophen und setzten neue Entwicklungen in Gang. Sie wendeten sich ab von den Mythen und dem Aberglauben ihrer Zeit und reflektierten selbst über das Dasein und den Menschen. In China waren dies beispielsweise Konfuzius und Lao Tse, in Iran Zarathustra, in Palästina verschiedene Propheten, in Indien Siddhartha Gautama und in Griechenland die ersten Naturphilosophen. Für Jaspers ist diese Achsenzeit die Geburtsstunde des eigentlichen modernen Menschseins. Die meisten Philosophiegeschichten sind aus einer eurozentrischen bzw.
westlichen Perspektive verfasst. Philosophie wird dann gleichgesetzt mit westlicher Philosophie. Andere Traditionen werden kaum erwähnt. Dabei hatte die Philosophie auch in anderen Kulturen einen eigenständigen Ursprung. Auch asiatische Denker stellten das mythisch überlieferte Wissen in Frage und machten sich eigene Gedanken über das Dasein.
Es ging ihnen jedoch weniger um die Natur des Kosmos, sondern vielmehr um die bestmögliche Organisation von Gesellschaft und Staat sowie um moralische Regeln, an denen sich das menschliche Handeln orientieren konnte. In diesem und in den nächsten Videos dieser Reihe betrachten wir die abendländische Philosophie, also die Philosophie, die ihren Ursprung in Griechenland hat. Verschiedene Faktoren begünstigten das Entstehen der abendländischen Philosophie in Griechenland. Griechenland hatte um die Mitte des ersten Jahrtausends vor Christus eine Sonderstellung. Das Wissen und der geistige und kulturelle Horizont der Griechen erweiterte sich damals durch den Handel mit anderen Völkern.
Einige Bewohner der Stadtstaaten begannen, nach natürlichen, rationalen Erklärungen für die Welt zu suchen. Dabei vollbrachten sie einzigartige Leistungen auf dem Gebiet des reinen Denkens. Durch ihre Betrachtungen über das Wesen der Welt entstanden im Laufe des 6. Jahrhunderts v. Chr. die griechische Wissenschaft, Philosophie und Mathematik. Diese ersten europäischen Philosophen wurden später als Vorsokratiker bezeichnet.
Die Phorsokratiker ersetzen mythisches Denken jedoch nicht schlagartig und vollständig durch wissenschaftliches Denken. Auch bei ihnen lassen sich, ebenso wie bei späteren Philosophen, teilweise Elemente mythischen Denkens nachweisen. Und die meisten Menschen dieser Zeit erklären sich die Welt weiterhin mit einem mythisch-religiösen Weltbild. Sie glauben an die Existenz der Götter, die dem menschlichen Dasein Sinn und Zweck geben und die Naturereignisse lenken. Assebi Gottlosigkeit ist ein Verbrechen, auf das die Todesstrafe steht.
Einen Überblick über die ersten europäischen Philosophen, die Vorsokratiker, erhältst du im nächsten Video dieser Reihe. Mit dem Quizlet Lernset vom Mythos zum Logos kannst du dein Wissen jetzt überprüfen und vertiefen. Viel Spaß beim Lernen und bis bald!