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Toleranzkurven und Umweltfaktoren

In diesem Video betrachten wir uns sogenannte Toleranzkurven und klären dabei wichtige Begriffe wie zum Beispiel die physiologische und ökologische Potenz. Toleranzkurven spielen im Themenfeld der Ökologie eine wesentliche Rolle. Mithilfe von ihnen lässt sich der Einfluss der Ausprägung eines Ökofaktors auf die Aktivität eines Organismus kennzeichnen. Beispielsweise kann der Einfluss des abiotischen Faktors Temperatur auf die Anzahl von Individuen einer bestimmten Art analysiert werden. Bei welchen Temperaturen existieren wie viele Tiere? Ein anderes Beispiel. Wie verändert sich die Fangaktivität, zum Beispiel gemessen an der Anzahl an erbeuteten Tieren, mit der Temperatur? Wie gesagt, um den Einfluss eines abiotischen, unbelebten Umweltfaktors, wie zum Beispiel die Temperatur, wird sehr häufig genutzt. Aber auch Lichtverhältnisse, die Bodenfeuchte unter anderem, auf die Aktivität eines Tieres zu analysieren, dafür sind Toleranzkurven ein äußerst probates Hilfsmittel. Alle Organismen dieser Erde stehen mit sehr variablen abiotischen Umweltbedingungen in Wechselwirkung. Die Temperatur unterscheidet sich global und auch lokal. Wasser steht nicht überall gleichermaßen zur Verfügung und die Bodenfeuchte variiert je nach Standort und so weiter. Deshalb haben sich die Organismen im Laufe der Evolution an ihre jeweiligen Umweltbedingungen angepasst. Ein Eisbär kann aufgrund seiner morphologischen, körperlichen Angepasstheiten sehr gut in der kalten Region der Arktis leben. Das Verbreitungsgebiet von Kamelen sind hingegen die trockenen und heißen Wüsten unter anderem Nordafrikas. So gut beide Arten auch an ihren jeweiligen Lebensraum angepasst sind, im Lebensraum des jeweils anderen werden sie oft kurz oder lang nicht überlebensfähig. Die physiologischen und auch genetischen Angepasstheiten, die es einem Organismus erlauben, unter bestimmten Umweltbedingungen. Umweltbedingungen erfolgreich zu sein, sind gleichzeitig ein limitierender Faktor dafür, unter anderen Umweltbedingungen erfolgreich zu sein. Schauen wir uns den Aufbau einer Toleranzkurve mal genauer an. Der Bereich in einer Toleranzkurve, in dem ein Organismus, hier im Hinblick auf die Temperatur, überleben und damit langfristig existieren kann, bezeichnet man als Toleranzbereich. Er geht vom sogenannten Minimum bis zum Maximum. Minimum und Maximum. beschreibt wiederum die minimale bzw. maximale Ausprägung, die die Temperatur haben darf, damit der Organismus existieren kann. Die Randbereiche kurz vor dem Minimum und Maximum definieren sich als Pessima bzw. Pessimum in der Einzahl. Hier kann ein Organismus überleben, aber sich in der Regel nicht mehr fortpflanzen. Den bevorzugten Bereich, in dem sich ein Organismus aufhalten würde, definiert sich als Präferendum. In diesem findet sich auch das Optimum. Anhand einer Toleranzkurve lässt sich zudem ableiten, inwiefern ein Organismus breite Schwankungen eines Umweltfaktors toleriert oder nur innerhalb eines engen Bereiches aktiv sein kann. In diesem Zusammenhang spielen die Fachbegriffe Stenög und Euryyg eine wichtige Rolle. Stenög bedeutet, dass eine Art nur einen engen Toleranzbereich gegenüber eines der mehreren Umweltfaktoren ertragen kann. Als Euryyg kann eine Art dann charakterisiert werden, wenn sie einen breiten Toleranzbereich gegenüber eines oder mehrerer Umweltfaktoren aufweist. Wie zum Beispiel im Fall des Eisbärs oder des Kamels. Beide Tiere sind gleich warm. In der Fachsprache auch Homoyotherm genannt. Weil Homoyotherme Organismen dazu befähigt sind, ihre Körpertemperatur unabhängig von der Umgebungstemperatur konstant zu halten, können sie meist innerhalb einer recht großen Temperaturspanne aktiv sein und sind damit in Bezug auf den Ökofaktor Temperatur sogar noch spezifischer als Eurytherm zu charakterisieren. Ihr Präferendum, der Bereich, in der sich ein Organismus also bevorzugt auffällt, ist entsprechend recht breit. Natürlich kann auch bei homo-eutermen Tieren die Umgebungstemperatur nicht beliebig sein. Bei der Unterschreitung bzw. Überschreitung einer gewissen Temperatur kommt es zur Unterkühlung bzw. Überhitzung des Tieres, welches bei sehr extremen Ausprägungen sogar zum Kälte- bzw. Hitzetod führen kann. Ganz anders verhält es sich bei wechselwarmen bzw. poikilothermen Organismen. Weil ihre Körpertemperatur sich der Umgebungstemperatur anpasst, Führen Temperaturen, die vom Temperaturoptimum abweichen, schnell zu einer verringerten Aktivität des Wechselwarmentieres. Deshalb ist das Präferendum deutlich schmaler als bei einem gleichwarmen Tier. Sie ertragen in der Regel eher geringe Temperaturschwankungen und sind als Stenotherm zu charakterisieren. Dazu zählen zum Beispiel viele tropische Tiere. Zwar kann der Toleranzbereich wechselwarmer Tiere ähnlich groß sein, Aber sie fallen bei Umgebungstemperaturen nahe ihres Minimums bzw. Maximums in die sogenannte Kälte- bzw. Wärmestarre. Hier liegt ihr Pessimum bzw. ihre Pessima, wo sie zwar noch überleben können, sich allerdings in der Regel nicht mehr fortpflanzen können. Bei unserer Betrachtung von abiotischen Umweltfaktoren und wie diese das Verbreitungsgebiet von Organismen determinieren, dürfen wir nicht vergessen, dass sämtliche Organismen nicht nur mit ihrer abiotischen unbelebten Umwelt in Wechselbeziehung stehen, sondern natürlich auch mit ihrer belebten Umweltwechsel wirken. Da in einem Lebensraum Ressourcen nur begrenzt zur Verfügung stehen, spielt vor allem Konkurrenz eine wesentliche Rolle, sowohl innerhalb der eigenen Art als auch zwischen den Arten, die denselben Lebensraum beanspruchen. Und so kann auch die Konkurrenz ein bedeutender Faktor dafür sein, welchen Lebensraum eine Art tatsächlich besiedelt. Arten können zwar physiologisch in der Lage sein, unter einem breiten Spektrum von Bedingungen zu leben. Wie in diesem Beispiel zu sehen, verträgt die Schwarzerle breite Schwankungen der Bodenfeuchte und kann theoretisch sowohl an nassen als auch an trockenen Standorten wachsen. Durch Konkurrenz mit anderen Organismen aber dazu gezwungen werden, sich bei der Nutzung von Ressourcen auf einzelne Standorte zu beschränken. Das beschreibt die ökologische Potenz. Im Fall der Schwarzerle beschränkt sich ihr Existenzbereich, ihre Ökologik, ökologische Potenz durch die Konkurrenz mit anderen Baumarten wie zum Beispiel der Rotbuche auf nasse Böden. Trotzdem finden sich zumeist keine Toleranzkurven für biotische Umweltfaktoren, weil sie nicht gut quantifizierbar, das heißt messbar sind. Der Einfluss biotischer Umweltfaktoren wie zum Beispiel die Verfügbarkeit von Nahrung Fressfeinde, Konkurrenten sind deutlich schwerer zu erfassen als abiotische Umweltfaktoren wie die Temperatur, Wasser, Feuchtgehalt, pH-Wert, Salzkonzentration des Wassers und so weiter.