In diesem Video geht es um die zwei im Themenfeld der Ökologie relevanten Begriffe ökologische und physiologische Potenz. Die Ökologie, und das wisst ihr, erforscht die Wechselbeziehungen zwischen Organismen sowohl mit ihrer abiotischen, unbelebten Umwelt als auch mit anderen Organismen. Klammern wir die biotischen und Wechselbeziehungen mit anderen Lebewesen erst einmal bewusst aus. Jeder Organismus kann hinsichtlich eines abiotischen Umweltfaktors, Temperatur, Bodenfeuchte, Niederschlag, innerhalb eines bestimmten Toleranzbereiches vorkommen.
Der Toleranzbereich ist eng gekoppelt an die physiologische Potenz. Weil alle Arten in Wechselbeziehungen mit sehr variablen abiotischen Umweltbedingungen stehen, also die Temperatur unterscheidet sich global und auch lokal, Wasser steht nicht überall gleichermaßen zur Verfügung und die Bodenfeuchte variiert ebenso je nach Standort. Haben sich die Arten im Laufe der Evolution an ihre jeweiligen Umweltbedingungen angepasst?
Ein Eisbär kann aufgrund seiner morphologischen, körperlichen Angepasstheiten sehr gut in der kalten Region der Arktis leben. Das Verbreitungsgebiet von Kamelen sind hingegen die trockenen und heißen Wüsten unter anderem Nordafrikas. So gut beide Arten auch an ihren jeweiligen Lebensraum angepasst sind, Im Lebensraum des jeweils anderen werden sie auf kurz oder lang nicht überlebensfähig. Die physiologischen und auch genetischen Angepasstheiten, die es einem Organismus erlauben, unter bestimmten Umweltbedingungen erfolgreich zu sein, sind gleichzeitig ein limitierender Faktor dafür, unter anderen Umweltbedingungen erfolgreich zu sein. Trotzdem kann es durchaus vorkommen, dass eine Art physiologisch in der Lage ist, unter einem breiten Spektrum an Bedingungen existieren zu können.
Tschüss. Nehmen wir das Beispiel der Schwarzerde. Sie kann breite Schwankungen der Bodenfeuchte tolerieren und sowohl auf Böden mit einer sehr hohen als auch Böden mit einer sehr niedrigen Bodenfeuchte wachsen. Nur weil eine Art physiologisch in der Lage ist, unter einem breiten Spektrum von Bedingungen zu existieren, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass ihr tatsächliches Verbreitungsgebiet sämtliche dieser Bedingungen auch abdeckt.
Die eben angesprochene Schwarzerle besiedelt nasse bis sehr nasse Böden, auch wenn sie theoretisch in der Lage ist, weitaus trockenere Böden zu besiedeln. Die Konkurrenz mit anderen Baumarten wie zum Beispiel die Waldkiefer, die Rotbuche oder die Stieleiche schränkt die Schwarzerle hinsichtlich dieser Ressource bzw. des abiotischen Faktors in ihrer Verbreitung ein. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen den Begriffen ökologische und physiologische Potenz.
Die physiologische Potenz beschreibt die Reaktionsbreite eines abiotischen Umweltfaktors, die an einem Standort theoretisch herrschen darf, damit eine Art langfristig existieren, das heißt also überleben und sich fortpflanzen kann. Hier bleiben sämtliche Konkurrenzbedingungen unberücksichtigt. Die ökologische Potenz bezieht den Faktor Konkurrenz mit ein. Sie beschreibt die Reaktionsbreite eines Umweltfaktors unter Einbezug von Konkurrenzbedingungen, und zeigt damit das tatsächliche Verbreitungsgebiet hinsichtlich des jeweiligen Umweltfaktors an.
Der Unterschied zwischen der physiologischen und der ökologischen Potenz wird anhand der Baumarten Mitteleuropas gut deutlich. Neben der Schwarzerle kann auch die Waldkiefer eine sehr unterschiedliche Bodenfeuchtigkeit tolerieren. Sie kann fast überall wachsen, tut dies aber nicht, weil sie fast überall da, wo andere Baumarten existieren und wachsen können, verdrängt wird.
Sie betreibt also als konkurrenzschwächere Art Konkurrenzvermeidung, indem sie ausweicht in einen nicht optimalen Bereich. Die Rotbuche hingegen ist eine sehr konkurrenzstarke Art. Ihr tatsächliches Verbreitungsgebiet, also ihre ökologische Potenz, entspricht ihrer physiologischen Potenz. Es gilt. Ist eine Art besonders konkurrenzstark, wird sie sich gut gegen andere Arten durchsetzen und ihre ökologische Potenz entspricht ihrer physiologischen Potenz oder ist dieser ähnlich?
Ist eine Art hingegen konkurrenzschwach, wird sie von anderen Arten an den Rand ihrer eigenen Reaktionsbreite gedrängt und physiologische und ökologische Potenz können sehr stark voneinander abweichen. Zwei weitere Fachbegriffe in diesem Zusammenhang sind Stenög und Euryö. Stenöge bedeutet, dass eine Art nur einen engen Toleranzbereich gegenüber eines oder mehrerer Umweltfaktoren ertragen kann.
Als Euryöge kann eine Art dann charakterisiert werden, wenn sie einen breiten Toleranzbereich gegenüber eines oder mehrerer Umweltfaktoren aufweist. Eingangs habe ich gesagt, dass die physiologische Potenz eng gekoppelt ist an den Toleranzbereich. Der Toleranzbereich ist derjenige Bereich, in dem ein Organismus existieren kann und geht vom Minimum bis zum Maximum. Damit bezieht der Toleranzbereich auch die sogenannten Pessimumbereiche mit ein, also die Randbereiche kurz vor dem Minimum und Maximum, wo ein Organismus überleben, sich allerdings nicht mehr fortpflanzen kann.
Und diese bleiben bei der physiologischen Potenz unberücksichtigt. Es lässt sich also zusammenfassen, haben zwei Arten die gleichen physiologischen Ansprüche bzw. die gleiche physiologische Potenz hinsichtlich eines Umweltfaktors, werden sie auf Dauer nicht koexistieren können.
weil die Konkurrenz schwächere Art ausstirbt. Wobei ich an dieser Stelle sagen muss, ganz so einfach ist es nicht, denn häufig wirkt neben dem einen Umweltfaktor auch noch ein anderer. Da werde ich euch mal was in die Videobeschreibung verlinken.
Deshalb greift das Prinzip der Konkurrenzvermeidung, wozu es noch ein gesondertes Video von mir gibt. Die Konkurrenz schwächere Art wird in ihrer Nutzung einer jeweiligen Ressource eingeschränkt. Sie weicht auf allen unter... Umständen weniger geeigneten Standort aus, sodass ihr tatsächliches Verbreitungsgebiet, die ökologische Potenz, gegebenenfalls stark von ihrer physiologischen Potenz abweicht. Die Begriffe ökologische Potenz und physiologische Potenz sind im Übrigen wiederum eng gekoppelt an den Begriff der ökologischen Nische bzw.
der Fundamentalnische und der Realnische. Mehr dazu auch im entsprechenden Video, das ich euch an dieser Stelle einmal verlinke.