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Sigmund Freud und seine psychologischen Theorien

Traumdeutung, Oedipuskomplex, Freudscher Versprecher und Therapie auf der Couch. Kaum jemand hat die Psychologie so geprägt wie er hier, Sigmund Freud. Sigmund Freud ist schon lange tot.

Trotzdem ist der Hype um ihn immer noch ziemlich groß. Er begegnet uns auf Tassen, als Actionfigur, als Hausschuhe und ganz klar in der Psychologie. Aber wer war Freud eigentlich?

Was steckt hinter seinen Theorien? Und ganz wichtig, sind die überhaupt noch aktuell? Siegesmund Schlomo Freud, das war übrigens ein vollständiger Name, wurde 1856 in der Kleinstadt Freiberg, die früher noch zu Österreich gehört hat, geboren.

Er ging ganz normal zur Schule und hat sich an der Uni Wien für Medizin eingeschrieben. Er fand nicht nur Medizin spannend, sondern auch Philosophie und besuchte auch philosophische Vorlesungen. Ich finde, das erklärt auf jeden Fall seine doch ziemlich philosophischen Ansätze, was seine Theorien angeht, aber dazu gleich mehr.

Während seines Studiums arbeitete er als studentische Hilfskraft für einen damals angesehenen Physiologen. Physiologen sind die, die sich mit den Funktionen und Abläufen im Körper des Menschen beschäftigen. Eines seiner ersten Forschungsthemen war übrigens, ey Leute, no joke, der Bau von Hoden von Aalen.

Das, was Freud aber wirklich interessierte, waren gar nicht die Aalhoden, sondern, ihr könnt's euch vielleicht schon denken, der menschliche Organismus. Um das Gehirn als die Schallzentrale unseres Organismus besser zu verstehen, hat er damals Kindergehirne in so ganz dünne Scheiben geschnitten. und sich die dann genau angeschaut.

Ich weiß, das klingt erst mal voll krass, aber ihr dürft nicht vergessen, das war damals noch im 19. Jahrhundert. Da waren moderne Forschungsinstrumente wie ein Hirnscanner oder so noch überhaupt nicht erfunden. 1881 war Freud dann fertig mit seinem Studium und seiner Promotion.

Eigentlich war sein Plan, als Nachfolger des Physiologen zu arbeiten und weiter zu forschen, aber das hat nicht geklappt. Auch bei der Bewerbung am Physiologischen Institut der Uni Graz kam nichts bei rum. Daraufhin hat er angefangen, als Arzt im Wiener Krankenhaus auf verschiedenen Stationen zu arbeiten.

Weil Forschung immer noch seine Leidenschaft war, arbeitete er parallel zu seiner Tätigkeit als Arzt in einem Labor, in dem die Anatomie des Gehirns untersucht und zu psychischen Erkrankungen allgemein geforscht wurde. Er forschte viel zu ... und seiner Wirkung bei psychischen Störungen wie Depressionen. Und er konsumierte es auch ab und zu mal selbst, wenn ihm die Kraft ausging.

Was aber ziemlich bitter war, nicht Freud, sondern sein Kollege Kyle Koller machte am Ende die bahnbrechende Entdeckung der Lokalanästhesie durch Kokain. Also, dass man durch Kokain einen begrenzten Bereich am Körper betäuben kann. Diese Entdeckung war damals, wo es kaum Möglichkeiten zur Betäubung gab, richtig krass.

Und Kyle Koller gilt auch heute noch als Begründer der lokalen Anästhesie. Freud hatte nach dieser Niederlage wahrscheinlich erst mal genug von der Forschung und eröffnete 1886 dann seine eigene neurologische Privatpraxis. In seiner Praxis behandelte er am Anfang fast nur Frauen, die an der damals sogenannten Hysterie litten. Die Diagnose bekamen Frauen damals, wenn sie Symptome wie Sprachhemmungen, Krämpfe und Halluzinationen hatten. Die meisten dachten, dass Hysterie eine körperliche Krankheit ist und somit organische Ursachen hat.

Dass die Psyche aber auch körperliche Symptome auslösen kann, das hatte damals neben Freud noch kaum jemand auf dem Schirm. Freud sah Hysterie nämlich als sogenannte Neurose. Und unter einer Neurose verstand er psychische Probleme wie zum Beispiel Depression, Angst oder Unsicherheit, die für eine längere Zeit andauern und keine nachweisliche körperliche Ursache haben.

Neurosen waren für ihn ein Ausdruck verdrängter und nicht erfüllter Bedürfnisse, die er auch Triebe nannte. Und um zu verstehen, was er damit überhaupt genau meint, müssen wir uns folgendes Modell mal genauer anschauen. Instanzenmodell. Ihr kennt vielleicht diese Darstellung eines Eisbergs mit dem Es, dem Ich und dem Über-Ich. Das ist das sogenannte Struktur- bzw.

Instanzenmodell von Freud. Der war nämlich der Ansicht, dass unser Bewusstsein nur einen kleinen Teil von uns ausmacht, genauso wie man beim Eisberg nur einen kleinen Teil über dem Wasser sieht. Das meiste passiert unbewusst, also wie beim Eisberg so unter der Wasseroberfläche.

Aber gucken wir uns das Es, das Über-Ich und das Ich mal genauer an. Freud glaubte, dass alle Menschen von einem sogenannten Lustprinzip getrieben werden. Dieses Lustprinzip, auch Libido genannt, möchte unsere Wünsche und Bedürfnisse wie Essen, Sex und Faulenzen so schnell wie möglich befriedigen und so nervige Dinge wie Arbeiten oder sich an Gesetze halten meiden.

So, und das E ist in diesem Modell folgt jetzt diesem Lustprinzip. Es ist also dieser kindliche und impulsive Teil unseres Unbewussten, der alle Bedürfnisse sofort befriedigt haben will und so auf Regeln, Werte und Normen scheißt. Da wir nicht nur das machen können, worauf wir Bock haben, sondern uns auch an gewisse Regeln und Normen halten müssen, können wir nicht einfach unserem Lustprinzip folgen. Dafür steht das Über-Ich in diesem Modell.

Das Über-Ich könnt ihr euch wie so strenge Eltern vorstellen, die das Richtige tun möchten und sich an alle Regeln halten wollen. Das Über-Ich sagt uns zum Beispiel, dass es nicht okay ist, zu klauen oder mit irgendwelchen Familienmitgliedern Sex zu haben. So. Und dann ist da noch das Ich. Das folgt dem sogenannten Realitätsprinzip und versucht zwischen dem Es und dem Über-Ich zu vermitteln und Kompromisse zu finden.

Also Wege der Bedürfnisbefriedigung zu finden, die moralisch vertretbar sind. Das Ich macht unsere Bedürfnisse, beziehungsweise die Befriedigung unserer Bedürfnisse, gesellschaftsfähig und realitätsnäher. Wenn das Lust- und das Realitätsprinzip zu sehr auseinandergehen ... kommt laut Freud das heraus, was er als Neurose bezeichnete, zum Beispiel die Hysterie bei Frauen, die er in seiner Praxis behandelte.

Er versuchte neben den damals üblichen Methoden wie Elektrotherapie, Massagen und Heilbädern, seine Hysteriepatientinnen zu hypnotisieren. Durch die Hypnose wollte er Zugriff auf das Unbewusste seiner Patientinnen bekommen und sie möglichst entspannt in die Situation zurückversetzen, die auslöser für ihr Leiden war. Also zu den Bedürfnissen des Es zurückzugehen, die nicht erfüllt wurden. Freud war der Ansicht, dass manchmal etwas Verbotenes aus dem Es ins Bewusstsein gelangt und sich als Traum oder Versprecher zeigt.

Über die Träume hat Freud ein Buch geschrieben, was durch die Decke ging. Seine Traumdeutung zählt zu den einflussreichsten und meistgelesensten Büchern im 20. Jahrhundert. Zum Thema Träume und ob es aus wissenschaftlicher Sicht Sinn ergibt, seine Träume zu deuten, habe ich ein Video gemacht. Schaut da später gerne rein. Oder aber diese verbotenen Wünsche äußern sich in Form von einem Versprecher, Stichwort freudscher Versprecher.

Davon habt ihr vielleicht schon mal gehört. Wenn man zum Beispiel anstatt Sex Sex sagt, dann war das für Freud ein klassisches Zeichen von, okay, die Person hat das Bedürfnis nach Sex. Wenn man sich also verspricht, passiert das für Freud nicht zufällig, sondern hat genauso wie Träume eine Bedeutung.

Ich wüsste gerne mal, welches Bedürfnis man laut Freud hat, wenn man anstatt Schein Schwein sagt. Der Versuch durch Hypnose, Versprecher und Träume ins Unbewusste seiner Patientinnen zu kommen, war damals der Anfang der Psychoanalyse, die ja auch heute immer noch als Therapieform anerkannt wird. Wenn ihr mehr über die Psychoanalyse erfahren wollt, schaut in dieses Video rein, da erklär ich die verschiedenen Therapieformen. Eine weitere bedeutsame Annahme von Freud, die auch für seine Psychoanalyse sehr relevant war, war, dass der Ursprung der Bedürfnisse und Probleme, die man im Erwachsenenalter hat, in der Kindheit liegt.

Er ging davon aus, dass man von der Geburt bis zur Pubertät fünf verschiedene Phasen hintereinander durchläuft. In den Phasen hat man jeweils andere Bedürfnisse, die Lust bringen und befriedigt werden müssen, um später im Leben, zumindest laut Freud, keine Probleme und auch keine Neurose zu entwickeln. Und genau diese fünf Entwicklungsphasen schauen wir uns jetzt mal genauer an.

Im ersten Lebensjahr wird die Entwicklung laut Freud durch die orale Phase geprägt. Der Mund ist in dieser Phase das Bezugsorgan Number One und es bringt Babys Lust, mit dem Mund Nahrung und Kontakt mit ihrer Umwelt aufzunehmen. Anale Phase In der analen Phase, die man zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr durchläuft, empfindet man als Kind Lust bei der Ausscheidung und Einhaltung von Exkrementen. Außerdem lernen Kinder in der Zeit, dass sie ihren Schließmuskel kontrollieren können, um sauber zu werden, also keine Windeln mehr zu brauchen. Fallische Phase Im vierten bis fünften Lebensjahr sind Kinder in der sogenannten phallischen Phase.

Die ist durch die Lustbesetzung der Genitalien gekennzeichnet. Kinder erkennen hier, dass es genitale Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt und fühlen sich zum gegengeschlechtlichen Elternteil hingezogen. Sie wollen die Mama oder den Papa ganz für sich alleine haben.

Sie buhlen also um ein Elternteil und stehen mit dem anderen Elternteil in Konkurrenz. Wenn Jungen um die Mutter buhlen und den Vater als Konkurrent sehen, dann bezeichnet das Freud auch als Oedipuskomplex. Den Begriff habt ihr wahrscheinlich schon mal gehört.

Wenn Mädchen um den Papa buhlen und die Mama zur Konkurrenz wird, landet Freud das in Elektra-Komplex. In der Latenzphase zwischen dem sechsten und zwölften Lebensjahr kommt es dann laut Freud zu einem vorübergehenden Stillstand in der sexuellen Entwicklung. Und sexuelle Gedanken an das andere Geschlecht werden nebensächlich.

Das ist so die Zeit, wo es häufig mal heißt, Mädchen sind voll doof, beziehungsweise Jungen sind voll doof. Ab dem zwölften Lebensjahr werden Geschlechtshormone ausgeschüttet, die sich auf die körperliche und psychische Entwicklung auswirken. Jugendliche werden geschlechtsreif und nähern sich an das andere Geschlecht.

Wenn die Bedürfnisse des Kindes in den Phasen auf eine für das Alter angemessene Weise befriedigt wurden, kommt es laut Freud zu keinem Problem in der Entwicklung. Wenn die Bedürfnisse nicht oder übermäßig befriedigt wurden, kann es zu sogenannten Fixationen kommen. Das bedeutet, dass man auch im Erwachsenenalter den Bedürfnissen der Problematik nachkommt. Wenn jemand jetzt zum Beispiel raucht, kann das freudig sein, dass die Bedürfnisse in der oralen Phase nicht ausreichend befriedigt wurden.

Generell war freud der Ansicht, dass der Ausgang der Entwicklungsphase auch einen Einfluss auf die Persönlichkeit einer Person hat. Bevor wir uns anschauen, wie aktuell seine Theorien heute sind, kurz noch ein paar wichtige biografische Punkte. Als sich 1906 Carl Gustav Jung, ein zu seiner Zeit einflussreicher Schweizer Psychiater, an Freud wendet, sieht der so seine große Chance gekommen, die Psychoanalyse endlich groß rauszubringen und auch international bekannt zu machen. Das klappte tatsächlich auch ziemlich gut.

Sie reisten gemeinsam als Vertreter der Psychoanalyse unter anderem in die USA und gründeten 1910 auch die ... Internationale Psychoanalytische Vereinigung. Nach vielen erfolgreichen Jahren erfährt Freud 1923 dann, dass er Gaumenkrebs hat, kann aber trotzdem nicht aufhören zu rauchen. Er zieht sich dann immer mehr zurück und überlässt seine Aufgaben seiner Tochter Anna Freud.

1939, drei Wochen nachdem der Zweite Weltkrieg begonnen hatte, stirbt er an einer Überdosis Morphium, die ihn von seinen krassen Schmerzen erlöste. Theorien wissenschaftlich geprüft. Ich persönlich find's richtig krass, was Freud sich da alles überlegt hat. Die meisten seiner Theorien hat er sich vor über 100 Jahren überlegt, als die Psychologie noch total in den Kinderschuhen steckte. Das ist schon echt beeindruckend.

Trotzdem war's für mich als Wissenschaftlerin echt nicht so easy, dieses Videoskript zu schreiben. Ich dachte mir halt voll oft so, okay ... Wow, nicht sein Ernst?

Hä, wie ist er denn jetzt bitte zu diesem Schluss gekommen? Das Ding ist halt, dass viele seiner Theorien auf Einzelbeobachtung basieren und Psychologie damals noch überhaupt nicht so die Wissenschaft war, wie sie heute ist. Die Theorie des Oedipus-Komplexes hat er basierend auf dem Fall des kleinen Hans entwickelt.

Der kleine Hans war ein fünfjähriger Junge, der mega Angst vor Pferden hatte. Freud hatte bei ihm irgendwelche unbewussten Konflikte analysiert und basierend darauf die Theorie entwickelt. Wenn man das, was Freud sich damals überlegt hat, mit heutigen wissenschaftlichen Methoden überprüft, sieht's auch eher mau aus für ihn. Viele seiner Theorien, zum Beispiel das mit den fünf Entwicklungsphasen, lassen sich auch nicht unter heutigen wissenschaftlichen Maßstäben erforschen. Und die Theorien, die man versucht hat, in wissenschaftlichen Studien zu überprüfen, konnten meist nicht bestätigt werden, wie zum Beispiel die Theorie, dass sich unsere geheimen Wünsche in unseren Träumen äußern.

So, wenn jetzt so viele seiner Theorien im Wissenschaftscheck durchgefallen sind, warum redet man denn heute noch von ihm? Auch wenn sich viele seine Ansätze nicht wissenschaftlich bestätigen, hatte er einen supergroßen Einfluss auf die Psychologie und ... hat auch ein Bewusstsein für psychische Erkrankungen geschaffen. Außerdem hatte er wichtige Erkenntnisse, die auch heute noch so vertreten werden.

Zum Beispiel, dass sich vieles im Unbewussten abspielt. Die Psychoanalyse, die er entwickelt hat, ist heute auch noch als Therapieform anerkannt und wird auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Wenn ihr Bock habt, dass ich so ein Video für eine andere Persönlichkeit aus der Psychologie mache, gebt diesem Video einen Daumen nach oben. Wenn ihr eine bestimmte Person im Kopf habt, schreibt das gerne in die Kommentare. Es ist so schön, dass ihr alle da seid.

Fühlt euch virtuell von mir gedrückt. Wenn ihr euch für Biographien interessiert, kann ich euch den Kanal der Biographs empfehlen. Die machen echt immer supercoole Videos. Was passiert, wenn man auf der internationalen Raumstation in Panik ausbricht?

Wie geht das? Ich hab den Astronauten Matthias Maurer in Köln getroffen und mit ihm über viele spannende Sachen gesprochen.