Klassifikation von Weichteilverletzungen
Einleitung
- Wichtigkeit der Klassifikation von Frakturen und deren AusmaĂ
- Fokus auf Weichteilverletzungen, da sie eine bedeutende Rolle in der Frakturversorgung spielen
- Weichteilmanagement als Behandlungsschwerpunkt
Bedeutung der Weichteile
- Weichteile sind entscheidend fĂŒr die Durchblutung und ErnĂ€hrung des Knochens
- Weichteilverletzungen oft chirurgische NotfÀlle:
-Verlust der Schutzbarriere Haut
- Verletzungen von Nerven und GefĂ€Ăen
- Nutrition des Knochen gestört
- Bei ausgedehnten Muskelverletzungen gestörte Bruchheilung->Höhere Anzahl an Pseudoarthrosen bei ausgedehnten Muskelverletzungen
- Schwierigere Versorgung von Frakturen
Entstehung von Wunden
- AbhÀngig von Biomechanik der Krafteinleitung und Körperregion
- Verschiedene Wundarten: scharfkantige Verletzungen, Zug/Torsion, Abscherungen, Blast Injuries, Bisswunden, thermische und Quetschverletzungen
Diagnostik
- Schwierig bei Weichteilverletzungen, insbesondere bei geschlossenen Verletzungen
- Ultraschall und MRT können hilfreich sein, aber endgĂŒltige GewebeschĂ€digung oft erst nach Tagen beurteilbar
- Morel-LavallĂ©e-Syndrom: Ablösung der oberflĂ€chlichen Faszie mit Bildung eines Hohlraums, der sich mit serös-hĂ€morrhagischer FlĂŒssigkeit fĂŒllt. Oft durch starken Aufprall oder Scherkraft verursacht; spĂ€te Manifestation möglich.
Kompartment-Syndrom
- Erhöhung des Drucks in FaszienrÀumen, hÀufig am Unterschenkel (>Oberschenkel>Unterarm)
- Pathomechanismus: Druck ĂŒbersteigt den mikrovaskulĂ€ren Perfusionsdruck,
â fĂŒhrt zu Störungen der neuromuskulĂ€ren Funktionseinheit:
â Muskelnekrosen und Axonotmese
- Ursachen: zu enge VerbÀnde, Trauma, Hypoxie
- Symptome:
Nicht beeinflussbarer, druckartiger IschÀmie-
Muskelschmerz
âą Nicht durch Analgetika beeinflussbar
âą Kribbel- oder TaubheitsgefĂŒhl in den abhĂ€ngigen
Nervengebieten
âą Prall-gespannte Weichteile
âą Glanzhaut
Untersuchungstipp:
âą Schmerzhafte passive Bewegung
- Therapie: Notoperation (Dermatofasziotomie aller Kompartimente, Bilateral nach Mubarak und Owen) um Druck zu entlasten
Klassifikation von Weichteilverletzungen
- Offene und geschlossene Verletzungen können unterschiedlich klassifiziert werden
- Einteilung nach Schweregrad (z.B. Gustilo-Anderson oder Tscherne-Oestern)
Klassifikation nach Gustilo-Anderson (Klassifikation von WeichteilschÀden):
- Typ 1: saubere Wunde < 1cm
- Typ 2: LĂ€sion > 1cm ohne Kontusion
- Typ 3: ausgedehnter Weichteilschaden:
- A : ausreichende Weichteildeckung
- B: Weichteilverlust mit periostaler Ablösung
- C: mit arteriellem und neurologischen Schaden
Klassifikation nach Tscherne-Oestern
-Weichteilschaden bei geschlossenen Frakturen:
- Grad 0: fehlende oder unbedeutende
Weichteilverletzung
- Grad I: oberflĂ€chliche SchĂŒrfung oder Kontusion
durch Fragmentdruck von innen
- Grad II:tiefe kontaminierte SchĂŒrfung sowie Haut-
oder Muskelkontusion, drohendes
Kompartmentsyndrom
- Grad III: ausgedehnte Hautkontusion, -quetschung oder Zerstörung der Muskulatur, subkutanes Décollement, manifestes Kompartmentsyndrom
->Grad III gefÀhrlich, da hÀufig Weichteilverlust erst in Folgetagen
-Weichteilschaden offener Frakturen
- Grad I: DurchspieĂung der Haut, unbedeutende
Kontamination
- Grad II: Durchtrennung der Haut, umschreibene
Haut- und Weichteilkontusion, mittelschwere
Kontamination
- Grad III: ausgedehnte Weichteildestruktion, hÀufig
GefĂ€Ă- und Nervenverletzungen, starke
Wundkontamination,
- Grad IV: totale und subtotale Amputation
Vorgehensweise bei Weichteilverletzungen
- Zugangsweg durch das Trauma bestimmt
- Weichteilmanagement ist entscheidend, um Infekte zu vermeiden
- FrĂŒhzeitiger Einsatz von Oklusionstherapien und Lappendeckungen empfohlen
Wichtige Punkte zur Behandlung
- Frakturen mit Weichteilverletzung sind chirurgische NotfÀlle
- Weichteilverletzungen erfordern viel Erfahrung zur Beurteilung
- Bei Kompartment-Syndrom: Operieren ist entscheidend
- Knochenaufbau erst nach Weichteilrekonstruktion
Diskussion
- Einsatz von Vadoplex-Pumpen als abschwellende MaĂnahme
- Prophylaktische Antibiotika bei offenen Frakturen auf 72h begrenzt bei kleinsten LĂ€sionen ggf. nur fĂŒr 24h
- Verwendung von Kerlix bei höhergradigen, verschmutzten Wunden zur prophylaktischen Abdeckung und Vermeidung sekundÀrer Infektionen in Verbindung mit VakuumverbÀnden.
Fazit
- Weichteilverletzungen sind komplex und erfordern sorgfÀltige Beurteilung und Behandlung
- Minimale InvasivitÀt bei chirurgischen Eingriffen bevorzugt