Kaufrecht: Anspruchsgrundlagen

May 18, 2024

Kaufrecht: Anspruchsgrundlagen (Stand 2022)

Überblick

  • Umfangreiche Änderungen zum 1.1.2022 im Kaufrecht
  • Aktualisierung des Themas Anspruchsgrundlagen
  • Ziel: Sicherer Stand bei der Wahl der richtigen Anspruchsgrundlage

System der Anspruchsgrundlagen im Kaufrecht

  • Extrem komplex im deutschen Recht
  • Wichtig: Richtige Anspruchsgrundlage wählen, um Fehler in Klausuren zu vermeiden
  • Vorgehensweise zur Eingrenzung und Ermittlung:
    1. Unterscheidung zwischen kaufrechtlichem Gewährleistungsrecht und allgemeinem Schuldrecht
    2. Begehren des Käufers genauer betrachten
    3. Pflichtverletzung herausarbeiten

Denk-Schritte

  1. Gewährleistungsrecht vs. allgemeines Schuldrecht

    • §437 verweist auf allgemeines Schuldrecht (§437 Nr. 2, 3).
    • Unterscheidung wegen unterschiedlicher Ansprüche und Verjährungsfristen.
    • Ansprüche nach allgemeinem Schuldrecht: Regelverjährung 3 Jahre (§195 BGB).
    • Gewährleistungsrechte: Verjährung typischerweise 2 Jahre, ab Übergabe (§438 Abs.3, Abs.2).
    • Zeitpunkt der Gefahrenübergang (§446) ist entscheidend für Gewährleistungsrechte.
  2. Begehren des Käufers analysieren

    • Lieferung neuer Sache: §437 Nr. 1, §439 Abs.1 Variante 2 (Nachlieferung).
    • Minderung: §441 Abs. 4 Satz 1.
    • Rücktritt: §346 Abs. 1.
    • Schadensersatzansprüche differenzieren:
      • Pflichtverletzung
      • Art des Schadensersatzes (statt/nach der Leistung).
  3. Pflichtverletzung konkretisieren

    • bei Unmöglichkeit: §§280 (1, 3), 283 (nachträglich); §311 Abs. 2, ggf. §437.
    • Schadensersatz bei nicht mangelfreier Leistung ohne Unmöglichkeit: unterschiedliche Anspruchsgrundlagen je nach Schadenstyp (statt/nach Leistung, Nebenpflichtverletzung).

Klausur-Tipps

  • Übungsfälle anhalten und selbstständig prüfen.
  • Eigenkontrolle durch konkrete Benennung der Pflichtverletzung in Überschriften.
  • Rechtsprechung und Regelungen gut kennen, Unterschiede im Verjährungsrecht beachten.
  • Vermeiden Missverständnis: §437 nur bei Mängeln und nach Übergabe.

Fallbeispiele

Fall 1: Unmöglichkeit durch Verschulden

  • Sachverhalt: Gebrauchtwagen zerstört vor Übergabe.
  • Lösung: Allgemeines Schuldrecht -> §280 (1, 3), 283
  • Prüfung: Schuldverhältnis (KV), Pflichtverletzung (nachträgliche Unmöglichkeit), Vertretenmüssen, Schaden.

Fall 2: Anfängliche Unmöglichkeit

  • Sachverhalt: Wagen gestohlen vor Vertragsschluss.
  • Lösung: §311 Abs. 2 BGB
  • Prüfung: Vertrag, anfängliche Unmöglichkeit, Kenntnis oder Kennenmüssen des Schuldners, Schaden.

Fall 3: Unbehebbarer Mangel

  • Sachverhalt: Gebrauchtwagen mit nicht behebbaren Mangel.
  • Lösung: Gewährleistungsrecht -> §437 Nr. 3, §§280 (1, 3), 283
  • Prüfung: Kaufvertrag, Pflichtverletzung (nicht behebbar), Vertretenmüssen, Schaden.

Fall 4: Anfänglicher unbehebarer Mangel

  • Sachverhalt: Unfallwagen als Gebrauchtwagen verkauft
  • Lösung: §437 Nr. 3, §311 Abs. 2 BGB
  • Prüfung: Kaufvertrag, anfänglich unbehebbarer Mangel, Kenntnis/Kennenmüssen des Schuldners, Schaden.

Fall 5: Nichtleistung

  • Sachverhalt: VK liefert Auto nicht, Käufer fordert Schadensersatz
  • Lösung: §280 (1,3); §281
  • Prüfung: Schuldverhältnis (KV), Pflichtverletzung (Nichtleistung), Fristsetzung, Vertretenmüssen, Schaden.

Fall 6: Nutzungsausfall (Schuldnerverzug)

  • Sachverhalt: Schadensersatz wegen Mietwagenkosten
  • Lösung: §280 (1,2); §286
  • Prüfung: Schuldverhältnis (KV), Pflichtverletzung (nicht rechtzeitig geliefert), Mahnung/Entbehrlichkeit, Vertretenmüssen, Schaden.

Fall 7: Schadensersatz statt der Leistung

  • Pflichtverletzung bei nicht mangelfreier Leistung
  • §437 Nr. 3 -> §§280 (1,3); 281
  • Prüfung: Kaufvertrag, mangelhafte Leistung, Frist zur Nachbesserung, Vertretenmüssen, Schaden.

Fall 8: Kleiner Schadensersatz

  • Mangel führt zu Wertminderung von 2500 €, Käufer verlangt 1000 € Schadensersatz
  • Lösung: Kleiner SE statt großer SE
  • Anspruchsgrundlage: §437 Nr. 3, §280 (1,3), 281
  • Prüfung: Kaufvertrag, Mangel, keine unerhebliche Pflichtverletzung, Frist zur Nachbesserung, Vertretenmüssen, Schaden.

Fall 9: Mangel folgeschaden

  • Mangelhaftes Motoröl, beschädigt Motor des Käufers
  • §437 Nr.3 ->§§280 (1), 1
  • Prüfung: Kaufvertrag, Pflichverletzung (objektiver Mangel), Vertretenmüssen, Schaden.

Fall 10: Nutzungsausfall wegen Mangel

  • Mietwagenkosten während Nachbesserungsfrist
  • Lösung: §437 Nr. 3, §280 (1)
  • Prüfung: Kaufvertrag, Pflichtverletzung (Mangel), Vertretenmüssen, Schaden.

Fall 11: Nutzungsausfall bei Verzögerung der Nachbesserung

  • Sachverhalt: Mangelhafte Lieferung, verspätete Nachbesserung
  • Lösungen:
    • Traditionell (§437, §280 (1), §286) - getrennte Pflichtverletzung
    • Alternativ: Einheitliche fortdauernde Pflichtverletzung, keine erneute Mahnung nötig
  • Prüfung: Kaufvertrag, Pflichtverletzung fortdauernd klären, Vertretenmüssen, Fristsetzung nach Mahnung (bei Traditionellem Verfahren);.

Rückfuhr- und Rückzahlungsansprüche

  • Unterschied zwischen Rücktritt und Schadensersatzgründen beachten

Fall 12: Rücktritt bei Nichtleistung

  • Sachverhalt: Auto nicht geliefert, Käufer tritt zurück, verlangt Geld zurück
  • Lösung: Rückzahlung §346 Abs. 1 nach Rücktritt
  • Prüfung: Gegenseitiger Vertrag, Rücktrittserteilung, Rücktrittsrecht (aus §§323[Nichtleistung, Fälligkeit, Fristsetzung]), kein Vertretenmüssen, vorschnelle Annahme einer Fristsetzung vermeiden.

Fall 13: Rücktritt bei schlechter Leistung

  • Sachverhalt: Lieferung des Fahrzeugs mit defektem Zahnriemen, Rücktritt und Rückforderung des Kaufpreises
  • Lösung: §437 Nr. 2, §346 Abs. 1 BGB (-> Selbständiger Rückgewähranspruch)
  • Prüfung: Kaufvertrag, Rücktrittsrecht (Sachmangel, Frist zur Nachbesserung)
  • Fall von unerheblichem Mangel: Rücktritt nicht möglich; dafür: kleinere Schadensersatz §411 (kleiner SE)
  • Verjährung wie bei Fall 12.

Fall 14: Rücktritt ohne Nacherfüllung

  • Sachverhalt: Unfallwagen als Unikat verkauft.
  • Lösung: §437 Nr 2, §346 Abs. 1, Rücktrittsrecht wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung (Nachbesserung/Nachlieferung) §283 Abs. 2
  • Prüfung: Kaufvertrag, Mangel, Unmöglichkeit der Nachbesserung/Lieferung, keine Unerheblichkeit des Mangels

Fall 15: Nacherfüllung

  • Sachverhalt: Käufer verlangt Beseitigung des Mangels oder Lieferung neues Fahrzeug.
  • Lösung: §§437 Nr. 1, §439 Abs. 1 BGB (Alternative 1 oder 2)
  • Prüfung: Kaufvertrag, Mangel.

Fall 16: Minderung

  • Sachverhalt: Defekter Motor; Minderung um 2000 € (von 8000 auf 6000)
  • Lösung: Zurückforderung des überzahlten Betrags nach §441 Abs. 4 Satz 1 BGB -> Minderungsberechnung nach §441 Abs. 3,
  • Prüfung: Erklärung der Minderung, Rückgewähranspruch, kein Vertreten müssen für Rücktritt nötig (bei kleinen Schadensersatz möglich).;

Fall 17: Nutzlos aufwendungen bei Nichtleistung

  • Auto zum Urlaub gekauft, Lieferant liefert nicht
  • Lösung: Erstattung der Aufwendungen §284 BGB (Anstelle des Schadensersatz).
  • Prüfung: Schuldverhältnis, Grundannäherungen Schadensersatz (Nichtleistung), Fristsetzung, Vertretenmüssen, ersetztfähige Aufwendungen.

Fall 18: Nutzloser Aufwand bei Mangelhafter Leistung

  • Analogie zu Fall 17
  • Lösung: §475 Abs. 3 BGB
  • Prüfung: Rücktritt, Gewährleistungsrechte;;

Fall 19: Nebenpflichtverletzung (Lackdurchfall)

  • Sachverhalt: Verkäufer verletzt das Auto beim Anliefern
  • Lösung §280 abs. 142 2
  • Prüfung: Schuldverhältnis, Verletzung Nebenpflicht (Schuldverhältnis), vertreten müssen, Schad.

Fall 20 Nebenpflichtverletzung: Unzumutbarkeit bei Beleidigung

  • Sachverhalt: Verkäufer beschimpft Käufer
  • Lösung: Schadensersatz Vorteil /erfolgsausfall §280 abs 13 2, 3
  • Prüfung: Schuldverhältnis, Verletzung Nebenpflicht, vertreten müssen.

Zusammenfassung

  • Unterschiedliche Anspruchsgrundlagen je nach Fall
  • Klare Struktierung durch faktische Hinführung, Behandlung des Fall aus verschiedenen verschiedene Paragraphen.

Viel Erfolg und Übersicht im Studium und in der Praxis.