Kaufrecht: Anspruchsgrundlagen (Stand 2022)
Überblick
- Umfangreiche Änderungen zum 1.1.2022 im Kaufrecht
- Aktualisierung des Themas Anspruchsgrundlagen
- Ziel: Sicherer Stand bei der Wahl der richtigen Anspruchsgrundlage
System der Anspruchsgrundlagen im Kaufrecht
- Extrem komplex im deutschen Recht
- Wichtig: Richtige Anspruchsgrundlage wählen, um Fehler in Klausuren zu vermeiden
- Vorgehensweise zur Eingrenzung und Ermittlung:
- Unterscheidung zwischen kaufrechtlichem Gewährleistungsrecht und allgemeinem Schuldrecht
- Begehren des Käufers genauer betrachten
- Pflichtverletzung herausarbeiten
Denk-Schritte
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Gewährleistungsrecht vs. allgemeines Schuldrecht
- §437 verweist auf allgemeines Schuldrecht (§437 Nr. 2, 3).
- Unterscheidung wegen unterschiedlicher Ansprüche und Verjährungsfristen.
- Ansprüche nach allgemeinem Schuldrecht: Regelverjährung 3 Jahre (§195 BGB).
- Gewährleistungsrechte: Verjährung typischerweise 2 Jahre, ab Übergabe (§438 Abs.3, Abs.2).
- Zeitpunkt der Gefahrenübergang (§446) ist entscheidend für Gewährleistungsrechte.
-
Begehren des Käufers analysieren
- Lieferung neuer Sache: §437 Nr. 1, §439 Abs.1 Variante 2 (Nachlieferung).
- Minderung: §441 Abs. 4 Satz 1.
- Rücktritt: §346 Abs. 1.
- Schadensersatzansprüche differenzieren:
- Pflichtverletzung
- Art des Schadensersatzes (statt/nach der Leistung).
-
Pflichtverletzung konkretisieren
- bei Unmöglichkeit: §§280 (1, 3), 283 (nachträglich); §311 Abs. 2, ggf. §437.
- Schadensersatz bei nicht mangelfreier Leistung ohne Unmöglichkeit: unterschiedliche Anspruchsgrundlagen je nach Schadenstyp (statt/nach Leistung, Nebenpflichtverletzung).
Klausur-Tipps
- Übungsfälle anhalten und selbstständig prüfen.
- Eigenkontrolle durch konkrete Benennung der Pflichtverletzung in Überschriften.
- Rechtsprechung und Regelungen gut kennen, Unterschiede im Verjährungsrecht beachten.
- Vermeiden Missverständnis: §437 nur bei Mängeln und nach Übergabe.
Fallbeispiele
Fall 1: Unmöglichkeit durch Verschulden
- Sachverhalt: Gebrauchtwagen zerstört vor Übergabe.
- Lösung: Allgemeines Schuldrecht -> §280 (1, 3), 283
- Prüfung: Schuldverhältnis (KV), Pflichtverletzung (nachträgliche Unmöglichkeit), Vertretenmüssen, Schaden.
Fall 2: Anfängliche Unmöglichkeit
- Sachverhalt: Wagen gestohlen vor Vertragsschluss.
- Lösung: §311 Abs. 2 BGB
- Prüfung: Vertrag, anfängliche Unmöglichkeit, Kenntnis oder Kennenmüssen des Schuldners, Schaden.
Fall 3: Unbehebbarer Mangel
- Sachverhalt: Gebrauchtwagen mit nicht behebbaren Mangel.
- Lösung: Gewährleistungsrecht -> §437 Nr. 3, §§280 (1, 3), 283
- Prüfung: Kaufvertrag, Pflichtverletzung (nicht behebbar), Vertretenmüssen, Schaden.
Fall 4: Anfänglicher unbehebarer Mangel
- Sachverhalt: Unfallwagen als Gebrauchtwagen verkauft
- Lösung: §437 Nr. 3, §311 Abs. 2 BGB
- Prüfung: Kaufvertrag, anfänglich unbehebbarer Mangel, Kenntnis/Kennenmüssen des Schuldners, Schaden.
Fall 5: Nichtleistung
- Sachverhalt: VK liefert Auto nicht, Käufer fordert Schadensersatz
- Lösung: §280 (1,3); §281
- Prüfung: Schuldverhältnis (KV), Pflichtverletzung (Nichtleistung), Fristsetzung, Vertretenmüssen, Schaden.
Fall 6: Nutzungsausfall (Schuldnerverzug)
- Sachverhalt: Schadensersatz wegen Mietwagenkosten
- Lösung: §280 (1,2); §286
- Prüfung: Schuldverhältnis (KV), Pflichtverletzung (nicht rechtzeitig geliefert), Mahnung/Entbehrlichkeit, Vertretenmüssen, Schaden.
Fall 7: Schadensersatz statt der Leistung
- Pflichtverletzung bei nicht mangelfreier Leistung
- §437 Nr. 3 -> §§280 (1,3); 281
- Prüfung: Kaufvertrag, mangelhafte Leistung, Frist zur Nachbesserung, Vertretenmüssen, Schaden.
Fall 8: Kleiner Schadensersatz
- Mangel führt zu Wertminderung von 2500 €, Käufer verlangt 1000 € Schadensersatz
- Lösung: Kleiner SE statt großer SE
- Anspruchsgrundlage: §437 Nr. 3, §280 (1,3), 281
- Prüfung: Kaufvertrag, Mangel, keine unerhebliche Pflichtverletzung, Frist zur Nachbesserung, Vertretenmüssen, Schaden.
Fall 9: Mangel folgeschaden
- Mangelhaftes Motoröl, beschädigt Motor des Käufers
- §437 Nr.3 ->§§280 (1), 1
- Prüfung: Kaufvertrag, Pflichverletzung (objektiver Mangel), Vertretenmüssen, Schaden.
Fall 10: Nutzungsausfall wegen Mangel
- Mietwagenkosten während Nachbesserungsfrist
- Lösung: §437 Nr. 3, §280 (1)
- Prüfung: Kaufvertrag, Pflichtverletzung (Mangel), Vertretenmüssen, Schaden.
Fall 11: Nutzungsausfall bei Verzögerung der Nachbesserung
- Sachverhalt: Mangelhafte Lieferung, verspätete Nachbesserung
- Lösungen:
- Traditionell (§437, §280 (1), §286) - getrennte Pflichtverletzung
- Alternativ: Einheitliche fortdauernde Pflichtverletzung, keine erneute Mahnung nötig
- Prüfung: Kaufvertrag, Pflichtverletzung fortdauernd klären, Vertretenmüssen, Fristsetzung nach Mahnung (bei Traditionellem Verfahren);.
Rückfuhr- und Rückzahlungsansprüche
- Unterschied zwischen Rücktritt und Schadensersatzgründen beachten
Fall 12: Rücktritt bei Nichtleistung
- Sachverhalt: Auto nicht geliefert, Käufer tritt zurück, verlangt Geld zurück
- Lösung: Rückzahlung §346 Abs. 1 nach Rücktritt
- Prüfung: Gegenseitiger Vertrag, Rücktrittserteilung, Rücktrittsrecht (aus §§323[Nichtleistung, Fälligkeit, Fristsetzung]), kein Vertretenmüssen, vorschnelle Annahme einer Fristsetzung vermeiden.
Fall 13: Rücktritt bei schlechter Leistung
- Sachverhalt: Lieferung des Fahrzeugs mit defektem Zahnriemen, Rücktritt und Rückforderung des Kaufpreises
- Lösung: §437 Nr. 2, §346 Abs. 1 BGB (-> Selbständiger Rückgewähranspruch)
- Prüfung: Kaufvertrag, Rücktrittsrecht (Sachmangel, Frist zur Nachbesserung)
- Fall von unerheblichem Mangel: Rücktritt nicht möglich; dafür: kleinere Schadensersatz §411 (kleiner SE)
- Verjährung wie bei Fall 12.
Fall 14: Rücktritt ohne Nacherfüllung
- Sachverhalt: Unfallwagen als Unikat verkauft.
- Lösung: §437 Nr 2, §346 Abs. 1, Rücktrittsrecht wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung (Nachbesserung/Nachlieferung) §283 Abs. 2
- Prüfung: Kaufvertrag, Mangel, Unmöglichkeit der Nachbesserung/Lieferung, keine Unerheblichkeit des Mangels
Fall 15: Nacherfüllung
- Sachverhalt: Käufer verlangt Beseitigung des Mangels oder Lieferung neues Fahrzeug.
- Lösung: §§437 Nr. 1, §439 Abs. 1 BGB (Alternative 1 oder 2)
- Prüfung: Kaufvertrag, Mangel.
Fall 16: Minderung
- Sachverhalt: Defekter Motor; Minderung um 2000 € (von 8000 auf 6000)
- Lösung: Zurückforderung des überzahlten Betrags nach §441 Abs. 4 Satz 1 BGB -> Minderungsberechnung nach §441 Abs. 3,
- Prüfung: Erklärung der Minderung, Rückgewähranspruch, kein Vertreten müssen für Rücktritt nötig (bei kleinen Schadensersatz möglich).;
Fall 17: Nutzlos aufwendungen bei Nichtleistung
- Auto zum Urlaub gekauft, Lieferant liefert nicht
- Lösung: Erstattung der Aufwendungen §284 BGB (Anstelle des Schadensersatz).
- Prüfung: Schuldverhältnis, Grundannäherungen Schadensersatz (Nichtleistung), Fristsetzung, Vertretenmüssen, ersetztfähige Aufwendungen.
Fall 18: Nutzloser Aufwand bei Mangelhafter Leistung
- Analogie zu Fall 17
- Lösung: §475 Abs. 3 BGB
- Prüfung: Rücktritt, Gewährleistungsrechte;;
Fall 19: Nebenpflichtverletzung (Lackdurchfall)
- Sachverhalt: Verkäufer verletzt das Auto beim Anliefern
- Lösung §280 abs. 142 2
- Prüfung: Schuldverhältnis, Verletzung Nebenpflicht (Schuldverhältnis), vertreten müssen, Schad.
Fall 20 Nebenpflichtverletzung: Unzumutbarkeit bei Beleidigung
- Sachverhalt: Verkäufer beschimpft Käufer
- Lösung: Schadensersatz Vorteil /erfolgsausfall §280 abs 13 2, 3
- Prüfung: Schuldverhältnis, Verletzung Nebenpflicht, vertreten müssen.
Zusammenfassung
- Unterschiedliche Anspruchsgrundlagen je nach Fall
- Klare Struktierung durch faktische Hinführung, Behandlung des Fall aus verschiedenen verschiedene Paragraphen.
Viel Erfolg und Übersicht im Studium und in der Praxis.