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DDR-Heimcomputer und Mikrotechnik 🎮💻

Hallo liebe Hörerinnen und Hörer und moin Christian. Moin Henner. Christian, wir hörten ja gerade die Stimme Erich Honeckers, der war einst das Staatsoberhaupt der DDR. Und dieses Zitat, das kanntest du bestimmt schon, aber weißt du auch, bei welcher Gelegenheit Honecker das zuerst gesagt hat? Ich hätte jetzt gesagt, bei irgendeinem Parteitag oder irgendeiner Parteiversammlung oder sowas. Da hat das auch gesagt, ja. Ja, Punkte für mich, auf jeden Fall. Zum ersten Mal zumindest dokumentiert, hat er diese Worte von Ochs und Esel, die den Sozialismus nicht aufhalten können, gesagt am 14. August 1989. So spät? Ja, kurz vor dem Ende der DDR. Da hat er im Erfurter Kombinat Mikroelektronik das erste Exemplar eines neuen DDR-produzierten Prozessors überreicht bekommen. Das war der erste 32-Bit-Prozessor der DDR, mit dem das Land endlich den Anschluss finden sollte an die Computerindustrie im Westen. Und wie es dazu kam, ob es überhaupt dazu kam und wie oft das versucht wurde, das werden wir jetzt erörtern, denn wir sprechen über Computer aus der DDR, vor allem über zwei Reihen von Heimcomputern. Das ist ja schon bezeichnend, dass der Herr Honecker angesichts eines solchen technischen Wunderwerks an Ochs und Esel denkt, an das altehrwürdige Gespann, das auf dem Feld eingesetzt wird. Aber ja, meine Gedanken an die DDR-Computertechnik oder DDR-Computer waren, glaube ich, auch nicht allzu weit davon entfernt von diesem Gedanke. Erst mindestens mal der Strom, der davon notwendig ist, noch von dem Ochsen erzeugt wird, der hinterm Haus im Kreis läuft. Denn wir beide sind ja alt genug, dass wir den Mauerfall miterlebt haben. Ich war damals 13, als die Mauer gefallen ist. Und mit 13 hatte ich nur ein sehr eingeschränktes Verständnis von Weltpolitik. Aber das reichte schon für so einen westlichen Snobismus. Als wir dann damals auf Klassenfahrt rübergefahren sind nach Sonneberg in Thüringen, da wurde mein persönliches Vorurteil bestätigt, dass ich von unserem deutschen Nachbarstaat hatte, nämlich da war alles gelöst. Trist und grau und rückständig. Und ich hatte das Gefühl, ich bin hier in der Zeit zurückgereist und in einem Land gelandet, das Jahre bis Jahrzehnte hinterher ist und dachte natürlich automatisch, das muss auch für die Computertechnik gelten, wenn es denn überhaupt eine gibt da drüben in der DDR. Das wusste ich nämlich damals nicht. Und um ehrlich zu sein, wusste ich es bis vor kurzem, bis ich dein Dossier gelesen habe, auch nicht so richtig. Denn ich habe mich nie vertieft oder überhaupt mit der Computertechnik und den Heimcomputern in der DDR auseinandergesetzt bisher. Und ich bilde mir ein, das geht vermutlich einem Gutteil unserer westlichen Zuhörerinnen und Zuhörer auch so. Und da freue ich mich doch sehr, dass wir diejenigen heute mit auf eine Reise nehmen können, die ihnen das Ganze näher bringt, was diejenigen von unseren Zuhörerinnen und Zuhörern, die im Osten aufgewachsen sind, vermutlich noch aus eigenem Erleben kennen werden. Ich wusste bis vor einigen Jahren auch nicht allzu viel darüber. Darüber dann allerdings habe ich ein Buch zum Thema gelesen und mich selbst auch mit meinem eigenen DDR-Heimcomputer befasst, der hier auch neben mir steht. Und ich habe durchaus Respekt gewonnen durch diese Beschäftigung mit dem Thema für die Leistung der Ingenieure aus der DDR, die eigene Heimcomputer erschaffen haben unter sehr schwierigen Bedingungen. Aber dazu kommen wir gleich noch in unserer Erzählung. Ich habe meine Recherche zu diesem Thema, um das Ganze nochmal aufzufrischen, wie so oft begonnen mit einem Blick in Vinnie Forsters Nachschlagewerk Spielkonsolen und Heimcomputer. Und weißt du, Christian, was in diesem Buch steht über die Heimcomputer der DDR? Wenn du schon so fragst, nichts. Ja, genau. Echt? Nichts. Nichts. Die werden nicht erwähnt. Ganz viele obskure Systeme werden genau beschrieben, sowas wie ein Sharp MZ80, von dem hier auch noch nie jemand was gehört hat, aber kein DDR-Heimcomputer, obwohl das veritable Spielegeräte sind. Ich glaube, wir, die wir im Westen sozialisiert wurden mit Commodore und Atari, wissen einfach noch zu wenig über diese Geräte und das wollen wir heute ändern. Auf jeden Fall, das machen wir. Okay, dann galoppieren wir mal los wie Ochs und Esel. Wo fangen wir an, Henner? Wir sprechen ja üblicherweise zu Beginn lang und breit über die Entstehung und die Historie eines einzelnen Unternehmens. Aber heute ist die Vorgeschichte vor allem die Geschichte eines ganzen Landes, nämlich der DDR. Dort gab es keine eigenständigen Unternehmen, wie wir sie im Westen kennen. Dort waren Politik und Wirtschaft sehr eng miteinander verbunden. Wir erzählen also gleich ausführlich, wie es in der DDR zum Aufkommen einer Computerindustrie kam, welche Höhen und Tiefen sie erlebt hat, bis sie schließlich die Heimcomputer hervorgebracht hat, die wir heute näher behandeln. Klären wir noch ein paar Grundlagen für all die Spätgeborenen, die nicht wie wir beide damals noch in der DDR waren zu Besuch, die vielleicht sogar die Existenz dieses Staates überhaupt nicht mehr miterlebt haben, denn den gab es ja nur bis 1990. Also in aller Kürze fasse ich mal kurz 41 Jahre DDR zusammen in ungefähr 41 Sekunden, damit es diejenigen, die schon Bescheid wissen, nicht zu sehr langweilt. Ich versuch's mal. Die Deutsche Demokratische Republik, DDR, wurde 1949, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, gegründet in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Dadurch war sie ein Teil des sogenannten Ostblocks, eng gebunden an die UdSSR. Sie wurde totalitär regiert durch die nicht frei gewählte Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, SED. Statt freier Marktwirtschaft herrschte zentralisierte Planwirtschaft, der Staat bestimmte Produktionsgüter und Mengen der Industrie. Viele Unternehmen und Spezialisten wanderten daher in den Westen ab. Zudem kam es in den 60ern zu einer Verschlechterung der Versorgungslage und damit zur Massenflucht, die 1961 durch Grenzschließung gestoppt wurde. Aber nach einer friedlichen Revolution samt Mauerfall 89 ging die DDR schließlich 1990 in der BRD auf. So, haben wir das hinter uns. Zu riesigen und nebenwöchigen. Das war ein flottes Tempo. Sehr gut. Ja, wenn wir jetzt dann über die Geschichte sprechen werden, der Heimcomputer, dann hat das natürlich eine Herleitung, die Jahrzehnte überspannen wird, aber der Schwerpunkt liegt auf den 80er Jahren, muss er ja auch, denn wie gesagt, 1989, 90 ist es dann vorbei mit der DDR und nur nochmal kurz als Kontext, die 80er Jahre sind im Westen, in der BRD und auch in den USA und so weiter, die Zeit, in der die Heimgeräte in die Haushalte kommen. Also erst 8-Bitter, sowas wie VC20, der C64, Atari 8-Bit und sowas oder auch erste Heimkonsolen, das Atari 2600, das NES und es ist gegen Ende der 80er dann auch der Anfang des 16-Bit-Zeitalters mit sowas wie Amiga und ST. Also das ist sozusagen der Kontext im Westen, die Schablone, gegen die wir dann alles halten, was in der DDR passiert. Aber wenn wir nochmal ein Stück weiter zurückspringen und diese Geschichte dann aufrollen, der ganzen Halbleitertechnik, der Computerelektronik und so weiter in der DDR, dann haben wir als Ausgangspunkt grundsätzlich das Jahr 1947. 1947, da wird der moderne Transistor entwickelt und in den westlichen Industrienationen leitet sich daraus dann die Informationstechnik ab. Das beginnt in den 50er Jahren und das führt dann ziemlich schnell zu einem bestimmenden technologischen und wissenschaftlichen und auch wirtschaftlichen Faktor, der neue Wirtschaftszweige hervorbringt und dann auch durchsickert in alle gesellschaftlichen Bereiche. So ist das im Westen. Und dann haben wir ja aber die sozialistischen Länder des Ostblocks, die durch den Warschauer Pakt von 1955 zusammengehalten werden und dazu gehört auch die DDR. Und da wird generell die Halbleitertechnik viel langsamer angenommen. Und das, obwohl die Voraussetzungen für ein Erblühen dieser neuen Technologie im Osten und insbesondere in der DDR eigentlich erstaunlich gut sind. Genau, denn dort auf dem Gebiet der DDR werden schon seit Jahrzehnten klassische mechanische Büromaschinen gebaut und aus dieser Büromaschinenindustrie entwickelt sich ja die Computerindustrie. Man denke an IBM, das den westlichen Computermarkt im 20. Jahrhundert lange dominiert und das ebenfalls angefangen hat mit solchen klassischen Büromaschinen wie Lochkartensortierern oder Tabelliermaschinen. Wir hatten das ja neulich auch erst bei Commodore, die haben ja auch erst mit Schreibmaschinen angefangen und dann Taschenrechner und kamen dann zu den Computern. Ganz genau. Und solche Büromaschinenhersteller, die gibt es eben dort schon. In Städten wie Chemnitz oder Erfurt oder Leipzig, da stehen schon seit dem frühen 20. Jahrhundert entsprechende Fabriken für Tischrechenmaschinen und andere Arten von Büromaschinen. Es geht sogar so weit, dass vor dem Zweiten Weltkrieg sich ungefähr 80 Prozent der gesamten deutschen Büromaschinenindustrie auf das Gebiet der späteren DDR konzentrieren. Das heißt, da gibt es viel mehr als im Westen. Und direkt nach dem Krieg läuft dort auch die Produktion schon wieder an. Die Produktionszahlen erreichen sogar sehr bald schon das Vorkriegsniveau und übertreffen es, obwohl ja viele industrielle Anlagen in der DDR durch die Sowjetunion demontiert und nach Russland geschickt wurden. Und es gibt noch einen wesentlichen Standortfaktor, nämlich das Unternehmen Carl Zeiss, das ja bis heute existiert in Jena. Das ist damals schon ein weltweit führendes Unternehmen auf dem Gebiet der Feinmechanik und auch Carl Zeiss hat eben seinen Sitz in der DDR. Und es gibt nicht nur industriell gute Voraussetzungen für dieses Aufblühen der Computerindustrie in der DDR, es gibt auch eine entsprechende Forschungslandschaft in der DDR, denn die moderne Rechentechnik ist ja nur möglich mit Grundlagenforschung und mit konstanter Weiterentwicklung auf mehreren Gebieten, Mikroelektronik, Physik und Chemie. Auch dafür sind die Voraussetzungen in der jungen DDR sehr gut mit renommierten Forschungsinstitutionen, industriell und universitär. Es gibt sechs Universitäten und drei TUs auf dem DDR-Gebiet, die auch schon 1945, direkt nach dem Zweiten Weltkrieg, wieder zu forschen beginnen. Und in den folgenden zehn Jahren werden auch viele weitere Hochschulen gegründet, mehr als im Westen, als in der BRD. Also auch in der Hinsicht eigentlich beste Voraussetzungen für eine weltweit führende, vielleicht sogar Computerindustrie in der DDR. Und trotzdem hat diese neue Computertechnik, die da aufkommt in den 50er Jahren, einen erstaunlich schweren Stand in der DDR. Das gibt zwar ab 1959 an der Technischen Universität in Dresden schon einen frühen transistororientierten Computer, den D4A, aber das ist ein Einzelstück, das bleibt zunächst eine Ausnahme, denn die Forschung in der DDR ist ja staatlich gesteuert und reglementiert und die Fokussierung, die Vorgabe von oben heißt, bitte produktorientiert forschen, industrieverbunden forschen. Also es gibt jetzt nur in Ausnahmefällen eine freie Forschung, wo so technologisches Neuland erkundet werden könnte. Die SED-Führung hat da den Finger drauf. Und dementsprechend sind die Universitäten, die Forschungseinrichtungen darauf angewiesen, was die SED-Führung wiederum erkennt als eine zukunftsfähige Technologie. Und dazu gehören die Halbleitertechnik und die Computerindustrie erstmal nicht. Im Gegenteil, das gilt eigentlich als etwas, was so ein industrialistischer Auswuchs des Kapitalismus ist, des Klassenfeinds. Aber es gibt natürlich auch noch die Herstellerseite in der DDR und auch die sind eigentlich ganz zufrieden mit dem Status Quo. Und dementsprechend dauert es also ziemlich lange, bis der erste Digitalkomputer in der DDR entsteht. Der ist noch Relais-basiert, ein Großrechner, der heißt Oprema. 1954 findet das statt. Nicht bei einem der etablierten Büromaschinenhersteller, von denen du vorhin schon gesprochen hast, sondern bei Carl Zeiss in Jena, bei dieser Vorzeigefirma. Und damit ist jetzt formell das Computerzeitalter auch in der DDR angekommen, aber auch hier wieder der Oprema bleibt ein Einzelstück und die Industrie bleibt auf dem Kurs. Wir machen weiterhin unsere Büromaschinen. Sogar im Jahr 1960 arbeiten die Archimedes-Werke in Glashütte mit einem Team noch an mechanischen Rechenmaschinen. Also die sind zu diesem Zeitpunkt schon längst überholt. Aber bald schon wird es schwer, diese veralteten Geräte ins Ausland zu verkaufen. Das ist natürlich auch ein Fokus der DDR-Industrie, Geräte für den Export herzustellen, aber die will halt irgendwann niemand haben. An der Tatsache, dass die DDR-Industrie da schon bis zum Anfang der 60er in den Rückstand gekommen ist, ist aber dieses Ausland auch nicht ganz unschuldig. Ja, das stimmt. Der Zweite Weltkrieg ist ja vorbei, aber auf ihn folgt ein neuer Krieg, nämlich der Kalte Krieg, der geprägt wird durch den Wettstreit der Systeme Sozialismus im Osten und damit auch die Planwirtschaft und Demokratie und Marktwirtschaft im Westen. Der Warschauer Pakt gegen die NATO oder gegen den ganzen kapitalistischen, angeblich imperialistischen Westen. Und dieser westliche Komplex, angeführt von den Vereinigten Staaten, der möchte verhindern, dass die Sowjetunion, dieser große, böse Systemfeind, Zugriff erhält auf moderne technologische Entwicklungen aus dem Westen. Also die westlichen Staaten, die tauschen sich alle untereinander aus. Da gibt es ja freie Wirtschaft und auch freie Wissenschaft. Die Wissenschaftler können sich durchaus austauschen. Aber die Sowjetunion darf darauf keinen Zugriff erhalten, das wünscht die USA und so gründen die westlichen Staaten rund um die USA und gefördert von den USA im Jahr 49 den Koordinationsausschuss für multilaterale Ausfuhrkontrolle. Das ist etwas unhandlich, dieser Name, deswegen bleiben wir beim Kürzel. Der heißt nämlich kurz COCOM, Coordinating Committee. Und das ist ein Gremium, das Verbotslisten mit Technologien und Produkten erarbeitet, die nicht an Länder unter sowjetischem Einfluss geliefert werden dürfen. Das ist also ein Handelsembargo und davon betroffen sind vor allem natürlich Waffen, klar, auch Kernenergie-Technik und dazu gehört auch Mikroelektronik. Das heißt, westliche Unternehmen dürfen nicht oder sollten zumindest nicht ihre modernen Entwicklungen an die Sowjetunion oder an Staaten des Ostblocks liefern. Das schaffen zwar immer mal wieder sowjetische Länder und auch westliche Konzerne, das zu umgehen, aber das ist ein immenser Aufwand. Und so schaffen es moderne Computer und Bauteile aus den führenden Industrienationen wie den USA oder auch Japan kaum durch den eisernen Vorhang. Das meiste muss also in der Sowjetunion und auch in der DDR in Eigenregie entwickelt werden. Die können nicht einfach Transistoren aus dem Westen kaufen und in ihren eigenen Computern verbauen. Und diese Embargos, die bleiben auch in den folgenden Jahrzehnten bis zum Ende, bis zum Zusammenbruch des Ostblocks bestehen und die machen der DDR Computertechnik auch bis zu ihrem Ende schwer zu schaffen. Das werden wir immer wieder hören in dieser Geschichte. Und das ist besonders tragisch aus Sicht der DDR-Wirtschaft, weil die SED-Führung nun so langsam doch mal erkennt, dass die Mikroelektronik und damit auch die Computertechnik vielleicht nicht so ganz unbedeutend ist und dass man die Entwicklung forcieren sollte. Es ist ja ein zentral gesteuertes System, wie wir vorher schon gesagt haben. Deswegen wird es höchste Zeit, dass nun auch die Partei, die Führungsinstanz das erkennt. Mitte der 50er Jahre, da ist der Chef der DDR, Walter Ulbricht, der Vorsitzende des Zentralkomitees der SED und also der Regierungschef und der läutet dann den Sinneswandel ein. Zum einen kommen da Impulse aus der Sowjetunion. Da finden ja in der Zwischenzeit Pionierleistungen statt, wie zum Beispiel der Sputnik-Satellit. Und zum anderen wird aber halt auch bald in der Industrie klar, Es muss jetzt in elektronische Datenverarbeitung investiert werden, sonst kommt man in einen gravierenden Rückstand gegenüber anderen Nationen auf der Welt. Vor allen Dingen deswegen, weil die elektronische Datenverarbeitung die Arbeit effizienter macht. Und dieser Mangel an Effizienz schlägt sich dann langsam nieder in der DDR-Industrie. Ab 1956 gibt es den zweiten Fünf-Jahres-Plan, der die Investitionen und die Produktion in der DDR festlegt. Und darin forciert Ulbricht dann die Entwicklung moderner Rechentechnik. Da steht, Zitat, wir müssen die weitestgehende Mechanisierung und Automatisierung der Produktion herbeiführen, bestimmte Arten geistiger Tätigkeit maschinell lösen, zum Beispiel durch die Produktion von Elektronen-Rechenmaschinen, Zitat Ende. Und mehr noch übrig fordert sogar die Erreichung des Weltstandes auf möglichst vielen Gebieten der Wissenschaft und Technik. Und das schließt natürlich auch die Mikroelektronik ein. Und diesen Worten folgen dann Taten. 1957 wird ein Beirat für naturwissenschaftlich-technische Forschung etabliert. Im gleichen Jahr wird dann die gesamte Computerentwicklung der DDR in einem neuen Industriebetrieb in Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, gebündelt. Die Fertigung der nötigen Halbleiterkomponenten wird dann unterstützt durch einen neuen Dresdner Betrieb für die Herstellung von Sondermaschinen. Die Aufgabe, westliche Fertigungsanlagen sind nachzubauen. Bürokratiesprech so schön, Zitat, der Betrieb hat zugleich die Aufgabe, die aus dem westlichen Ausland importierten Spezialeinrichtungen den Notwendigkeiten entsprechend zu vervielfachen. Zitat Ende. Das gefällt mir sehr gut. 1964 beschließt die SED die Entwicklung und Einführung der elektronischen Datenverarbeitung in der DDR mit einem Investitionsvolumen von 400 Millionen Mark, also Ostmark. Eine zentral gesteuerte Wirtschaft hat in dem Fall eines solchen landesweiten Programms dann durchaus mal auch Vorteile, weil die Staatsführung kann Ressourcen umverteilen, ohne dass sie jetzt da Profitabilitätsgedanken oder der öffentlichen Meinung groß unterworfen wäre. Dementsprechend wird zum Beispiel die Fernseherfabrik in Radeberg kurzerhand umgewidmet und soll in Zukunft elektronische Rechenmaschinen produzieren. Oder Bergmänner des Braunkohlebetriebs in Oelsnitz werden umgeschult und sind ab dann Ingenieure für Fertigungstechnik. Und da spielen dann überraschend schnell auch ideologische Bedenken keine zentrale Rolle mehr. Im Gegenteil, nun gilt die neue Technik sogar als Voraussetzung für die Realisierung des Sozialismus. Zitat, mit den elektronischen Rechenmaschinen erhält die Planwirtschaft eigentlich erst die notwendige technische Grundlage. Jetzt kann die Planung wesentlich vervollkommnet werden. Das stammt aus dem Neuen Deutschland, also der zentralen Tageszeitung der DDR, die schreibt das im März 1964. Und 67 behauptet ein internes Papier der SED sogar, dass unter sozialistischen Produktionsverhältnissen wesentlich bessere Möglichkeiten für den Einsatz der Datenverarbeitung mit hohem ökonomischen Nutzeffekt gegeben sind, als das in den kapitalistischen Ländern möglich ist. Das ist vielleicht auch so eine Art Ansporn an einen selbst in der sozialistischen DDR, eine Hoffnung auf die Zukunft, aber das Ganze muss ja jetzt erstmal irgendwie unterfüttert werden mit Taten. Ja, halten wir mal kurz inne und stellen fest, es gab jetzt schon zwei Anläufe, diese Computerindustrie der DDR zum Laufen zu bringen. 1956 mit dem zweiten Fünfjahresplan, da heißt es, wir müssen die Produktion automatisieren mit Elektronenrechenmaschinen, da ist jetzt von Computern direkt noch nicht die Rede. Und 1964 kommt dann der zweite Versuch. Die Einführung der elektronischen Datenverarbeitung in der DDR wird dann beschlossen. Also einmal in den 50ern und einmal in den 60ern. Und das wird sich noch ein paar Mal wiederholen. Das ist jetzt nicht der letzte Versuch. Sie versuchen es wirklich immer wieder. Das ist auch eine Beharrlichkeit, die man bewundern muss. Es wird halt immer klarer und immer offensichtlicher, dass man diese Technologie braucht, um Produkte weiterhin für den Weltmarkt produzieren zu können, die auch eine Chance haben, gegen westliche Produkte zu bestehen. Denn in immer mehr Produkten kommt ja diese Elektronik zum Einsatz. Nicht nur in Computern, sondern auch in den Maschinen. Und die DDR ist über Jahrzehnte hinweg ein wichtiger großer Maschinenhersteller und Exporteur. Und deswegen ist das durchaus wichtig. Sie brauchen die Maschinen nicht nur für die eigene Wirtschaft, sondern auch für den Export. Ja, und einige von den Taten, die da folgen, hast du schon aufgezählt. Es werden also Unternehmen gegründet. Kombinate, wie sie dort heißen, und Institute und Beiräte und alle möglichen Instrumente, um die Weiterentwicklung oder die Entwicklung der Computerindustrie zu fördern. Und das geht so weiter. 1966 wird im Industriebetrieb in Karl Marxstadt ein neuer Großrechner entwickelt. Also es gab ja schon den Oprema-Großrechner, aber dieser hier ist wesentlich moderner. Das ist der Robotron 300. 100. Das ist ein Name, das klingt so, als würde der sich bei erster Gelegenheit aus dem Fertigungsgebäude erheben und die Stadt verwüsten. Das stimmt. Und es gibt doch auch ein Arcadespiel von 1982, das Robotron 2084 heißt. Ja, stimmt. Gibt es da vielleicht sogar einen Kampfroboter, der Städte zerstört? Ich weiß es nicht, ich habe es nie gespielt. Das wäre ja fantastisch, wenn das Spiel aus den 80ern sich auf den DDR-Großrechner aus den 60ern beziehen würde. Aber ich glaube, das ist nicht so. Das ist natürlich ein zusammengesetztes Wort, da geht es um Robotik und Elektronik und das ergibt diesen schönen Namen Robotron, der wahrscheinlich auch außerhalb der DDR einigermaßen bekannt ist. Also der war mir auch geläufig, bevor ich mich mit dem Thema befasst hatte. Ist ein schöner Name, finde ich. Ja, ein gefährlicher Name. Ja, Robotron 300 ist eben kein Kampfroboter, sondern es ist ein Großrechner, aber keine Eigenentwicklung, sondern ein Nachbau eines IBM Modells namens 1401. Das heißt, die Strategie ist jetzt schon langsam erkennbar. Wir hatten das ja schon vorher gehört, dass da Spezialmaschinen für die Bauteilefertigung aus dem Westen kopiert werden sollen. Und das geschieht hier auch. Das ist nicht ehrenrührig. Das kann man der DDR jetzt nicht wirklich vorwerfen. Sie sind eigentlich darauf angewiesen, Produkte aus dem Westen nachzubauen, weil es ja keinen offenen Austausch gibt und keine einfache Möglichkeit, solche Geräte zu importieren. Auch die Sowjetunion ist da nicht allzu hilfreich, muss man sagen. Die DDR ist da weitgehend auf sich allein gestellt und die müssen diese Dinge nachbauen, um einigermaßen mithalten zu können. Robotron 300, dieser Großrechner, ist also bald fertig und das ist ein Erfolgsmodell, wird dann auch in Serie gefertigt, naja in geringen Stückzahlen, das ist ja ein Großrechner, aber er wird mehrfach hergestellt und an diesem Projekt zur Entwicklung und Herstellung des Robotron Rechners sind mehr als 20 Betriebe aus der ganzen Nation beteiligt. Diese Zusammenarbeit, diese landesweite Zusammenarbeit in einem Herstellerverbund ist so erfolgreich, dass sie dann 1969 zur Gründung eines Kombinats führt, das den Namen dieses Produkts enthält. Das ist also die Geburtsstunde des Kombinats Robotronen. Das ist jetzt also nicht mehr der Name des Computers, sondern auch des Herstellers, wenn man so will, der dahinter steht. Jetzt müssen wir allerdings mal erklären, was genau ist denn ein Kombinat? In der DDR gibt es ja keine Firmen im westlichen Sinn, sondern volkseigene Betriebe, VEBs. Und diese Betriebe können dann in dem zentral gelenkten Wirtschaftssystem der DDR zusammengeschlossen werden für den Zweck der Herstellung eines bestimmten Produktes zum Beispiel, wie eben dieses Robotron-Großrechners. Und das nennt man dann Kombinate, also diese Verbindung aus mehreren volkseigenen Betrieben. Im Endeffekt kann man sich das so vorstellen wie einen verzweigten Konzern im Westen. Nur, dass wir es hier nicht mit selbstständigen Unternehmen zu tun haben, sondern das sind Betriebe, die einem Ministerium unterstellt sind. In diesem Fall ist es das Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik. Das gibt es erst seit 1966. Auch das ist übrigens ein Ausfluss dieses zweiten Anlaufes, das jetzt ernst zu nehmen mit der Entwicklung der Mikrotechnologie in der DDR. Und dieses Kombinat Robotron, das ist jetzt auch, wenn man so möchte, der erste Protagonist in unserer Erzählung, der uns über weite Strecken erhalten bleiben wird. Auch wenn wir jetzt hier von einem Kombinat, einem Firmenzusammenschluss sprechen und nicht von einer Person. Denn das Kombinat Robotron, das nimmt dann fortan eine führende Rolle ein in der Entwicklung und Herstellung von DDR-Computern. Diese Computer, die dort entstehen, die werden innerhalb der Republik eingesetzt, aber die werden auch exportiert, in dem Fall vor allen Dingen in die Sowjetunion. Im Westen würde man sie schon auch exportieren, nur da haben die schlichtweg keine Chance, weil sie in ihrer Technologie der Konkurrenz hinterher hinken, und zwar um 5 bis 15 Jahre. Das heißt, was von Robotron in die BAD rüberkommt, das sind in erster Linie Schreibmaschinen nach wie vor. Und Robotron hat den Stammbetrieb, also den Unternehmenssitz, wenn man so will, in Dresden, in Sachsen. Und dort in Sachsen konzentrieren sich dann bald auch die meisten Robotron-Betriebe, die also zu diesem Kombinat gehören und auch andere Unternehmen aus der Elektrotechnik und der Elektronik. Dresden hat einfach den nötigen wissenschaftlichen Hintergrund. Du hast ja vorhin schon diesen Tischrechner D4A, diesen frühen Transistorrechner erwähnt. Der ist auch an der TU in Dresden entstanden zum Beispiel. Da ist also die Dichte an Forschern und entsprechend ausgebildeten Fachkräften relativ hoch. Und das liegt auch noch an einer anderen kuriosen Geschichte. Denn die Computerindustrie hochzuziehen, jetzt schon zum zweiten Mal, das ist nicht der erste Versuch der DDR, eine große eigene Industrie aufzuziehen. Denn 1954 hat die SED-Führung schon mal so etwas versucht. Nämlich, sie wollte eine eigene Luftfahrtindustrie aufbauen, die mit dem Westen konkurrieren kann. Das hat allerdings nicht geklappt. Die Sowjetunion sollte eigentlich Flugzeuge bestellen, die war als großer Abnehmer für eigene Flugzeuge aus DDR-Produktion vorgesehen, aber die hat nichts bestellt. Und dann wurde 1961 das Ganze wieder eingestellt. Das ist etwas, was nur in einem zentral gelenkten Wirtschaftssystem möglich ist, dass einfach mal so ein kompletter Wirtschaftszweig aus dem Boden gestampft wird, ohne Rücksicht auf Verluste und auf kurzfristige Gewinne. Aber dann, wenn es nicht klappt, sieben Jahre später auch wieder dichtgemacht. Und dann werden alle umgeschult, die Experten aus der Luftfahrtforschung. Und die sollen sich dann künftig um Elektrotechnik und Automatisierung kümmern. Auch um zu verhindern, dass sie in die Bundesrepublik abwandern. Und diese Konzentration an Fachkräften, die bildet jetzt Ende der 60er Jahre die Grundlage für den neuen sächsischen Industriekomplex Robotron. Dem die Führungsrolle zufällt beim Aufbau der DDR-Computerindustrie. Und dieses Kombinat, das wächst rasch, wenn auch nicht immer zugunsten des Kerngeschäfts, wie der ehemalige Entwicklungschef Dr. Gerhard Merkel später mal in einem Interview berichtet hat. Er sagte, wenn dem Kombinat Bauleute fehlten, wurde ein Baubetrieb eingegliedert. Wenn keine Klimatechnik zu haben war, sollten wir einen Klimatechnikbetrieb kaufen. Das ist wenig effizient, aber es geht nicht anders, weil Robotron ja Maschinen, Rohstoffe, Bauteile nicht einfach auf dem Weltmarkt beziehen kann, wie es die westlichen Computerhersteller machen. Nun entsteht also hier dieser zunehmend aufgeblähte Konzern, würde man sagen, aus westlicher Sicht, aber eben dieses Kombinat. Und das bleibt dann aber auch nicht allein. Uns fehlt noch ein zweiter Protagonist sozusagen, also eine zweite Instanz, die wichtig werden wird für den späteren Verlauf der Geschichte, nämlich noch ein zweites Kombinat, das Kombinat Mikroelektronik in Erfurt. Das wird 1978 aus der Taufe gehoben, weil nämlich in der Zwischenzeit auch außerhalb des Kombinats Robotron noch andere Betriebe in der DDR sich mit der Herstellung von Halbleiterbauteilen beschäftigen. Und die werden dann eben knappes Jahrzehnt später gebündelt zu diesem zweiten Kombinat. Da gehört zum Beispiel das VEB-Röhrenwerk Mühlhausen dazu in Thüringen, die zunächst Elektronenröhren machen und dann später auch Halbleiterelemente und Taschenrechner zum Beispiel produzieren. Und später werden dann aus Mühlhausen auch Computer kommen. Aber das sind wir schon in den 70ern, soweit sind wir noch nicht ganz. Die Tatsache, dass da also erst das eine, dann das andere Kombinat entsteht, das ist das Ergebnis eines Sinneswandels, eines sogar doppelten Sinneswandels in der SED-Führung. Wir erinnern uns, die DDR bemüht sich ja in dieser Zeit, also wir sind jetzt wieder in den 60ern, den Rückstand zum Westen aufzuholen. Und für dieses 1964 aufgelegte Investitionsprogramm werden dann statt der ursprünglich geplanten 400 Millionen, die wir schon genannt haben, bis 1970 sogar 2,6 Milliarden Ostmark ausgegeben. Aber das reicht immer noch nicht. Der technische Rückstand bleibt, auch eben, weil dieses CoCom-Embargo existiert, aber auch, weil die Produktion zu ineffizient ist. Es mangelt an geeignetem Personal, es mangelt an Material, es mangelt auch an der Grundlagenforschung. Und dann erhält im Jahr 1971 die noch junge Computerbranche der DDR einen weiteren Dämpfer. Denn in diesem Jahr wird Walter Ulbricht entmachtet. Ein neuer Mann kommt an die Macht und das ist Erich Honecker. Und wo Walter Ulbricht zumindest noch diesen weiten Blick in die Zukunft hatte, zu sagen, wir brauchen hier langfristige Strukturpolitik, wir müssen hier in die Zukunft der Industrie investieren, da hält der Erich Honecker eher weniger davon. Und unter ihm werden dieser Mikroelektronik-Branche dann die Gelder zusammengestrichen. Gerhard Merkel sagt über diese Zeit, Zitat, mit Honecker ging es radikal runter mit Robotron. Wir bekamen wenige Absolventen und die Investitionen gingen runter. Zitat Ende. Und das zu einer Zeit, wo im Jahr 1971 in den USA, drüben, mit dem Intel 4004 der erste Mikroprozessor in Serie geht. Und dieser Zukunftsindustrie wird gleichzeitig in der DDR mit Honecker die Zukunft genommen. Ja, denn Honecker verfolgt einen ganz anderen Plan. Wir haben ja schon gehört, in der DDR geht nichts ohne langfristigen Plan und Ulbrichts Plan war sehr langfristig angelegt. Der Weltstand sollte ja erreicht werden in der Elektroindustrie, aber Honecker verfolgt solche Ziele nicht. Sein Credo ist die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik. Das beschwört er immer wieder bis zu seinem Ende. Er will den Wohlstand der Menschen steigern durch eine bessere Versorgungslage mit Versorgungsgütern, mit Gütern des täglichen Bedarfs, aber auch mit Luxusgütern und damit zugleich die inländische Wirtschaft ankurbeln und ganz nebenbei auch die Akzeptanz der SED-Politik in der Bevölkerung erhöhen. Denn allzu beliebt ist die nicht, wen sollte das wundern, unter einem diktatorischen Regime. Ja und Halbleiter und sowas sind dafür nicht so entscheidend. Ihm geht es vielmehr um Konsumgüter, um Staubsauger, um Fernseher, um Transistorradios. Das, was die Leute wirklich haben wollen. Ganz oft wollen sie das, weil sie es im Fernsehen gesehen haben. Nicht im DDR-Fernsehen, sondern im Westfernsehen, was viele verbotenerweise in der DDR über die Grenze empfangen. Und dort sehen sie Werbefernsehen aus der BRD und dort viele schöne bunte Produkte elektronischer Natur und nicht elektronischer und die wollen sie haben. Und so versucht Honecker eben mit seinem Credo der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik genau diese Konsumgüterindustrie anzukurbeln. Allerdings hält das wieder nicht allzu lange an. Du sagtest ja schon, es gibt einen doppelten Sinneswandel. Also erst streicht Honecker die ganzen Investitionsprogramme für die Mikroelektronik zusammen, aber dann wird ihm relativ bald klar, dass diese neue Politik den Export von Maschinen gefährdet. Denn darauf ist die DDR angewiesen. Das ist ja ein sehr rohstoffarmes Land. Die müssen zum Beispiel Rohöl aus der Sowjetunion importieren und vieles andere. Die müssen das ausgleichen durch den Export von produzierten Gütern, von Maschinen insbesondere. Und diese Maschinen, die sind halt immer häufiger, wir sagten das vorhin schon, mit Mikrochips ausgestattet. Man braucht also die Mikroelektronik, um zu überleben. Und deshalb gilt es jetzt schon wieder mal, das ist der dritte Versuch für alle, die hier mitzählen, den Rückstand zum Westen aufzuholen in der Mikroelektronik, in der Computerindustrie. Und das ist eine schier unlösbare Aufgabe, sagt nicht ich, sondern das sagt ein ehemaliger DDR-Politiker namens Alexander Schalk-Kolotkowski, der hat später in einem Buch geschrieben, es gab keine andere Wahl. Auf dem Weltmarkt würde es keine Maschinen ohne moderne Elektronik mehr geben. Entweder jetzt eine gigantische Kraftanstrengung oder unser Ende als Industrienation wäre absehbar. Zitat Ende. Das ist eine dramatische Aussicht, das Ende als Industrienation, zurück zum Bauernstaat quasi, das will die DDR nicht, das kann sie sich auch nicht erlauben und so erklärt die SED wieder mal im Jahr 1977 die Entwicklung und den Einsatz der Mikroelektronik zur zentralen volkswirtschaftlichen Aufgabe. Also nach 56 und 64 ist das jetzt der dritte Anlauf. Und eines der Resultate, du hast es ja gerade schon erzählt, ist das Erfurter Kombinat Mikroelektronik, das 78 dann ja gegründet wird. Eine Sache aus Honeckers Idee von der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik bleibt dabei bestehen. Und bizarrerweise ist das die wichtigste Grundlage dafür, dass jetzt dann in der Folge Mikro- und Heimcomputer in der DDR entstehen werden. Nämlich mit dieser Idee von der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik und der Förderung des Konsums hält eine Konsumgüterquote Einzug in die Industrie. Das bedeutet, die SED gibt vor, dass alle Betriebe auch Konsumgüter herzustellen haben. Sogar Betriebe, die bislang ausschließlich Dinge produzieren, die entweder für die Industrie gedacht sind, um weitere Dinge produzieren zu können oder für den Export oder sowas. Und die Vorgabe ist, 5% der Produktion jedes Betriebs muss umgestellt werden auf die Herstellung von Konsumgütern für den Binnenmarkt. Und das hat teilweise bizarre Folgen. Also was macht eine Werft zum Beispiel, wie die Neptun Werft in Rostock? Naja, die stellen dann halt Flaschenöffner her in ihrer Not. Oder in Gnaschwitz gibt es ein Sprengstoffwerk. Auch schwierig. Was sollen die jetzt für Zuhause liefern? Die machen dann Fliegenklatschen. Ist ja auch logisch, beides knallt. Und dann haben wir Robotron. Die machen ja auch erst mal Dinge, die nicht für die Leute zu Hause gedacht sind. Die müssen in ihrer Node auch irgendetwas herstellen, was man in die Läden stellen kann. Und die machen in einem Betrieb in Sömmerda Entsafter für die Küche. Also das ist alles ziemlich bizarr und klingt jetzt auch nicht unbedingt effizient. Aber nichtsdestotrotz, diese Vorgabe, diese Konsumgüterquote, die wird gleich noch wichtig. Ja, ich muss mich aber hier mal entschuldigen. Ich habe gerade laut gelacht und wir spotten hier ein wenig, aber eigentlich ist das unfair, denn ich finde, dieser Pragmatismus, der verdient auch Bewunderung. Das Braunkohlekraftwerk Jenschwalde, ein weiteres schönes Beispiel, ein Kraftwerk wohlgemerkt, das hat Bügelbretter hergestellt. Es gibt einen Lokomotivenhersteller der DDR, der Gartenmöbel hergestellt hat. Das ist alles lustig, aber es heißt auch, die waren nicht zu stolz für sowas. Sie haben einfach geprüft, wo gibt es Bedarf, wo gibt es Lücken in den Regalen der Geschäfte und was können sie mit ihren Anlagen und ihrer Expertise herstellen. Und dann haben sie es einfach gemacht. Das ist eine Anpassungsfähigkeit, die da auch dahinter steckt, zweifellos. Ein Auswuchs dieser Industrie und dieser Konsumgüterquote ist eben der Heimcomputer, zu dem wir jetzt langsam kommen. Der Westen erlebt in der zweiten Hälfte der 70er Jahre die PC-Revolution. Der Computer wird persönlich, er verlässt das Rechenzentrum und gelangt auf den Schreibtisch eines einzelnen Nutzers. Dafür schrumpft er erstmal zum Mikrocomputer, während seine Leistung wächst. Er wird erschwinglicher und dabei nützlicher. Das führt uns etwa zum PC-Urvater Altair 8800 von 1975. Okay, der ist noch von überschaubarer Nützlichkeit. Vor allem aber führt uns das zur Dreifaltigkeit von 1977 aus Apple II, Commodore PET und Tandy TRS-80 und 79 dann zum Atari 400, dem vielleicht ersten echten Heimcomputer, günstig, nutzerfreundlich, spieletauglich. Und auch in der DDR werden in den späten 70ern die Weichen gestellt, die schließlich zu solchen Geräten führen. Unter anderem bringt die landeseigene IT-Industrie die nötige technische Grundlage für solch einen Computer hervor, den Prozessor. Genau, was braucht man, um so einen Computer zu machen? Einen Prozessor. Und zu diesem Robotron-Kombinat gehört in Dresden auch das Zentrum für Forschung und Technik. Dort beginnt 1974 die Arbeit an dem ersten Mikroprozessor der DDR. Das ist ein 8-Bit-Chip und der heißt U808. Und diese CPU, wobei wir sollten im DDR-Jargon bleiben, da heißt es natürlich ZRE für Zentrale Recheneinheit. Also diese ZRE ist keine Eigenentwicklung, sondern auch das ist ein Nachbau, wie wir es vorher schon gesehen haben und auch in dieser Geschichte noch häufiger hören werden. In dem Fall ein Nachbau des Intel 8008, der aus dem Jahr 1972 stammt. Und dieser DDR-Prozessor, der erste, der U808, der steckt dann in diversen Geräten und Maschinen, also in Tischrechnern zum Beispiel der Reihe Robotron K100X. Aber für einen echten PC ist der noch zu langsam. Das heißt, da muss jetzt ein Nachfolgechip her, da würde es sich wieder anbieten, ein West-Modell zu klonen, in dem Fall der Intel 8080, der kommt im Westen im Jahr 1974 raus und der ist dort der Motor dieser PC-Revolution, die du gerade schon beschrieben hast. Das ist zum Beispiel der Prozessor, der in dem Altair 8800 steckt. Aber die DDR-Ingenieure orientieren sich stattdessen an einem anderen Prozessor aus dem Westen. Das erzählt Dr. Merkel so, Zitat, 1977 hieß es dann, wir könnten den Rückstand schneller aufholen, wenn wir auf Zilog-Mikroprozessoren setzen, Zitat Ende. Das hat jetzt allerdings nicht unbedingt technische Gründe, sondern der Hintergrund war laut dem Dr. Merkel, dass die, Zitat, Beschaffungsorgane an die Unterlagen des No-Name-Anbieters Zilog besser herankamen als an Intel. Die wussten ihre Betriebsgeheimnisse zu schützen, Zitat Ende. Also im Klartext, die Stasi kann halt einen Z80 leichter besorgen als einen Intel-Chip. Und so entsteht dann der neue 8-Bit-Prozessor, der U-880, der dann ab 1980 durch das Kombinat Mikroelektronik in Erfurt in Serie gefertigt wird. Und dessen Grundlage ist, wie gesagt, ein Z80 von Zilog. Logischerweise ohne Lizenz. Die Geschichte des Computers in der DDR ist eine Geschichte des Klonens und Abkupferns. Aber wenn wir ehrlich sind, das ist nicht nur dort der Fall, denn dieser Z80, der ja in den USA entwickelt wird, ist selbst auch ein Klon des Intel 8080. Da gucken die Unternehmen halt dann voneinander ab. Aber dieser U-880, der wird dann tatsächlich zu einem der wichtigsten Prozessoren im Ostblock, nicht nur in der DDR, sondern auch in anderen sozialistischen Ländern in den 80er Jahren. Der steckt dann in Computern aus Polen, aus der Tschechoslowakei, aus Ungarn, aus Rumänien und so weiter. Aber vor allen Dingen kommt er in der DDR selbst zum Einsatz, zum Beispiel in Schachcomputern oder Lerncomputern oder auch in dem berühmten Polyplay, dem Arcade-Automaten aus der DDR, auch in Bürorechnern und natürlich in Heimcomputern. Aber nicht sofort. Der erste Mikrocomputer der DDR, der 1981 rausgebracht wird, ist noch kein Heimcomputer, sondern so ein Bürorechner. Das ist der A5110 mit diesem U880 Prozessor. Der sieht ein bisschen kurios aus, nicht so sehr wie wir uns einen PC vorstellen, der hat auch keinen Bildschirm, sondern das ist so eine Art übergroße Schreibmaschine. Da kommt also Papier raus. Sieht sehr lustig aus. Wenn ihr Kapitelbilder euch ansehen könnt, dann werft mal einen Blick drauf. Aber dieses Gerät ist trotzdem der Vorbote der späteren Heimcomputer. Nun ist also der Prozessor verfügbar innerhalb der DDR mit seinen Systembausteinen und den nötigen Speicherschaltkreisen. Das ist alles innerhalb der DDR aus eigener Produktion ohne Westimporte verfügbar. Das ist die Ausgangslage zu Beginn der 80er Jahre. Und nun kommt ein Herr ins Spiel, den wir heute noch häufiger hören werden, der eine ganz zentrale Rolle für unsere Geschichte spielt. Und das ist Herr Dr. Werner Domschke. Der leitet ab 1982 innerhalb des Betriebs in Mühlhausen die Abteilung Geräteentwicklung. Und dort entsteht einer der wesentlichen Heimcomputer der DDR. Ja. Das liegt daran, dass man auch dort in Mühlhausen Honeckers Konsumgüterquote zu spüren bekommt. Die stammt ja aus den 70er Jahren, aber in den 80ern wird sie nochmal verschärft. Das kann aber Herr Domschke am besten mal selbst erklären, denn ich hatte die Gelegenheit für diese Episode mit ihm persönlich zu sprechen. Es waren damals zu der Zeit die Läden in Deutschland, also in Ostdeutschland, ziemlich leer, was so Konsumgüter betrifft. Deswegen wurde jedem Betrieb nahegelegt, irgendein Konsumgut zu produzieren. Und nicht unbedingt Dinge, die jetzt für die Firma Relevanz sind, sondern eben um Konsumgüter zu produzieren. Ja, was lag also näher beim Kombinat Mikroelektronik und auch bei Robotronen, bei der Konkurrenz sozusagen, als einen Heimcomputer zu entwickeln, als Konsumgut? Und hier wie dort arbeiten, wie es der Zufall will, Mitarbeiter sowieso schon ohne Auftrag von oben an Machbarkeitsstudien für solche massentauglichen Computer, für solche Mikrocomputer, für jedermann. Deswegen kommen sie dieser staatlichen Forderung, jetzt endlich mal Konsumgüter herzustellen, ganz gerne nach. Und so beginnt zuerst bei Robotron die Entwicklung eines Heimcomputers. Ja, schon seit 1979 denken die Robotron-Ingenieure über den Bau eines Kleinstrechners nach, der programmierbar sein soll und den damals ja noch kommenden U880-Prozessor benutzen soll. Gedacht ist es als Nachfolger von diesen Tischrechnern der K100X-Serie, die wir schon kurz erwähnt haben und dementsprechend auch für den professionellen Einsatz gedacht. Ich dachte also jetzt nicht als Heimcomputer für jedermann, was auch schlichtweg an den Kosten liegt, denn damals schätzt man bei Robotron, dass so ein Gerät ungefähr 5000 Mark kosten würde und das kommt deswegen als Konsumgut nicht in Frage. Aber genau so ein Konsumgut wird ja gefordert von der SED-Führung und ab 1980 sogar noch vehementer als zuvor, weil die Menschen in der DDR durchaus Geld haben, das sie gerne ausgeben würden, aber es kaum ausgeben können, weil nicht genügend Konsumgüter da sind. Dann erarbeiten mehrere Robotron-Betriebe passende Konzepte. Aus Berlin wird zum Beispiel ein Leer-Computer vorgeschlagen. In Dresden entsteht ein Konzept für einen programmierbaren Taschenrechner. Und in Sömmerdahl 1982 die Idee für einen richtigen Heimcomputer. Nach dem Vorbild das Commodore VC20. Nur so ein VC20 lässt sich nicht so ohne weiteres nachbauen in der DDR, denn da stecken ja Spezialchips drin. Also zum einen natürlich die CPU, die in dem Fall eine 6502 ist und keine Z80-CPU. Aber zum Beispiel auch der WIC-Spezialchip, der Grafikchip, das VC20, da hat das Kombinat in der DDR schlichtweg keinen Zugriff drauf, geschweige denn, dass sie den nachbauen könnten. Dementsprechend beginnt dann im Januar 1983 die Arbeit an einem eigenständigen Heimcomputer, der kein Nachbau ist, sondern eine Eigenentwicklung. Ohne Vorbild eines westlichen Rechners und ohne vor allen Dingen Schaltkreise oder Bauteil aus dem Westen etwas, was komplett selbst entsteht. Und dieser Heimcomputer trägt den Namen Z9001. Bei dem Namen bleibt es allerdings nicht, ohne zu viel vorwegzunehmen. Was soll dieser Z9001 sein? Was soll er können? Also das Pflichtenheft, was hier bei Robotron geschrieben wird, das sieht einen kompakten Rechner vor, einen minimalistischen Rechner, der aber erweiterungsfähig sein soll. Also mit weiteren Steckmodulen oder Peripherie, um weitere Fähigkeiten erweiterbar. Auf Basis des U880 natürlich. Ganz einfach aufgebaut und deswegen günstig herzustellen und dadurch möglichst günstiger als diese 5000 Mark, die da ursprünglich mal veranschlagt wurden für einen möglichen Mikrocomputer. Um Geld zu sparen, sieht man dann auch bestehende Heimelektrogeräte vor, die beim Konsumenten schon vorhanden sind als Zubehör für die Ein- und Ausgabe. Sprich, als Laufwerk soll einfach ein Kassettenrekorder dienen, was die meisten schon zu Hause haben. Und als Ausgabegerät, als Monitor, ein Fernseher. Den haben ebenfalls die meisten Menschen, auch wenn das meistens noch ein Schwarz-Weiß-Fernseher ist. In der Hinsicht unterscheidet sich dieser Z9001 also nicht von den Heimcomputern im Westen. Die werden ja anfangs auch meistens noch an Kassettenrekorder angeschlossen oder an die Datasette und an den Fernseher. Allerdings beim Z9001 ist nicht nur ein Farbmodell vorgesehen, sondern auch ein Schwarz-Weiß-Modell, das etwas günstiger ist, weil sehr viele Menschen eben zu Beginn der 80er Jahre noch einen Schwarz-Weiß-Fernseher haben. Übrigens nicht nur in der DDR, wir hatten auch einen Schwarz-Weiß-Fernseher damals. Und zur Programmierung, auch das kennen wir im Westen, soll BASIC, die Programmiersprache, die den Branchenstandard darstellt, zum Einsatz kommen. Der geplante Rechner, der bei Robotron hier entwickelt wird, der soll aber keine Rastergrafik darstellen können, also nicht einzelne Pixel ansteuern, sondern nur Zeichen. Wobei man aus den Zeichen, die nicht nur Buchstaben sein können, sondern auch Sonderzeichen, auch einfache Pseudografiken zusammensetzen kann. Das ist ganz ähnlich wie beim VC20 von Commodore. Aber dadurch, dass er eben keine Vollgrafik beherrscht, ist er ein bisschen weniger geeignet für Spiele. Aber dafür ist er auch nicht primär vorgesehen, sondern es geht hier um die schnelle Textausgabe. Man darf nicht vergessen, Robotron ist ja nun mal ein Spezialist für Büromaschinen. Also die Arbeit ist schon noch das, was sie vorwiegend vorsehen als Einsatzbereich für ihren Rechner, nicht so sehr das Spielen. Für die Arbeit ist er trotzdem nur begrenzt zu gebrauchen, weil er keine richtige Schreibmaschinentastatur hat, also das unterscheidet ihn dann doch deutlich vom VC20, der ja berühmterweise eine sehr gute Tastatur hatte, zumindest verglichen mit anderen Heimcomputern. Die kriegt er nicht, denn das ist bei Robotron zu teuer und so entscheiden sie sich für eine Gummitastatur, wie sie in kleinerer Form auch in Taschenrechnern zum Einsatz kommt. Das kennen wir auch von Sinclair zum Beispiel. Die ist sehr viel billiger, aber sie ist wirklich fürchterlich, aber dazu kommen wir später noch. Dafür gibt es aber noch eine positive Entwicklung. Während der Entwicklung dieses Heimcomputers fallen nämlich die Preise für Speicherchips. Das Phänomen kennen wir auch aus der Commodore-Folge. Allerdings geschieht es da natürlich im Westen. In der DDR passiert das Gleiche und so können sie die ursprünglich vorgesehenen 2 Kilobyte Arbeitsspeicher aufstocken auf 16 Kilobyte. Immerhin. Das Ganze kommt rasch voran, auch weil die SED-Führung, die ja alles zentral steuert und alles absegnen muss, dieses Projekt, dieses Heimcomputerprojekt bei Robotron nach Kräften unterstützt. Die fördern das, indem sie zusätzliche Mitarbeiter bereitstellen und auch bürokratische Hürden abbauen. Denn die sind üblicherweise sehr groß, weil eben alles zentralistisch gesteuert wird und jeder einzelne Arbeitsschritt von oben abgesegnet sein muss. Hier hat Robotron etwas mehr freie Hand, um dieses Projekt zu beschleunigen. Dieser Volksrechner genießt nämlich Priorität, auch wenn er nicht so ganz unumstritten ist, wie sich im Sommer 83 zeigt. Da ist die Entwicklung noch nicht ganz abgeschlossen, aber es gibt zumindest einen lauffähigen Prototyp. Der hat den Spitznamen Shafy, möchte ich das mal aussprechen. Das ist ein seltsamer Name. Es ist ein Insider. Wir wissen nicht genau, was es damit auf sich hat. Das ist wohl der Spitzname einer Entwicklerin, die an diesem Heimcomputerprojekt beteiligt war. Der war jedenfalls nicht vorgesehen als finaler Produktname, aber das steht halt noch auf dem Prototyp drauf, der hier im Sommer 83 auf einer Messe vorgestellt wird, nämlich hochrangigen Funktionsträgern von Staat und Partei. Und es gibt einen historischen Bericht der Technischen Sammlung in Dresden, Zitat, er enthielt nicht ungeteilte Zustimmung. Das betraf sowohl den Sinn und Zweck des Gerätes, den englisch klingenden Namen, das geht gar nicht, als auch das verbesserungswürdige Design. Naja, das Design ändert sich noch, der Name auch. Das Gerät heißt am Ende ja weder Schafi oder Schäfi noch Z9001, aber dazu kommen wir gleich noch. Und schließlich ändert sich ja auch noch der Zweck. Es wird ja am Ende leider doch kein Heimcomputer, zumindest nicht so wie ursprünglich geplant. Aber die Entwicklung läuft weiter, trotz dieses Auftritts. 1984 ist die Entwicklung dann abgeschlossen und der Computer ist serienreif und die Produktion läuft an im Dresdner VEB Robotronenmesselektronik Otto Schön. Die einzelnen Betriebe haben da gern mal die Namen von verdienten Politikern aus der DDR-Geschichte. 1984, nur um das nochmal aufzumachen, diesen Vergleich, ist das Jahr, wo im Westen der Apple Macintosh erscheint. Also je nachdem, wie man zählen möchte, die dritte oder vierte Produktgeneration allein bei Apple schon nach Apple 1, 2, dem Lisa und dann eben dem Macintosh. Der C64 ist schon seit zwei Jahren auf dem Markt. In Japan spielt man schon auf dem Famicom, also der dann als NES auch in den Westen kommt. Und die DDR hat gerade ihren ersten Heimcomputer zur Serienreife gebracht. Aber es bleibt nicht bei diesem einen, denn es gibt ja schließlich zwei Kombinate, nämlich Robotron in Dresden und Mikroelektronik in Erfurt und beide haben diese Konsumgüterquote. Robotron erfüllt die nun oder möchte sie nun erfüllen mit dem Z9001. Aber was macht denn eigentlich das Konkurrenzkombinat, die ist Mikroelektronik? Das steht also auch vor dieser Aufgabe, diese Konsumgüterquote zu erfüllen. Und das gestaltet sich schwierig, denn in den Betrieben dieses Kombinats entstehen vor allen Dingen Halbleiterbauteile. Also Bauteile, die dann anderswo in der Industrie wiederum weiterverwertet werden. Da gibt es zum Beispiel den volkseigenen Betrieb Anna Segers in Neuhaus. Da werden Transistoren hergestellt. Oder das Röhrenwerk in Rudolstadt. Da werden logischerweise Röhren hergestellt. In diesem Kombinat gibt es eigentlich nur einen volkseigenen Betrieb, nämlich den in Mühlhausen, der Erfahrung hatte mit Endkundenprodukten für die Allgemeinheit, in diesem Fall in Form von Taschenrechnern. Das heißt, um die Quote für dieses gesamte Kombinat zu erfüllen, erhält Mühlhausen jetzt einen weiteren Auftrag. Du hattest ja mit dem Werner Domschke gesprochen und der sagte, dass eigentlich das Kombinat Mikroelektronik einen Videorekorder entwickeln sollte, aber dass das außerhalb der Kompetenzen gelegen sei. In so einem Videorekorder werden viele mechanische Komponenten verbaut, die auch sehr präzise sein müssen. Da gab es keinen geeigneten Betrieb im Kombinat. Also war jetzt die Frage, was sollen sie denn dann machen in Mühlhausen? Und das erzählt der Herr Domschke so. Da kam natürlich jemand in Thüringen, speziell in Mühlhausen, auf die Idee, Taschenrechner würden ja technologisch ganz gut Kleinkomputer passen. Deswegen die Idee, dort einen Heimcomputer zu entwickeln. Also durch die Erfahrung mit den Taschenrechnern liegt auch ein Heimcomputer nahe und zu dieser Überlegung kommt man in Mühlhausen auch deswegen, weil die zum Anfang gar nicht wissen, was bei Robotron passiert. Also niemand im Kombinat Mikroelektronik weiß, dass im Kombinat Robotron auch an einem Heimcomputer gearbeitet wird. Domschke selbst arbeitet zu dieser Zeit noch an der Universität in Dresden und erhält dann eines Tages einen Anruf von seinem alten Studienkollegen Werner Dennstedt, der mittlerweile da in Mühlhausen arbeitet, und erzählt ihm, da würde jetzt die Zukunft entwickelt, ob er da nicht mitmachen wolle. Und so zieht Domschke dann nach Mühlhausen und übernimmt dort die Abteilung Geräteentwicklung und Dennstedt leitet derweilen das neue Heimcomputerprojekt. Nach einer Konzeptstudie über die Realisierbarkeit eines solchen Videocomputers, wie es anfangs genannt wird, startet dann im April 1983 die Entwicklungsarbeit und zwar als Projekt im Rahmen eines sogenannten Jugendforscher-Kollektivs innerhalb des Betriebs. Das wird staatlich gefördert und natürlich auch propagandistisch herausgestellt. Jugendforscher-Kollektiv heißt, dass das halt vor allen Dingen junge Leute sind, die innerhalb des Kombinats oder des Betriebs daran arbeiten. Und dieser Computer, der da entsteht, erhält den Namen HC900. Das HC steht für Heimcomputer. Der Herr Domschke, der kümmert sich vor allem um die Software, also zum Beispiel das Betriebssystem und der Dennstedt mit seiner Gruppe von jungen Ingenieuren, der schraubt an der Hardware. Nun hat ja die DDR-Computerindustrie schon so manches durch den Nachbau westlicher Erzeugnisse erreicht, Computer, Chips und so weiter. Also warum nicht auch diesmal? Das kann Herr Domschke auch nochmal erzählen. Wir haben ja, als ich nach Mühlhausen gekommen bin, fast alle gängigen westlichen Computer untersucht. Auf Bauelemente, auf Funktionalität, auf weiß ich was alles, Software und ähnliches. Und Commodore ist ja für uns nicht in Frage gekommen, weil wir den Prozessor nicht hatten. Also blieb dann praktisch der Sinclair ZX81 noch als Variante. Bloß der hat ja natürlich auch einen in der spezifischen Schaltkreis drin, der für uns nicht zugänglich war. Deswegen haben wir gesagt, lassen wir alles Westliche weg und machen was eigenes. Von Null auf. Da hören wir es. Der Mühlhausen-Rechner hat, genau wie der von Robotron, kein direktes westliches Vorbild. Auch wenn sie sich ein bisschen am ZX81 und am Spectrum orientieren. Die basieren ja schließlich auf dem gleichen Prozessor, also der ZX81 und der Spectrum auf dem Z80 und die Mühlhausen-Produktion auf dem U880, der ja ein Z80-Klon ist. Aber sie orientieren sich nur lose daran. Es ist kein kompletter Nachbau. Und auch andere angebliche Vorbilder sind es nicht. Also es wird zum Teil kolportiert, dass sie sich an einem Tandy-Computer orientiert und den nachgebaut hätten. Aber das stimmt nicht. Da war Herr Domschke sehr deutlich mir gegenüber. Dieser Heimcomputer, der hier entwickelt wird unter dem Namen HC900 und auch bei dem Namen bleibt es nicht lange. Dieser Heimcomputer ist eine Eigenentwicklung aus der DDR. Und was ist mit sowjetischen Computern, habe ich ihn gefragt, denn es gibt ja innerhalb der Sowjetunion schon Mikrocomputer zu dieser Zeit. Es gibt da heimcomputerartige Mikrocomputer, zum Beispiel den Elektronica BK0010 oder sogar einen Apple II Klon namens Agathe. Aber die spielen überhaupt keine Rolle für die Entwickler, meinte Domschke. Die hatten keinen Zugriff drauf, die wurden auch aus der Sowjetunion nur sehr selten exportiert, die wurden primär für den eigenen Markt, den eigenen Bedarf entwickelt. Das spielt also hier keine Rolle, weder als Vorbild noch als Entwicklungsbasis. Und so machen sie sich an die Arbeit, etwas Eigenes zu entwickeln. Und so entstehen dann ab 1983 gleich zwei Heimcomputer in der DDR. Und das ist überraschend, denn eigentlich sollte sowas in der Planwirtschaft, in der ja alles von oben gesteuert und abgenickt wird, nicht passieren. Das ist ja ein ineffizierter Einsatz von Ressourcen, die sehr knapp sind. Von Manpower, von Entwicklungsarbeit, von Zeit, dass hier zweimal das gleiche parallel entwickelt wird. So was sollte eigentlich vermieden werden in der Planwirtschaft und auch die Konkurrenzsituation, dass sich hier zwei Unternehmen gegenseitig stimulieren durch Konkurrenz, das soll es eigentlich nicht geben in der Planwirtschaft. Das ist etwas, was es nur in der bösen kapitalistischen Marktwirtschaft gibt. Ja, das sieht sehr nach Wettbewerb aus, wenn du mich fragst. Das wollen wir doch nicht. Diesen neuen Heimcomputern. Völlig zu Recht. Und ihnen ist klar, dass ein einzelner Betrieb das nicht alleine stemmen kann. Deswegen läuft das so weiter. Und es bleibt nicht nur beim Wettbewerb, obwohl Herr Domschke meint, ja, es gab durchaus Wettstreit. Der habe beide Teams auch beflügelt und so die Ergebnisse letztlich verbessert. Aber es gibt durchaus auch Zusammenarbeit. Denn irgendwann erfahren sie natürlich voneinander und tauschen sich dann auch aus. Wir haben viel, Also es gibt nicht in jedem Bereich doppelte Arbeit hier, sondern sie tauschen durchaus auch Ergebnisse aus. Und die beiden Computer sind auch leicht unterschiedlich ausgerichtet, sie bedienen also nicht unbedingt die gleiche Zielgruppe. Das Modell, das Robotron baut, den Z9001, das ist kompakter und günstiger. Das grafikfähige System von Mikroelektronik, das HC900, das ist dagegen das etwas leistungsfähigere, das hat ja auch doppelt so viel Arbeitsspeicher, aber ist auch größer. Der Domschke hat dir gesagt, dass damals beschlossen worden sei, dass das HC900 ein erweiterungsfähiges System sei. Und damals ist es ja noch gang und gäbe, dass Computer in einem Gehäuse gebaut werden, in dem die Tastatur integriert ist. Also wie zum Beispiel beim VC20 oder dem C64. So ist es auch beim Z9001. Aber da entscheidet man sich für den HC900 dagegen. Denn da sagte der Domschke, das hätte schlichtweg nicht Platz gefunden, diese ganzen Erweiterungsfähigkeiten, die das ja haben soll. Und dementsprechend entscheidet man sich in Mühlhausen dann dafür, eine abgesetzte Tastatur zu verwenden. Das heißt, der Computer, der Rechner sitzt in einem eigenen separaten Gehäuse und da lassen sich dann Erweiterungsmodule regelrecht drauf stapeln. Also tatsächlich drauf stapeln, der Domschke sagte auch, man hat da einen richtig schönen Turm bauen können damit. Ich finde, das ist eine sehr gute Entscheidung. Ein Computer sieht gleich viel professioneller und leistungsfähiger und PC-mäßiger aus, wenn er so eine abgesetzte Tastatur hat. Und wenn sich da Module drauf stapeln. Ja, je höher der Turm, desto besser, ja. Die beiden Heimcomputer sind dann im Jahr 84 fertig und werden beide auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1984 vorgestellt und da erhalten sie auch sehr viel Zuspruch und Aufmerksamkeit. Klar, es gibt ja die ganzen westlichen Heimcomputer offiziell nicht in der DDR. Man kann also nicht einfach in einen Laden gehen und einen VC20 kaufen. Das geht nicht so ohne weiteres, unter anderem wegen dieses CoCom-Embargos. Und so ist ein Heimcomputer aus eigener Produktion etwas, worauf viele Nerds oder technisch interessierte Menschen schon lange gewartet haben. Und die Serienproduktion des Z9001, die läuft dann auch im September 84 an. Das ist ein Monat früher als mal geplant und zwar um noch den 35. Jahrestag der DDR-Gründung zu feiern. Da geht es halt nicht um Quartalszahlen oder so, die man schönen muss, sondern da geht es darum, die SED-Führung zu würdigen und das Land zu feiern und den Sozialismus und so weiter. Also einen Monat früher zum Geburtstag und im Oktober, die verpassenden Geburtstag, folgt dann auch der HC900 aus dem Kombinat Mikroelektronik. Und damit sind die ersten Heimcomputer der DDR endlich auf dem Markt. Naja, eigentlich nicht. Zumindest auf dem Papier sind sie es, aber man kann sie auf dem freien Markt nicht so ohne weiteres kaufen, denn im Handel tauchen sie kaum auf. Wir erinnern uns, das war ja eigentlich mal das Ziel. Es ging ja darum, Konsumgüter zu produzieren, die in den Läden die Regale füllen. Aber das passiert nur in sehr begrenztem Maße. Ja, das ist überraschend. Auch unter diesem Gesichtspunkt, den du gerade gesagt hast. Die Sächsische Zeitung zum Beispiel schreibt anlässlich auch dieses Produktionsstarts, dass ja jetzt hier Computer auf den Markt kommen, die für die Freizeitgestaltung von Privatleuten gedacht sind, also die in Wohn- und Kinderzimmern den spielerischen Umgang mit der neuen Technik vermitteln sollen. Und nach dem Produktionsstart von dem Z9001 im September sind ja noch ein paar Monate Restjahr übrig, 1984. Und die Sächsische Zeitung kündigt damals an, jetzt sollen 500 Exemplare in diesem Zeitraum entstehen. Das ist ja jetzt eh schon keine enorme Zahl, zumal wenn zu Hause die Leute darauf warten, dass sie endlich so ein Gerät kaufen können, tatsächlich entstehen in dieser Zeit aber nur 100 Exemplare. Also es ist um das Fünffache überschätzt, die Quote, die Robotron tatsächlich leisten kann. Und von diesen 100 gelangen wiederum nur ungefähr die Hälfte in den Handel und die wiederum sind zu kaufen nur in ganzen drei Geschäften im Land. Eines in Dresden, eines in Leipzig und eines in Berlin. Der Rest, die andere Hälfte, wird an Schulen und Schülerrechenzentren geliefert. Und das ist, wie gesagt, das Robotron-Exemplar der Z9001. Beim HC900, der ja einen Monat später anläuft, sieht es auch nicht besser aus. Das klingt jetzt auf den ersten Blick ziemlich erbärmlich, aber wir dürfen auch nicht aus dem Auge verlieren, die Heimcomputer sind ja für diese Kombinate nur ein Nebenprodukt wegen der Konsumgüterquote. Die Hauptbeschäftigung ist immer noch die Herstellung von anderen Geräten oder Bauteilen, also vor allen Dingen bei Robotron auch die Bürocomputer. Aber nichtsdestotrotz, also auch unter diesem Gesichtspunkt, dass das ja nun ein heiß erwarteter Beitrag zur Konsumgüterquote ist, ist das enttäuschend, dass so wenig in den freien Handel kommt. Und was sich jetzt auch noch ändert, du hattest das schon angedeutet, ist die Kommunikation, was die Ausrichtung von diesen Computern angeht. Geplant war ja mal dieses Gerät für zu Hause, für Privatleute. Da war auf den Messen und in der Berichterstattung im Vorfeld immer die Rede davon. Jetzt wird es immer häufiger der Lern- und Lehrcomputer. Und dass diese Neuausrichtung in der Kommunikation passiert, hat auch einen guten Grund. Dazu können wir nochmal den Herrn Domsch gehören. Es gab ja wenig Bauelemente und es wurde ja auch von der Regierung festgelegt, dass das kein Heimcomputer ist, weil die teuren Bauelemente nicht im Heim verbraten sollen, sondern dass sie sinnvoll eingesetzt werden müssen. Und deswegen war das ein Kleinkomputer, der auch nicht im Konsumgütersektor angeboten worden ist. Der war dann im Wesentlichen als Bildungskomputer in Berufsschulen und ähnliches, Club junger Techniker und so weiter eingesetzt, um dort auch das Computerwissen voranzubringen. Im Jahr 1985, also im Jahr nach dem Anlauf der Serienproduktion, beschließt die Staatsführung der DDR dann auch ganz formell, dass beide Geräte ausschließlich bei Bedarfsträgern, also bei allgemeinen und berufsbildenden Schulen, einzusetzen seien und damit sind sie jetzt offiziell keine Konsumgüter mehr. Das hat ja nicht lange gehalten. Und was auch nicht lange hält, das sind diese beiden Namen. Wir haben es ja schon ein paar Mal angekündigt. Die ändern sich jetzt. Denn als Heimcomputer kann man die beiden Geräte jetzt nicht mehr bezeichnen. Darf man sie nicht mehr bezeichnen, denn sie sind nicht mehr für den Heimeinsatz geeignet. Sie werden nur noch an Schulen und andere Einrichtungen geliefert. Und damit muss aber auch dieses HC aus dem Namen des Mühlhausen-Rechners verschwinden. Und auf der Frühjahrsmesse 85, die gibt es jedes Jahr in Leipzig, werden dann die beiden Rechner nochmal vorgestellt, diesmal unter neuem Namen. Technisch sind sie weitgehend unverändert. Der Z9001 von Robotron, der heißt jetzt KC85-1, also weil er im Jahr 85 unter diesem Namen rauskommt. Und das Mühlhausengerät, der HC900. Der heißt jetzt nicht mehr HC, sondern KC85-2. Und KC steht natürlich nicht mehr für Heimcomputer, sondern in beiden Fällen jetzt für Kleinkomputer. Da wird also durch diese kleine, subtile Änderung klargemacht, das ist kein Gerät für den Heimeinsatz mehr, sondern es ist einfach nur ein kleiner Computer und den kann man überall einsetzen, aber er ist nicht mehr für den freien Handel gedacht. gedacht. Das impliziert außerdem eine Verwandtschaft zwischen den beiden, KC 85 I und KC 85 II, die sie aber so gar nicht haben. Sie entstammen ja zwei verschiedenen Unternehmen, zwei Entwicklungssträngen, auch wenn sie dasselbe Basic benutzen und auch den gleichen Prozessor und diverse andere Dinge sich teilen, aber sie sind zueinander inkompatibel. Wir haben also zwei voneinander getrennt laufende Heimcomputerserien hier etabliert, die nur eben keine Heimcomputer mehr sein dürfen. Ich fand das ausgesprochen verwirrend, diese Benennung jetzt im Nachhinein. Deswegen betonen wir das hier nochmal. Wir werden immer dazu sagen, wenn wir vom KC 85 I oder 85 II reden, das sind zwei unterschiedliche Geräte. Und die würde ich sagen, Henner, schauen wir uns jetzt mal ein bisschen genauer an und fangen der Nummerierung entsprechend mit dem KC 85 I an, also mit dem Robotron-Modell. Das ist von den beiden, wenn man so möchte, das Einsteigermodell. Das gibt es wiederum in zwei Varianten, sofern man die denn überhaupt bekommt, nämlich den KC 85 1.10 und den KC 85 1.11. Und der einzige Unterschied zwischen den beiden ist, dass der 10 eine Schwarz-Weiß-Ausgabe hat und der 11 eine Farbausgabe. Und egal, welche von diesen beiden Varianten man kaufen will, die stecken beide im gleichen Gehäuse. Das ist so ein kompaktes, graues Gehäuse. Das ist 40 cm breit, also ungefähr so breit wie ein C64, aber ein bisschen tiefer, 29 cm, und auch ein bisschen höher, 9 cm. Ganz ähnlich wie beim C64 ist das ein Tasten mit integrierter Tastatur, in diesem Fall mit einem deutschen Tastatur-Layout im Gegensatz zum C64, also einem Quarz-Layout. Allerdings gibt es keine Umlaute auf dieser Tastatur. Es gibt Zahlentasten noch und einige Sondertasten. Und diese Tasten bestehen aus Gummi und sind für blindes Schreiben viel zu klein. Also das sind eher kleine Knöpfe, als dass man das als richtige Tastatur bezeichnen kann. Eine Person, die in der weiteren Geschichte auch noch häufig auftauchen wird, ist André Weißflog. Das ist einer der bekanntesten Entwickler aus der DDR, der dann später bekannt geworden ist, auch im Westen als Mitgründer des Studion Radon Labs in Berlin. Das sind die Leute, die unter anderem Drakensang gemacht haben. Und der ist eben in der DDR aufgewachsen mit diesen Computern und sagt, zur Tastatur des KC-1, das sei eine reine Tortur gewesen, auf der zu tippen. Aber immerhin, es gibt vier separate Cursor-Tasten und einen Reset-Knopf, das hat der C64 nicht. Also in diesen beiden Sachen hat die Tastatur die Nase vorn. Aber nichtsdestotrotz, also für André Weißflug gilt der KC-85-1 als das Stiefkind unter den DDR-Rechnern. Gehen wir mal kurz die technischen Details durch den Prozessor. Das ist jetzt keine Überraschung. Das ist natürlich der U880. Der läuft hier mit 2,5 MHz, also ein 8-Bit-Prozessor. Der Arbeitsspeicher wurde ja im Laufe der Entwicklung erweitert auf 16 KB RAM. Und der lässt sich auch weiter erweitern mit Modulen, die man einstecken kann und dadurch vergrößern. Die Bildschirmausgabe... Geschieht je nachdem, welches Modell man hat, in Schwarz-Weiß oder in Farbe, aber hier wie dort ist es keine Grafik, das haben wir auch schon beschrieben, sondern er kann nur Zeichen ausgeben, also entweder Texte, Groß- und Kleinbuchstaben oder Zahlen oder eben solche Quasi-Grafik-Symbole, wie sie der VC20 oder auch der C64 auch beherrscht. Farben gibt es beim Farbmodell 8. Da kann man für jedes einzelne Zeichen wählen, welche Vorder- und welche Hintergrundfarbe es haben soll. Dadurch lässt sich durchaus was Ansehnliches generieren. Also auch für Spiele kann man das theoretisch schon einsetzen, zumal die Bildausgabe durch diese Zeichengrafik sehr schnell ist. Der Sound ist nicht so überwältigend. Das ist nur ein einstimmiger Tongenerator, aber immerhin. Den Ton kann er über einen internen Lautsprecher ausgeben. Das kann der C64 auch nicht. Der benutzt ihr für den Fernseher oder man schließt einen externen Verstärker an und an Anschlüssen gibt es einen für den Kassettenrekorder. Klar, den braucht man als Laufwerk, um Programme laden zu können oder um eigene Basic-Programme abzuspeichern. Es gibt einen HF-Ausgang, also einen Antennen-Ausgang, aber da wird nur das Bild ausgegeben, nicht der Ton. Ein Joystick-Anschluss. Aha, also doch nicht nur zum Arbeiten gedacht, das Gerät. Und es gibt noch einen allgemeinen digitalen User-Port, den PIO für universelle Nutzung, da kann man diverse Erweiterungen oder eigenentwickelte Hardware anschließen. Die Programmiersprache, auch das haben wir schon erwähnt, ist BASIC und die heißt hier HC-BASIC. Da bleibt das HC für Heimcomputer offenbar erhalten. Das basiert auf einem alten Microsoft-BASIC und dessen Hexcode wurde abgetippt vom Listing aus einer westlichen Computerzeitschrift. Die Strategie wiederholt sich. Und Christian, weißt du, wo das passiert ist? Wo dieser Code für das HC-BASIC abgetippt wurde? Das war nämlich nicht bei Robotron. Wo könnte das gewesen sein? In irgendeiner Uni, Schule? Keine Ahnung. Nee, du kommst nicht drauf. Im Forschungszentrum für Tierproduktion Dummers Torf Rostock. Das waren eigentlich Spezialisten für Tierhygiene und Schweinezucht und offenbar auch für Basic. Für das Abtippen von Westzeitschriften. Ja, die brauchten ein Basic und dann haben sie es halt selbst schnell abgetippt. Da sehen wir wieder diesen Pragmatismus. Ist doch toll. Ja. Und dieses Basic ist auch wirklich nicht schlecht. Es ist wesentlich leistungsfähiger als das Basic des C64, das ja berüchtigt dafür ist, wie limitiert es ist. Zum Beispiel kann man hier einfache Klänge, die klingen ja nicht toll bei diesem Gerät, aber man kann sie einfach über einen Befehl erzeugen, indem man einfach den Befehl Sound eingibt innerhalb der Basic-Oberfläche. Oder man kann Linien auf dem Bildschirm zeichnen mit einfachen BASIC-Befehlen. Das klingt trivial, aber wer mal das C64-BASIC benutzt hat, das integrierte, der weiß, dort geht sowas nicht. Da muss man für einfache Klänge oder grafische Elemente POKE-Befehle mit kryptischen Speicheradressen eingeben. Befehle wie SOUND oder LINE, die gibt es da nicht. Das ist also ein großer Fortschritt hier gegenüber dem Commodore BASIC. Allerdings, anders als dort, ist die Programmiersprache nicht direkt im Rechner enthalten. Also beim C64 steckt das BASIC ja im ROM-Chip. Den Rechner muss man nur einschalten und schon steht es sofort zur Verfügung. Das geht hier bei dem KC85-1 nicht. Das muss man erst nach dem Einschalten von Kassette laden. Und dadurch ist der Arbeitsspeicher leider zu einem großen Teil belegt. Dann bleiben nur noch 5 KB Arbeitsspeicher frei, die man dann mit eigenen Programmen füllen kann. Kann und der Vollständigkeit halber das Basic ist das gleiche wie beim KC 85 2, aber trotzdem die beiden Rechner sind weitgehend inkompatibel zueinander, man kann einfache Code Listings innerhalb von Basic, die man auf dem einen Rechner geschrieben hat, auch auf dem anderen verwenden, aber fertige Programme oder gekaufte Programme, die es auch gibt, die laufen nicht, die sind nicht austauschbar, obwohl die beiden ja fast den gleichen Namen haben. Der erweiterbare Computer soll ja eigentlich der KC-85-2 sein. Das ist der mit den stapelbaren Erweiterungen. Aber auch der KC-85-1 kann erweitert werden. Der hat vier Steckplätze für Module. Da gibt es zum Beispiel eine Speichererweiterung logischerweise, in diesem Fall 16 Kilobyte, ein Druckermodul, ein Netzwerkmodul, sogar ein einfaches Spracheingabemodul. Und wenn man auf der Tastatur sich die Finger wundgeschrieben hat, weil sie, wie André Weißflug sagt, eine Tautur ist, Dann kann man die auch ersetzen. Da gibt es auch ein spezielles Modul und dann kann man eine elektrische Erika-Schreitmaschine anschließen an den Computer, an den KC85-1. Das monochrome Modell, das schwarz-weiße Modell, kostet zur Veröffentlichung 1.550 Mark. Der Preis ist staatlich festgelegt. Das Farbmodell ist teurer, 1.940 Mark. Und man braucht natürlich einen Fernseher, um das benutzen zu können. Wenn man jetzt keinen zu Hause hat, muss man sich einen dazu kaufen. Ein kleiner Schwarz-Weiß-Fernseher kostet zu dieser Zeit 1.250 Mark. Also das Schwarz-Weiß-Modell des Rechners ist etwas teurer als ein Fernseher. Solche Elektrogeräte gelten als Luxusgüter und dementsprechend sind sie auch teuer in der DDR. Das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen liegt 1985 bei nur 1130 Mark. Also so ein Rechner kostet deutlich mehr als ein typisches Monatsgehalt. Allerdings muss man dazu sagen, in der DDR sind die Lebenshaltungskosten auch gering. Also gerade was zum Beispiel die Miete angeht. In der Platte zu wohnen in drei Zimmern, das kostet weniger als 100 Mark im Monat. Also je nachdem, womit man es vergleicht, sind die entweder teuer oder auch günstig, diese Rechner. Im Vergleich mit den Bürorechnern, die ja auch noch entstehen zu dieser Zeit bei den Kombinaten, also bei Robotron ist der Kleinkomputer ein regelrechtes Schnäppchen. Wenn man jetzt von Robotron einen PC des Typs 1715 kaufen möchte, da steckt der gleiche Prozessor drin, der U880, dann kostet das 25.000 Mark. Das ist natürlich eine hypothetische Rechnung, weil als normaler Bürger bekommt man ein solches Ding gar nicht. Das ist ja nicht für den Heimeinsatz gedacht, aber nur nochmal, um die Größenordnung zu verdeutlichen. Man muss bei der Gelegenheit vielleicht nochmal erwähnen, dass es in der DDR staatlich verordnete Vollbeschäftigung gibt. Jeder hat einen Job. Es gibt zumindest offiziell keine Arbeitslosigkeit. Das ist etwas, worauf die DDR auch immer sehr stolz ist, was in der Presse gern ausgeschlachtet wird und da wird auch viel und genüsslich berichtet über Massenentlassungen im kapitalistischen Westen. So was gibt es hier nicht. Jeder hat einen Job und damit hat auch jeder ein geregeltes Einkommen und nur relativ geringe Ausgaben, weil die Lebenshaltung so billig ist. Dadurch haben die Leute verfügbares Einkommen in aller Regel. Und da kommt diese geplante Kaufkraftabschöpfung zum Einsatz, dieses wunderbar bürokratische Wort, das du vorhin schon mal zitiert hast. Und das war also die ursprüngliche Planung mit diesen Heimcomputern, die vorhandene Kaufkraft abzuschöpfen, den Leuten das Geld abzunehmen, was sie sonst nicht ausgeben können, weil es nichts gibt. Das gelingt jetzt aber mit diesen Geräten kaum, weil sie nun mal im freien Handel kaum zu haben sind. Und das ändert sich auch mit dem Nachfolger nur unwesentlich, denn dieser KC-85-1, der wird weiterentwickelt bei Robotron. Die Weiterentwicklung beginnt im September 85 und das Modell, was da entsteht, hat erstmal den Projektnamen Z9002, aber dabei bleibt es nicht. Das Gerät kommt dann auf den Markt in Anführungszeichen unter dem Namen KC87, weil es eben im April 87 erscheint. Und die wesentliche Änderung bei diesem KC87 gegenüber dem KC85-1 ist die Integration des BASIC, also der Programmiersprache, die jetzt genau wie beim C64 im ROM-Chip enthalten ist, der dadurch auch ein bisschen größer geworden ist. Sonst ändert sich nicht viel, aber das ist eine wesentliche Änderung, denn jetzt muss man zum Programmieren nicht erst Basic von Kassette laden, sondern es steht sofort nach dem Einschalten zur Verfügung. Das spart eine Menge Zeit, das spart auch Arbeitsspeicher natürlich, ansonsten bleibt weitgehend alles gleich. In den Einzelhandel, ich sagte es ja schon, gelangt dieses KC87-Gerät aber auch nicht wirklich. Es gibt ein paar Exemplare, die erst 88 freigegeben werden für den Handel, aber auch nur in ganz geringen Stückzahlen in einigen ausgewählten Warenhäusern in großen Städten. Und auch dort kann man nicht einfach in den Laden gehen und einen kaufen, sondern man muss vorher sich eintragen in eine Kundenbedarfsliste und da muss man ein paar Monate warten und mit sehr viel Glück oder den richtigen Beziehungen zu jemandem aus der Politik zum Beispiel, kommt man dann an so einen Computer. Der KC87 ist allerdings teurer geworden gegenüber dem Vorgänger. Die Schwarz-Weiß-Version kostet jetzt ungefähr 3.000 Mark und die Farbversion ungefähr 3.400 Mark. Allerdings sinken die preise recht schnell um ein drittel im jahr 88 und 1989 kosten die geräte dann nur noch 1000 respektive 1300 mark also unterhalb dessen was der kc 85 1 ursprünglich gekostet hat das ist eine entwicklung die wir aus dem westen natürlich kennen die rechner werden immer billiger die produktion wird besser und effizienter und so sinken die preise für die bauteile die produktion von diesem KC-87 läuft bis zum März 89 und bis dahin werden von dieser Serie, also beginnend mit dem Z9001 bis hin zum KC-87, 30.000 Exemplare hergestellt, ungefähr zumindest, es gibt da nur Schätzwerte. Und sie wird eingestellt zugunsten eines inoffiziellen Nachfolgers des Bildungscomputers Robotron A 5155, auch bekannt als BIC. Das ist jetzt nun wirklich kein Heimcomputer mehr. Der Name sagt es schon, das ist ein Gerät, das nur für Bildungseinrichtungen gedacht ist. Der ist hardwaremäßig ganz anders als der KC87, der ist eher vergleichbar mit dem MSX-Standard aus dem Westen und der ist auch wesentlich teurer. Der ist ja, wie gesagt, nun gar nicht mehr für den Heimgebrauch gedacht. Deswegen kostet er laut Liste auch 11.000 Mark. Dafür ist allerdings schon ein Monitor dabei und ein Diskettenlaufwerk. Der spielt aber keine große Rolle mehr auf dem Markt, weil er so spät kommt. Und kurz nach Einführung im März 89 fällt dann ja auch schon die Mauer und dann ist es sowieso vorbei mit dieser ganzen Geschichte. Der soll heute auch keine große Rolle mehr spielen. Dieser Bildungskomputer ist nur eine Randnotiz. Viel interessanter sind die Heimcomputer, die bei der Konkurrenz entstehen im Kombinat Mikroelektronik. Genau, das war jetzt der Strang von Robotron, der weniger populäre der beiden. Dann haben wir den KC-85-2 vom Kombinat Mikroelektronik, der sein Leben als HC-900 begann. Das ist die leistungsfähigere der beiden Alternativen und erweist sich dann eben auch als die populärere. Zumal, weil dieser KC-85-2 auch besser für Spiele geeignet ist. Der sieht auch auf den ersten Blick schon ganz anders aus als das Robotron-Modell. Wir sagten es vorhin schon, der hat keine integrierte Tastatur, sondern der kommt in einem schwarzen, quadraförmigen Gehäuse. Das ist relativ flach, nur knapp drei Zentimeter hoch, dafür dann 39 Zentimeter breit, 27 Zentimeter tief. Also es ist kompakter als das Robotron-Gerät. Klar ist ja auch keine Tastatur drauf. Und da sind dann sämtliche Anschlüsse drin. Die Tastatur wiederum muss mit einem Kabel angesteckt werden, die ist eben separat. Und es ist auch eine deutlich bessere Tastatur. Die hat Kunststofftasten, die aber trotzdem einen besseren Druckpunkt haben als beim KC85-1. Und wenn man noch höhere Ansprüche hat, dann gibt es sogar noch ein anderes Tastaturmodell, die sogenannte Komfort-Tastatur, die man dann separat kaufen und anschließen kann. Und auch hier ein kurzer Blick auf die technischen Details. Auch hier steckt der gleiche Prozessor drin, also der U880, der aber hier etwas niedriger getaktet ist. Beim KC85-1 waren es ja 2,5 MHz, hier sind es 1,75 MHz. Dann haben wir dafür aber mehr Arbeitsspeicher, nämlich 16 KB RAM. Gut, das ist noch das Gleiche wie beim KC85-1, aber da kommen nochmal 16 KB Grafikspeicher dazu. Also unterm Strich sind das doppelt so viel und auch hier kann man natürlich den Speicher mit weiteren Modulen erweitern. Dann haben wir als wesentlichen Unterschied auch noch die Grafikausgabe. Der KC85-1 konnte ja nur Zeichen oder kann nur Zeichen, wie du das gesagt hast. Hier ist es wahlweise ein Textmodus mit Zeichen, in dem Fall allerdings nur Großbuchstaben, die der anzeigen kann, oder ein Grafikmodus in einer Auflösung von 320 x 256 Pixeln. Insgesamt gibt es 16 Farben, die im Vordergrund dargestellt werden können und 8 Farben als Hintergrund. Die sind allerdings nicht beliebig verwendbar in diesem Grafikmodus, sondern nur in Pixelblöcken. Pro 4x8 Pixeln ist jeweils eine Vorder- und eine Hintergrundfarbe einstellbar. Der Sound ist auch eher dürftig. Es gibt einen zweistimmigen Tongenerator, der kann nur Rechteckwellen herstellen. Und hier gibt es keinen internen Lautsprecher, sondern das geht nur bei den externen Verstärkern. Und hier können wir uns mal kurz anhören, wie der Sound vom KC8502 klingt. Und das ist ein Beispiel aus dem Spiel Pengu. Hier hören wir zweistimmige Musik, die immer wieder unterbrochen ist durch Spiele-Sounds. Ja, also im Vergleich zum C64 mit seinem SID-Chip ist das natürlich jetzt keine Meisterleistung. Ja, und dann, wir hatten es vorhin schon mehrmals erwähnt, ist das ja auch ein Computer, der auf Erweiterbarkeit getrimmt ist. Der hat also diverse Anschlüsse. Auch hier kann man natürlich erstmal einen Kassettenrekorder anschließen als Massenspeichergerät. Auch hier gibt es einen HF-Ausgang für den Fernseher. Dann gibt es hier noch einen RGB- bzw. Composite-Ausgang für einen Fernseher oder Monitörer. Ein Tastaturanschluss und auch einen universellen Erweiterungsanschluss. Was hier fehlt, ist der Joystick-Anschluss. Das ist jetzt nicht als Spielecomputer gedacht. Das stimmt. Inwieweit Spiele relevant waren für die Entwicklung, das erzählt Herr Domschke später nochmal. mal. Herr Domschke ist auch zuständig für das Betriebssystem, das Chaos heißt, C-A-O-S, Cassette-Aided Operating System. Das sitzt direkt im ROM, also im internen Chip. Aber Basic, wenn man das benutzen will, muss man genau wie beim KC85-1 am Anfang nachladen, entweder von Kassette oder über ein Steckmodul. Zwei solcher Module kann man vorne am Computer einstecken, im Rechnergehäuse, nicht in der Tastatur und da gibt es natürlich weitere Module, wie du schon gesagt hast, beim KC 85 1 kann man auch hier Arbeitsspeicher zum Beispiel nachrüsten oder auch direkt Software Module einstecken und man kann die Joystick Anschlüsse, die fehlenden nachrüsten, zwei Stück über ein Modul. Genau. Wichtigste Erweiterung, sehr gut. Unbedingt, ja. Und man kann, wie Herr Domschke das ja so schön beschrieben hat, das Ganze zu einem Turm Umstapeln, denn man kann nicht nur Module vorne reinstecken, sondern man kann auch große Erweiterungsaufsätze auf diesen Rechner draufstellen im gleichen Format, also in der gleichen Grundfläche, zum Beispiel weitere Modul Schächte nachrüsten oder ein Disketten Laufwerk. Dadurch ist der KC 85 2 ziemlich vielseitig. Ich habe über dieses Gerät und die anderen noch mit einem weiteren Herrn gesprochen, der sie aus eigener Anschauung kennt, der auch in der DDR aufgewachsen ist, nämlich unser Podcaster-Kollege Paul Kautz. Und der sagte, die Mühlhausen-Geräte, ja, das war die Reihe für den professionellen Anwender, während der KC-87 eher das Pendant zum Heimcomputer war. Aber nicht nur für den professionellen Anwender, denn der KC 85 II lässt sich wegen seiner Vollgrafik und wegen der zweistimmigen Sounds auch besser für Spiele einsetzen als der KC 85 I. Aber es gibt Einschränkungen beim Einsatz als Spielgerät. Ja, die Joystick-Ports muss man erstmal nachrüsten, das auch, aber nicht nur das. Die Tastatur ist nicht besonders gut. Anders als die vom KC-85 I ist die nicht so gut für Spiele geeignet. Sie ist besser, ja, zum Schreiben auf jeden Fall, obwohl ich damit auch nicht blind schreiben kann. Dafür sind die Tasten viel zu klein. Größer als beim KC-85 I, aber sie haben noch nicht das Format einer Schreibmaschinentastatur oder einer richtigen PC-Tastatur. Die Tastatur im KC-85 II hat aber einen weiteren großen Nachteil. Sie erkennt keine gleichzeitigen Tasteneingaben. Man kann nicht zwei Tasten gleichzeitig drücken und das ist nicht nur im Shooter relevant, sondern auch in dem einfachen Jump'n'Run zum Beispiel, wenn man gleichzeitig laufen und springen will oder vor allem, wenn man diagonal sich über den Bildschirm bewegen will. Das geht nicht so ohne weiteres. Immer nur eine Taste zur Zeit wird erkannt. Deswegen ist es auch wichtig, möglichst schnell einen Joystick anzuschließen. Vor allem aber hat der Rechner ein Problem, was seine Spieletauglichkeit ein bisschen beschneidet. Er unterstützt keine Sprites. Das sind ja diese Bildelemente, die direkt vom Grafikchip berechnet und über den Monitor oder über den Fernseher bewegt werden, ohne dass die CPU jedes Mal das Bild neu aufbauen muss. Diese Sprites, wie sie im Atari VCS schon 77 unterstützt wurden und vom C64 natürlich auch und bei allen wesentlichen Heimcomputer der 80er Jahre, die werden hier nicht unterstützt. Und so ist der Bildaufbau insgesamt auch sehr, sehr langsam, auch langsamer als beim KC 85 I mit seiner textzeichenbasierten Grafik. André Weißflog, mit dem sprach ich ja auch über diese Geräte, der sagte, ja, die KC-85 II Serie, der kriegt ja noch ein paar Nachfolger, hat insgesamt bessere Grafik als ein ZX Spectrum, immerhin. Das liegt vor allem an der höheren Bildschirmauflösung und der höheren Farbauflösung und an der Farbpalette, die ein bisschen ästhetischer ist, wie André Weißflog sagt, als beim ZX Spectrum. Aber das Fehlen von Sprites und diese niedrig getaktete CPU, die sind schon große Nachteile beim Einsatz als Spielegerät, insbesondere für schnelle Actionspiele. Dadurch ist er erheblich weniger geeignet als der Spectrum für Actionspiele, sagt André Weißflog. Der KC-85 II, der kommt ja unter diesem neuen Namen im Jahr 85 auf den Markt, daher ja auch dieser Name, und kostet dann 4.200 Mark, also erheblich mehr als das Robotron-Gerät. Und damit ist er jetzt von einem Konsumgut, auch von einem Luxuskonsumgut für jedermann sehr, sehr weit entfernt. Zumindest werden die Nachfolger, die gleich kommen, ein bisschen günstiger. Ja. Und sie beheben auch die größten technischen Schwächen, die dieser KC 85 II noch hat. Und Christian, wir müssen kurz über die Namen reden. Die sind wirklich verwirrend. Also nochmal für alle zum Mitschreiben. Zuerst hatten wir den KC 85 I. Auf den folgte der KC 87, weil er halt im Jahr 87 rauskam. Jetzt haben wir den KC 85 II. Und auf den folgt im Jahr 86 der KC 85 III. Es ist ziemlich unübersichtlich. Sie haben sich, glaube ich, mit dieser Namensgebung keinen Gefallen getan. Sie hätten die Zahlen einfach umdrehen müssen. KC I für den Robotron und dann Schrägstrich 85 für die Version aus dem Jahr 85. Und KC II für das Mühlhausengerät, Schrägstrich 85 für das Modell aus dem Jahr 85. Und dann kann man einfach die Jahreszahlen hochzählen und der Anfang KC1, KC2 bleibt gleich. Das wäre viel cleverer gewesen, aber das tun sie nicht. Das hätte in dem Fall aber nichts genutzt, weil dann hätten sie ja hier den Nachfolger KC3 genannt. Trotzdem. Ich weiß auch nicht. Ist ja auch wurscht. Also dieser zweite Strang, der aus Mühlhausen kommt, wird auch abgedatet und ähnlich wie bei dem ersten Strang, dem von Robotron, ist das erstmal so eine Art kosmetische Korrektur, wo nicht unbedingt eine Erweiterung der Leistungsfähigkeit stattfindet, sondern wo Mängel ausgebügelt werden. Der KC85-3 bekommt genau wie der KC87 auch erstmal eine integrierte Programmiersprache im ROM. Also auch hier, man muss das Basic nicht mehr laden vom Modul oder von der Kassette, sondern das ist schon im ROM-Chip drin und auch hier wieder gilt, das spart Ladezeit, das spart Arbeitssprecher. Es ist also ein wesentlicher Fortschritt, aber es ist eigentlich das Ausmerzen eines Mangels und nicht unbedingt eine Leistungserweiterung. Und auch hier gibt es noch so kleinere Korrekturen. Ich hatte vorher nebenbei erwähnt, der KC 85 II kann ab Werk nur Großbuchstaben. Mit dem KC85 III kriegt er Kleinbuchstaben spendiert. Also großer Schritt für diesen Computer. Wir hatten vorhin gesagt, im Gegensatz zum KC85 I hat der Zweier keinen internen Lautsprecher, sondern muss über den externen Stärker angeschlossen werden. Auch das wird korrigiert. Er kriegt jetzt einen internen Summer, sodass er Töne ausgeben kann. Und der kriegt jetzt unmittelbar auch eine Preissenkung damit. Also eine Marginale sind jetzt nur noch in Anführungszeichen 3.900 Mark, die dieser Computer kostet. Also man hat das Gefühl, der KC 85 III ist jetzt das Modell, das der KC 85 II von Anfang an hätte sein sollen. Jetzt funktioniert es einigermaßen. Was viel wichtiger ist eigentlich in dem Zusammenhang ist, dass die Produktionskapazitäten langsam auch hochgefahren werden. Das neue Deutschland zum Beispiel jubelt im Juli 1986 darüber, dass jetzt die Computerproduktion verdoppelt worden sei auf 10.000 Stück. Also hier ist gemeint 10.000 Stück pro Jahr, nicht etwa pro Monat. Was aber jetzt für den normalen DDR-Bürger oder Bürgerin nicht viel ändert, weil die kommen nach wie vor praktisch nicht in den Handel. Die werden für die Wirtschaft produziert und in der Wirtschaft auch gebraucht. Auch im neuen Deutschland gibt der Artikel unumwunden zu, Zitat, für die dynamische Entwicklung unserer Volkswirtschaft entsprechend den Beschlüssen des 11. Parteitags der SED werden massenhaft computergestützte Arbeitsplätze benötigt. Und für diese computergestützten Arbeitsplätze ist der KC 85 III gedacht. Solch einen habe ich übrigens auch hier stehen und ich mag ihn. Sehr gut. Egal, wo er ursprünglich mal eingesetzt wurde, vielleicht bei einem computergestützten Arbeitsplatz, aber er hat seinen Weg zu mir gefunden. Darüber bin ich sehr froh. Ich mag ihn. Ich mag diese abgesetzte Tastatur, das sagte ich ja schon, das wirkt sehr PC-mäßig, das wirkt sehr professionell, auch wenn ich keinen Turm draus bauen kann, weil ich kein Diskettenlaufwerk habe. Er hat vorne diese schönen altmodischen grünen LEDs, gleich mehrere davon für Betrieb, für RAM-Zugriff, für ROM-Zugriff. Alles wird mit eigenen blinkenden LEDs angekündigt. Das ist schon schön. Ich mag ihn mit dieser silbernen Blende vorne im schwarzen Gehäuse. Es ist schon ein Hingucker, aber noch hübscher ist der Nachfolger, denn es kommt noch eine letzte Ausbaustufe dieser Mühlhausen-Reihe, der KC85-4. Nochmal technisch verbessert und der ist jetzt grau. Der kriegt so ein typisches Computer hellgrau, weiterhin mit einer silbernen Frontblende. Die Tastatur wird farblich auch angepasst, die ist jetzt auch hellgrau. Das ist aber nicht die wesentliche Änderung, sondern die betrifft den Arbeitsspeicher. Der wird jetzt vergrößert auf 64 KB. Auch der Grafikspeicher, der separate, wird entsprechend vergrößert. Diese Änderung ist allerdings etwas gravierender, sodass auch Änderungen im Speichermanagement nötig sind. Und so sind einige Programme jetzt nicht mehr so ohne weiteres kompatibel. Das haben wir vorher gar nicht erwähnt, aber bislang war innerhalb einer Baureihe immer alles abwärtskompatibel. Also man konnte alte Software vom KC 85 II auch im KC 85 III verwenden und umgekehrt. Das geht jetzt nicht mehr so ohne weiteres. Einige Programme müssen angepasst werden oder einige Programme werden gleich in zwei verschiedenen Versionen ausgeliefert. Da findet man dann auf der Kassette halt eine Version eines Programms für die Generationen 2 und 3 und einmal für den KC85-4 mit dem neuen Speichermanagement. Das ist aber nicht die einzige interne Änderung. Es gibt auch Verbesserungen beim Bildaufbau. Das haben wir ja vorhin schon beschrieben. Der war sehr langsam im KC85-2 und 3. Da gibt es einige Änderungen, die den jetzt deutlich beschleunigen. Außerdem wird die Farbauflösung noch weiter erhöht. Also die Farbblöcke können jetzt 1x8 Pixel groß sein jeweils. Und es gibt auch einen neuen hochauflösenden Farbmodus, in dem sogar jeder einzelne Pixel einzeln eingefärbt werden kann. Zumindest mit vier Farben, nicht mit allen 16, aber doch mit vier, mit Schwarz, Weiß, Rot und Türkis. Woran erinnert uns das, diese Farbkombination? In Türkis erinnert mich verdächtig an CGA. Insgesamt ist dieses Gerät noch deutlich runder als der KC-85 III, vor allem wegen der Verbesserungen beim Bildaufbau. Dadurch ist er auch eine noch bessere Spielemaschine. Trotzdem setzt sich die Reihe jetzt nicht als die große Spieleplattform durch, aber dazu kommen wir noch. Bei Erscheinen kostet dieser KC-85-4 4.600 Mark, aber auch dieser Preis fällt natürlich sehr schnell. Im September schon kostet er nur noch 2.150 Mark im September 1989. Kurz danach fällt ja die Mauer und der Preis fällt dann auch noch weiter. Die letzten Exemplare werden noch 1990 produziert und dann auch, das ist ja die Zeit dann nach der Wende, die Grenze ist offen, werden dann auch im Westen verkauft oder zumindest wird das versucht. Die letzten Exemplare werden dort dann verramscht für 100 D-Mark. Es gibt auch Anzeigen, in denen das Gerät beworben wird. Das war vorher kaum nötig, weil die Nachfrage sowieso das Angebot überstiegen hat. Aber jetzt werden die letzten Exemplare noch beworben mit den Worten, das sei ein liebenswürdiger Ex-Root. Schön, ein bisschen schwach, wenn das das einzige Argument ist. Aber sie behaupten auch in dieser Anzeige, das sei der in den letzten Jahren am häufigsten verkaufte Heimcomputer der DDR. Da ist das Wort wieder. Es darf wieder offiziell Heimcomputer heißen. Aber ob das stimmt, das ist umstritten. Welches Modell ist denn jetzt das meistverkaufte? Herr Domschke schätzt auch, dass dieses Modell KC85-4 das meistverkaufte sei, also häufiger noch hergestellt und verkauft als der KC85-3. Es gibt aber andere Quellen, die sagen das Gegenteil. So ganz zweifelsfrei kann man das nicht feststellen. Und insgesamt sagen Schätzungen, dass von dieser Mühlhausen-Serie, also KC85-2 bis KC85-4, 45.000 bis 50.000 Exemplare hergestellt wurden. Ich vermute aber, dass die tatsächliche Stückzahl deutlich höher liegt. Es gibt im Netz Datenbanken mit KC-Computern in den Händen von Sammlern und dort aufgeführt sind auch die Seriennummern, die auf der Rückseite aufgedruckt sind. Laut Herrn Domschke beginnen diese Seriennummern in Mühlhausen in der Serienproduktion immer mit der Nummer 1000 und dann wurde einfach weitergezählt. Und angesichts der höchsten Seriennummern, die ich in solchen Datenbanken und bei Ebay und anderswo finden konnte, komme ich auf insgesamt rund 80.000 Exemplare. Ungefähr 10.000 für den 85.2 und jeweils rund 35.000 für den 85.3 und 85.4 mit leichtem Vorsprung für den 3er. Aber egal welcher Zahl man jetzt vertraut, diese Mühlhausen-Reihe ist deutlich verbreiteter als die konkurrierenden Modelle von Robotron. Das Berliner Computerspielemuseum nennt sie daher auch die eigentliche Erfolgslinie der DDR. Aber damit endet die Computerproduktion in Mühlhausen noch nicht. Ein Gerät kommt da nämlich noch. Ja, es gibt noch ein letztes kurioses Modell mit dem Namen KC-Kompakt. Das ist ein kleiner Rechner, der auch gar nicht aus eigenem Antrieb in Mühlhausen entsteht, sondern das ist eine Auftragsarbeit von oben. Der staatliche Befehl ergeht, dass ein Westsystem geklont werden solle, und zwar der Schneider CPC 464. Dazu muss das Kombinat Mikroelektronik Gussformen für das Gehäuse des von dir schon erzählten Bildungskomputers BIC von Robotron übernehmen. Also das ist die Formvorgabe für das Gehäuse. Und da rein soll dieser Klon gebaut werden, das Schneider CPC. Davon sind die Ingenieure in Mühlhausen nicht begeistert. Die sind ja stolz darauf, dass sie alles selbst entwickelt haben bisher mit ihrer KC-Serie. Aber es hilft nichts, sie müssen sich da fügen. Der Schneider CPC basiert auch auf einem Z80-Prozessor. Dementsprechend lässt sich das mit dem U880 relativ leicht nachbauen. Du hattest ja erzählt, dass ursprünglich die Entwicklung von den Mikrocomputern in der DDR nicht auf Westsystemen basiert. Damals, als die entstanden sind, gab es den CPC noch nicht. Wenn es den schon gegeben hätte, wäre das vielleicht eine Option gewesen, den nachzubauen. Aber diese Option gab es nicht. Der kam erst im April 1984 auf den Markt. Da war das ja alles schon in der Entwicklung in der DDR. Im CPC stecken auch noch andere Spezialchips, aber auch die sind in der DDR als Klone verfügbar. Also der Original-CPC-benutzenden Videochip von Motorola, der wird im sozialistischen Bulgarien gefertigt, ein Klon davon als CM607. Dann steckt im CPC ein Soundchip von General Instrument, der wiederum wird in der DDR auch geklont, hat dort den Namen U8912. Also die Bauteile sind beisammen und dementsprechend entsteht dann tatsächlich dieser geklonte Computer und der ist in seinen technischen Daten auch weitgehend originalgetreu. Die CPU läuft mit 4 MHz, das ist ziemlich flott. 64 Kilobyte Arbeitsspeicher steckt da drin. Der Grafikchip kann maximal 640x200 Pixel darstellen, in dem Fall aber nur im Zweifarbmodus oder in den niedrigeren Auflösungen bis zu 16 aus insgesamt 27 Farben darstellen. Auch ziemlich hübschen Farben, hat eine schöne Palette und der Soundchip kann dreistimmige Klänge. Also das ist jetzt endlich mal ein Heimcomputer, wie man sich das in der 8-Bit-Generation vorstellt als leistungsfähiges Ding. Basic ist natürlich ebenfalls drauf, auch das gleiche wie beim CPC. Das einzige, was fehlt, ist das integrierte Kassettenlaufwerk. Das muss hier extern angeschlossen werden. Dafür ist die Tastatur, die jetzt hier auch wieder im Rechnergehäuse steckt, ein vollwertiges Schreibmaschinenmodell. Also eine, mit der man tatsächlich gut schreiben kann. Deshalb muss man sagen, unterm Strich ist das tatsächlich ein kompetenter und gut gelungener Klon, dieser KC-Kompakt. Er kommt halt nur leider viel zu spät. Und er ist jetzt nicht mehr kompatibel mit den Vorgängern. Also die alte KC-Serie aus Mühlhausen, die ist damit beendet und die Software kann man nicht mehr einsetzen auf diesem KC-Kompakt. Dafür laufen jetzt Programme von den Schneider oder Amstrad CPC Rechnern vom 464 oder 664, zumindest weitgehend, gibt ein paar Ausnahmen, aber das meiste läuft. Es gibt auch kommerziell verkaufte Spiele, dazu kommen wir gleich noch im Einzelnen und das zeigt auch, das ist jetzt ein richtiger Heimcomputer, wie du es schon gesagt hast, nicht nur von den Leistungsdaten her, sondern auch von der Ausrichtung. Das ist ein richtiger, spieletauglicher Heimcomputer und kein Bildungsgerät mehr. Der wird enthüllt, der KC-Kompakt, wieder anlässlich eines Republik-Geburtstags. Die Geschichte wiederholt sich. Diesmal ist es der 40. Geburtstag der Republik im Oktober 89. Ein paar Wochen später fällt die Mauer. Das ist also ganz schlechtes Timing für den KC Compact und damit öffnet sich ja der ganze Markt auch für Systeme aus dem Westen. Und als der Rechner dann groß offiziell vorgestellt wird, auf der Frühjahrsmesse wieder im März 1990, interessiert sich kein Mensch mehr für den KC Compact. Das ist ja schließlich der Klon eines längst veralteten CPC-Rechners. Trotzdem fangen sie noch sehr optimistisch die Serienproduktion an im April 1990, aber die 20.000 Exemplare, die geplant werden, die werden wohl nicht mehr produziert. Wie viele tatsächlich produziert werden, ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich endet die Produktion nach ein paar Monaten. Jedenfalls ist der KC Compact heute sehr schwer zu bekommen. Ich habe auch mal geguckt, ob ich einen kriegen kann, aber es ist mir nicht gelungen. Der ist sehr rar und sehr begehrt unter Sammlern, während man den KC 85 III und 4 relativ leicht noch bekommt. Der Einführungspreis von 2300 Mark, der lässt sich so natürlich nicht halten, weil ja der Markt dann geflutet wird von westlichen Heimcomputern und so sinkt er sehr schnell auf 1000 Mark. Das ist aber auch noch zu viel für so einen alten Rechner, dem ja auch noch das Laufwerk fehlt gegenüber dem Vorbild, dem Amstrad CPC. Zum Vergleich, 1990 kriegt man in der BRD einen neuen C64 für 250 D-Mark. Da sind 1000 Ostmark einfach viel zu viel, zumal ja dann im Juli 1990 die Währungsunion folgt. Es wird also auch im Osten in der DDR die D-Mark eingeführt und so kann man sich jetzt für die starke westliche Währung Heimcomputer aus dem Westen kaufen und da will niemand mehr einen KC-Compact haben. Aber springen wir nochmal ein paar Jahre zurück zur Einführung der allerersten Heimcomputer der DDR, auch wenn es dann keine Heimcomputer mehr sind, recht bald. Wie wurden die denn aufgenommen? Ich habe mal geguckt, ob ich aus der DDR-Presse vielleicht sowas wie einen Testbericht finde, wie man ihn in westlichen Computerzeitschriften üblicherweise findet. Das war aber ein bisschen schwierig. So eine richtige kritische Auseinandersetzung, wie man sie aus der Fachpresse erwartet, von einem Äquivalent der PC Games Hardware aus dem Osten, sowas gibt es kaum. Das liegt nicht nur daran, dass die Medien natürlich alle staatlich gelenkt sind, sondern es liegt auch daran, dass alle einfach ganz ehrlich begeistert sind von diesen Geräten. Der Herr Domschke sagt das so. Die Begeisterung war riesengroß, es gab keine Kritik. Ja, die Berichte beschränken sich meistens auf rechtssachlich nüchterne Beschreibungen ohne viel Kritik. Aber sie werden gerne auch mal durchsetzt von ein bisschen Lob für den Sozialismus und was er alles hervorbringt. Da wird nicht kritisch verglichen mit den Rechnern aus dem Westen. Ja, aber ein paar Testberichte mehr oder weniger kritischer Natur habe ich dann doch gefunden. Das Magazin Jugend und Technik zum Beispiel hat über die Frühjahrsmesse Vorstellung des HC 900, also des späteren KC 85 II geschrieben. Das Gerät würde dem technischen Weltstand entsprechen. Das ist ja dieses Ziel, was Ulbricht seit seines Lebens verfolgt hat. Die DDR solle den technischen Weltstand erreichen. Das war sein Lieblingswort offenbar. Und hier wird es behauptet über den HC900, aber es wird nicht weiter belegt und das ist natürlich auch nicht haltbar, denn du hast es ja schon beschrieben, seit Anfang 84 ist auch schon der Macintosh auf dem Markt und damit ist der HC900 nun wirklich nicht vergleichbar. Das Magazin sieht das aber nicht so kritisch. Die schreiben stattdessen, was man mit diesen neuen tollen Geräten alles machen kann. Etwa musizieren, komponieren und archivieren. Aber auch Spiele spielen hier eine Rolle. So heißt es in Jugend und Technik im Mai 84. Bei Bildschirmspielen könne man die eigene Reaktionsfähigkeit und Geschicklichkeit entwickeln. Bloß keinen Spaß haben. Sonst was lernen dabei. Das Nachfolgemodell der KC 85 III, das ist eines der Geräte, die auch mal ein bisschen kritischer beäugt wird. Da gibt es zum Beispiel die Zeitschrift Radio, Fernsehen, Elektronik. Und die schreibt im Februar 1987 beim Tippenkomme bald auch der Wunsch nach einer für den Dauerbetrieb günstigeren Tastatur auf. Außerdem schreibt sie die Veröffentlichung versprochene Erweiterungen gehe für die ungeduldigen Nutzer bisweilen noch etwas langsam vor sich. Und die Redaktion empfiehlt deswegen, manches könnte durch Eigenbau rascher genutzt werden, ohne damit die Absatzmöglichkeiten des Herstellers ernsthaft zu gefährden. Dennoch solle man jedoch nicht den bereits jetzt gegebenen hohen Gebrauchswert unterschätzen. Naja, also ist natürlich trotzdem ein positives Urteil. Der KC87 wird dann in dem Magazin Mikroprozessortechnik in der Ausgabe 1.87 vorgestellt. Da kommen auch keine kritischen Töne vor, denn der Artikel ist ein Gastbeitrag vom Hersteller von Robotron und dementsprechend ziemlich nüchtern. Da stehen dann zum Beispiel Sätze wie, Zitat, mit diesen Eigenschaften ist der Computer gut zur Heranführung praktisch aller Bevölkerungsgruppen an Probleme der Anwendung der Computertechnik geeignet. Zitat Ende. Na, das macht doch Lust, sich damit zu beschäftigen. Ist das nicht praktisch ein Advertorial? Ja, würde man so sagen, wenn denn Geld dafür bezahlt wurde. Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich nicht, ne. Tatsächlich ein Gastbeitrag. Als dann im Jahr 1990, wo das SED-Regime ja schon am Ende ist, der KC-Kompakt noch vorgestellt wird, da schreibt zum Beispiel die Zeitschrift Funkamateur, dass er spät, sehr spät komme, dieser Computer. Ist aber trotzdem noch froh darüber, dass er jetzt zumindest da ist. Und dort erhält der Computer selbst dann auch Lob. Zitat, er weist gegenüber den bisher in der DDR angebotenen kleinen Computern deutlich verbesserte Leistungsparameter auf und 8-Bit zu Hause sind auch 1990 keine Schande. Zitat Ende. Aber was wir jetzt alles beschrieben haben, sind Zeitschriften und Radio- und Fernsehbeiträge aus dem Osten. In der westlichen Presse spielen diese Geräte auch nach der Wende praktisch keine Rolle. Es gibt einen Test in der Zeitschrift 64er, in der Ausgabe 7.1990. Da werden die Rechner aus Mühlhausen, also die KC 85234-Reihe getestet und dort heißt es, dass die einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Durchaus funktionsfähig, urteilt die 64er, aber extrem schlampig verarbeitet, Hausbacken, zusammengeschustert, improvisiert. Ui, ui, ui. Nur um dann bitter enttäuscht zu werden, denn diese verhinderten Heimcomputer waren ja kaum zu bekommen. Es gibt aber Alternativen und ich spreche noch nicht von den westlichen Heimcomputern, zu denen kommen wir noch. Ich meine zwei DDR-eigene Alternativen, Lerncomputer und Bausätze. Als Lerncomputer gelten minimalistische Einplatinenrechner, vergleichbar mit dem Kim One von Commodore. Davon gibt es mehrere in der DDR. Zum Beispiel ein Modell aus dem Kombinat Mikroelektronik, das noch vor dem HC900 erscheint und damit als erster DDR-Heimcomputer gelten darf, der LC80 von 1984. Der kostet nur ein paar hundert Mark, aber damit kann man auch nicht viel mehr machen, als ein paar Erfahrungen mit dieser Technologie zu sammeln, wie auch im Falle von André Weißflug. Aber ernsthaft spielen oder arbeiten lässt sich damit kaum, vor allem weil er keinen TV-Ausgang hat, sondern nur eine Siebensegmentanzeige für ein paar Ziffern. Interessanter ist seine Entstehungsgeschichte, denn das Kombinat verwendet dafür Ausschussware, also Prozessoren, die nicht die geplanten Taktraten erreichen zum Beispiel oder teildefekte Speicherchips. Und auf diese Weise muss man die Ausschussquote nämlich nicht vor der politischen Führung rechtfertigen. Wieder mal sehr pragmatisch. Die zweite Alternative sind Computerbausätze. Dinge selber herzustellen mit viel Improvisation gehört ja zum Alltag in der Mangelwirtschaft. Und auf diese Fertigkeit setzt zum Beispiel die Zeitschrift Funkamateur ab Ende 83 mit der Bauanleitung für einen Eigenbaucomputer, den Amateurcomputer AC1, auch auf Basis des U880. Das Projekt wird immer weiter ausgebaut. 1989 folgt auch noch die Anleitung zum Bau eines einfachen Joysticks aus einem Aluminiumrohr und einer Deo-Rollerkugel. Man sieht schon, hier ist viel Eigeninitiative gefragt. Aber stärker verbreitet als dieser AC1 und etwas bequemer zu bauen ist ein weiterer Bausatz von Robotron, der Z1013. Der besteht ebenfalls aus Ausschusskomponenten rund um den U880, aber zumindest wird hier das Wichtigste mitgeliefert. Kein Gehäuse, das muss man selber bauen, aber zumindest eine einfache Tastatur und ein Modulator, sodass er ein richtiges Bildsignal an einen Fernseher ausgeben kann. Programme kann man mit BASIC programmieren und auf Kassette speichern. Es ist also ein vollwertiger Heimcomputer, der da im Jahr 85 für 650 Mark auf den Markt kommt. Und so bildet sich auch schnell eine aktive Fangemeinde rund um den 10.13, der ungefähr 25.000 Mal hergestellt wird und damit womöglich der meistverbreitete DDR-Heimcomputer in privater Hand ist. Das sind de facto auch keine Heimcomputer oder werden nicht so genannt, sondern das sind ja Lerncomputer, diese Bausätze. Also wurde es auch mit dazu gehört, dass man den selbst zusammenbaut und dadurch etwas lernt über die Art und Weise, wie Computer funktionieren. ENDE So Heiner, jetzt haben wir also die Palette der verfügbaren in der DDR gefertigten Computer vor uns und unseren Hörerinnen und Hörern aufgebaut und jetzt nähern wir uns endlich der wichtigsten Frage, was kann man denn darauf eigentlich machen? Vor allen Dingen, was kann man denn darauf spielen? Und dazu gehört vorausgesetzt noch die Frage, wer hat denn überhaupt auf diesen Maschinen etwas programmiert? Denn um so ein Land zu digitalisieren, das war ja nun in mehreren Anläufen immer das erklärte Ziel der Parteiführung, brauchst du natürlich auch Leute, die in der Lage sind, darauf zu programmieren. Und auch da versucht die Staatsführung der DDR, möglichst viele Menschen mit der Informatik vertraut zu machen, zum Beispiel über die günstigen Lerncomputer, über öffentlich zugängliche Computer in Kabinetten und in Schulen, über Programmierwettbewerbe. Die werden dann ab 1987 von der Vormilitärischen Massenorganisation Gesellschaft für Sport und Technik ausgerichtet. Das wirkt zuweilen planlos. Dafür hat der Herr Domschke dir im Interview auch ein persönliches Beispiel erzählt. Meine Frau war im Personalbüro tätig beispielsweise und die wurden verurteilt, einen Basic-Kurs zu machen. Sie wusste gar nicht, was sie machen sollte damit. Dort im Computerkabinett hat sie das gelernt, aber hatte keine Anwendungsmöglichkeiten in der Firma. Computer und Basic und Personal gingen überhaupt nicht zusammen. Man hat versucht, das Computerwissen in die Bevölkerung zu bringen, weil wir gesagt haben, das ist Zukunftstechnologie, aber man hat offensichtlich nicht gerade den richtigen Weg gefunden. Aber nichtsdestotrotz, es führt zumindest dazu, dass die DDR eine lebhafte Entwicklerszene hervorbringt, die dann insbesondere, was die jungen Leute angeht, vor allem eines im Sinne hat, nämlich Spiele zu programmieren. Genau, aber welche ist denn die wichtigste Spieleplattform der DDR? Auf welchem System werden die meisten Spiele entwickelt? Dazu habe ich einige Experten befragt. Der Herr Domschke ist jetzt nicht so der Experte für Spiele, aber Herr Weiß flog schon und Paul Kautz auch, der ja nicht nur Spielejournalist ist, sondern selbst damals auch ein paar Spiele hobbymäßig entwickelt hat. Paul Kautz ist ein großer Fan des KC87, sowohl zum Spielen als auch zum Programmieren, weil er so schön kompakt war, sagt er. Aber das ist eine Minderheitenansicht. Also damit ist er relativ alleine auf Weiterflug. Oh Paul, tut uns leid. Ja, sorry. Eine exklusive Ansicht kann man auch sagen, dann klingt es besser. Die allermeisten bescheinigen eher der Mühlhausen-Reihe, also KC 85 II bis IV, dass sie die wichtigsten Spielesysteme der DDR waren. Das sagt zum Beispiel André Weißflog. Darauf haben sich die Hobbyentwickler gestürzt. Er sagt, von den heimischen Computern war sicher der KC85 III am populärsten für die Hobbyspielerentwicklung. Der sei zwar nicht unbedingt der verbreitetste Computer, das dürfte eher der Z1013 gewesen sein, also dieser Bausatz. Aber er war der beste Kompromiss zwischen Verfügbarkeit und Hardwarefeatures, vor allem durch seine Farbpixelgrafik. Dann gibt es natürlich noch den KC Compact. Der ja auch eine sehr kompetente Spielemaschine ist, so wie das Vorbild der CPC. Und der hat auch den großen Vorteil, dass die CPC-Spiele auf ihm laufen. Aber für DDR-Entwickler kommt der viel zu spät. Das sagt auch Weißflug. Der meinte, der kam zu spät, um noch eine Rolle zu spielen. Und den KC-85-1, den hat Weißflug ganz ignoriert, denn der sei einfach nicht so viel besser gewesen als so ein Z-1013-Bausatz, zumindest in der Version mit Schwarz-Weiß-Ausgabe. Und für diesen Z1013, ja, da gibt es schon eine Menge kleiner Spiele. Das hat ein weiterer Experte mir erzählt, der René Meier, der ist Leipziger von Geburt und Kenner der DDR-Computerszene, der hat auch einige Bücher zum Thema geschrieben, zum Beispiel das Buch Computer in der DDR, das mir auch bei der Recherche sehr geholfen hat. Und der jetzt übrigens, während wir das aufnehmen, ein weiteres Buch rausbringt, von Robotron bis Polyplay, Computer- und Videospiele in der DDR. Da beschreibt er die Spiele-Szene der DDR nochmal im Detail. Und der meinte auch, also dieser Z1013, den könne man vernachlässigen, wenn es um die Spielegeschichte der DDR geht, weil der halt nur Schwarz-Weiß-Bilder ausgibt, weil er keinen Ton ausgeben kann ohne Erweiterung. Und die Besitzer sind auch eher Bastler als Spieler. Also der ist nicht so wichtig. Ebenso nicht so wichtig, aber nur der Vollständigkeit halber, die diversen Bürorechner, die wir heute nicht behandeln. Es gibt durchaus auch einige DOS-kompatible, IBM-PC-kompatible Rechner aus der DDR, aber die sind als Spieleplattform alle nicht wichtig, weil sie viel zu teuer sind und für einzelne Bürger ohnehin nicht zu kaufen. Das heißt, die Entwicklerszene der DDR, die vorwiegend eine Hobby-Entwicklerszene ist, die bevorzugt eindeutig, sorry Paul, die KC-Rechner aus Mühlhausen, also KC 85 II bis IV. Aber Christian, gibt es denn für diese Rechner, wenn sie die wichtigsten Spielerechner der DDR sind, gibt es denn da auch was von EA oder von Activision oder so? Eine rhetorische Frage, die du da stellst. Weil man Spiele an die Schulen verkauft. Vielleicht geht das zu einem gewissen Maße, gerade wenn es Lernspiele sind. Aber das ist natürlich ein viel eingeschränkterer Markt, als wenn man jetzt einen Massenmarkt hätte. Du hast aber gerade die westlichen Firmen angesprochen, also ein EA und ein Atari und so weiter. Im Westen professionalisiert sich ja dieser kommerzielle Markt sehr schnell. Da entstehen ja dann große, sogar riesige Firmen. Also Atari ist ja nun der erste richtige Konzern, der aus den 70er Jahren rausgeht, in großer Stärke und Milliardenumsätze macht. Für die ist aber der DDR-Markt mit den KC-Rechnern uninteressant und auch unerreichbar. Also selbst wenn sie dafür Spiele entwickeln wollen würden, dann würden sie da überhaupt nicht reinkommen in diesen Markt. Das muss schon aus der DDR selbst kommen. Und hier, wie gesagt, haben wir dieses Ding, es fehlt der wirkliche Markt im Heimatland und dementsprechend sind wir hier auf Hobbyisten-Niveau und dementsprechend wird also die Szene, insbesondere die Spieleentwicklungsszene in erster Linie von Hobbyentwicklern getragen. Wo bekommen die ihre Inspiration denn eigentlich her? Zum Beispiel über Spielezeitschriften, die ja durchaus über die Grenze kommen von Verwandten aus der BRD zum Beispiel, die dann sowas halt einfach mitbringen in den Osten oder auch auf Jahrmärkten. Dort können nämlich durchaus Arcade-Maschinen aufgestellt werden. Also da kann man auch in der DDR einen Pac-Man spielen oder später einen Outrun und sowas. Auch André Weißlug zum Beispiel hat ja gesagt, dass er dort Ideen, Inspirationen für eigene Spiele bekommen hat. Aber die Inspiration ist das eine. Man braucht ja natürlich auch noch die Fähigkeiten, das Wissen, um das umzusetzen in Basic oder sogar in Assembler. Und wie im Westen auch erarbeiten sich die jungen Leute das selbst. Die haben Programmierhandbücher, die haben teilweise Fachzeitschriften und dadurch werden sie Autodetakten, die sich das Wissen erarbeiten, wie sie auf diesen Maschinen programmieren können. Und so entstehen dann im Laufe der späten 80er Jahre tatsächlich einige gute Spiele für die KC-Computer. Und welche das sind, dazu kommen wir gleich noch. Aber was ist eigentlich die Motivation der Entwicklerinnen und Entwickler, die da in ihrer Freizeit in Computerclubs und Computerkabinetten oder an Schulen eigene Spiele entwickeln? Im Westen verfolgen Hobbyentwickler ja oft auch wirtschaftliche Interessen. Zumindest hegen viele die leise Hoffnung, ihre Werke eines Tages auch mal verkaufen zu können. Und das geschieht ja auch in vielen Fällen. In Deutschland vielleicht seltener, aber in Großbritannien zum Beispiel, wo sich diese jugendliche Entwicklerszene in den 80er Jahren schnell professionalisiert und kommerzialisiert, was sich dann niederschlägt in zahllosen Unternehmensgründungen, wie im Fall von Codemasters etwa. Sodass aus der Homebrew-Kultur ein ganzer Industriezweig entsteht. Das ist in der DDR nicht denkbar. Da gibt es ja nun mal keine freie Marktwirtschaft. Also der Gedanke, ein Spiel auf den Markt zu bringen und damit reich zu werden, den gibt es praktisch nicht. Das erzählt mir zumindest André Weißflog. Der sagt, Zitat, Monetarisierung hat eigentlich nie eine Rolle gespielt. Für seine Spiele Geld zu verlangen, das war quasi undenkbar. Zitat Ende. Stattdessen entwickeln die Designer oder die Spieleentwickler ihre Spiele vor allem, um selbst damit spielen zu können und um sie auszutauschen mit anderen Entwicklern, damit sie neues Spielefutter bekommen. Und deswegen, das ist auch eine Eigenheit dieses Marktes, geben sie oft ihren Namen und ihre vollständige Adresse und wenn sie die haben, auch ihre Telefonnummer im Hauptmenü ihrer Spiele an. Also bei ganz vielen DDR-Spielen findet sich das, wenn man die startet. Da steht sofort die vollständige Postadresse. Das würde heute, glaube ich, keiner mehr machen. Aber nicht, damit man ihnen Geld schickt und was abkauft, wie beim Shareware-Modell zum Beispiel, sondern damit man ihnen schreibt, dass man ihr Spiel mag und vielleicht eigene Spiele schickt. André Weißflug führt das auch noch weiter aus. Er sagte, es gab ja kein Internet und kaum jemand hatte ein Telefon zu Hause. Das musste also weitgehend per Post passieren. Und ja, er hat recht, ich habe mal nachgesehen, selbst im Jahr 89, also kurz vor der Wende, haben überhaupt nur 17 Prozent der DDR-Haushalte einen Telefonanschluss. Also das geht nur mit sehr viel Post und hin und her geschickten Listings oder Kassetten. Und so entwickelt sich nach und nach ein reges Briefnetzwerk zwischen den Entwicklern und den Spielern, die meisten sind ja nun mal beides, und auch Unternehmen beteiligen sich daran oder Betriebe oder öffentliche Institutionen wie Schulen, überall werden diese Spiele getauscht. Und auch die Computerclubs des Landes sind natürlich beliebte Umschlagplätze. Ein weiterer damaliger Entwickler, mit dem ich nicht selbst gesprochen habe, der aber an anderer Stelle ein Interview gegeben hat, namens Raimo Bunsen, der hat in einem Interview von einem weiteren Verbreitungsweg für Spiele erzählt, nämlich Messen. Vor allem die schon oft erwähnte Leipziger Frühjahrsmesse oder auch die Leipziger Herbstmesse. Der hat, wenn er ein neues Spiel entwickelt hat, immer die Messestände abgeklappert. Und bei den meisten Betrieben, die dort ausgestellt haben, stand so ein KC-Computer. Und dann hat er denen das Spiel gezeigt, die haben sich das kopiert und da an ihrem Stand laufen gelassen. Und dann sagt er, in den nächsten Tagen konnte ich beobachten, wie sich das Spiel explosionsartig auf der Messe verbreitete. Das kennen wir aus der Kopierszene im Westen. Aber im Osten passiert das ganz offen, weil es so etwas wie Raubkopien, in Anführungszeichen, im Osten gar nicht gibt. Denn es gibt keinen urheberrechtlichen Schutz für Spiele. Man hat also auch keine entsprechenden Probleme zu befürchten, wenn man Spiele kopiert. Software gilt, das ist höchstrichterlich mal entschieden worden im Jahr 79, weder als wissenschaftliches Werk noch als gestalterische Leistung. Das heißt, es gibt keinen Urheberrechtsschutz für Software und damit auch nicht für Spiele. Also dieses Phänomen der Raubkopien ist in der DDR völlig unbekannt. Man kann alles frei kopieren. Und Paul Kautz erzählte mir dazu auch, vom Konzept eines Copyrights habe ich erst nach dem Mauerfall erfahren. Zu DDR-Zeiten hatte ich damit keinerlei Kontakt, sprich die Programme waren einfach so immer verfügbar. Das verwundert jetzt vielleicht weniger bei Heimentwicklungen, bei Hobby-entwickelten Spielen, dass sie frei verfügbar sind und frei kopiert werden. Es gilt aber auch für kommerzielle Spiele, denn auch solche gibt es. Ja, es gibt zwar keinen freien Markt in der DDR, wie du es beschrieben hast, aber es werden trotzdem Spiele verkauft. Man kann welche kaufen und die kommen von den Herstellern der Computer selbst, also von Robotron und Mikroelektronik. Die bieten Software für ihre Rechner an, also Anwendungsprogramme, aber auch Kassetten, auf denen Spiele gesammelt sind. Und die kommen dann aber nicht von irgendwelchen internen Teams oder gar professionellen Entwicklungsstudios, sondern von Hobbyentwicklern wie zum Beispiel André Weißflug. Das erzählte dir Werner Domschke. Wir haben in dem Club Junger Techniker ein großes Reservoir gehabt von Spieleentwicklern, will ich mal sagen. Da hat unsere Softwareabteilung eigentlich im Wesen damit zu tun gehabt, die besten Spiele rauszufischen und zu testen, welche sind geeignet für unseren Verkauf. Und die Spiele sind dann von den Leuten abgekauft worden. Es gab natürlich so eine Art kleine Kommission, nicht nur von Entwicklern, sondern auch von Buchhaltern waren wir dabei. Und aus der Produktion waren zwei Leute dabei, die die Spiele angeguckt haben und getestet haben und dann gesagt haben, ja, das Ding ist verkaufsfähig. Und du hast ja auch mit André Weißflug gesprochen. Der hat dir dann erzählt, wie sowas in seinem Fall vonstatten ging. Der hatte da zu dem Zeitpunkt dann schon eine Handvoll Spiele für den KC 85 III entwickelt und hat dann eines Tages einen Anruf bekommen aus Mühlhausen. Und er wurde dann mit anderen Hobbyentwicklern aus der DDR nach Mühlhausen eingeladen. Er erinnert sich, dass das so um die zehn Teenager waren, die dann da saßen. Also wie eine kleine Nerd-Intelegation seien sie dann durch den Betrieb geführt worden. Und dort hat man dann mit ihnen besprochen, dass sie ihre Spiele noch etwas überarbeiten sollen, zum Beispiel mit einem neuen Vorspann versehen, wo dann drin steht, welcher volkseigenen Betrieb der Urheber jetzt ist für das jeweilige Spiel. Falls es Englisch war, sollten sie es ins Deutsche übersetzen. Und sie sollten es vor allem auf den KC-85-4 portieren, der, wie du ja vorher erzählt hast, was nicht kompatibel oder nur eingeschränkt kompatibel zum 85.3 war. Und dann wurden solche Spiele gebündelt und auf Kassetten rausgebracht. So ist zum Beispiel das Spiel Pango, von dem wir ja schon diesen Sound-Einspieler gehört haben, als Mühlhausen-Produkt erschienen. Das stammt von André Weißflog und wurde gebundelt mit anderen Spielen auf der Kassette Spiele 6. Das ist der offizielle Name. Das Gold Games des Ostens. Genau. Und Weißflug hat dir erzählt, dass er in diesem Fall sechs Monate Arbeit reingesteckt hat in diese Version von Pengo. Natürlich nach der Schule, er war damals noch Schüler und hat dafür 8.000 Ostmark bekommen. Und das war ein ziemlicher Haufen Kohle. Wir haben ja vorher gesagt, der Rechner, für den er das entwickelt hat, der kostete ungefähr 4.000 Mark. Also er hat den Gegenwert von zwei ganzen Rechnern dann bekommen Das ist schon nicht schlecht. Diese Kassetten, auf denen diese Spiele zu kaufen sind, sind genau wie die dazugehörigen Rechner eher selten im Laden zu haben. Also sind jetzt auch kein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung der Konsumgüterquote. Die werden vorwiegend an Einrichtungen wie die Computerclubs geliefert. Aber jetzt kommen wir mal zu der Frage, was für Spiele und wie viele Spiele gibt es denn dann für die KC-Rechner? Ich habe ein bisschen recherchiert und für die Mühlhausen-Rechner, also die primäre Spieleplattform der DDR, die KC 85 2 bis 4 sind insgesamt aus dem VEB in Mühlhausen acht Kassetten erschienen aus dieser Spiele-Serie. Du hast ja die Folge Spiele 6 gerade schon erwähnt mit dem Weißflugspiel. Und neben diesen acht Kassetten, also Spiele 1 bis 8, gibt es noch eine einzelne Kassette, die aus irgendeinem Grunde Spielprogramme 2 heißt. Es gibt kein Spielprogramme 1, nur Spielprogramme 2. Sei es drum, die kosten jeweils 38 Mark und insgesamt, all diese Kassetten zusammengezählt, sind das ungefähr 30 Spiele von sowas wie 4 Gewinn, also einfache Brettspiel-Varianten über Schach bis zu Pengo. Da habe ich jetzt allerdings rechnerspezifische Varianten nicht mitgezählt, denn wie gesagt, Pengo gibt es zum Beispiel in einer Version für KC 85 II und einer für KC 85 IV, die habe ich jetzt nicht separat gezählt. Was ein bisschen verwirrend ist, auf diesen Kassetten steht vorne drauf ganz groß nur KC-85. Ohne das weiter zu präzisieren. KC-85-1 oder 2, das ist ja ein nicht unwesentlicher Unterschied. Diese Kassetten laufen nur auf den KC-85-2 bis 4. Das gab also vielleicht den ein oder anderen Fehlkauf. Für den KC-85-1, also das Robotron-Modell und den Nachfolger KC-87 sind auch kommerzielle Spiele bei Robotronen erschienen. allerdings nur halb so viele. Ungefähr. Dafür gab es zwei dedizierte Kassetten mit Spielprogrammen drauf und ein paar Basic-Programmsammlungen, die ja ebenfalls Spiele enthielten. Die kosteten allerdings nicht 38 Mark, so wie die Mühlhausen-Kassetten, sondern 89 Mark. Das ist schon selbstbewusst für so simple Brett- und Puzzlespiele, die da drauf sind. Das ist sowas wie Halma oder Otello. Diese hier wurden allerdings anders entwickelt. Du hast ja gerade beschrieben, die Mühlhausen-Spiele, die wurden bei semiprofessionellen Hobbyentwicklern eingekauft und dann unter dem Namen Mühlhausen vertrieben. Bei Robotron läuft das ein bisschen anders. Das sind überwiegend Spiele, die von den Robotron-Entwicklern selbst stammen. Die haben sie einfach ursprünglich bei der Arbeit an den Computern, an den Prototypen für Demonstrationszwecke auf der Messe und so weiter oder für Testzwecke entwickelt. Und dann haben sie die einfach, weil sie die sowieso rumliegen hatten, so veröffentlicht, wie sie waren oder mit minimalen Änderungen. Wieder sehr pragmatisch. Das zieht sich wie ein roter Faden durch. Wieder pragmatisch. Ganz genau. Entsprechend sind die auch nicht so aufwendig. Das sind sie aber ohnehin nicht, weil ja der KC 85 I technisch nicht so leistungsfähig ist wie die Mühlhausen-Reihe. Aber die allermeisten Spiele gibt es, was mich sehr überrascht hat, für den KC Compact. Ja, da gibt es eine Serie, die heißt Spielebox und in dieser Serie sind mindestens 24 Kassetten veröffentlicht worden, die letzte davon im Jahr 1990. Es gibt jetzt keine vollständige Programmliste, deswegen können wir nicht genau sagen, wie viele Spiele in dieser Serie veröffentlicht wurden, aber auch hier waren auf einer Kassette immer mehrere Spiele drauf. Es sind also insgesamt rund 60 Stück und das wäre dann die größte Auswahl insgesamt von diesen DDR-Computern, die zumindest kommerziell veröffentlicht wurden. Das liegt aber auch daran, dass viele von den Programmen in dieser Serie schon aus dem Westen stammen, von dortigen Entwicklern. Da kooperiert das Kombinat dann mit einem westdeutschen Verlag, mit dem DMV Verlag. Die haben ein Magazin namens Amstrad PC International. Das wird dann im Osten vertrieben über die Vertriebsstrukturen von dem Kombinat in Mühlhausen und im Gegenzug kriegen sie von dem Verlag CPC Software, die sie wie gesagt in dieser Serie Spielebox veröffentlichen. Und es gibt auch das noch als kleine Fußnote dazu, sogar zwei Fälle, wo es dedizierte Hardware in der DDR gibt, die fürs Spielen und nur fürs Spielen gemacht ist, nämlich 1979 ein Gerät namens Bildschirmspiel 01 oder kurz BSS 01 und das ist die erste und auch einzige Spielkonsole der DDR und zwar einfach ein Pong-Klon. Da sind vier fest eingebaute Varianten von Pong drin. Da gibt es also keine separaten Module oder sowas. Das kostet 550 Mark für das, was es leistet. Zu viel und das nicht rentabel wird deswegen nach zwei Jahren wieder eingestellt. Und dann haben wir vorhin schon mal kurz erwähnt, es gibt auch einen offiziellen Arcade-Automaten der DDR. Das Polyplay 1986 kommt der raus. Auch da steckt der U880-Prozessor drin. Und der wird in öffentlichen Einrichtungen aufgestellt. Und den gibt es in verschiedenen Versionen. Da sind dann mehrere Spiele drauf, also sowas wie Hase und Wolf, was ein Klon von Pac-Man ist, oder UFO, das ist eine Variante von Space Invaders, oder Lindwurm, das ist eine Variante von Snake. Da werden so um die 2000 Geräte hergestellt bis zur Wende und dann endet die Produktion von Polyplay. Also unterm Strich, wie viele Spiele es jetzt tatsächlich für die KC-Computer, egal welche Ausprägung, gibt, ist sehr schwer zu ermitteln, zumal ja auch viele davon einfach reine Hobbyprojekte waren, die nicht auf irgendwelchen kommerziellen Kassetten veröffentlicht wurden und dementsprechend dann auch nirgendwo in einem Katalog auftauchen. Es gibt einen Online-Emulator unter der Adresse lanale.de. Dort werden über 180 Spiele bereitgehalten für die KC-Computer. Das ist nur die Mühlhausen-Serie. Da sind die Robotron-Systeme nicht dabei. Also das ist jetzt auch keine vollständige Ludothek der DDR. DDR. Aber ist ja auch egal. Das Wichtige ist, es sind jetzt nicht sonderlich viele Spiele, wenn man das betrachtet mit der Menge an Titeln, die im Westen auf Systemen wie Atari 8-Bit oder C64 existieren. Da reden wir über vierstellige Größenordnungen. Aber nichtsdestotrotz, es gibt eine ganze Reihe. Ja, und jetzt fragen wir uns also, was wird denn da so gespielt in der DDR? Sehr viele Spiele, die ich mir angesehen habe, für die Mühlhausen-Rechner vor allem, erinnern frappierend an westliche Klassiker, sowas wie Boulder Dash oder Donkey Kong. Das heißt, in sehr vielen Fällen, wir steuern eine Spielfigur in der Seiten- oder in der Draufsicht durch Labyrinthe oder durch ein Hindernisparcours. Wir müssen irgendwelche Dinge einsammeln, wir müssen Gegnern ausweichen, wir müssen hüpfen. Mal ist das eher puzzellastig, mal hat das eher so einen Geschicklichkeitsschwerpunkt. Aber es gibt auch einige direkte Klone, die gar nicht so tun, als wären sie eigenständige Werke. Es gibt also zum Beispiel ein Pac-Man, ein nicht lizenziertes natürlich. Es gibt ein Breakout, beide übrigens von André Weißflog. Die allermeisten Spiele beschränken sich auf 2D-Grafik. Klar, 3D-tauglich sind diese Geräte noch nicht. Sie verzichten auch meistens aufs Scrolling, obwohl es in beiden Fällen Ausnahmen gibt. Es gibt zum Beispiel ein Spiel, das heißt Maze. Das simuliert ein 3D-Labyrinth. Das erinnert so ein bisschen an 3D-Monster-Maze auf dem ZX81. Oder Gunship 3000. Das ist keine Hubschrauber-Simulation, sondern das ist so ein Raumschiff-Shoot'em-up. Und das scrollt vertikal ganz hübsch. Also einige Spiele holen durchaus eine Menge aus dieser Hardware raus, die doch sehr limitiert ist. Aber das sind Ausnahmen. Die meisten sind einfache 2D-Singlescreen-Spiele. Und die allermeisten davon sind sehr actionreich. Strategiespiele sind mir nicht allzu viele untergekommen. Und auch sowas wie Handelssimulationen, wie sie ja im Westen da sehr gerne entwickelt wurden, die sind selten. Was aber wohl auch mit dem wirtschaftlichen Umfeld zu tun hat. Also eine Planwirtschaftssimulation spielt sich wahrscheinlich ganz anders als ein Hanse oder Kaiser oder so. Die meisten Spiele sind also sehr actionreich, genau wie im Westen ist das das dominante Genre und auch die Vorbilder, die popkulturellen Vorbilder, die man hier immer wieder zitiert sieht, sind oft dieselben. Wenn man zum Beispiel sich das Spiel Wüstenplanet anguckt, kann man schon ahnen anhand des Namens, worum es da geht. Wir fliegen über eine Wüste voller Spies und Sandwürmer sind da drin. Und unser Ziel ist schließlich, einen Todesstern zu zerstören. Huch, und das mit der Enterprise, Christian. Ich habe Stargate irgendwie anders in Erinnerung. So schön. Das ist alles gar kein Problem, weil es ja nun mal urheberrechtliche Probleme hier nicht zu befürchten gibt. Die Konzerne, die hier die Rechte auf all diesen zitierten Universen haben, die haben in der DDR nichts zu sagen. Man bekommt also deswegen keine Probleme, Probleme weder mit vermeintlichen Raubkopien noch mit solchen popkulturellen Anleihen. Man kann aber durchaus als Spieleentwickler in der DDR Probleme bekommen mit der Staatsgewalt. Nämlich dann, wenn die Spiele der offiziellen, der verordneten SED-Ideologie widersprechen. Wie kann das denn passieren? Ja, wie gesagt, wir sind ja hier in einem diktatorischen Regime, das stark ideologisch geprägt ist. Und das schlägt natürlich auf die Medien durch, sehr stark auf die Medien durch. Letztendlich sind Spiele ja auch eine Form von Medium. Und das bedeutet zum Beispiel, dass Szenarien, die der Staatsideologie widersprechen, die anstößig oder problematisch sind in Spielen, so gut wie nicht stattfinden. Das heißt, in DDR-Spielen geht es fast immer um harmlose oder zumindest sehr realitätsferne Szenarien. Wenn überhaupt gekämpft wird, dann gegen Monster oder wilde Tiere oder eben Todessterne im fernen Weltraum, aber keine realen menschlichen Konflikte. Also Ballerspiele und Kriegsspiele dürfen in der DDR nicht verbreitet werden, weil offiziell herrscht ja eine pazifistische Weltanschauung. Das besteht natürlich im Widerspruch zu der ja quasi paramilitärischen Ausbildung von Jugendlichen, die dank der Bildungsministerin Margot Honecker in manchen Schulen ja sogar Handgranatenwürfe trainieren müssen. Aber offiziell ist das ein pazifistischer Staat, die DDR, und deswegen wird in den Medien solche Gewaltdarstellung auch nicht toleriert. Der André Weißflug, der ja damals Spiele entwickelt hat, hat ja auch beschrieben, was es denn zur Folge gehabt hätte, wenn man da dagegen verstoßen hätte. Und er sagt, also wenn es da zu Problemen gekommen wäre, dann wäre man vermutlich jetzt nicht direkt vor ein ordentliches Gericht gezerrt würden oder hätte eine Ordnungsstrafe bekommen oder sowas, sondern das wären dann erstmal die, wie er sagt, üblichen, subtilen Erziehungsmaßnahmen gewesen. Also dann wären ein paar mysteriöse Männer an der Schule aufgetaucht oder an der Arbeitsstelle oder bei den Eltern und hätten ein ernstes Gespräch geführt mit entweder realen oder zumindest angedrohten Folgen für den weiteren Lebenslauf, da mal den Kopf gerade zu rücken von diesen jungen Menschen. Man könnte annehmen, dass in so einer zentral gesteuerten Medienlandschaft die Spiele auch genutzt werden für Propaganda, für die offizielle Ideologie, für den Sozialismus. Diese Idee wird auch durchaus diskutiert im Staat, aber sie kommt kaum zum Einsatz. Also es lässt sich nicht feststellen, dass irgendein Spiel im staatlichen Auftrage funktioniert. Entwickelt worden wäre mit dem Ziel, das Bewusstsein für den Sozialismus zu schärfen oder gegen den Westen zu agitieren. So etwas ist, soweit es für uns heute feststellbar ist, nicht vorgekommen. Allerdings, wenn man genauer hinsieht, dann gibt es schon so eine Form von indirekter Propaganda. Jens Schröder, der ist Autor des Buches Auferstanden aus Platinen über die DDR-Spielszene, ein wunderbarer Name, hat geschrieben, hinter diesen betont friedfertigen Spielszenarien, wie du es schon beschrieben hast, stecke eine kalkulierte Harmlosigkeit. Also eine indirekte Form der Propaganda. Da die Botschaft ganz unterschwellig ist, in der DDR gibt es nur saubere, nur menschenfreundliche, ideologisch gute Spiele, denn unsere Spiele sind alle harmlos, die verherrlichen nicht etwa den Krieg. In der BRD hingegen, da dominieren die verkommenen Spiele, die militaristischen, die bösen Spiele. So wird ein Abbild der jeweiligen Gesellschaft gezeichnet, so wie die SED es sieht. Und diese Tageszeitung Neues Deutschland berichtet auch regelmäßig und immer sehr genüsslich über Spiele aus dem Westen. Nicht nur über das grassierende Problem der sogenannten Raubkopien, sondern vor allem über die Verbreitung von indizierten, von gewaltverherrlichenden Spielen oder über Fälle von Nazi-Propaganda, die in Form von Spielen auf Schulhöfen kursiert. Die Botschaft lautet also, da drüben im verkommenen, im imperialistischen Westen werden Spiele gezielt für faschistische und kriegstreibende Propaganda eingesetzt. Hier bei uns im friedlichen Sozialismus gibt es so etwas selbstverständlich nicht. Es gibt allerdings einige Fälle, wo das so ist. Von durchaus politischen Spielen, allerdings nicht staatlich verordnet, sondern von einigen Entwicklern, die dort ihre politische Sicht ausdrücken. Das passiert natürlich erst nach der Wende. Zur Zeit der DDR hätte sich das niemand getraut, vor allem dann nicht, wenn auch noch die volle Anschrift im Spiel abgedruckt ist. Da gibt es zum Beispiel das Spiel Perestroika aus dem Jahr 1991 für den KC 85 2 bis 4. Und in der Anleitung steht, hier gehe es darum, mit dem Demokrat, das ist die Spielfigur, den Bildschirm zu überqueren. Dabei stört aber der Bürokrat. Wer könnte damit gemeint sein? Aber wenn er sie zu sehr nervt, dann ballern sie ihn einfach ab. Also eindeutig ein Nachwendespiel, wenn auch ein Spiel für einen DDR-Heimcomputer. Und dass das nach der Wende erst auf den Markt gekommen ist, das merkt man an noch einer weiteren Stelle. Denn dieses Spiel wird nicht mehr frei verteilt, sondern es kostet 9 D-Mark. Da hat also der Kapitalismus sehr schnell Einzug gehalten in die DDR-Entwicklerszene. Da kommt mir eine super Idee für ein Spiel. Ich stelle mir das so vor, eine Straße, auf der unten der Demokrat steht und er läuft die Straße schnell und immer schneller nach oben. Und von oben kommen Bürokraten, denen man durch Links- und Rechtsdrücken ausweichen muss, um nicht mit ihnen zu kollidieren. Ich glaube, sowas programmier ich in Basic mal demnächst. Das ist eine sehr gute Idee. Hat auch keine mir bekannte Vorlage. Das ist eine ganz originelle Idee von dir jetzt, oder? Sehr gut. Dann tut es mir fast leid, dass ich es hier öffentlich gesagt habe, weil das bestimmt gleich wieder irgendjemand kopieren wird. Dann tauschen sie irgendwas aus, machen Esel draus oder sowas und auf einmal ist es ein ganz anderes Spiel. Naja, apropos Spiele. Jetzt müssen wir natürlich noch ein paar herausheben, die grundsätzlich als gute Beispiele für gute Spiele für die KC Computer gelten. Da findet man natürlich auch Listen mit den besten Spielen für die Heimcomputer, aber nachdem das nicht so ein riesiger Fundus ist, tauchen da fast immer die gleichen Namen auf. Du hast auch deine Gesprächspartner, also den André Weißflug, den Paul Kautz, den René Mayer, danach gefragt, was denn so ihre Favoriten sind. Und unterm Strich sind das vor allen Dingen vier Namen, die da immer wieder kommen. Das erste heißt Benyon Gappy. Das ist von Raimu Bunsen, 1989 erschienen für den KC 85 III und IV. Und das ist aus der Seitenperspektive eine Art Labyrinth-Spiel, wo man wie Pac-Man rumläuft und Münzen einsammelt oder Punkte einsammelt, aber das Ganze gleichzeitig ziemlich schnell, als ob man Sonic wäre statt Pac-Man. Und es sind nicht einzelne Levels, die man da abräumt, sondern das ist eine große, zusammenhängende, verzweigte Spielwelt. Also so eine Art 2D-Münzsammel-Open-World-Game, wo man auch immer wieder hin und her geht, Schlüssel findet, dann wieder zu anderen Räumen geht, um dort was aufzumachen. Es gibt auch ein paar wenige Hindernisse, also so Oktopusse, die einem den Weg versperren. Oder man kann Wasser auslösen, was dann so langsam das jeweilige Level füllt, sodass es also unterm Strich doch ein Actionspiel ist. Das ist jetzt kein wirklich schönes Spiel. Das ist auch ein Spiel, das ein bisschen hakelig ist und das flimmert. Aber ich habe das gespielt, also jetzt schon auf dem Emulator und bin da richtig dran hängen geblieben. Das hat ein paar clevere Designentscheidungen. Man sammelst über diese Welt verteilt dann auch Einzelteile von einem Bild zum Beispiel. Also das hat auch so einen leichten Rätselanflug. Das ist doch erstaunlich motivierend. Also ein zwar in seiner Anmutung relativ simples, aber in seiner Spielmechanik ganz cleveres Spiel. Ja, wir können noch mal kurz reinhören. Spektakulär klingt das nicht, so wie auch unser Klangbeispiel vorhin, aber trotzdem der Vollständigkeit halber. Mir hat das auch Spaß gemacht. Open World ist ein großes Wort dafür, Christian. Also das ist jetzt kein Far Cry. Ich, ja. Ja, es ist eine relativ offene Welt. Es ist offener als Pac-Man. Wir wissen, was ich meine. Man kann vor und zurück gehen. Das ist für mich schon eine offene Welt. Na gut. Das nächste Spiel, was auf diesen besten Listen immer wieder auftaucht und auch genannt wurde hier bei meinen Gesprächspartnern, ist Digger, so wie alle vier Spiele, die wir hier vorstellen, für die Mühlhausen Rechner, also KC 85 II und folgende. Ein Spiel von Alexander Lang aus dem Jahr 1988 und das ist nicht mehr und nicht weniger als ein Boulder Dash Klon. Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Also man läuft mit dieser Spielfigur in der Seitenansicht durch die Welt und sammelt Diamanten ein und muss dabei fallenden Steinen ausweichen. Die Besonderheit ist hier, dass die Diamanten recht schön animiert vor sich hin blinken. Das ist ein oft gelobtes und hervorgehobenes Feature, weil es auf dieser Hardware nicht selbstverständlich ist und auch nur über Tricks realisierbar war. Trotzdem ist das ansonsten nicht weiter spektakulär. Es ist halt Boulder Dash. Und als solches macht es mir persönlich nicht allzu viel Spaß. Ich habe es auch eine Weile gespielt, aber ich bin einfach nicht der größte Boulder Dash Fan. Anders als Paul Kautz, Der äußert sich ja zu diesem Themenkomplex DDR-Computerspiele bei vielen Gelegenheiten, auch in anderen Podcasts. Und er erwähnt bei jeder Gelegenheit Digger. Und immer wenn dieses Spiel erwähnt wird, dann spielt er das wieder für ein paar Stunden. Also Paul, wenn du das hörst, viel Spaß bei Digger. Aber mich selbst hat das nur ein paar Minuten motiviert. Aber auch hier hören wir mal kurz rein. Ja, wegen des Sounds spielt man das jetzt nicht. Ja, da muss man halt denken bei dem Spiel, Hanna. Was soll das denn heißen? Dann ist vielleicht das nächste eher was für dich. Nämlich Jungle von André Weißflug und Bernd Bayreuther. Das stammt aus dem Jahr 1989 und der Name legt es schon nahe. Das spielt im Dschungel. Das ist auf den ersten Blick ein Spiel, wo man tatsächlich sagen kann, das sieht einigermaßen hübsch aus. Das hat leuchtende Farben, das hat dieses satte Grün und ein blaues Wasser. Das ist wirklich ganz hübsch gestaltet. Und da springt man auf so Grasplattformen und Lianen immer weiter nach oben und weicht dabei Monstern aus, die von oben immer ins Bild hineinkommen. Das Ziel ist es, einen Schatz dabei einzusammeln. Und das ist, wie gesagt, ein ansehnliches Spiel. Es ist auch ein sehr schnelles Spiel, was ja auch auf dieser Hardware gar nicht so selbstverständlich ist. Und es lässt sich mit der Tastatur des KC85 III sogar ganz gut spielen, was auch keine Selbstverständlichkeit ist. Aber es ist auch hammerhart. Es ist ganz schön schwer. Ja, ich bin selten über den ersten Level hinausgekommen, leider. Dann vielleicht doch, Digga. Nee, ich habe die meiste Zeit mit dem vierten Spiel verbracht, mit Mad Breaking von Raimo Bunsen wieder, aus dem Jahr 1990, also ein spätes Spiel aus der DDR-Entwicklerszene. Das ist eine Breakout-Variante, aber anders als der Breakout-Klon, den wir vorhin kurz erwähnt haben, ist diese Variante deutlich erweitert. Hier kann man nicht nur mit dem Paddle unten rechts und links den Ball auffangen und nach oben wieder zurückschießen, um die Steine abzuräumen, sondern man kann auch, wenn man entsprechende Power-Ups eingesammelt hat, Raketen auf die Steine schießen. Erstaunlich militaristisch, aber im Jahr 1990 war das vielleicht dann schon wieder okay. Es sind nur Steine, Henner. Es sind keine Menschen. Es sind nur Steine, ja. Auf Steine darf man auch in der DDR schießen. Naja, aber in gewisser Weise reißt man hier ja eine Mauer ein. Ah, oh, der Symbol halt, aber gut, ja, 1990er. haben. Das wäre nicht durchgegangen vorher, glaube ich. Aber das coolste daran ist, es gibt neben diesen Power-Ups noch weitere Erweiterungen gegenüber dem Originalspiel, denn der Bildschirm wird in manchen Levels aufgeteilt auf mehrere Bereiche, die dann jeweils eigene Paddles haben und die über Portale verbunden sind. Das heißt, dieser Ball fliegt dann zwischen den Portalen durch in einen anderen Levelabschnitt, in dem ich dann einen separaten Paddle oder Schläger bewege. Zwischen den beiden muss ich dann selber bei Umschalten und es gibt weitere Power-Ups und das ist toll. Das hat mich richtig motiviert, weil ich einfach wissen wollte, was kommt als nächstes für eine Neuerung. Da sind nicht nur die Steine anders angeordnet oder haben eine andere Farbe oder so, sondern es kommt eine neue Spielmechanik hinzu in den ersten Levels jeweils und das ist super. Also für mich war das von diesen vier Spielen und auch von einigen anderen, die ich ausprobiert habe, das mit Abstand beste Spiel. Hast du das auch ausprobiert? Ne, das habe ich leider nicht ausprobiert, aber jetzt habe ich große Lust, das nachzuholen. nach deiner Beschreibung. Ja, das solltest du tun. Das sind vier gute Beispiele dafür, dass man auf einfache Hardware motivierende Spiele erstellen kann und dass es Leute gibt in der DDR, denen es gelingt, auf diesen Plattformen originelle und ordentlich gut spielbare Spiele zu erstellen. Und das ist durchaus eine Leistung. Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch, dass das schon relativ spät dann in der Lebenszeit von diesen Plattformen ist. Wir haben ja hier gesagt, die meisten Spiele sind aus 89 oder gar 90 und dass das natürlich eine Zeit ist, wo diese Spiele in ihrer Anmutung, in ihrer Gestaltung im Vergleich zu dem, was im Westen da State of the Art ist, weit hinterher hängen. Also das ist einfach etwas, was man nicht nebeneinander stellen sollte und auch gar nicht nebeneinander stellen kann, weil die Maßstäbe völlig andere sind. Was aber nichts daran ändert, dass es trotzdem in sich gute Spiele sind. Ja, und ich möchte noch ein fünftes ergänzen, weil es die Tradition verlangt. Ich habe natürlich auch ein Schachprogramm getestet. Ah, sehr gut. Und das wurde kommerziell vertrieben für die Mühlhausen Rechner und zwar auf dieser ominösen Kassette mit dem Namen Spielprogramme 2, zu der es keinen ersten Teil gibt. Das ist sehr spielstark und selbst auf Stufe 0 von 10 Stufen war es erstaunlich schwierig dagegen anzukommen. Dafür ein bisschen umständlich zu steuern, denn man kann das nicht einfach mit dem Pfeiltasten oder mit dem Joystick steuern, sondern man gibt die einzelnen Spielzüge wie auch allgemeine Befehle wie New Game per Tastaturkommando ein. Ein bisschen umständlich. Das Interessanteste an diesem Spiel ist der Name, denn es heißt Video Chessmaster. Ja, und da denkt man doch sofort an die Chessmaster-Serie von Software Toolworks, die glaube ich heute zu Ubisoft gehört, oder? Genau. Also denkt man natürlich sofort, ist das wieder ein Plagiat? Aber nein, das westliche Chessmaster, das gibt es erst 86, aber das hier entstand schon 84. Und das hat seinen Namen von einem DDR-Schachcomputer mit dem Namen Chessmaster, der ebenfalls 84 rausgekommen ist. Das heißt, wenn hier abgekupfert wurde, dann war es diesmal der Westen. Sehr gut. Oder sie sind unabhängig voneinander auf den Namen Chessmaster gekommen. Ja, vielleicht liegt er auch nahe. Was ja bei den Großmeistern im Schach auch nicht so weit hergeholt ist. Das stimmt, aber es ist ein englischer Name, wie auch dieses ganze Spiel in Englisch gehalten ist, was mich sehr überrascht hat. Das ist ja eigentlich nicht Staatsräson im Osten. Nun haben wir die Hardware im Detail beschrieben. Wir haben auch die wichtigste Software beschrieben, also die Spiele. Aber es gibt noch einen wichtigen Aspekt bei diesen KC-Heimcomputern, der noch wichtiger ist vielleicht als Hard- und Software. Nämlich die Verfügbarkeit, die Zugänglichkeit. Denn was nützt der beste Computer, wenn ich ihn nicht nutzen kann? Wie kam man also ran an diese Geräte, wenn sie doch kaum im Handel waren? Wie konnten sie die Computerszene prägen, trotz ihrer geringen Stückzahlen? Und das hat mit den Eigenarten genau dieser DDR-Computerszene zu tun und die wollen wir jetzt etwas näher beleuchten. Ja, das ist auch noch ein spannender Aspekt, denn wir haben es ja nun in unserer Erzählung schon mehrmals erwähnt, die eigentlich mal als Heimcomputer gedachten Computer kommen dann gar nicht nach Hause, zumindest nicht so ohne weiteres. Das heißt, diese Nutzungsform, die wir im Westen als Standard kennen, nämlich dass man halt einen Computer bei sich zu Hause hat, ist in der DDR eher die Ausnahme, weil die Produktionskapazität der Kombinator allein schon nicht groß genug ist, als dass genügend Rechner dann auch für den Handel bestimmt werden. Denn wie gesagt, die gehen in erster Linie mal in Schulen, öffentliche Einrichtungen oder im Falle der Mühlhausener Rechner auch in die Industrie. Denn die Wirtschaft hat halt einfach Vorrang. Und wenn dann mal, was selten genug der Fall ist, so eine Heimcomputerlieferung irgendwo aufschlägt, dann bilden sich da Schlangen vor den Geschäften, wie der René Mayer, der berichtet hat. Das heißt, man braucht entweder viel Glück oder die richtigen Beziehungen, um an so ein Gerät für zu Hause zu kommen. So war es auch bei André Weißlug. Der hatte eines zu Hause, aber nur deswegen, weil seine Eltern sich damals mit einem Handwerksbetrieb selbstständig gemacht haben, was eher eine Ausnahme in der DDR war. Damit hatten sie dann aber einen eigenen Betrieb und hatten einen Grund, sich einen kleinen Computer anzuschaffen für die Büroarbeit. In dem Fall war das dann ein KC85-3. Und selbst in diesem Fall hat es aber sechs Monate Wartezeit benötigt und natürlich die Investition von mehreren Monatslöhnen, um diesen Rechner anzuschaffen. Also ohne dass man Glück, Geduld und im Zweifel auch viel Geld hat, kommt man als Privatperson an so einen Rechner gar nicht ran. Auch der Paul hat dir erzählt, dass er niemanden aus seinem Freundeskreis kannte, der einen KC-Computer zu Hause gehabt hätte. Es ist tatsächlich so, dass man leichter an einen westlichen Rechner kommt als einen aus der heimischen Produktion. Das ist überraschend nach allem, was wir erzählt haben über diesen abgeschotteten DDR-Markt und über dieses CoCom-Embargo und so weiter. Aber tatsächlich so ist es. Es gibt in privater Hand mehr westliche als Ostcomputer. Die DDR hat auch eigentlich gar nichts dagegen, dass Computer vom bösen Systemfeind importiert werden. Der Westen hat was dagegen. Die haben ja diese Embargos eingerichtet und behindern, dass hier Geräte auf geregelten Wegen in den Osten ihren Weg finden. Die DDR hat nichts dagegen. Die freut sich, wenn Hochtechnologie ins Land kommt. Dieses Embargo betrifft aber ohnehin nur die fortschrittlicheren Rechner und CPUs, also die 16- und 32-Bit-Systeme. Diese alten 8-Bit-CPUs und 8-Bit-Computer hingegen, die werden irgendwann, ich konnte nicht genau ermitteln wann, aber wahrscheinlich in den 80er Jahren, von der Liste gestrichen, weil der Ostblock zu der Zeit selbst längst in der Lage ist, 8-Bit-Prozessoren und Computer herzustellen. Und dann können C64 und andere 8-Bit-Computer auch ganz offiziell in der DDR gekauft werden, allerdings nicht im Supermarkt und auch nicht in Elektrogeschäften oder so, sondern nur in speziellen Einrichtungen, in An- und Verkaufläden für Gebrauchtwaren, also eine Art Proto-Offline-Ebay oder in den Intershops. Das sind Geschäfte, in denen man nur mit ausländischer Währung bezahlen kann, also vor allem in D-Mark. Und dort auch nur zu sehr hohen Preisen. Also es ist nicht der einfachste Weg, um an diese Geräte zu kommen. Es ist sehr, sehr teuer, aber es geht zumindest theoretisch. Die allermeisten Computer kommen aber wahrscheinlich auf anderem Wege in den Osten, nämlich als Geschenke. Die werden einfach von wohlmeinenden Besuchern aus der BRD mitgebracht oder auch verschickt. Es werden in den 80ern jährlich ungefähr 25 Millionen Pakete aus dem Westen in den Osten geschickt. Da sind dann halt Sachen drin, die es in der DDR nicht so ohne weiteres gibt. Leckerer Kaffee, leckere Schokolade oder halt Elektrogeräte. Und was mir bei der Recherche begegnet ist, davon wusste ich nichts. Es gibt sogar einen ganz offiziellen Weg, Geschenke dieser Art in den Osten zu schicken. Hattest du mal vom Genex-Katalog gehört? Nee, ist mir völlig neu. Ja, faszinierend. Also 1956 wird ja schon eingerichtet ein ganz offizieller Service, ein Geschenkedienst namens Genex mit einem eigenen Katalog, über den man als Westbürger Waren in den Osten bestellen kann. Also wohlmeinende BRD-Menschen können ihren Verwandten und Freunden in der DDR für ihre harte D-Mark begehrte Dinge schicken. Also Lebensmittel zum Beispiel, sowas wie Jakobskaffee, aber auch Luxusgüter. Da gibt es Blaupunktfernseher, da gibt es ein ganzes Fertighaus, was man bestellen und in den Osten liefern lassen kann. Da gibt es Autos, den Trabant aus dem Osten, aber auch VW zum Beispiel. Man kann Reisen bestellen in diesem Katalog. Natürlich nur in Ostblockländer, weil zu dieser Zeit ja noch die Grenze abgeriegelt ist und die Menschen aus der DDR nicht einfach so in den Westen reisen können. Oder man kann eben in diesem Katalog ganz offiziell einen C64 bestellen für seine Verwandten im Osten. Also das heißt, du schickst Geld mit der Katalognummer an eine staatliche Institution in der DDR, die kauft dafür einen C64 und schickt es dann an den entsprechenden DDR-Bürger oder die Bürgerin. Ja, ganz genau. Und auf diesen Wegen, also über private Pakete, ob nun über GeneXus-Katalog oder privat organisiert, kommen halt sehr viele Rechner westlicher Produktion in die DDR. Wie viele genau, das ist natürlich nirgendwo erfasst, aber es gibt Schätzungen, die sagen, je nachdem wen man fragt, zwischen 150.000 und 250.000 westliche Computer, die so in die DDR gelangen, die meisten davon in private Hand. Und das ist ja, wir haben ja die Zahlen vorhin, die Produktionszahlen der DDR-Heimcomputer gehört, viel mehr als die Gesamtmenge der Heimcomputer aus heimischer Produktion. Die Bürorechner sind da nicht mitgerechnet. Die erreichen in der DDR auch sechsstellige Zahlen, aber das ist mehr als die Heimcomputer, die in der DDR produziert werden, also diese KC-Systeme. Das merkt dann auch die Stasi, also das Ministerium für Staatssicherheit. 1988, da gibt es einen Vermerk von der Stasi, da heißt es, die Computertechnik aus dem nicht sozialistischen Wirtschaftsgebiet, also das ist die BRD oder alles im Westen, was nicht sozialistisch ist, hat mittlerweile eine führende Stellung eingenommen bei privaten Computern. Welche von diesen Geräten aus dem Westen jetzt führend sind, was die meistverbreiteten Westcomputer in der DDR sind, das ist umstritten. Ich fand einige Quellen, die sagten, Commodore habe einen Anteil von 85 Prozent. René Maier, mit dem ich ja gesprochen habe, der meint, nee, nee, es sei viel mehr Atari. Und andere Quellen wiederum sagen, nein, nein, der ZX Spectrum ist der meistverbreitete Westcomputer in der DDR. Keine Ahnung, was jetzt stimmt. Aber Tatsache ist, all diese Fabrikate, Commodore, Atari, Amstrad, Schneider, die finden sich alle viel tausendfach in privater Hand in der DDR. Ja, aber unabhängig davon, ob es jetzt ein westlicher Computer ist oder ein KC-Computer, den man bei sich zu Hause hat, das ist trotzdem die Ausnahme, dass ein Computer irgendwo zu Hause steht und dort benutzt wird. Der viel größere Teil von insbesondere Kindern und Jugendlichen in der DDR kommt auf andere Weise mit Computern in Kontakt. Und zwar über das, was in Westdeutschland ein Verein gewesen wäre, das sind in der DDR die Clubs. Die sind in dem Gefüge der DDR immer einer staatlichen Massenorganisation untergeordnet, also zum Beispiel der FDJ, der Freien Deutschen Jugend. Dementsprechend ist da also irgendeine Form von politischer Aktivität sowieso ausgeschlossen, viel zu riskant. Aber die Beschäftigung mit Computern wird durchaus gefördert in diesen Organisationen. Und so bilden sich also Clubs, in denen man zum Beispiel dann mit Computern interagieren kann, an Computern arbeiten kann und dort auch programmieren kann. Diese Clubs werden von der Stasi überwacht, da werden also Informanten eingeschleust. Vor allen Dingen soll verhindert werden durch die Stasi, dass da politische Gegner diese Szene unterwandern. Aber da sind andere Club-Bereiche viel stärker davon betroffen. Das ist jetzt in der Computer- und Spieleszene nicht so, dass da große Repression zu spüren ist durch die Stasi. Und so verbreiten sich so ungefähr 1000 solcher Clubs in der DDR. Aber das sind auch nicht die einzigen öffentlichen Einrichtungen, wo man Zugang zur Rechentechnik bekommt. Das passiert zum Beispiel auch an Schulen. Ende der 80er Jahre entstehen dann an Oberschulen, Berufsschulen und Universitäten sogenannte Computerkabinette, die mit KC-Rechnern oder auch dem BIC, dem Bildungskomputer, ausgestattet werden. Der eigentliche Zweck ist, ganz ähnlich wie in den westlichen Schulen auch, Ausbildung in Informatik als Schulfach. Aber da gibt es auch Kurse in bestimmter Software, in CAD-Software zum Beispiel, also Computer Assisted Design. Aber eine der Besonderheiten von diesen Kabinetten ist, dass die offen sind auch für Menschen, die keine Schüler sind oder keinen Lehrgang besuchen. Also außerhalb der Unterrichtszeiten sind die trotzdem in der Regel zugänglich und dann ist es da auch möglich, als interessierter Mensch reinzugehen und mit dem Computer zu arbeiten. Und dann gibt es auch noch Einrichtungen, die sich speziell an Jugendliche richten, zum Beispiel die Station junger Naturforscher und Techniker. Die hat fast 200 Standorte in der DDR und deren Zweck ist es, Kinder in den Wissenschaften zu schulen und dazu gehört also oft auch die Informatik. Über so eine Station junger Naturforscher und Techniker findet zum Beispiel Thomas Langhanky zum Computer. Das ist auch einer der Entwickler, die noch in der DDR erste Erfahrungen sammeln mit den Computern und dann später im Westen eine eigene Firma gründen. In diesem Fall ist es das SEK, das Spieleentwicklungskombinat, das Langhanky mitgründet. und diesen Clubs und Kabinetten kriegt man nicht nur Zugang zu Computern, sondern vor allen Dingen zu Gleichgesinnten. Also man trifft sich da mit anderen Menschen, die das gleiche Interesse für Computer haben, die vielleicht auch schon unterschiedliche Erfahrungen haben, von denen man was lernen kann oder die auch was zum Tauschen haben, die Hardware oder Software tauschen möchten. Da wird gebastelt, da wird gespielt, da wird gemeinsam programmiert, da wird auch gecrackt, also Spiele aus dem Westen werden da auch gecrackt und kopiert und wir haben es vorher ja schon schon häufiger gesagt. Da gibt es kein Unrechtsbewusstsein, denn so etwas wie Urheberrecht existiert in der DDR im Fall von Computerspielen nicht. Deswegen muss man da also auch keine Konsequenzen fürchten und kann das in aller Offenheit machen. Ganz im Gegensatz zum Westen, da wird das ja in den 80er Jahren zunehmend kriminalisiert und verfolgt. Da haben wir zum Beispiel hier in der BRD den berüchtigten Abmahnanwalt Günther Freiherr von Grafenreuth, der da in den 80ern Jugendliche verfolgt. Diese Einbindung in staatliche Strukturen und in die Schulen führt dazu, dass die auch quasi einen öffentlichen Charakter haben, diese Einrichtungen. Viel öffentlicher als Computerclubs in der BRD, die es da auch gibt, aber die dann halt eher Teil einer Subkultur sind und vielleicht sich sogar als Hacker-Kollektive begreifen. Und diese grundsätzliche Offenheit und Öffentlichkeit erleichtert gerade jungen Menschen den Zugang zu Computern, selbst dann, wenn sie zu Hause keinen bekommen können. Und deswegen machen dann doch relativ viele Menschen ihre ersten Erfahrungen am Computer in der DDR, dann halt in Clubs und Kabinetten und dort dann auch mit Ost- und Westfabrikaten gleichermaßen. Deswegen ist es unterm Strich auch gar nicht so entscheidend, wie viele DDR-Computer am Ende ihren Weg in den Markt finden, weil auf einen hergestellten DDR-Computer kommen nicht nur ein Nutzer wie im Westen oder zwei, sondern im Zweifelsfall halt sehr viele. Ja, das ist ein ganz wesentlicher Unterschied zur Computerkultur der 80er Jahre in der BRD, so wie wir sie erlebt haben. Also in meiner Gegend gab es keinen Computerclub und kein Computerkabinett, wo ich an einem C64 hätte spielen können oder so. Aber in der DDR, zumindest in den größeren Städten, da gibt es ja auch durchaus große regionale Unterschiede, ist das gang und gäbe. Und sehr viele, die heute Karriere machen in der Computerindustrie oder als Entwickler, die haben ihre ersten Erfahrungen gesammelt auf solchen Systemen, auf die sie Zugriff hatten, nur in solchen Computerkabinetten oder Clubs. Den Thomas Langhanke, den hast du ja gerade schon erwähnt, aber zum Beispiel auch Jager, das Entwicklerstudio, das es heute noch gibt aus Berlin. Die Entwickler haben sich ja auch zu DDR-Zeiten kennengelernt in einem Computerclub. Also das sind Brutstätten der späteren ostdeutschen Computerentwicklerszene. Dann gibt es natürlich noch einen weiteren Weg dahin, über den sich Fachwissen über die Computertechnik und die Informatik in der Öffentlichkeit verbreitet. Also nicht nur über solche Institutionen und Schulen, sondern auch über die Medien. Einige davon haben wir ja schon erwähnt. Diese Fachzeitschrift MP, Mikroprozessortechnik zum Beispiel. Es gibt aber noch weitere und auch viele eigentlich fachfremde Zeitschriften wie Funkamateur oder Praktik oder Jugend und Technik befassen sich sehr viel mit Computertehmen. Auch viel mehr, zumindest meiner Wahrnehmung nach, als Jugendzeitschriften in der BRD das getan haben. Also ich habe in den 80ern sehr viel Mickey Mouse gelesen, da habe ich aber nie ein Basic-Programm drin gefunden. Aber in der DDR findet man sowas sogar in der Tageszeitung im Neuen Deutschland zum Beispiel. Da werden in den späten 80er Jahren irgendwo ganz hinten auf der letzten Seite kleine Basic-Programme zum Abtippen angeboten für die KC-Rechner. Das allerletzte, das ich finden konnte, ist ein Labyrinth-Spiel aus dem Dezember 89. Das ist sehr passend zur Grenzöffnung, dass sie da ein Spiel veröffentlichen, in dem man aus einem eingemauerten Areal entkommen muss. Ich weiß nicht, ob das Absicht war. Historisch. Ja, aber es gibt nicht nur Zeitschriften und Zeitungen, die sich mit diesem Informatik- und Computerthema befassen, sondern auch im Radio und Fernsehen. Es gibt eine DDR-Fernsehsendung ab 87, die Computerstunde, die sich mit Hard- und Software befasst. Und im DDR-Radio gibt es ab 1986 ein Computermagazin namens REM geschrieben und das wartet noch mit einer Besonderheit auf, die befassen da allgemeine IT-Themen, aber es werden über diese Radiosendungen auch Programme übermittelt. Also über kryptische Piepstöne werden hier durch Radiofunkwellen Programmcodes übermittelt, die man dann als Hörer zu Hause auf Kassette aufnehmen und dann anschließend in den Computer laden kann. Das ist ganz abgefahren. Das können wir uns auch mal kurz anhören. Es gibt diese Sendung übrigens nirgendwo im Netz. Das ist die allererste Ausgabe dieses Magazins REM mit einigen Basic-Programmen, die dabei verbreitet werden. Aber im Deutschen Rundfunkarchiv habe ich sie gefunden. Leider dürfen wir nur ein ganz kurzes Zitat daraus einspielen. Sonst würden wir natürlich hier an dieser Stelle sehr gerne die ganze Sendung wiedergeben, weil das so kurios ist. Ja, viele Piepstöne. Wenn ihr das jetzt mitgeschnitten habt, dann habt ihr ein fertiges Basic-Programm auf der Festplatte. Das ist also so eine Art Proto-Steam, nur analog und über Radiowellen statt Glasfaser. Ganz schön fortschrittlich. Sehr gut. Ja, fortschrittlich ist ein gutes Stichwort. Nun haben wir eigentlich die Szene, die Hardware, die Spiele der DDR-Heimcomputer beschrieben. Aber wir haben ja am Anfang schon gesagt, es gab in der DDR mehrere Wellen, mehrere Anläufe, um den Weltstandard zu erreichen in der Mikroelektronik. Und die KC-Heimcomputer und alles drumherum sind ein Ergebnis dieses dritten Anstoßes, dieser dritten Welle. Aber uns fehlt noch eine. Es gibt noch einen Versuch, die Zukunft zu formen der DDR-Halbleiterindustrie und der Mikroelektronik. Einer, der letztendlich dann von der Geschichte überrollt wird, weil die DDR vorher aufhört zu existieren. Aber man versucht es nochmal. Dem voraus geht, dass es der DDR in den 80er Jahren erstmal immer schlechter geht. Zu Beginn der 80er Jahre rutscht der Staat in eine Rezession. 1981 beginnt mal wieder ein weiterer Fünfjahresplan, der muss schon nach unten korrigiert werden. Denn Honecker hat ja versprochen, dass der Lebensstandard besser werden soll in der DDR und der Preis dafür ist, dass Investitionen schrumpfen im Land und dass die Verschuldung ständig steigt. Die Außenwirtschaft leidet, also es kommt nicht mehr so viele Devisen über Exporte rein. Die Rohstoffkosten steigen auch in dieser Zeit. Die Exportwaren sind nicht mehr so attraktiv, weil die Qualität sinkt. Und das führt dann letztendlich dazu, dass die Tilgung und die Zinskosten der Schulden nur noch dadurch zu finanzieren sind, dass neue Kredite aufgenommen werden. Also die DDR steckt in der Schuldenfalle. 1982 steht das Land sogar kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, da muss dann aus dem Westen nochmal ein Milliardenkredit aufgenommen werden, um das abzuwenden. Und diese Lage verschärft sich noch weiter. 1985 wird in der Sowjetunion, dem großen Bruderstaat, Gorbatschow, der Generalsekretär der KPDSU, der herrschenden Partei, und der leitet dann in der Folge nicht nur innenpolitische Reformen ein, sondern mit ihm beginnt auch eine Phase geopolitischer Entspannung. Das ist insofern ein Problem, als die DDR stark ist im Export von Rüstungsgütern und dann ihren größten Abnehmer verliert. Die Sowjetunion ist da weniger daran interessiert. Und dann sieht die SED-Führung mal wieder nur einen Ausweg. Es muss wieder in die Mikroelektronik investiert werden. Das hier ist ja kein Politik-Podcast, aber... Es geht nicht anders. Wir müssen darüber sprechen, denn das ist ein wesentlicher Faktor. Es gibt dieses wachsende außenwirtschaftliche Ungleichgewicht. Also die DDR muss sehr viel importieren, kann aber sehr wenig exportieren, um Devisen zu bekommen. Und so muss die DDR unbedingt den Export stärken. Und da kommt eben die Mikroelektronik wieder ins Spiel. Die ist hier die Schlüsselindustrie aus Sicht der DDR, die alle Wirtschaftsbereiche durchdringt. Es geht ja nicht nur darum, Computer oder Bauteile zu exportieren, sondern es geht auch um den erwähnten Maschinenbau. Beispiel dafür ist der Werkzeugmaschinenbau. In den 70er Jahren war die DDR noch einer der führenden Lieferanten für Werkzeugmaschinen. Aber dann kommt eine neue Technologie, die computergestützte Maschinensteuerung. Und die DDR hängt in diesem Bereich zurück. Diese computergestützte Steuerung, die hält da sehr spät erst Einzug in der DDR-Industrie und dadurch enteilen die westlichen Konkurrenten auf diesem Markt, die Werkzeugmaschinenbauer und die Exporte in den Westen aus der DDR brechen ein. Nein, und das ist ein Problem. Dieses Problem zeigt sich in sehr vielen Industrien. Die Industrie der DDR fällt immer weiter zurück wegen dieses großen Rückstands in der Mikroelektronik und so gibt es einen weiteren Anlauf, jetzt den vierten im Jahr 1986. Wieder einmal wird beschlossen, die Mikroelektronik muss weiterentwickelt werden. Das wird jetzt die neue Maxime ihrer Wirtschaftspolitik wieder einmal. Das ist, auch das haben wir vorhin schon mal gehört, die einzige Hoffnung der DDR auf eine Zukunft als Industrienation. Die Rhetorik ist halt die gleiche wie im Jahr 1977. Und die Investitionen in die Mikroelektronik, die sind schon gewaltig, aber jetzt sollen sie noch weiter steigen. Deswegen die führenden Mikroelektronik-Kombinate Robotron, Carl Zeiss und Mikroelektronik, so heißt ja das dritte, die gehören schon zu den größten Arbeitgebern und Kombinaten des Landes. Die sollen jetzt aber noch weiter wachsen und die Halbleiterfertigung, die ja längst den Weltstand eigentlich haben sollte, wie Ulbricht das mal befohlen hat, jetzt soll es aber wirklich mal klappen im vierten Anlauf. Jetzt wird es Zeit. Jetzt sprudelt euch mal. Ja, beeilt euch mal, strengt euch mal ein bisschen an. Jetzt soll endlich der Westen eingeholt werden auf diesem Gebiet. Und so investiert die DDR zwischen 86 und 1990, wo es ja mit ihr zu Ende geht, fast 30 Milliarden Mark in den Aufbau dieser Industrie. Diese Milliarden fehlen natürlich an anderer Stelle. Die Infrastruktur des Landes ist marode. Es fehlt immer noch an Alltagsgütern. Aber Honecker... Ist ziemlich weit entrückt von der Realität. Er scheint all das nicht zu sehen. Es gibt einen Staatsratsmitglied, also einen führenden Politiker damals namens Werner Krolikowski. Der hat damals zur Zeit der Wende 89, 90 einige Notizen gemacht über den Zustand der Regierung. Und der schrieb darin, noch im Jahre 1989 ließ Honecker im neuen Deutschland auf Seite 1 ganz groß die DDR als eine Mikrochip-Weltmacht feiern. Aber es unterblieb das Eingeständnis, dass es in der DDR kaum Damenschlüpfer zu kaufen gibt. Zitat Ende. Ja, das sind vielleicht die falschen Prioritäten, aber es geht ja ums Überleben der DDR als Industrienation. Also vielleicht sind diese Investitionen in die Mikroelektronik unverzichtbar, vielleicht sind sie alternativlos. Und diese Investitionen in das Thema Microchips und Mikroelektronik, die zeigen sich vor allem in zwei großen Projekten, die die späte DDR in den 80er Jahren noch startet. Zwei Prestigeprojekte, die jetzt hier durch Honecker und die SED-Führung vorangetrieben werden und die den Anschluss an den Westen auf dem Gebiet der Computertechnik und der Elektronik endlich schaffen sollen. Das eine davon ist das sogenannte Projekt Mikron. Da geht es darum, hochintegrierte Schaltkreise zu schaffen mit Strukturmaßen von einem Mikrometer. Und das konkrete Projekt ist hier, einen Speicherchip mit einem Megabit Kapazität herzustellen. Das ist ein Projekt, in das jetzt Milliarden reinfließen nach 1986. Dafür ist technologische Spezialausrüstung nötig, die noch überhaupt nicht existiert in der DDR. Also da muss mal wieder ungefähr die Hälfte konspirativ aus dem Westen importiert werden. Die andere Hälfte muss man selbst entwickeln mit großem Aufwand. Und am 12. September 1988 wird das Ergebnis dann mit großem Brimborium präsentiert, also flankiert von Medien und sogar ein eigener Imagefilm wird dafür produziert. Der heißt Das Megaprojekt oder Hemmungslose Optimisten. Das Ergebnis ist der Megabit-Speicherchip U61000, der kommt aus dem Kombinat Carl Zeiss Jena. Da wird dem Staatsrat-Vorsitzenden Honecker feierlich das erste Exemplar überreicht bei dieser Veranstaltung. Und er nennt den Chip einen Beweis dafür, dass die DDR auch künftig ihre Position als entwickeltes Industrieland behauptet. Also die Gefahr, als Industrieland absolviert zu sein, ist abgewendet für Honecker mit der Existenz. Dieses Chip zerpreist die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie den Sozialismus, wie er das ja zeitlebens gemacht hat. Das sind also die alten Phrasen eines alten Mannes, der nicht mehr recht in die neue Realität passt. Denn dieses Megabit-Chip-Projekt, ja, das ist natürlich schon eine Leistung für die DDR. Das ist ein großer Sprung für dieses Land. Aber gleichzeitig ist es trotzdem noch rückständig. Denn während auf dieser Versuchsstrecke, die da aufgebaut wird in den Jahren 88 und 89, immerhin einige Zehntausend dieser Chips entstehen. Die ersten Exemplare davon, so hat dir der Werner Domschke berichtet, werden auch tatsächlich in KC-85-3-Computern eingesetzt, ist die Serienfertigung in großen Mengen trotzdem noch weit entfernt. Also der Plan ist, dass erst ab 1990 dann im Kombinat Mikroelektronik jährlich 100.000 Chips vom Band laufen sollen. Aber das ist eine illusorische Stückzahl, also die nötigen Produktionsanlagen gibt es in der DDR dafür gar nicht, die gibt es nur im Westen. Und im Westen sind Megabit-Chips, das was jetzt hier mit großem Aufwand erreicht wurde, schon lange Auslaufmodelle. Also es ist da nichts Besonderes. In Japan stellt Toshiba bereits die ersten vier Megabit-Chips her. Ein-Megabit-Chips werden in japanischen Fabriken sogar schon seit 1985 hergestellt und zwar in Serie. Im Juli 89 verkündet Toshiba zum Beispiel, dass sie 300.000 Stück von diesen ein-Megabit-Chips herstellen und zwar am Tag. 300.000 am Tag gegen geplante 100.000 im Jahr. Damit sind die Chips aus der DDR natürlich nicht mehr konkurrenzfähig. Das kann Herr Domschke vielleicht besser noch einordnen. Wir hatten ja in der Halbleiterproduktion schon eine Menge nachzuholen. Die Ausbeuten waren grottenschlecht, will ich mal sagen. Gegenüber dem, was in Japan oder anderswo produziert worden ist, hatten wir ja nicht die entsprechenden Maschinen, um solche filigranen Chips herzustellen zu können oder sowas. Deswegen waren die Ausschussrate ziemlich hoch. Und das hat uns natürlich überall eingeschränkt. Und in dem Sinn hat die Exporteinschränkung vom Westen doch sehr durchgegriffen bei uns. Dieser technische Rückstand in der Chipfertigung auf dem Weltmarkt ist gleich ein doppeltes Problem, dass die Chips langsamer und im Falle der Speicherchips kleiner sind als die im Westen, also rückständiger. Das ist das eine Problem, aber das allein wäre noch nicht so schlimm, denn es gibt ja auch durchaus einen Markt in der Welt für langsamere und für kleinere und für billigere Chips. Aber das zweite Problem ist, die Japaner wie Toshiba, die sind auch bei der Herstellung dieser langsameren Chips viel besser. Die können sie viel schneller in viel größeren Stückzahlen und viel billiger herstellen, weil ihre Fertigungsverfahren einfach effizienter sind und der Ausschuss geringer ist. Das heißt, jeder einzelne Chip aus der DDR-Produktion kostet viel mehr als ein Chip auf dem Weltmarkt, zum Beispiel von einem japanischen Hersteller. Und das hat man auch in der DDR erkannt. Honecker selbst vielleicht nicht, aber einer seiner Kollegen, Werner Jarowinski, der war Vorsitzender des Handelsausschusses, der hat 1989 das einmal eindrucksvoll vorgerechnet und in Zahlen ausgedrückt, wie weit die DDR von diesem angestrebten Weltniveau entfernt war. Aber der 256-Kilo-Bit-Chip, der da schon in Serie gefertigt wurde, denn du hast es ja gerade erzählt, der Megabit-Chip, der lief noch nicht in Serie vom Band, sondern das war noch eine Vorproduktion. Aber dieser 256-Kilo-Bit-Chip, der kostet das Kombinat, das ihn herstellt, in der Herstellung 534 Mark. Pro Chip? Pro Stück. Das ist nicht der Verkaufspreis, das ist der Herstellungspreis. Aber der Weltmarktpreis, zu dem man so einen Chip kaufen kann, unter anderem bei Toshiba oder bei anderen Herstellern, beträgt 4 bis 5 Mark. Ein Hundertstel davon. Das heißt, von Konkurrenzfähigkeit ist die Chipindustrie der DDR weit entfernt oder vom Weltniveau. Die hat überhaupt keine Chance mehr. Und so geht diese ganze Industrie, die ja die Schlüsselindustrie sein soll, die das ganze Land retten soll, ihrem Ende entgegen. Ja, und das passiert dann ja auch bald mit dem Land. Aber es gibt ja noch ein zweites Prestigeprojekt. Vielleicht schafft das die Rettung. Tja, das wird sie auch nicht schaffen, das können wir schon vorwegnehmen. Es gibt noch dieses zweite Ding, das ist ein 32-Bit-Prozessor, also ein neuer DDR-gefertigter Prozessor. Wir erinnern uns, der U-880 war ja ein 8-Bit-Prozessor. Jetzt wird gleich eine Generation übersprungen und das sollen 32-Bit sein. Auch das ist ein Nachbau eines westlichen Chips von DEC. Da wird das erste, just fertiggestellte Chipmuster dann am 14. August 1989 Honecker überreicht. Und der sagt anlässlich dieser Überreichung dann den berühmten Satz, den du gerade ganz am Anfang unserer Folge schon genannt hast, nämlich Sozialismus in seinem Lauf halten wir auch noch ehrt auf. Und das ist nachgerade ironisch, denn wie wir wissen, gibt es den Sozialismus in der DDR ja dann nicht mehr lange und auch dieser 32-Bit-Prozessor ändert da überhaupt nichts daran, denn auch der ist zu dem Zeitpunkt, an dem er erscheint, technisch veraltet bzw. Nicht auf dem Weltmarktniveau und er wird auch nie mehr produktiv zum Einsatz kommen, geschweige denn in Serie produziert werden. Ja, und Honecker ist zu dem Zeitpunkt auch schon schwer angeschlagen, sowohl gesundheitlich als auch politisch. Vier Tage später, nach dieser Überreichung dieses ersten Chipmusters, wird er operiert und zwei Monate später dann von allen Ämtern abgerufen und dann passiert das hier. Grenzen ab sofort für jedermann geöffnet sind. Die Tore in der Mauer stehen weit offen. Am 9. November 1989 wird die Grenze geöffnet, mehr oder weniger absichtlich. Die Mauer fällt, das ist das Ende der Teilung Deutschlands und die friedliche Revolution beginnt und sie mündet im Oktober 1990 dann in der Wiedervereinigung. Das heißt aber auch, neben der historischen Dimension, die das Ganze natürlich hat, der ganze westliche Computermarkt und auch Spielemarkt, der steht jetzt auch den Bürgern im Osten offen. Und dadurch werden die ganzen DDR-Computer der Bausatz Z1013 oder die ganzen KC-Rechner, die PCs, die Bürorechner, die werden alle nach und nach ersetzt durch modernere, billigere Systeme aus dem Westen. Die ganze KC-Reihe gerät sehr schnell in Vergessenheit. Es gibt noch einige Clubs natürlich, die weiterhin bestehen in der DDR oder in der ehemaligen DDR und es gibt weiterhin Hobbyentwickler, die auch noch Spiele rausbringen, klar, oder Hardwareerweiterungen, aber nicht lange, also bald schon interessieren sich nur noch Sammler für diese kleinen Computer oder Computermuseen. Damit endet unsere Geschichte über die DDR und die Computer, die sie hervorgebracht hat. In einer Hinsicht entsprach diese Geschichte unserer Erwartung. Ja, die DDR-Computertechnik lag viele Jahre hinter der des Westens. Keine Überraschung. Etwas anderes hat mich aber überrascht, denn in einer anderen Hinsicht war die DDR vielen westlichen Ländern und insbesondere der BRD weit voraus. Bei der gesellschaftlichen Akzeptanz des Computers als Massenmedium. Es gibt diese frühe Informatikförderung über verschiedenste Einrichtungen, quasi staatliche Computerclubs, die Code-Verbreitung per Radio. Heimcomputer und Spiele von staatseigenen Betrieben. Von all dem war Westdeutschland damals weit entfernt. Hier fand sehr vieles im Privaten und im Verborgenen statt, was in der DDR einer sehr breiten Öffentlichkeit zugänglich war. Klar, all das folgte jetzt nicht der großen Vision von der Informationsgesellschaft, sondern rein wirtschaftspolitischem Kalkül und es diente letztlich dem Machterhalt eines totalitären Regimes, da gibt es nichts zu beschönigen. Aber im Ergebnis stand eine Offenheit und Akzeptanz für die neue Technik, die sich bei uns im Westen erst später entwickelt hat. Veraltete Computer hin oder her. Ja und was bleibt heute von dieser ganzen Industrie und von dieser Szene und den Geräten? Nun, Teile der DDR-Halbleiterindustrie haben überlebt. Aus den Ruinen der VEBs entstand im Großraum Dresden das heutige Zentrum der deutschen Halbleiterindustrie mit Werken von Global Foundries oder Infineon. Die Szene hat Entwicklerstudios hervorgebracht, Radon Labs von André Weiß flog natürlich, aber auch Jager und SEK Ost. Vor allem aber öffneten die Geräte dieser Kombinate Robotron und Mikroelektronik in Schulen, in Clubs und Kabinetten einer ganzen Generation von Spielern die Wunderwelt des Computerspiels und damit auch einen Eskapismus, der in der DDR vielleicht noch wichtiger war als anderswo. Und wir leben ja zum Glück heutzutage in einer Welt, wo es dieses Ost und West nicht mehr gibt und wo wir alle gemeinsam spielen können. Und damit ist unsere Erzählung über DDR-Computer, Heimcomputer abgeschlossen. Und wir bedanken uns bei allen Gesprächspartnern für diese Folge. Und ich, Henna, bedanke mich wie immer speziell bei dir für deine Recherche und Aufbereitung. Ich habe so viel gelernt wie noch nie und einen blinden Fleck schließen können durch diese ganze Geschichte. Vielen Dank dafür. Ist das dein Verdienst oder hat er das eh schon geplant gehabt? Hättest du nicht gefragt. Er hat das sowieso schon geplant. Wir streichen das wieder aus. Nein, alles gut. Und so erfahren diese DDR-Computer vielleicht endlich die Würdigung, die sie verdienen. Auch im Westen, auch bei uns. Sehr gut. Dann nochmal herzlichen Dank in die Runde und vor allen Dingen auch an euch fürs Zuhören. und wir hören uns in ein paar Monaten wieder bei der nächsten Folge von Stay Forever Technik. Bis dahin.