Angenommen mit einem Fingerschnippen ist nun plötzlich doppelt so groß und auch alles rundherum. Die Proportionen und die Größen zueinander sollen erhalten bleiben. Ist es überhaupt möglich, diese Vergrößerung zu bemerken, wenn doch alles in gleichem Maße gewachsen ist? Aus dem Bauch heraus würde man sagen, nein, man würde es nicht merken, weil ja relativ gesehen alles beim Alten bleibt.
Die überraschende Antwort ist aber, ja, man würde es merken und zwar sogar sehr drastisch. Warum? Das erkläre ich in diesem Video.
Außerdem erkläre ich, warum Ameisen so große Lasten schleppen können, warum kleine Säugetiere so hyperaktiv sind, große Tiere einen gedrungenen Körper haben und warum es King Kong in Wirklichkeit nicht geben kann. Das alles hängt, verblüffenderweise, über einen einzigen Mechanismus zusammen. Wie verändern sich die Eigenschaften von Lebewesen bzw. von Objekten ganz allgemein, wenn man ihre Größe ändert? Um das nachvollziehen zu können, fangen wir mit einem ganz einfachen Beispiel an, nämlich mit der Vergrößerung eines Würfels.
Nehmen wir an, der Würfel hat eine Seitenlänge von einem Dezimeter. Die Seitenflächen haben dann einen Quadratdezimeter und das Volumen beträgt einen Kubikdezimeter. Jetzt mache ich eine 3D-Zungenkopie und verdopple die Seitenlänge des Würfels. auf 2 Dezimeter. Die Seitenflächen wachsen dadurch auf 4 Quadratdezimeter an, also um den Faktor 4. Generell wachsen alle Flächen des Würfels um den Faktor 4, also auch die ganze Oberfläche.
Das Volumen wächst aber auf 8 Kubikdezimeter an, also sogar um den Faktor 8. Würde ich die Seitenlänge verdreifachen, dann wären die Seitenflächen 9 Quadratdezimeter groß und das Volumen hätte bereits 27 Kubikdezimeter. Es ist verblüffend. Und auch kontraintuitiv, aber das Volumen wächst bei Vergrößerung viel schneller an als die Flächen und diese wiederum viel schneller als die Seitenlänge.
Das, was wir uns jetzt am Spezialfall des Würfels überlegt haben, gilt für alle Formen und Objekte, als auch für Lebewesen, etwa für uns Menschen. Man kann sich ja vorstellen, dass ein Mensch aus infinitimal kleinen Würfeln zusammengesetzt ist. Und für jeden dieser winzigen Würfel gilt bei Vergrößerung das, was wir uns gerade überlegt haben.
Und deshalb gilt es auch für den ganzen Menschen. Nehmen wir an, dass ich einen Menschen auf die doppelte Größe zum kopiere. So wie in unserem Gedankenexperiment ganz zu Beginn. Eine Vergrößerung, bei der alle Proportionen erhalten bleiben, nennt man isometrisch. Alle Flächen in und am Körper des Menschen wachsen bei einer isometrischen Vergrößerung auf das Vierfache an und das Volumen auf das Achtfache.
Jetzt kommt die Biologie dazu. Wie kräftig ein Muskel ist, wird von seiner Querschnittsfläche bestimmt. Weil alle Flächen im vergrößerten Zustand viermal so groß sind, haben sich daher auch alle Muskelquerschnittsflächen vervierfacht und somit auch die absolute Kraft. Das Volumen bestimmt die Masse. Weil das Volumen im vergrößerten Zustand achtmal so groß ist, ist auch die Masse achtmal so groß.
Unter dem Strich bleibt also vierfache Kraft, achtfache Masse. Und hier liegt das große Problem. Wir sind zwar absolut gesehen viermal so stark wie vorher, aber relativ gesehen, auf die Masse bezogen, sind wir nur mal halb so stark. Die Muskeln müssen jetzt die doppelte Masse von vorhin tragen. Bewegungen der Arme und Beine werden irrsinnig mühsam.
Und diese Kraftlosigkeit würde man natürlich sofort bemerken. Fassen wir die bisherigen Erkenntnisse allgemein und etwas mathematischer zusammen. Bei der Größenveränderung eines beliebigen Objekts verändern sich alle seine Flächen proportional zu L². Die Veränderungen werden also durch ein Polynom zweiten Grades beschrieben.
Das Volumen des Objekts ist proportional zu L der dritten. Diese Veränderungen werden also durch ein Polynom dritten Grades beschrieben. Das Polynom dritten Grades steigt steiler an.
Das Volumen verändert sich daher bei jeder Änderung der Größe schneller als die Flächen. Es steigt bei Vergrößerung. schneller an, sinkt bei Verkleinerung aber auch schneller ab. Nehmen wir wieder die Person von vorhin.
Ich verdopple diesmal aber nicht ihre Größe, sondern ich halbiere sie. Sehen wir uns gleich im Diagramm an, was dabei passiert. Alle Flächen im Körper sinken auf ein Viertel ab.
Das Volumen sinkt aber stärker ab, nämlich auf ein Achtel. Weil die Masse in diesem Fall doppelt so schnell abgesunken ist wie die Kraft, ist die Person nun relativ gesehen. Doppelt so kräftig wie vorher.
Um diesen Zusammenhang besser zu sehen, zeichnen wir noch eine vierte Kurve ein. Sie stellt das relative Verhältnis von Fläche zu Volumen dar, also f durch v. Weil f proportional l² ist und v proportional l³, ist f durch v proportional 1 durch l. Man kann an dieser Kurve direkt ablesen, um welchen Faktor sich die relative Kraft verändert, wenn man die Größe l des Objekts verändert.
Sehen wir uns die beiden Fälle von vorhin an. Wenn die Person doppelt so groß ist, sinkt die Kurve auf ein Halb ab. Die Person ist dann also relativ gesehen nur mehr halb so stark.
Wenn die Person halb so groß ist, steigt die Kurve auf den Wert 2 an. Die Person ist also relativ gesehen dann doppelt so stark wie vorher. Nehmen wir jetzt eine wirklich drastische Schrumpfung vor und schrumpfen einen Menschen um den Faktor 100. Also zum Beispiel von 1,8 Meter.
auf 1,8 cm. Die relative Kraft verändert sich ja mit 1 durch L. Wenn ich eine Person auf ein Hundertstel ihrer ursprünglichen Größe schrumpfe, dann ist ihre relative Kraft um den Faktor 100 angewachsen.
Wenn wir also im normalen großen Zustand eine gleich schwere Person tragen können, dann könnten wir im verkleinerten Zustand 100 Personen tragen. Und genau dieser Effekt macht Ameisen so kräftig. Manche Ameisenarten können ihre hundertfache Masse halten. Warum?
Weil Ameisen so klein sind und deshalb ein sehr gutes Kraft-Last-Verhältnis haben. Es klingt also eigentlich nach einem ziemlich guten Deal, so klein zu sein. Die Sache hat für uns Menschen aber einen großen Haken.
Wir sind ja, wie alle Säugetiere, gleich warme Lebewesen. Unsere Körperkerntemperatur muss immer plus minus 37 Grad Celsius betragen, damit alle Funktionen optimal ablaufen können. Und in dieser Temperaturkonstanz liegt im kleinen Zustand ein großes Problem.
Die Wärmeproduktion ist von unserem Volumen abhängig, ist also proportional zu L hoch 3. Die Wärmeabgabe erfolgt aber über die Hautoberfläche, ist also proportional zu L Quadrat. Diese Kurve, die das Verhältnis F durch V angibt, zeigt uns also auch, wie groß der Wärmeverlust im Verhältnis zur Wärmeproduktion ist. Je kleiner wir werden, Desto weniger Wärme wird im Körper produziert und desto mehr Wärme geht über die Haut verloren. Im kleinen Zustand laufen wir also Gefahr zu erfrieren.
Wie machen das dann aber kleine Säugetiere? Sie sind hyperaktiv. Ihr Stoffwechsel ist viel, viel höher als der eines Menschen. Wärme ist ja salopp gesagt ein Abfallprodukt des Stoffwechsels. Und nur wenn die kleinen Säugetiere eine extrem hohe Stoffwechselrate haben, dann produzieren sie genug Wärme.
um den hohen Wärmeverlust über die Haut ausgleichen zu können. Sehr gut sieht man das an der Mauselefantkurve. Diese Kurve gibt den relativen Energieumsatz an, also die Watt pro Kilogramm Körpermasse.
Ein Mensch hat einen Grundumsatz von rund einem Watt pro Kilogramm. Eine Spitzmaus hat einen Grundumsatz von etwa 40 Watt pro Kilogramm. Sie hat, salopp gesagt, ein viel höheres Standgas. Sie muss daher auch jeden Tag ungefähr ihre eigene Körpermasse fressen.
Durch diese Hyperaktivität kann sie den hohen Wärmeverlust über die Hautoberfläche ausgleichen. Je kleiner ein Säugetier ist, desto größer ist seine Stoffwechselrate und desto schneller ist der Herzschlag. Die Truskerspitzmaus ist das kleinste Säugetier der Welt. Sie hat einen Ruhepuls von 1200 Schlägen pro Minute, also 20 Schlägen pro Sekunde.
Ihr Herz schlägt 20 Mal so schnell wie das eines Menschen. Hier sieht man die durchschnittlichen Schläge pro Minute. und die Schläge im Laufe ihres Lebens bei verschiedenen Säugetieren und beim Menschen.
Alle Zahlen sind als Richtwerte zu sehen und ich habe in der letzten Spalte auf eine Kommastelle gerundet. Ich finde es sehr faszinierend, dass alle Säugetiere im Laufe ihres Lebens auf die Größenordnung von einer Milliarde Herzschläge kommen. Nur der Mensch sticht mit 2,5 Milliarden Schlägen deutlich heraus.
Das liegt an den medizinischen Fortschritten und an den verbesserten Lebensbedingungen. Kleine Säugetiere. müssen also eine sehr hohe Stoffwechselaktivität haben, damit sie genug Wärme erzeugen, damit sie nicht erfrieren.
Deshalb haben sie eine sehr hohe Herzfrequenz. Weil aber die Anzahl der Schläge mit einer Milliarde limitiert ist, geht diese hohe Stoffwechselaktivität auf Kosten der Lebenszeit. Bleibt noch zu klären, warum es King Kong nicht geben kann.
Dieser wird in den Filmen unterschiedlich groß dargestellt, von 15 bis über 100 Meter Größe. Bleiben wir mal bei den 15 Metern. Das ist ungefähr...
10 mal so groß wie ein normaler Gorilla. Wenn ich einen Gorilla isometrisch um den Faktor 10 vergrößere, dann würde seine relative Kraft auf ein Zehntel absinken. Aber auch die Bruchfestigkeit der Knochen, die von Knochenquerschnitt abhängt, wäre ebenfalls auf ein Zehntel abgesunken. Bereits in der 15-Meter-Version könnte sich King Kong also nicht auf den Beinen halten und beim ersten Schritt würden ihm die Knochen brechen. Damit Kraft und Bruchfestigkeit im selben Maße erhalten bleiben, müsste er um den Faktor 3 stärker in die Breite wachsen.
Er müsste also wesentlich plumper und gedrungener sein. In der Natur ist das auch tatsächlich der Fall. Hier sieht man das Skelett einer Eidechse und eines Sauriers im Vergleich.
Der Maßstab wurde so gewählt, dass beide Skelette gleich groß dargestellt sind. Man sieht, dass der Knochenbau des Sauriers aufgrund der stärkeren Knochenbelastung wesentlich plumper ist. Generell sind große Tiere deutlich plumper.
Man denke nur zum Beispiel an Elefanten. Der riesige King Kong wäre extrem schwach und es würden ihm die Knochen splittern. Er würde weniger gegen Flugzeuge und Helikopter kämpfen, als vielmehr gegen die physikalischen Gesetze.