Hallo Freunde, mein Name ist Stefan mit PH und willkommen zu meiner Einführung in die Philosophie und ihre Geschichte. Thema heute, Anselm von Canterbury und der ontologische Gottesbeweis. Anselm von Canterbury gilt als letzter bedeutender Philosoph des Mittelalters, der in seinem Denken maßgeblich durch Platon beeinflusst war.
Gleichzeitig bezeichnet man ihn als Vater der Scholastik, also der systematischen mittelalterlichen Wissenschaften, in denen die Philosophie vor allem auf die Aufgaben beschränkt wurde, Widersprüche zwischen den christlichen Glaubenssätzen und früheren philosophischen Erkenntnissen zu erklären. Anselm von Canterbury wollte, dass die Christen ihren Glauben auf einer intellektuellen Ebene verstehen und versuchte aus dieser Motivation heraus zu zeigen, dass sich zentrale Inhalte des Glaubens nicht nur durch Offenbarung, sondern auch durch Vernunftgründe begreifen lassen. Das bekannteste Beispiel hierfür und gleichzeitig der Gedanke, der mit Abstand den größten Einfluss auf die Bekanntheit Anselm von Canterbury hatte, ist, ist der ontologische Gottesbeweis.
Die Argumentation dieses Beweises ist nicht ganz einfach nachzuvollziehen, wir werden später auch noch sehen wieso, ich gebe mir hier aber alle Mühe es verständlich auszudrücken. Zuerst einmal, wieso eigentlich ontologischer Gottesbeweis? Nicht an dem selbst, sondern Immanuel Kant prägte im 18. Jahrhundert diese Beschreibung, während er sich mit dem Werk des mittelalterlichen Denkers auseinandersetzte. Ontologie beschreibt in der Philosophie eine sehr weite Disziplin, in der es darum geht, das Seiende zu ordnen, einzuteilen und zu begreifen. Es geht um die Auseinandersetzung mit den Strukturen der Wirklichkeit, um Fragen von, gibt es Gott, bis was ist Materie?
Die Beziehungen der seienden Dinge zueinander werden erforscht und durchdacht, um so zu Erkenntnissen über die Welt und die Wirklichkeit zu gelangen. An dieser Art des Denkens richtet sich Anselm von Canterbury in Bezug auf seinen Gottesbeweis aus. Ein Gegenbeispiel wären zu seiner Zeit etwa Kirchenväter, deren Gottesbeweis zum Beispiel das Erscheinen eines Heiligen während einer Vision war. Anselm wollte Gott erdenken, sodass er für jeden real sein kann, nicht nur für die, denen er sich offenbart hat, da er die Bezeichnung ontologisch durch Immanuel kannte. Also gut, der ontologische Gottesbeweis.
Eigentlich hat die Argumentation nur drei grundlegende Schritte, sie setzt aber einige Dinge voraus, die wir ein bisschen weiter aufdröseln müssen. Schritt 1 des Arguments ist die Definition von Gott. Dieser wird hier in der Tradition von Augustinus als das begriffen, worüber hinaus Größeres nicht gedacht werden kann. Diese Definition ist nach Ansinnen von Canterbury für jeden begreifbar und zugänglich. Gott ist grundlegend dadurch definiert, dass es nichts Größeres gibt.
Und hier kommt noch eine Voraussetzung hinzu, die gemacht werden muss, um das Argument weiter nachzuvollziehen. Existenz gehört zur Vollkommenheit. Sie steht auf der Leiter des Seinden über Nicht-Existenz. Wenn A und B in allem gleich sind, aber A existiert und B nicht, dann ist A vollkommener als B. Okay?
Okay. Schritt 2 ist jetzt, dass der Mensch, der die beschriebene Definition Gottes verstanden hat, zumindest in seinem Denken etwas hat, worüber hinaus Größeres nicht gedacht werden kann. Gott ist, in Form dieser Definition, in seinem Kopf.
Schritt 3 ist, dass das, nach Anselm von Canterbury, nicht wirklich sein kann. Gott kann gar nicht nur als Gedanke im Kopf dieses Menschen existieren. Denn, wie wir wissen, ist Gott ja das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Sobald aber Gott in Gedanken existiert, kann man sich etwas Größeres vorstellen, nämlich Gott, der auch in der Realität existiert. Und wie vorhin gesagt, Existenz steht über Nicht-Existenz.
Gott kann also, ohne diesen Widerspruch zu erzeugen, gar nicht als nicht existierend gedacht werden. Demnach muss Gott existieren. Kann man schon einen Knoten im Kopf bekommen, oder? An dieser Stelle sollte ich vielleicht auch erwähnen, dass dieses Argument an Sinn von Canterbury's nicht unbedingt durch seine bestechende Logik, sondern vor allem als intellektuelle Herausforderung bekannt geworden ist.
Denn man merkt ja irgendwie, dass die Argumentation merkwürdig ist, aber es ist schwer genau zu sagen, wieso. Also nochmal, Existenz ist höher als Nicht-Existenz? Über Gott hinaus kann nichts gedacht werden?
Stellen wir uns Gott jetzt in Gedanken gemäß dieser Definition vor, entsteht ein Widerspruch. Denn wäre Gott bloßer Gedanke, gäbe es eben doch etwas Höheres, nämlich einen realen Gott, der nicht bloß Gedanke ist. Gott kann also nur als real existierend gedacht werden.
Wieso ist also diese Argumentation, zumindest geht es mir so, so schwer zu greifen? Generell kann man sagen, dass hier verschiedene logische Denkebenen durcheinandergeworfen werden, auf eine Art, wie man sie sich heute in keiner wissenschaftlichen Arbeit erlauben könnte. Beschrieben wurde dieses fehlerhafte Vorgehen von Immanuel Kant, seitdem der ontologische Gottesbeweis auch endgültig als widerlegt gilt.
Und zwar vermischt Anselm von Canterbury die theoretisch-analytische mit der Existenzebene. Ob Gott tatsächlich existiert oder nicht, spielt sich auf einer völlig anderen Ebene ab, als die analytische Aussage, Gott sei das, über das hinaus nichts Höheres gedacht wäre. werden könne.
Aus der analytischen Richtigkeit der Definition, diese ist theoretisch richtig, denn es gehört eben zur Definition Gottes, dass es darüber hinaus nichts Höheres gibt, lassen sich niemals Schlussfolgerungen auf einer existenziellen Ebene, sprich auf die tatsächliche Existenz Gottes schließen. Das nächste Problem ist, wie hier Existenz genutzt und begriffen wird. Existenz ist keine Eigenschaft, sondern erst die Voraussetzung für Eigenschaften.
Wir sagen ja auch nicht, es gibt das Wesen Luke Skywalker mit all seinen Eigenschaften, Nur die Eigenschaft zu existieren fehlt ihm eben. Nein, wir sagen einfach, die Vorstellung von ihm existiert, die sich irgendwer mit all den dazugehörigen Eigenschaften ausgedacht hat. Genauso können wir nicht sagen, Gott existiert mit all seinen Eigenschaften in unserem Kopf, vor allem der Eigenschaft, dass es nichts Höheres gibt.
Ihm fehlt nur die Existenz. Und dann aus einer dieser Eigenschaften von etwas, dem noch gar keine Existenz nachgewiesen ist, schließen, dass es existieren muss. Ihr merkt schon, man bekommt Kopfschmerzen, weil Anselm hier zwar ziemlich abenteuerlich argumentiert, aber doch auf so subtile Weise, dass man nicht auf Anhieb versteht, was einen eigentlich an der Argumentation stört.
Beenden wollen wir das Video mit einer Frage, denn wenn uns etwas zu dem führt, über das nichts höheres gedacht werden kann, ist es wohl die Frage. Was meint ihr also zu diesem Gottesbeweis, den ich jetzt schon ein wenig auseinander genommen habe? Könnt ihr für euch irgendwas daraus gewinnen oder hat Anselm von vorne bis hinten Quatsch erzählt? Hinterlasst mir eure Gedanken dazu in den Kommentaren und wir sehen uns das nächste Mal wieder.