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Übernahme der Credit Suisse durch UBS

. Der Bundesrat ist überzeugt, dass die Übernahme der CS durch die UBS die Grundlage für mehr Stabilität schafft, sowohl in der Schweiz als auch international. Sie sind einfach wie auf einer Schiene. Sie müssen wirklich eine Lösung finden, in kürzester Zeit. Und wenn ich zurückschaue: Es haben unheimlich viele Leute von allen Behörden da zusammengearbeitet. Ich war immer sehr ruhig. Und am Schluss hatten wir eine Lösung, Gott sei Dank, und konnten so Schaden abwenden. Eine Bank, die noch vor Kurzem über 30 Mrd. Wert hatte, hat man dann für 3 Mrd., man kann nur sagen, verscherbelt. Wenn eine Bank, wenn eine Credit Suisse die Eigenständigkeit, die Selbstständigkeit verliert, und Sie haben sich ein ganzes Leben für das eingesetzt, Sie selbst, aber natürlich auch mit Ihren Leuten, dann ist das natürlich eine Wahnsinnsniederlage. Wer ist verantwortlich für dieses Desaster? Schauen Sie, wir sind einfach eingeholt worden von Altlasten, wir sind eingeholt worden von Risiken, die sich materialisieren. Die Credit Suisse ist für ihren Niedergang verantwortlich. Es war das Verhalten der Verantwortlichen, das den Vertrauensverlust verursacht und die CS praktisch in den Konkurs getrieben hat. Herr Rohner, weshalb zahlen Sie die 52 Mio. nicht zurück? Vor 100 Jahren kamen die Leiter einer bankrotten Bank ins Gefängnis, heute kommen die Leiter einer bankrotten Bank in ein Resort auf den karibischen Inseln. In der Schweiz hatten wir fünf Grossbanken, jetzt wir noch eine. Mit Untertiteln von SWISS TXT Es ist allen, glaube ich, klar, dass die Credit Suisse die Situation, in der sie war, selbst verursacht hat - über Jahre. Das war nicht einfach ein Entscheid. Und das zeigt eigentlich, wenn eine Bank untergeht, dass der Staat dann eingreifen muss, nicht um diese Bank zu retten, das war keine Credit-Suisse-Rettung, sondern es ist nur darum gegangen, Schaden abzuwenden von der Schweiz. Es war die UBS, die die Credit Suisse gekauft, übernommen hat. Und der Staat hat garantiert mit Liquidität. Basierend auf der Notverordnung des Bundesrats können Credit Suisse und UBS ein Liquiditätshilfedarlehen in der Höhe von insgesamt bis zu 100 Mrd. Fr. beziehen. Bund und Nationalbank sprachen Liquiditätshilfen und Garantien in der Höhe von gesamthaft 259 Mrd. Fr. Ich war natürlich schockiert. Als ich die Meldung bekam, mir die Pressekonferenz mir angeschaut hatte - ich glaube, das tut einem weh. Josef Ackermann - 20 Jahre war er bei der CS in leitenden Funktionen, bevor er bei der Deutschen Bank Karriere machte und weltweit bekannt wurde. Während der Eurokrise war er ein enger Berater der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nicht nur, dass jetzt die SKA oder die CS untergeht, sondern ich denke, das ist auch ein grosser Verlust für den Schweizer Finanzplatz. Wenn man zwei grosse Banken hat in der Welt, ist das natürlich ein ganz starkes Signal. Arthur Albrecht - 30 Jahre war er ein treuer Kunde der Credit Suisse. Er ist Kleinaktionär und hat Hypotheken im Wert von mehreren Millionen Franken. Schock, Schock, schlichtweg. Ich weiss noch, ich war mit einem Kollegen verabredet und wir waren etwas trinken, da sagte ich: "Du kannst mir gratulieren, ich setzte 20'000 in den Sand." Was zwar nicht stimmt, aber für den ersten Schock schon. Arthur Albrecht verfolgt die Geschicke von Unternehmen, deren Aktien er hält, genau. Er fehlt an keiner Generalversammlung. Darf ich Herrn Albrecht bitten aus Dielsdorf. Mit grosser Wut habe ich zur Kenntnis nehmen müssen, dass man die CS an die UBS verscherbelt hat. Also, für mich ist klar gewesen, dass sich etwas zuspitzt. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass sie etwas Ähnliches machen wie dazumal bei der UBS-Rettung. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass man gleich den Hammer fallen lässt. Und noch weniger wäre ich auf die Idee gekommen, dass man hingeht und den Aktionären sagt: Man verscherbelt deine Aktien, Punkt. Die CS war eine stolze Bank. Andreas Gerber - 34 Jahre arbeitete er bei der Credit Suisse. Zuletzt leitete er ab 2020 das Firmenkundengeschäft Schweiz. Es war schon eine totale Achterbahn der Emotionen. Auf der einen Seite Erleichterung, weil es eine Lösung gegeben hat, und zwar eine Schweizer Lösung. Das war alles andere als selbstverständlich. Und auf der anderen Seite Trauer, weil für einen selbst war das ein wichtiger Teil des Lebens und das war dann weg. Ich hatte damals das Büro im Üetlihof, da waren alle Leute auf dem Gang und es war wie auf einer Beerdigung: Da haben Leute geheult, waren verzweifelt, hatten Angst. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren sehr stolz, bei der CS zu arbeiten und waren überzeugt, dass sie einen guten Job machten und machen. Und dann wird Ihnen die Realität bewusst: Wir schaffen es nicht über die Ziellinie. Aber trotzdem sind Sie froh, dass es weitergeht, das war auch für die Mitarbeiter/-innen und für die Kunden absolut essenziell, dass sie wussten, in welcher Form auch immer, es geht weiter. Zwei Jahre danach: Auf dem Credit- Suisse-Gebäude am Zürcher Paradeplatz prangt neu das Logo der Siegerin: Die UBS hat die CS geschluckt. Als CEO wurde Sergio Ermotti geholt. Es war eine grosse Ehre für mich, aber sicher auch eine Verantwortung gegenüber der Bank und den Kollegen. Und auch, wenn ich das sagen darf, gegenüber dem Finanzplatz Schweiz und unserem Land. Rund 109'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten weltweit für die neue Grossbank, schätzungsweise 10'000 weniger als bei der CS-Übernahme 2023. Die UBS verwaltet Vermögen in der Höhe von mehr als 6'000 Mrd. ¤. Heute sind wir der grösste Vermögensverwalter weltweit mit einer sehr starken Universalbank in der Schweiz. Im Februar hat die UBS einen Gewinn von über 5 Mrd. ¤ bekanntgegeben. Und: Sie will 2025 Aktien im Wert von bis zu 3 Mrd. ¤ zurückkaufen. Wir müssen noch attraktiver werden für unsere Aktionäre, so dass wir auch in einem Stressmoment in der Lage sind, wettbewerbsfähig zu sein mit unseren Aktionären. Attraktiver für die Aktionäre: Weniger Aktien bedeutet, dass der Wert der einzelnen Aktie steigt. Der Haken: Weniger Aktien bedeutet tieferes Eigenkapital. Das ist hochumstritten, denn grundsätzlich gilt: Je mehr Eigenkapital eine Bank hat, desto sicherer ist sie. Wie viel Eigenkapital die UBS künftig halten soll, darüber ist nach dem Untergang der CS eine Debatte entbrannt. Mehr Kapitalanforderungen würden nicht nur uns und unseren Aktionären schaden, sondern würden auch die Haushalte und Unternehmen kosten. Mehr Regulierung bedeutet mehr Kosten für die Konsumenten. Klar finden die systemrelevanten Banken, weniger Eigenmittel ist gut. Aber wir haben auch noch die Steuerzahler/-innen. Das sagt der emeritierte Bankenprofessor Urs Birchler. Während mehrerer Jahre vertrat er die Schweizerische Nationalbank im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht. Die Frage, die man letztlich beantworten muss, ist: Wer trägt das Risiko? Trägt die Bank das Risiko oder trägt der Steuerzahler das Risiko? Und ich bin der Meinung, das Risiko ist beim Eigentümer, d.h., also bei der Bank, und man muss aber für den Krisenfall absichern, dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler so wenig wie möglich belastet werden. Von dem Versprechen, dass der Steuerzahler oder die Steuerzahlerin nie mehr Geld in die Hand nehmen oder nie mehr garantieren muss, sind wir noch ziemlich weit weg. Wer das Risiko für die Zukunft einschätzen will, muss verstehen, was passiert ist. Das Eigenkapital spielte eine zentrale Rolle beim Untergang der Credit Suisse. Die Freiburger Ständerätin Isabelle Chassot leitete die Parlamentarische Untersuchungskommission PUK zum Ende der Credit Suisse. 14 Parlamentarier und Parlamentarierinnen aller Parteien führten während anderthalb Jahren in 45 Sitzungen 79 Anhörungen mit Behördenmitgliedern, Banken- vertretern und Expertinnen durch. Was hat Sie am meisten schockiert? Es ist das Verhalten der Banker, es sind die Boni, die sie gezahlt haben, und die Verluste, die sie gleichzeitig verzeichnet haben. Zwischen 2012 und 2022 - drei Zahlen, um das zu verdeutlichen: 31 Mrd. an Boni, 33 Mrd. an Verlusten im selben Zeitraum und 11 Mrd. an Strafen. Diese Zahlen zeigen das völlig unzureichende Management der Bank. Ende Dezember 2024 trat die PUK mit ihrem 569 Seiten starken Bericht an die Öffentlichkeit. Wir freuen uns, Ihnen unseren Bericht gemeinsam vorzustellen. Eines der wichtigsten Ergebnisse, das die PUK aufgedeckt hat, ist, dass die Credit Suisse schon lange viel zu wenig Eigenkapital hatte. Viele Leute haben auch immer gesagt, die Credit Suisse sei nicht an zu wenig Eigenmitteln zugrunde gegangen. Wenn man es genauer anschaut, war die Credit Suisse sehr wohl unterkapitalisiert. Sie hatten zu wenig Eigenmittel. Sie hatten bis Ende 2022 noch die Hälfte dessen, was sie gebraucht hätten. Urs Birchler war einer der Experten, den die Parlamentarische Untersuchungskommission beizog. Die FINMA gewährte der Credit Suisse im Jahr 2017 einen sog. regulatorischen Filter. So wirkte der regulatorische Filter: Die CS konnte zu hoch bewertete ausländische Beteiligungen mit zu tief bewerteten inländischen Beteiligungen verrechnen. Das führte dazu, dass sie die Eigenmittel ihres Stammhauses lange so ausweisen konnte, als gäbe es keine Verluste auf ausländischen Beteiligungen. Der regulatorische Filter überdeckte die reale Lage der CS AG. Wäre die Eigenmittelquote der CS AG ohne Filter publik gewesen, hätten Kapitalmärkte, Analystinnen und Analysten oder Medien eine transparentere Informationsbasis für ihre Entscheidungen gehabt. Dank des regulatorischen Filters konnte sich die Credit Suisse gegen aussen immer solvent darstellen. Wenn die Credit Suisse den regulato- rischen Filter nicht bekommen hätte, dann hätten sie, grob ab 2019, wesentlich mehr Eigenmittel haben müssen. Sie hätten Kapital aufnehmen müssen am Markt, Grössenordnung 10-15 Mrd. Und die Frage ist, ob sie das dann noch gekonnt hätten, oder ob das dann bereits zu Misstrauen geführt hätte. Der damalige Direktor der FINMA, Mark Branson, erlaubte der Credit Suisse den regulatorischen Filter. Heutige Leitung und Verwaltungsrat der FINMA äussern sich nicht dazu. Für die Credit Suisse hatte dies den Effekt, dass sie ihre Strategie nicht von Grund auf überarbeiten musste. Zudem konnte sie einen regulatorischen Filter erhalten, der später Probleme verursachte. Zu wenig Eigenkapital, von dem niemand weiss. Was die CS aber ein halbes Jahr vor ihrem Ende einholt, ist der Verlust an Vertrauen. Am 1. Oktober 2022 tweetet ein australischer Journalist: "Eine glaubhafte Quelle sagt mir, dass eine grosse internationale Investmentbank am Abgrund steht." Die Folge: Kunden ziehen Geld in Milliardenhöhe von der CS ab. Gerüchte über einen möglichen Totalausfall machten die Runde. Für mich persönlich, und ich glaube auch für viele involvierte Kollegen, war gerade dieser Oktober 2022 sehr wichtig, weil damals, eine Bankbilanz von 600 Mrd. ... ... mit 90 Mrd. Ausfluss, das ist natürlich historisch einmalig. Und das steckt uns allen bis heute, glaube ich, in den Knochen. Marlene Amstad - seit Januar 2021 präsidiert sie die Finanzmarktaufsicht FINMA, zwei Jahre vor dem Crash der Credit Suisse. Ja, die Credit Suisse ist eigentlich das erste grössere Beispiel einer neuen Epoche. Das Geld fliesst heute elektronisch ab. Da muss niemand mehr die Schuhe anziehen und zur Bank gehen und dann mit dem Bargeld wieder nach Hause gehen, das geht blitzartig. Man redet von einer Million pro Sekunde, die abfliessen kann. Da bleibt keine Bank länger liquid, wenn Sie das Vertrauen verloren hat. Man hat dann richtig gespürt, was die Reputation für eine Bank bedeutet, und was es bedeutet, wenn die Reputation angeschlagen ist. Das vergisst man immer wieder mit diesen grossen Zahlen. Am Schluss ist es halt gleich ein Bauchgefühl, das ein Kunde hat: Ist mein Geld sicher oder nicht? Wenn Sie spüren, da fliessen Milliarden aus, dann sind Sie, wie soll ich sagen, das ist ein Stresslevel mehr, wenn Sie das sehen, wenn sie merken, das Vertrauen ist nicht mehr da. Der Kunde misstraut der Bank, er zieht seine Liquidität ab. Axel Lehmann, Verwaltungsrats- präsident, und CEO Ueli Körner, beide erst kurz im Amt, reagieren nicht. Sie verweisen auf die neue Strategie, die in ein paar Wochen kommuniziert werden soll. Man hat sehr lange Unsicherheit walten lassen. Ich habe damals auch der CS gesagt: "Ihr müsst jetzt kommunizieren, weil natürlich gibt es immer rechtliche Bedenken, aber wenn es um die Existenz geht, muss man rechtliche Bedenken manchmal auf die Seite stellen. Manchmal muss man einfach sagen: "Jetzt mache ich es." Und dort muss der Chef an die Spitze und wieder Vertrauen schaffen. Was die Öffentlichkeit im Herbst 2022 nicht wusste, deckt der Bericht der Parlamenta- rischen Untersuchungskommission auf: Im Geheimen bereiteten sich Nationalbank, Finanzmarktaufsicht und Finanzdepartement bereits auf ein mögliches Ende der Credit Suisse vor, sechs Monate vor dem Zusammenbruch. Ein Element hat mich überrascht: Der Ausschuss Finanzkrisen wurde ab Oktober 2022 in den Krisenmodus versetzt und es gelang in dieser Zeit nicht, die Situation zu stabilisieren oder eine Lösung zu finden. Eine Lösung wurde erst während der dramatischen fünf Tage im März gefunden. Die Situation ist so gravierend, dass die FINMA eine sog. Sanierung der Bank vorbereitet. Sanierung heisst u.a., die FINMA setzt die Führung der Bank ab und ernennt selbst eine Führung. Eine Sanierung heisst insbesondere, dass es immer noch eine internationale Bank gewesen wäre, geblieben wäre, die Credit Suisse. So eine Sanierung ist kein Zahnarztbesuch, sondern das ist eine Herzoperation. Bis jetzt hat das im Fall einer global systemrelevanten Bank noch niemand wirklich durchgeführt. Aus dem Grund haben wir, die FINMA, nachdem wir den grössten Bank Run der Geschichte gehabt haben, im Oktober 22, eine Übung durchge- führt mit unseren Partnerbehörden, also v.a. USA und Grossbritannien, natürlich auch unseren Partnern hier in der Schweiz. Wir haben mit den effektiven CS-Bilanzzahlen die Sanierung geübt. Das ist auch etwas, das unter höchster Vertraulichkeit stattgefunden hat. Man kann durchaus auch sagen, dass es beachtlich ist, dass es da in keiner Art und Weise ein Leak gegeben hat. Das wäre ziemlich dramatisch gewesen, wenn man irgendwie erfahren hätte, dass die FINMA zusammen mit anderen ... ... diese Sanierung vorbereitet und testet. Eine Sanierung, das ist eines der Szenarien des Too-Big-to-Fail-Regelwerks. Es wurde nach der Finanzkrise 2008 international eingeführt, um systemrelevante Banken im Krisenfall zu stabilisieren. Doch das ist nicht alles: Die PUK deckte die sog. Non-Meetings auf. Bundesrat Ueli Maurer und Nationalbankpräsident Thomas Jordan trafen sich mit CS-Verwaltungs- ratspräsident Axel Lehmann, informell und ohne Protokoll. Keiner der Involvierten will sich im Film äussern. Marlene Amstad war dreimal eingeladen, sah die Treffen aber kritisch - gegenüber der PUK sagte sie: "Ihr seien diese als Meetings beschrieben worden, die in keiner Agenda stünden, nicht protokolliert würden und nie stattgefunden hätten." "Sie habe auf die geregelten Austauschgefässe der Behörden verwiesen und die fehlende Schriftlichkeit als problematisch erachtet." Es war ja schon so, als ich noch nicht im Finanzdepartement war, im Herbst 2022, als mein Vorgänger in den Bundesrat kam und diese Probleme, die Liquiditätsprobleme angesprochen hat, die Kapitalabflüsse. Da ist allen Mitgliedern des Bundesrats klar gewesen, dass es Probleme gibt. Man hat dann aber gesagt, es habe sich beruhigt, es habe sich stabilisiert, die Bank werde sich aus eigener Kraft wieder aus dem heraus aufstellen können. Ende Oktober ist es endlich so weit: Die Credit Suisse kommuniziert. Eine neue Strategie, deren Eckpunkte: Umbau des Investmentbanking, zusätzliches Eigenkapital, aber auch ein massiver Stellenabbau. Was wir heute machen, ist nicht einfach nochmal etwas reorganisieren, sondern wirklich fundamental die Weichen für die Zukunft stellen, so dass wir eine viel bessere Balance haben. Wie Sie sagen, es ist ein grosser Tag und wir freuen uns. Es ist auch ein grosser Tag für alle unsere Mitarbeitenden. Wir zeigen heute, was die neue Credit Suisse ausmacht. Es wird eine einfachere, stabilere und fokussiertere Bank sein in Zukunft. Tobias Straumann ist Professor an der Universität Zürich. Der Wirtschaftshistoriker forscht zu Geld- und Finanzgeschichte, besonders Finanzkrisen. Die neue Strategie kam sicher viel zu spät, zweitens war sie viel zu kompliziert und unverständlich. Und man muss nur den Aktienkurs anschauen nach der Bekanntgabe dieser neuen Strategie sank er um 18 %. Im Hintergrund laufen die Non-Meetings zwischen Ueli Maurer, Thomas Jordan und Axel Lehmann weiter. Mangelnde Verbindlichkeit der Non-Meetings habe aus Sicht der FINMA-Präsidentin dazu geführt, dass der Verwaltungsratspräsident der CS sich in seiner unrealistischen Einschätzung eher bestätigt fühlte. Die PUK kritisiert einerseits, dass die Ergebnisse dieser Treffen nicht protokolliert wurden und andererseits, dass die Informationen nicht an die Behörden weitergeleitet wurden, die gleichzeitig an Lösungen für die Krise arbeiteten. Und noch mehr: Seine Bundesrats- kollegen informierte Finanzminister Ueli Maurer laut PUK über die Situation der CS aus Angst vor Leaks nur mündlich. Gegen aussen beruhigte er. Ich bin der Meinung, dass die CS die Kurve schaffen wird. Für die Schweiz ist es sehr wichtig, dass wir zwei grosse Banken haben, für den Schweizer Finanzplatz. Und wenn sie es nicht schafft, die Kurve zu nehmen? Können Sie sich eine zweite Rettung einer Grossbank vorstellen? Das ist im Moment keine Perspektive und kein Diskussionsgrund, nein. Die CS hat jetzt Massnahmen gemacht, um das Problem selbst zu lösen. Man muss sie jetzt einfach ein, zwei Jahre in Ruhe lassen. Die Non-Meetings gingen weiter, das letzte fand am 29. Dezember 2022 statt. Und dann natürlich, ganz schlimm, als Ende Jahr auch die Liquiditäts- problematik aufgetaucht ist. Also spätestens da hätte man sagen müssen: "Jetzt muss man aggressiv handeln." Ich weiss, dass auch teils Vertreter des Bundesrats sagen: "Aber man kann doch nicht eingreifen in eine Bank." "Lasst die doch machen, die wissen schon, das kommt schon gut." Und, ich glaube, da muss man sich schon fragen, ob wir damals nicht zu nett gewesen sind. Und halt ganz massiv, auch Gespräche führt und sagt: "So, entweder oder!" Da geht es ums Land, da geht es nicht mehr um eine einzelne Bank. Und ich glaube, da hätte ich mir etwas mehr Mut gewünscht. Spärlich hielt Ueli Maurer auch die Information seiner Nachfolgerin im Finanzdepartement bei der Übergabe am 19. Dezember. Hoi Ueli. Mit so vielen Kameras wird das wohl zu einem offiziellen Akt. Vielen Dank, Ueli. Banknoten hört man nicht. Laut Bundesrätin Karin Keller-Sutter erhielt sie keine schriftlichen Unterlagen der CS. Der damalige Vorsteher des EFD habe die Lage der CS als stabil bezeichnet. Brisant: Bundesrätin Keller-Sutter wollte direkt nach der Departements- verteilung vom 8. Dezember die FINMA-Präsidentin treffen. Bundesrat Maurer lehnte ein Treffen zwischen ihr und der Verwaltungsrats- präsidentin der FINMA jedoch ab. Verheerend: Karin Keller-Sutter weiss zu diesem Zeitpunkt nicht, was im Hintergrund läuft. Die Finanzministerin äussert sich heute nicht zu ihrem Vorgänger. Wir weisen darauf hin, dass der Bundesrat als Kollegium, unserer Ansicht nach über die ernste Lage, in der sich die Credit Suisse zu diesem Zeitpunkt befand, hätte informiert werden müssen. Es schien uns, dass es hier wirklich einen Informationsmangel gab, der zur Verschärfung der Situation beitrug, Die Bank war selbst für ihre Situation verantwortlich. Es geht unserer Ansicht nach auch darum, die Koordination, den Informations- austausch und die Zusammenarbeit zwischen dem Eidgenössischen Finanzdepartement und der SNB sowie der FINMA zu verbessern. Sie arbeiten auf der Grundlage eines Memorandum of understanding, das unserer Meinung nach überprüft werden sollte. Die neue Finanzministerin will die Credit-Suisse-Spitze treffen. Ein Treffen kommt nicht zustande. Per Zufall begegnen sich Karin Keller-Sutter und Axel Lehmann am Rande einer Konferenz. Ich habe ihn gefragt, wie es der Credit Suisse geht und was er sich vorstellt, was der Staat oder die Nationalbank allenfalls machen müssten. Er sagte, es gehe ihnen gut und es sei so, dass sie keine staatliche Unterstützung brauchten. Danach gab es kein Treffen mehr. Offensichtlich war es nicht möglich, dass der damalige CEO und der damalige VRP der Credit Suisse ein Zeitfenster gehabt hätten, das ihnen gepasst hätte, um zu mir kommen zu können. Der nächste Kontakt findet erst zwei Monate später statt, vier Tage vor dem Crash. Anfang März geraten US-Banken ins Trudeln: Kunden der Silicon Valley Bank ziehen in Scharen ihr Geld ab. Am 13. März bricht die Bank zusammen. Längst hat sich Unsicherheit in Europa ausgebreitet. In der Schweiz greift die Panik auf die Credit Suisse über. Sie erwarten Massnahmen. Was tun wir, was passiert jetzt? Was macht der Bund? Was macht die Eidgenossenschaft? Was machen Sie als Bank? Was kommt aus dem Verwaltungsrat? Man hat einfach keine Information mehr bekommen. Es lief nicht mehr viel diesbezüglich, dass man hätte sagen können: "Ja gut, jetzt kommt Plan B oder Plan C." Die Aktie der Schweizer Grossbank Credit Suisse befand sich heute im freien Fall. Am 15. März schliesst der Präsident der Saudi National Bank, Hauptaktionärin der CS, weitere Investitionen in die Bank kategorisch aus. Die Antwort ist klar Nein. Gegen aussen beruhigen die Behörden am 15. März. "Die Credit Suisse erfüllt die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität." Als dann leider die Nationalbank und auch die FINMA noch sagten, Liquidität und Kapital seien in Ordnung -, stimmte wahrscheinlich auch, will ich gar nicht hinterfragen -, aber die Finanzmärkte glaubten es nicht mehr. Im Hintergrund setzen FINMA, SNB und Finanzdepartement Druck auf. Doch der Ernst der Lage scheint der CS noch immer nicht klar, laut PUK. "Die Vertreter der Bank hätten einen grossen Mangel an Urteilsvermögen an den Tag gelegt." "Die Behörden hätten der CS deshalb klar kommuniziert, dass der Verkauf der Bank an die UBS die angepeilte Lösung sei und die CS sich entsprechend vorbereiten müsse." Als dann die nächste Welle kam, als Liquidität in grösstem Ausmass abgezogen wurde, ging es um Stunden, man konnte nicht mehr viel machen. 19. März 2023 übernimmt die UBS die Credit Suisse. Der Bundesrat bedauert auch, dass die Bank, die einst ein Vorzeigeinstitut der Schweiz und Teil unseres starken Standorts war, überhaupt in diese Situation kommen konnte. Ich möchte allen Beteiligten für die unglaublich harte Arbeit und die hervorragende Zusammenarbeit in den vergangenen Tagen danken. Gleichzeitig möchte ich all unsere neuen Kunden und Kollegen in aller Welt herzlich willkommen heissen. Die Lösung - bis heute ist man sich darüber nicht einig. Es war einfach die Lösung, die in dem Umfeld, in dem wir waren, noch die Beste war unter allen schlechten Lösungen. Uns allen war klar, dass das die Volkswirtschaft Schweiz hätte erschüttern können, das hätte grosse Schäden für die Bürger/-innen bedeuten können. Es hätte auch eine internationale Finanzkrise auslösen können. Nachdem eine andere Lösung zur Verfügung stand, war es Pflicht der Behörden, die Lösung zu treffen, die am ehesten stabilisiert. Wir sagten immer, dass, wenn sich die Banken finden, sich die UBS und die Credit Suisse finden, dass das eine Variante ist, die weniger Risiken hat. Wenn sie sich nicht finden, dann sind wir bereit für eine Sanierung und auch dazu, entsprechende Massnahmen vonseiten der Aufsichtsbehörde zu ergreifen. Sanierung wäre eine Möglichkeit gewesen. Arthur Albrecht hätte sich eine andere Too-Big-to-Fail-Variante gewünscht. Auf beides hatte sich die Schweiz nach der UBS-Rettung vorbereitet. Man hätte diese Bank retten und sagen können: "Jetzt machen wir das, was mal geplant war." "Wir machen eine schweizerische CS, fertig, und hacken den ganzen Auslandteil raus." Es war früher geplant, so etwas zu bauen, das hätte funktioniert. Too-Big-to-Fail-Lösung, da gibt es zwei Varianten: Die Sanierung, bei der das inter- nationale Geschäft weiter existiert. Oder den Konkurs, wo der grosse internationale Dampfer Credit Suisse untergeht und nur das Schweizer Beiboot zu Wasser gelassen wird und nur das Schweizer Geschäft überlebt. Beides, Sanierung und Konkurs, ist im Too-Big-to-Fail-Rahmen drin. Ich habe Verständnis, dass man die Too-Big-to-Fail-Regulierung nicht angewendet hat, weil sie noch nie ausprobiert wurde. Immer der erste Staat, der das ausprobiert, muss vielleicht rausfinden, dass es nicht funktioniert. Es ist ein absolutes Privileg und eine einmalige Situation, dass man eine Schweizer Bank, die UBS, hatte, die von der Grösse, Professionalität und Erfahrung her in der Lage war, einstehen und die CS retten konnte. Es ist natürlich schwierig, wenn der Hauptmitbewerber, mit dem man jahrelang als Konkurrent unterwegs war, sie jetzt retten muss, das ist natürlich kein Ruhmesblatt. Es ist natürlich schlecht und schade, dass ein ganz wichtiger Player nicht mehr auf dem Markt ist und damit der Wettbewerb eindimensionaler wird. Ich bin der Meinung, dass man die SKA oder die CS hätte erhalten sollen. Ich höre jetzt viele Klagen aus der Schweizer Wirtschaft, dass die Krediterhältlichkeit nicht mehr so gut sei. Natürlich hat sich auch die Preisgestaltung verändert. Von mir aus gesehen wäre es eine sinnvolle Variante gewesen, wenn man die CS auf Zeit gestützt hätte und dann irgendwann den staatlichen Anteil wieder verkauft hätte. Das sieht auch Tobias Straumann so. Doch nur schon das Wort Verstaatlichung löst bei vielen Unbehagen oder gar Panik aus. Die Leute denken, dass dann der Bundesrat die Bank führen müsse. Vollkommen falsch: Es braucht keine Vollverstaat- lichung, keine staatliche Aufsicht. Man muss eine Teilverstaatlichung machen, so wie 2008 bei der UBS. Das war de facto eine Teilverstaatlichung, weil sich die Eidgenossenschaft mit einer Wandelanleihe beteiligt hatte. Ich weiss nicht, ob diejenigen, die sagen, eine Verstaatlichung der CS wäre richtig gewesen, sich vorstellen können, was das bedeutet. Es ist keine Regionalbank, sondern wir reden von einer global tätigen, systemrelevanten Bank, die international in Dutzenden von Ländern investiert war. Und wenn jetzt der Staat die Bank übernommen hätte, wenn Sie heute die Prozesse sehen, die die UBS anstelle der Credit Suisse führen muss, die Rechts- und Finanzrisiken, die man übernommen hätte - das wäre die schlechteste von allen Lösungen gewesen. Wer verstehen will, weshalb die Credit Suisse unterging, muss zurückschauen. Woran ist die Credit Suisse gescheitert? (Ackermann) Am Bemühen, sich mit den ganz Grossen messen zu können und damit Risiken einging, die aufgrund der Ertragsstruktur und der Ertragsqualität der Bank nicht mehr verkraftbar waren. 167 Jahre Credit Suisse: Von Anfang an war sie eine Unternehmerbank, die das Risiko nicht scheute. Mir war die Schweiz immer zu klein, darum haben wir einen grossen Teil unseres Geschäfts im Ausland. 1988 erwirbt die Credit Suisse unter Rainer E. Gut die US-Investmentbank First Boston, hier beginnt das Problem: Es wird nie gelingen, aus den beiden Geldhäusern eine Bank zu formen. Ich weiss, wie Herr Gut uns gesagt hatte: "Ihr führt die SKA und First Boston ist meine Sache." Man integrierte das nie richtig und liess sie immer so ein Eigenleben leben. Investmentbanken, anders als Geschäftsbanken, die Kundeneinlagen entgegennehmen, verdienen sie Geld mit Börsengängen, Fusionen oder Wertpapierhandel. Hochspekulative Geschäfte locken mit riesigen Gewinnen oder gigantischen Verlusten. Schweizer Vermögensverwalter hier, angelsächsische Investmentbanker dort. Adam Gishen war unter CEO Tidjane Thiam fünf Jahre bei der Credit Suisse. Er war persönlicher Berater, zuständig für die Beziehungen zu Grosskunden und Medien. Es ist ein völlig anderes Geschäft. Sie schauten nicht unbedingt auf die Vermögensverwaltung herab. Es war eher: "Ihr kümmert euch um wohlhabende Kunden, wir handeln mit grossen Hedgefonds und Geldmanagern der Wall Street." Es gab kaum Synergien zwischen diesen beiden Geschäftsbereichen. Dann kam die ganze Bonuskultur hinein. Wenn natürlich im grösseren Investmentbanking die Bonuskultur so wichtig wird, sagen die anderen Bereiche: "Wir wollen hier auch mitmachen, es ist ja nicht richtig, dass nur die einen so viel verdienen." 1996 verlässt Josef Ackermann die CS, weil Rainer E. Gut das internationale Geschäft in die Hände der Investmentbanker legt. Ich hätte zwar das Investmentbanking führen sollen, aber mir war das ungeheuer. Ich habe davor gewarnt, dass das in die falsche Richtung geht, und es hat sich dann auch gezeigt. Auch der nächste CEO, McKinsey-Berater Lukas Mühlemann, baut das Investmentbanking aus. 2000 kauft die CS das Brokerhaus Donaldson, Lufkin & Jenrette und wird zur drittgrössten Investmentbank an der Wall Street. Damit verstärken wir unsere Position im Investmentbanking. Die viel zu teuer gekaufte Invest- mentbank ist eine der Altlasten, die die Credit Suisse bis an ihr Ende beschäftigen werden. 2007 wird der Amerikaner Brady Dougan CEO. Mit ihm ist nun sogar ein Investment- banker an der Spitze der Bank. Unter ihm gehen die Lohnexzesse richtig los. 2009 bezieht er ein Gehalt von 20 Mio. Fr. Konkurrentin UBS gerät während der Finanzkrise wegen ihrer Investmentbank ins Straucheln. Sie muss im Oktober 2008 mithilfe des Staates gerettet werden: Sie ist Too-Big-to-Fail, zu gross zum Scheitern. * Bedrohliche Klänge * Mit ihrer masslosen Gier haben die Investmentbanker die Weltwirtschaft nahe an den Abgrund gebracht. Wenn die UBS damals nicht durch Staatshilfe stabilisiert oder gerettet worden wäre, dann hätte es die CS auch erwischt. In dem Sinn hat sie indirekt enorm von der Staatshilfe profitiert. Ich glaube tatsächlich, dass 2008 ein Schlüsselereignis war. Die CS hatte damals das Gefühl, man müsse grundsätzlich nichts ändern, während die UBS von da an viel weniger riskant unterwegs war. 2011 wird Urs Rohner Verwaltungsratspräsident. Die Investmentbank reduzieren, wie das die UBS nun macht, ist kein Thema. Sie müssen Bankrisiken verstehen, ins Lernen investierte ich viel in den letzten sieben Jahren. Brady Dougan kann das Investment- banking ungestört weiterbetreiben. Unter der Führung von Brady Dougan und Verwaltungsratspräsident Urs Rohner produziert die CS Skandale, sinkende Gewinne und hohe Kosten. 2015 tritt Brady Dougan ab. In acht Jahren verdiente er 160 Mio. Fr. Sein Nachfolger ist Versicherungsmann Tidjane Thiam. Jetzt erst will die CS sdas risikoreiche Investmentbanking zurückfahren. Seine Strategie war, alles zu verschlanken, Vermögensverwaltung und Investmentbanking zusammenzulegen und weniger mit Handel, Verkauf und Trading zu verdienen. Es ist natürlich kein gutes Geschäft, diese Ressourcen in die Vermögensverwaltung zu verlagern. Es gab sehr grosse Verluste auf Positionen, von denen er nichts wusste, Positionen, von denen niemand wusste und auf denen zu viel Risiko eingegangen wurde: "Oh, sorry, wir haben gerade 1 Mrd. ¤ verloren." Das ist bei der Credit Suisse viele, viele Male passiert. Und natürlich verloren Investoren, Gläubiger, Einleger die Geduld. Unter Tidjane Thiam gehen die Skandale weiter. Er bringt die Bank zwar wieder in die Gewinnzone, doch 2020 muss er wegen einer Überwachungsaffäre zurücktreten. Ein Kadermitglied wurde nach seinem Abgang ausspioniert. In seinen fünf Jahren bei der Credit Suisse kassierte Tidjane Thiam rund 60 Mio. Fr. Neuer CEO wird Thomas Gottstein. Die Skandale gehen weiter. Im März 2021 bricht der Hedgefonds Archegos von Bill Hwang zusammen. Die CS macht einen Verlust von über 5 Mrd. ¤. Wenige Wochen später geht der Lieferkettenfonds Greensill Konkurs. Die CS muss 10 Mrd. ¤ einfrieren. * Unruhige Klänge * Archegos war der absolute Killer für mich. Man kann nicht 5 Mrd. Fr. verlieren und Business as usual machen, vielleicht, wenn man JPMorgan ist, nicht, wenn man Credit Suisse heisst. An der Generalversammlung 2021 tritt Urs Rohner zurück. Wir haben unsere Kund/-innen, aber auch unserer Aktionär/-innen enttäuscht. Dies leider nicht zum ersten Mal, dafür entschuldige ich mich. In seiner Zeit als Verwaltungsrats- präsident hat Urs Rohner über 50 Mio. Fr. kassiert - im Film will er sich nicht äussern. Vor zwei Jahren fragte SRF Urs Rohner, ob er seine Entschädigung zurückzahlen würde. Eine Antwort blieb er schuldig. Heute, hier und jetzt, haben wir in der Schweiz die Situation, die Gesetzgebung ist so, dass der Bundesrat nur bei systemrelevanten Banken und nur wenn man staatliche Beihilfe benutzt hat, die Boni beschränken kann. Wir wollen das gerne ändern. Wir wollen das v.a. für die systemrelevanten Banken ändern und für den Fall, wenn eine systemrelevante Bank Verlust macht. Für diese Zeit wäre es angemessen, denken wir, dass die Aufsichtsbehörde ins Boni-System eingreifen kann, genauso parallel bei den Dividenden. Hat die FINMA ihre Möglichkeiten ausgeschöpft? Warum griff sie bei der Credit Suisse nicht mit Berufsverboten ein? Im Credit-Suisse-Fall hat die FINMA geltend gemacht, sie hätten zu wenig Kompetenzen gehabt. Aber eigentlich haben sie e i n e relativ scharfe Kompetenz: Sie können nämlich den Beteiligten die sog. Gewähr für einwandfreie Geschäftsführung entziehen. Das ist eine massive Drohung und die FINMA hat davon keinerlei Gebrauch gemacht. Die FINMA führte acht Enforcement- Verfahren gegen Mitarbeitende durch. Am Ende der drei bis heute abgeschlossenen Fälle sprach sie keiner bei der CS tätigen Person die Gewähr ab und verhängte kein Berufsverbot. Es ist nicht verständlich, weshalb dies nie geschah und warum nie ein Verfahren eingeleitet wurde. Die Hürde für einen Gewährsentzug ist im momentanen gesetzlichen Rahmen sehr hoch. Was es dazu braucht, ist ein direkter, kausaler Zusammenhang zwischen einer Person und einer Aufsichtsrechtsverletzung. Das ist etwas, das sehr schwierig zu erfüllen ist. Diesen direkten kausalen Nachweis zu erbringen, ist in einem Senior-Manager-Regime. einfacher. Der Bundesrat sagte, dass es möglich sein muss, Bonuszahlungen rückfordern zu können, sog. Clawbacks. In dem Moment, in dem Sie wissen, wer welche Entscheide fällt und verantwortet, können Sie auch Bonuszahlungen zurückfordern. Die UBS hat eine Bilanzsumme von rund 1'500 Mrd. Fr. - fast doppelt so viel wie das Schweizer Bruttoinlandprodukt. Kein Land hat eine Bank dieser Grösse im Verhältnis zur Volkswirtschaft. Die UBS könnte die Schweiz in den Abgrund reissen, so die Befürchtung, wenn sie gerettet werden müsste. Ich hoffe, dass sich diese Frage nie stellt. Darum sage ich eben, wir müssen alles vorkehren, dass die UBS eben nie in diese Schwierigkeit hineinkommt. Arthur Albrecht ist jetzt Aktionär der UBS, glücklich ist er nicht. Wenn jetzt der UBS etwas zustösst, was passiert dann? Der Staat kann die nicht mehr halten, auf gar keinen Fall. So viel Geld hat er nicht. Was machen Sie dann? Was denken Sie? - Pf. Dann gibt es eine Wirtschaftskrise, schlichtweg. Eine Wirtschaftskrise - und zwar nicht nur in der Schweiz. Die UBS ist überall ein wenig drin. Das gibt einen Riesenknall. Haben Sie Angst vor so etwas? - Ja, das gebe ich offen zu. Teilweise verstehe ich diese Angst und diese Problematik. Aber diese Thematik wird portiert durch eine Propaganda von Leuten, die einfach ideologische Ziele erreichen wollen. Die Tatsache ist, dass die UBS nicht gerettet werden will. Die UBS ist heute fähig, durch ihre Kapitalstärke und ihr Geschäftsmodell ohne Schaden für Steuerzahler und Schweiz liquidiert zu werden. Die Frage nach der Sicherheit der UBS ist zentral. Konkret: Wie viel Eigenkapital soll sie halten? Darüber wird jetzt gestritten. Sie ist auch die einzige grosse Bank in der Schweiz. Sie ist v.a. im Anlagegeschäft tätig, wo Kapital eine vertrauensbildende Rolle spielt und sie ist so ein integraler Bestandteil dieser Volkswirtschaft, wenn sie scheitert, wird die Schweiz massiv darunter leiden. Darum müssen alle verstehen, dass man auch das Kapital etwas aufstocken muss. Eine systemrelevante Bank sollte so viele Eigenmittel haben, dass das Risiko für den Bund, helfen zu müssen, praktisch null ist, d.h., sicher das Doppelte der heutigen Eigenmittelniveaus. Man könnte, gemessen an der Gesamtbilanz, gut 30-40 % Eigenmittel verlangen. Wir sind sehr gut kapitalisiert mit mehr als 14 % Eigenkapitalquote. Wir brauchen nicht mehr Kapital. Die Qualität des Kapitals ist viel wichtiger als mehr Kapital. Die heutige Kapitalregimes in der Schweiz sind schon die höchsten. Und die UBS ist de facto mit der heutigen Regulierung nach der Akquisition der Credit Suisse die Bank, die die höchsten Minimum- kapitalanforderungen hat, weltweit. Die UBS vertritt ihre Interessen. Aber ich als Vorsteherin des Finanzdepartements habe eine andere Rolle. Ich muss dafür sorgen, dass, wenn es hart auf hart käme, nicht die Steuerzahler/-innen die Rechnung zahlen müssten. Wir sind in einem Riesendilemma. Das Erste, was man sich eingestehen muss, ist, dass man keine Regulierung, keine Aufsichtsbehörde finden wird, die eine Finanzkrise verhindern kann. Wir haben ein sehr instabiles globales System und die UBS ist Teil davon - das ist ein Risiko. Die Frage ist nur, abgesehen von diesen Regulierungsfragen, etwas mehr oder weniger Eigenkapital ... Die grundsätzliche Frage, die sich Bundesrat, Parlament und vielleicht eine Volksabstimmung stellen muss, ist: Wollen wir dieses Risiko oder nicht? Würde die Schweiz die Eigenkapital- quoten viel höher ansetzen, wird spekuliert, könnte die UBS ihren Sitz ins Ausland verlegen wollen. Wenn die Schweiz ein führender globaler Finanzplatz sein will, braucht es eine Bank, die diese Rolle aus der Schweiz spielt. Die Schweiz hat eine starke Wirtschaft und zu dieser Wirtschaft gehört eine starke Kreditnachfrage und ein starkes Angebot an Ersparnis. Und es wird immer eine Bank oder mehrere Banken geben, um den Markt zu bewirtschaften. Das ist eine fette Wiese, auf der man weiden kann, auf der es immer genug Konkurrenten geben wird. Dann ist es bei dieser Gefahr, dass eine UBS ins Ausland abwandert, vielleicht auch so wie bei vielen Beziehungen: Eine Trennung tut beiden Seiten weh, aber manchmal ist es für beide besser. Was muss die UBS aus der Credit-Suisse-Krise lernen? Nicht nur die UBS, sondern das ganze Bankensystem, das ganze Finanzsystem muss einfach lernen und zur Kenntnis nehmen, dass es immer wieder zu Krisen kommen kann. Und einfach auch das Verständnis haben, dass ihre Geschäftstätigkeit auch ein Risiko für andere sein kann. Und dass deshalb der Gesetzgeber, nicht aus Bosheit, sondern aus Verantwortung, eingreifen und die Risiken begrenzen können muss. Jede Krise ist anders und die nächste wird wahrscheinlich Ursachen haben, die wir heute noch nicht einmal erahnen können. Nun muss aber die gesamte Analyse wirklich detailliert berücksichtigt werden, ohne sich von einem allfälligen Lobbying der Banken beeindrucken zu lassen. * Sanfte Klänge * SWISS TXT / Accessibility Services Roger Schmid, Michaela Hoss - 2025