Seltsame Perücken, Männer in hohen Schuhen, lächerlich pompöse Paläste und Kirchen und irgendwie von allem zu viel. Das ist Barock. Eine seltsame Epoche zwischen Tod, Krankheit und Krieg und extremen Partys, Überfluss und Genuss.
Aber nur für die Reichen. Die anderen, die sind einfach gestorben. Ja.
Der 30-jährige Krieg und Pestpandemien. Ich erinnere mich noch an eine Zeit, dass Pandemie ein Begriff aus den Geschichtsbüchern war. Also ja, der 30-jährige Krieg und Pestpandemien haben weite Teile Europas leergefegt. Da wurden ganze Landstriche ausgerottet. Alle tot.
Und worum ging es? Na wie immer um Macht. Aber der vorgeschobene Grund, das war der Glaubenskrieg zwischen Protestanten und Katholiken.
Ziemlich heftige Zeiten. Hat auch dem letzten Deppen klar gemacht, dass das Leben vergänglich ist. Die einen stürzen sich also voll in den Genuss, feiern bis der Sensenmann kommt und die anderen, die legen den Finger in die Wunde und meditieren über die Vergänglichkeit. Aufgeheizte Stimmung also.
Emotionale Zeiten. Und so sucht die Musik nach Mitteln, diese starken Emotionen auszudrücken. Die unterkühlte, auf mathematischen Prinzipien und der kosmischen Ordnung folgende Musik der Renaissance reicht da nicht mehr aus.
Die Komponisten brechen aus. Die Lösung? Barock in der Rockband oder so ähnlich. Ja, ja, es gibt da schon viele Gemeinsamkeiten. Die Kombination der Instrumente und Kompositionstechnik erinnert stark an eine Rockband.
Ein Bassinstrument, das die Grundlage bildet, verbindet sich mit einem Instrument, das Akkorde spielt. Diese begleiten eine Gesangsstimme oder Melodieinstrumente. Die Grundlage dafür bildet die Continuo-Gruppe, die sozusagen aus einem Liedschied musiziert. Dieses heißt im Barock Generalbass. Eine bezifferte Bassstimme, die genau vorschreibt, welcher Akkord wann zu spielen ist.
wie bei einem Liedschied. Die Violine steigt in ihrer Bedeutung auf und wird zur Liedgitarre und wozu das alles? Die einzelnen Melodiestimmen ob gesungen oder gespielt tritt in den Vordergrund, was für uns heute völlig normal ist, aber damals eine riesige Revolution war. Bis dahin war das mehrstimmige gleichberechtigte Nebeneinander vieler Stimmen die Regel.
Nun übernimmt eine einzelne Stimme und tritt in das Scheinwerferlicht. Was für Möglichkeiten, Gefühle und Gedanken auszudrücken, in einer nie dagewesenen Klarheit und Intensität. Diese neue klangliche Dimension ermöglichte es nun der Musik dramatisch auf die Bühne zu kommen.
Menschliche Gefühle konnten plötzlich über Musik vermittelt werden. Die Oper, eine Verbindung von Musik, Tanz, Gesang, Bühnenbild und Special Effects. Die erste war wahrscheinlich Orfeo von Claudio Monteverdi.
Die Geschichte von Orpheus, der hinabsteigt in die Unterwelt, um seine Liebste von den Krallen des Todes zu befreien, geht natürlich nicht gut aus. Also die Tatsache, dass heute Künstlerinnen mit ihren Songs ihre Seele öffnen können und euch erreichen können, das haben wir den Barockkomponisten zu verdanken. Danke, gut gemacht.
Es gab eine Explosion der musikalischen Stile. Jetzt, wo die Kirchen sich nicht mehr ganz so in die Politik einmischten, Konnte auch Musik außerhalb der Kirche erfolgreich sein? Eine sehr coole neue Idee kommt auf.
Wie wäre es, wenn man alle Streichinstrumente und alle Blasinstrumente als eine eigene Gruppe behandelt? Tada! Ein Orchester entsteht.
Und das erfolgreichste Genre ist das Concerto, heißt übersetzt Wettstreit. Ein Wettstreit zwischen verschiedenen Solisten und dem Orchester. Super bekannt ist zum Beispiel das hier. Die vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi.
Da siehst du, Barockmusik lebt von Kontrasten, der Unterschied zwischen laut und leise, weich und hart, Solist und Orchester. Die wichtigste Figur des Barock ist zweifelsfrei Johann Sebastian Bach, vielleicht der größte Komponist, der je gelebt hat. Erkennst du auch daran, dass mit seinem Tod die Epoche zu Ende geht, 1750. Jeder, wirklich jeder, kennt irgendeine Melodie, ein Stück oder ein ganzes Werk von ihm. Wie wär's zum Beispiel damit? Am berühmtesten ist Bach für sein umfangreiches Kantatenwerk.
Das ist sowas wie eine Miniaturoper für den Gottesdienst, nur eben nicht 3 Stunden lang, sondern so 20 oder 30 Minuten. Ansonsten aber recht ähnlich aufgebaut. Da gibt es das instrumentale Vorspiel, das schon mal für die Stimmung sorgt, da singt ein Chor, Solisten erzählen die Handlung und in Arien werden Emotionen ausgelebt. Nur ohne Tanzbühnenbilder.
und Special Effects und ohne dass jemand auf der Bühne ermordet wird, also zumindest nicht absichtlich. Apropos Oper, die gibt's auch für die Kirche, heißt dann aber Oratorium. Dauert genau so lang, nur eben ohne das ganze drum herum und eben leider nur biblische Geschichten, aber nicht weniger erfolgreich. Handel zum Beispiel hat sich damit eine goldene Nase in London verdient. Seine Werke wie der Messias, Israel in Ägypten und Judas Maccabeus füllen heute noch die Konzertsäle.
Das war's für heute. Und wisst ihr noch was, was die Leute damals auch geliebt haben? Tanzen. Tanzmusik boomte so richtig. Heute haben die Bands ihre Setlists und du hast deine Spotify-Playlist, im Barock war das die Suite.
Das ist eine Reihe von Tänzen zusammengefasst in ein längeres Werk, das hält die Leute dann auch auf der Tanzfläche. Etabliert hat sich da auch eine feste Form, Allemande, Courante, Sarabande, Gique. Tänze in verschiedenen Tempi und Taktarten. Sorgt für Abwechslung und hält die Party am Laufen. Die Party, die fand aber nur für den Adel statt.
Erst um das Jahr 1700 herum wurden Konzerte zu öffentlichen Events, die jedoch nur sehr, sehr selten stattfanden. Du und ich hätten Musik damals nur einmal die Woche im Gottesdienst hören können. Und wenn du irgendwas Cooles gehört hast, was dir gefallen hat, war die Wahrscheinlichkeit Null, dass du es jemals in deinem Leben wieder hören wirst.
Denn in den Hauptkirchen wurde jede Woche etwas anderes, Neues komponiert und gespielt. Und in diesem Sinne öffne ich jetzt mein Spotify und starte meine Barock-Playlist.