Was ich dir jetzt erzähle, ist ziemlich schräg. Vor etwa 200 Jahren gab es in einigen europäischen Städten einen ganz speziellen Job. Leute stellten sich mit einem weiten Umhang auf die Strasse. Darunter hatten sie einen Eimer. Menschen, die mal pinkeln oder grösser mussten, konnten unter den Umhang schlüpfen und dort ihr Geschäft erledigen. Und sie zahlten dafür. Verrückt, nicht? Mehr Geschichten zur Geschichte des WCs - jetzt! Mit Untertiteln von SWISS TXT Willkommen, servus, grüezi bei "Clip & klar!". Die Geschichte des WCs ist lang. Erste Toiletten gab es schon vor etwa 3'500 Jahren, z.B. bei den Griechen auf der Insel Kreta. Doch die Toiletten waren nur für die Reichen und Mächtigen bestimmt. Die allermeisten Menschen mussten ohne leben. Richtige Toilettenexperten waren dann die Römerinnen und Römer. Sie hatten öffentliche WCs, die Latrinen hiessen. Dort hatte es lange Bänke aus Marmor oder Holz mit Löchern drin. Unter den Löchern lief ein Wassergraben durch, der dann in einem grossen Abwasserkanal endete. Für viele Römerinnen und Römer war es ganz normal, gemeinsam auf die Toilette zu gehen. Manche dieser Latrinen hatten Platz für bis zu 30 Personen. Hier hat man miteinander gesprochen, ja sogar verhandelt und Geschäfte abgeschlossen. Daher kommt wohl der Ausdruck "ein Geschäft machen". * Furz * Toilettenpapier gab es damals noch nicht. Die Römerinnen und Römer benutzten Moos oder kleine Bürsten zum Abputzen, also zur Reinigung. Diese Bürsten wurden dann gewaschen und ... ja ... weitergegeben. Das Problem: Je öfter die Bürsten benutzt wurden, desto schwerer war es, sie wieder sauber zu bekommen. Da es im menschlichen Kot krankmachende Keime haben kann, verbreiteten sich so viele Krankheiten. Es gab noch ein anderes Problem: Der Dreck aus den Latrinen wurde als Dünger für die Felder benutzt. Mit der Ernte gelangten die krankmachenden Keime dann auf die römischen Märkte und ins Essen. An der Stelle ist es wichtig zu wissen, dass die Menschen damals nichts von diesen Keimen im Kot wussten. Das blieb leider noch lange so und viele Menschen starben an den Krankheiten. Trotz dieser Probleme galt die römische Toilettenkultur als besonders sauber. Öffentliche Toiletten und Abwasserkanäle waren sehr fortschrittlich für die damalige Zeit. Doch mit dem Untergang des Römischen Reichs um 476 n. Chr. ging dieses Wissen fast ganz verloren ... * Toilettenspülung * ... es wurde also gespült. Es folgte das Mittelalter. Wir sprechen jetzt von den Jahren 500-1'500 n. Chr. Damals gab es nur noch wenige öffentliche Toiletten und kaum noch Abwasserkanäle. Auf dem Land erledigten die Menschen ihr Geschäft oft im Freien, z.B. auf dem Feld oder hinter einem Busch. * Furz * In der Stadt hatten manche Häuser ein Plumpsklo im Hinterhof. Andere hatten einen solchen Erker an der Fassade, die allermeisten Menschen benutzten jedoch Nachttöpfe. Den Inhalt kippten sie in der Regel in spezielle Gräben zwischen den Häusern. Von Zeit zu Zeit wurde der Dreck dieser Gräben auf die Strasse gekehrt und irgendwann wegtransportiert. Solange die Städte klein waren, funktionierte das noch ziemlich gut. Je mehr Menschen jedoch in den Städ- ten lebten, desto dreckiger wurde es. Mit der Zeit wurden in manchen Städten Regeln eingeführt, um die Lage zu verbessern. Z.B. wurde in Zürich im Jahr 1546 festgelegt, dass der Dreck aus den Gräben nicht auf der Strasse liegen bleiben darf. Neu musste dieser gleich wegtransportiert werden. Doch wohin mit dem Dreck? Der landete oft als Dünger auf dem Feld, wie damals bei den Römerinnen und Römern. Ein weiteres Problem: Viele Flüsse und Brunnen führten schmutziges Wasser, das von den Menschen getrunken wurde. Du siehst, im Mittelalter war es oft dreckig. Das war nicht nur unangenehm, sondern auch gefährlich. Mit den Keimen konnten sich viele Krankheiten ausbreiten, an denen viele Menschen gestorben sind. Nach dem Mittelalter kommen wir zur sog. Neuzeit. Das war vor etwa 400 Jahren. Auch damals hat sich die Lage für die Menschen nicht verbessert. Sogar im berühmten Schloss von Versailles in Frankreich waren die Zustände ziemlich übel. Und dort wohnten die Reichen und Mächtigen. Zwar gab es in dem prächtigen Schloss rund 2'000 Zimmer, aber kein einziges Klo. Nur König Louis XIV hatte einen speziellen Klostuhl - ein Stuhl, bei dem unter dem Sitz ein Topf eingebaut war. Die anderen Schlossbewohnerinnen und -bewohner machten ihre Häufchen meist auf dem Boden hinter dem Vorhang oder im Schlosspark. * Furz * Die Angestellten mussten es dann entfernen. Man will sich also gar nicht vorstellen, wie es in diesem Schloss gestunken hat. Nach so viel Gestank fragst du dich bestimmt, wann es endlich Toiletten gab, wie du sie kennst. Tatsächlich wurde eine ähnliche Toilette schon im Jahr 1596 erfunden vom Engländer Sir John Harington. Diese hatte sogar eine Wasserspülung. Aber seine Toilette interessierte praktisch niemanden, da es damals keine richtige Kanalisation gab. Erst im Jahre 1775, etwa 200 Jahre später, holte der Engländer Alexander Cumming die Idee der Toilette mit Wasserspülung wieder hervor. Auf Englisch hiess es Water Closet - die Abkürzung davon ist WC. Bei diesem WC konnte der Kot durch ein Rohr aus dem Haus gespült werden und blieb dann in einer Grube vor dem Haus liegen. Eine Kanalisation, wie wir sie heute kennen, gab es damals aber weiterhin nicht und das blieb lange so. Zuerst mussten die Menschen erkennen, dass Abwasser und Trinkwasser getrennt werden müssen, um die Verbreitung von Krankheiten zu verhindern. Das wurde in Europa erst ab Mitte des 19. Jh. gemacht. So auch in Zürich. Dort lebten in der heutigen Altstadt damals sehr viele Menschen. In den Gräben zwischen den Häusern sammelte sich viel Abwasser an mit entsprechend vielen Keimen. Im Jahr 1867 erkrankten sehr viele Zürcherinnen und Zürcher an Cholera, eine Durchfallkrankheit, die sehr ansteckend und sehr gefährlich ist. Im gleichen Jahr stimmten die Bürger der Stadt dafür, eine unterirdische Kanalisation zu bauen. Dies wurde in den darauffolgenden Jahren auch gemacht. Hier ein Foto von einigen der Arbeiter damals. Zudem wurden Leitungen verlegt, die frisches Wasser in die Häuser brachten. In anderen Schweizer Städten dauerte es länger, bis eine Kanalisation gebaut wurde und sich richtige WCs durchsetzten. Chur bekam z.B. erst 1907 eine Kanalisation. Hier ebenfalls ein Foto der Arbeiter von damals. Und manch abgelegene Region wartete noch viel länger. Fassen wir noch einmal zusammen. Der Aufwisch: Die Römer/-innen hatten öffentliche Toiletten mit Abwasserkanälen. Das war für die damalige Zeit fortschrittlich und sauber. Das Business wurde einfach gemeinsam erledigt. Im Mittelalter machten die Menschen ihr Geschäft draussen ... * Furz * ... oder kippten den Inhalt ihrer Nachttöpfe in Gräben zwischen den Häusern. Punkto WC war das Mittelalter nicht so sauber. Das führte auch zu tödlichen Krankheiten. Auch in der Neuzeit blieben die Zustände noch lange sehr schlecht. Zwar hat jemand ein WC mit Spülung erfunden, aber niemand brauchte es, da es keine richtige Kanalisation gab. Ab Mitte des 19. Jh. verbesserte sich vieles: Die Menschen erkannten, dass sauberes Wasser entscheidend für ihre Gesundheit war. Mit den Jahren wurden immer mehr Kanalisationen gebaut und immer mehr Menschen hatten Zugang zu WCs. Entscheidend dabei: Der Dreck dieser WCs wurde in die Kanalisation gespült. Wichtig: Für uns in der Schweiz und in vielen Ländern dieser Welt sind saubere und funktionierende WCs heute eine Selbstverständlichkeit. Die Vereinten Nationen schätzen aber, dass weltweit etwa 3,6 Mrd. Menschen keinen Zugang zu sauberen und sicheren Toiletten haben. In diesen Gebieten können sich so auch heute noch gefährliche Krankheiten ausbreiten. Vielleicht schaust du ja jetzt etwas anders auf deinen Thron und weisst dein WC ganz neu zu schätzen. * Furz * In dem Sinne: Bleib sauber und gesund, baba und bis zum nächsten "Clip & klar!".