Die 20er-Jahre
des vergangen Jahrhunderts heißen auch
die "Goldenen Zwanziger Jahre". Aber warum war diese Zeit so golden? Ich beantworte euch dazu die wichtigsten
fünf Fragen, und zwar genau jetzt. Erstens: Unter den Goldenen Zwanziger Jahren verstehen Historiker
die Zeit der Weimarer Republik nach dem Schreckensjahr 1923
und vor der Weltwirtschaftskrise 1929. Es war eine gute, eine goldene Zeit
zwischen den beiden schlimmen Phasen Erster Weltkrieg und Weltwirtschaftskrise. Nach dem Krieg,
dem schwierigen Neuanfang, den politischen Morden
und den Putschversuchen kehrt langsam
so etwas wie Normalität ein. Die politischen Verhältnisse
beruhigen sich etwas, und die Menschen können anfangen,
das Leben wieder zu genießen. Eine Grundlage dafür
ist ein Wirtschaftsaufschwung. Zweitens: Trotz gelegentlicher Rückschläge geht es ab dem Jahr 1924
bis zur Mitte des Jahres 1929 wirtschaftlich bergauf. In der Kriegszeit
mussten die Leute an allem sparen, jetzt endlich wollen sie wieder einkaufen,
konsumieren, was das Zeug hält. Die Produkte, die verkauft werden sollen,
die muss man erst einmal herstellen. Und dazu braucht es Geld. Amerikanische Banken und Anleger
investieren in Deutschland. Sie leihen also
den deutschen Banken Geld, das diese dann an
deutsche Unternehmen weiterverleihen. Mit diesem Geld können die Unternehmen
neue Maschinen anschaffen. Die Industrieproduktion steigt stark an und liegt über dem Stand
von vor dem Krieg. Allerdings geht es auch
dem Rest der Welt wirtschaftlich gut, sodass die deutsche Industrie
auf dem Weltmarkt keine Anteile dazugewinnen kann. Im Vergleich mit anderen Ländern
kann Deutschland also nicht aufholen. Mehr Menschen in Deutschland
finden Arbeit. Zwischen 1924 und 1929
nimmt das Volkseinkommen stetig zu. Auch die Nachfrage in Deutschland
steigt an. Denn wenn das Volkseinkommen steigt, dann haben die Menschen
logischerweise mehr Geld in der Tasche und geben es auch aus. Wenn viel gekauft wird,
ist das gut für Händler und Handwerker. Auch viele Dienstleistungen
werden nachgefragt. Wer mehr Geld hat,
der geht öfter zum Friseur, lässt sich beim Schuhmacher
seine Schuhe reparieren - heute vielleicht nicht mehr,
aber damals - oder isst im Restaurant statt zu Hause. Neben den Arbeitern
entsteht außerdem eine neue Schicht, die der Angestellten. Die haben Jobs, bei denen man sich
die Hände nicht schmutzig machen muss. Ab dem Jahr 1926
zieht die Wirtschaft so richtig an. Es brummt. Durch die Verschmelzung
mehrerer Unternehmen entstehen zum Beispiel
große Industriekonzerne wie die Vereinigten Stahlwerke
und die Daimler-Benz AG. Dieser wirtschaftliche Aufschwung wirkt sich auch
auf das Lebensgefühl der Menschen aus. Drittens: Der kaiserliche Obrigkeitsstaat ist weg. Jetzt schreitet man mit
ganz großen Schritten in die Moderne. In den Städten, besonders in Berlin,
ist der Geist der neuen Zeit zu spüren. Das Lebensgefühl
ist Tempo, ja, sogar Hektik. Die Masse will konsumieren
und die Freizeit genießen. Es ist die Zeit der Riesensportspektakel:
Boxen, Fußball, Sechs-Tage-Rennen. Die Zahl der Kinos verdoppelt sich. Die deutsche Filmproduktion
ist weltweit führend. Die Menschen besuchen
Theater und Revuen und tanzen sich
auf Bällen die Füße wund. Die deutsche Hauptstadt wird
zum kulturellen Zentrum Europas. Und in der Malerei und der Literatur setzen deutsche Künstler Trends. Die Autoren der Zeit kennt jeder. Gerhart Hauptmann, Franz Kafka,
Hermann Hesse, Erich Kästner. Thomas und Heinrich Mann, habt ihr
sicher im Deutschunterricht schon gehört. Natürlich ist nicht für jeden
die Welt so schnell und grell. Die Landwirtschaft
steckt in einer tiefen Krise und die Menschen ziehen vom Land weg. Und trotz allen Aufschwungs bleibt auch in den Goldenen Zwanzigern
die Arbeitslosigkeit hoch. Auch weil die Firmen
moderner produzieren. Zum Beispiel am Fließband. Dazu braucht man weniger Menschen. Rund 10 % finden keine Arbeit. Es gibt zum ersten Mal Dauerarbeitslose. Gerade die Jugend hat es schwer. Ab dem Jahr 1925 kommen
geburtenstarke Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt,
auf dem aber wenig Platz ist. Man muss also um seinen Platz,
seinen Rang kämpfen. Auch gesellschaftlich. Und diese Konfrontation
auf dem Arbeitsmarkt, die durchdringt alle Lebensbereiche. Jeder muss sich durchsetzen. Hier die Hochwertigen,
da die Minderwertigen, die es nicht schaffen. Viele der "überflüssigen"
jungen Menschen sind frustriert und sehen in
den Ideologien der Kommunisten und Nationalsozialisten
eine Lösung ihrer Probleme. Viertens: Auch in der Politik ändert sich einiges. Nach dem Ersten Weltkrieg
war Deutschland international isoliert. Die deutsche Politik gewinnt aber
langsam Vertrauen zurück. Das oberste Ziel
bleibt der Versailler Vertrag. Der soll zurückgenommen werden. Dazu wollen die Regierungen
der Weimarer Republik durch Zusammenarbeit mit
den ehemaligen Feinden kommen. Für eine Konfrontation
ist Deutschland zu schwach. Stück für Stück schließt man Verträge, die dazu führen, dass Deutschland
wieder Teil der Weltgemeinschaft wird. Die politische Lage
bleibt trotz dieser Erfolge schwierig. Es gibt immer noch viele Menschen, die mit der Demokratie
nichts anfangen können. Die Menschen wählen 1925
einen erklärten Feind der Demokratie zum Reichspräsidenten. Den ehemaligen Oberbefehlshaber
Paul von Hindenburg. Es ist politisch eine unbeständige Zeit,
die Regierungen wechseln ständig. Immer wieder brechen Koalitionen
aufgrund von Differenzen auseinander. Einige Kanzler
sind nur wenige Monate im Amt. Fünftens: Der Zusammenbruch
der New Yorker Börse und die Folgen daraus -
die Weltwirtschaftskrise -, die beenden
die Phase der relativen Stabilität. Die Weltwirtschaftskrise war,
wie der Name schon sagt, eine weltweite und sehr große Krise. Mehr zur Weltwirtschaftskrise und ihren
Auswirkungen auf die Weimarer Republik erzähle ich euch im nächsten Video. Die Frage ist jetzt erst mal:
Habt ihr alles verstanden? Habt ihr noch Fragen?
Postet sie einfach in die Kommentare. Und natürlich empfehle ich euch,
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und bis zum nächsten Mal. Untertitel im Auftrag des ZDF
für funk, 2018