Liebe Studierende, herzlich willkommen zu dieser dritten Vorlesung in dieser Unit und auch damit zu der letzten Vorlesung. In dieser Vorlesung geht es um die Frage, wie man von Theorien zu Hypothesen gelangt. Zunächst wieder eine Vorbemerkung zu der Pflichtliteratur. Die Grundlage für diese Vorlesung bilden die relevanten Abschnitte aus dem Kapitel 2 des Lehrbuchs von Sedlmayr und Renkwitz. Kapitel 2 Wissenschaftstheorie, Theorien und Hypothesen.
Zum Überblick, bevor wir die Frage beantworten, wie man von Theorien zu Hypothesen gelangt, möchte ich kurz auf die Frage eingehen, woher überhaupt Theorien kommen. Diese erste Frage, woher Theorien kommen, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Da gibt es verschiedene Wege und Möglichkeiten, aber man kann jetzt nicht unbedingt für jede Theorie in der Psychologie eindeutig sagen, was der Ursprung ist. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Theorien zu generieren.
Häufig wird das sogenannte Bed-Bathroom-and-Bicycle-Prinzip genannt, was eigentlich darauf hinweisen soll, dass... Theorien, dass man ganz spontan auf die Idee kommt und auf die Lösung für ein Problem und daraus abgeleitet eben Theorien formulieren kann. Das sind die sogenannten Heurecker-Momente, wie sie Archimedes auch beispielsweise angeblich hatte. Das heißt, es ist gar nicht so sehr, dass man konzentriert am Schreibtisch sitzt und eben sich Gedanken zu einem Phänomen, zu einem Problem macht und dann Theorien formuliert. sondern dass diese eher intuitiv, man eher durch Intuition zu einer Idee generiert und daraus abgeleitet eine Theorie formuliert.
Man kann dieser Intuition auch versuchen, auf die Sprünge zu helfen, auch wenn das natürlich, wenn man sie dann auch quasi erzwingen möchte, dann häufig nicht klappt. Aber ein Weg ist beispielsweise, wenn man sehr lange über ein Problem brütet, und für Nacherklärung sucht, das heißt zu einer Theorie kommen möchte und eben hier nicht weiterkommt, dass es dann häufig hilfreich ist, dieses Problem erstmal zur Seite zu legen, an etwas anderes zu denken und das hilft tatsächlich dann häufig kreativ zu neuen Ideen zu gelangen. Ein vielleicht häufigerer Weg, um... Zu neuen Theorien zu gelangen oder zur Überarbeitung bestehender Theorien ist durch Induktion, was meint, dass man eben durch alltägliche Beobachtung, ähnlich wie man es auch in der Alltagspsychologie macht, dass man darauf aufbauend eben zur Erklärung gelangt und hierüber dann auch zu der Formulierung von Theorien.
Das ist vielleicht ein Weg, der dann auch in der Psychologie... tatsächlich häufiger zu finden ist, gerade auch in Bereichen, wo es bislang noch wenig vorherige Forschung und vorherige Theorien gibt. Was auch ein Weg ist, ist, dass so eine Mischung aus diesem induktiven Vorgehen, dass man eben auch eine gewisse Expertise in einem Themenbereich bereits besitzt, durch eben das Lesen der relevanten Literatur.
dass man hierauf basierend, das heißt, dass man auch einen Hintergrundwissen hat zu bestehenden Theorien und dass man hierauf basierend dann auch häufig zu neuen Ideen gelangt und entweder zu einer Umformulierung von bestehenden Theorien oder gar eine neue Theorie entwerfen kann. In der Psychologie auch häufig angewendet sind Metaphern. Da finden Sie auch in dem Sedlmayr und Renkewitz zumindest kurz dargestellt eine Reihe von Beispielen.
Im Verlauf Ihres Studiums werden... Ihnen noch weitere Beispiele sicherlich begegnen. Eine häufige Metapher, die gerade in der kognitiven Psychologie angewandt wird, um Gedächtnisprozesse, Gedächtnis zu erklären, ist die Computermetapher, die dann eben hilft, auf das menschliche Erleben und Verhalten eben bestimmte Mechanismen und Erklärungsansätze zu übertragen, die aus einem anderen Bereich kommen.
Und dann schließlich gibt es natürlich auch die Möglichkeit, sehr systematisch nach neuen Theorien zu suchen, gerade in Bereichen, wo es bislang noch wenig Vorforschung gab. Und hier wendet man dann tatsächlich qualitative Methoden an, die wir in einer späteren Unit auch nochmal etwas ausführlicher behandeln. Qualitative Methoden sind induktive Verfahren, die eben basierend auf Beobachtungen Rückschlüsse auf das Allgemeine vollziehen wollen.
Und dann eben... damit auch genutzt werden können, um Annahmen und Theorien zu formulieren, die dann das, was man beobachtet haben, erklären sollen. Ein sehr systematischer Ansatz und auch häufig angewendeter Ansatz, weniger vielleicht in der Psychologie, sondern in Bereichen, wo qualitative Ansätze die Grundlage häufig bilden, ist die Grounded Theory, die eben dann in systematischer Art und Weise versucht, auf Basis von Beobachtungen Und hier ist der Input häufig Texte, dass man dann eben über die Kategorisierung der Inhalte zu neuen Theorien kommt. Detaillierter will ich hier an der Stelle gar nicht auf die Grounded Theory eingehen. Wie gesagt, in einer späteren Unit werden wir uns nochmal mit qualitativen Ansätzen beschäftigen und dann eben auch die Grounded Theory noch ein wenig ausführlicher besprechen.
Abschließend kann man sagen, woher kommen Theorien. Es ist nicht leicht zu beantworten, es ist auch in vielen Fällen gar nicht so einfach nachzuvollziehen, woher dann letztlich die Theorien stammen. Häufig ist es eben eine Mischung aus all dem, was ich bislang gesagt habe. Und es ist im Einzelnen nicht immer ganz klar.
Wichtiger ist es aber dann eben von Theorien zu Hypothesen gelangen. Auch das ist jetzt nur ein sehr grober Überblick, der das Problem erstmal klar machen soll und auch ein bisschen, wie der Weg dorthin ist. Im Verlauf Ihres Studiums in den jeweiligen Modulen, inhaltlichen Modulen, aber natürlich auch dann später, wenn Sie selbst empirisch arbeiten, zum Beispiel im empirischen Praktikum, werden Sie das eben detailliert an einer konkreten Fragestellung dann auch nochmal einüben. Bevor wir eben die Frage beantworten von Theorien zu Hypothesen, muss man sich nochmal die Theorien selbst anschauen in der Psychologie.
Und man wird dann feststellen, dass der Komplexitätsgrad von Theorien in der Psychologie sehr variabel ist. Und dabei muss man allerdings auch wieder einschränkend sagen, dass es nur sehr wenige Theorien gibt, die einen sehr allgemeinen Anspruch haben, die also sehr viele menschliche Phänomene erklären wollen und auch können. Das ist eher die Ausnahme, sondern häufig sind die Theorien weniger komplex und beziehen sich auch dann auf nur ein sehr spezifisches Phänomen, sodass der Komplexitätsgrad eher gering ausfällt. Und wenn Sie sich an die vorherige Vorlesung erinnern, kann man eben sagen, dass der Informationsgehalt variiert dieser Psychologien und der Informationsgehalt dann von vielen Theorien auch eher gering ausfällt.
Wenn man eine Theorie hat, versucht man dann eben Hypothesen abzuleiten, die prüfbar sind und deren Überprüfung, also die Prüfung dieser Hypothesen wiederum, ermöglichen dann einen Aufschluss über die Güte der jeweiligen Theorie. In der vorherigen Vorlesung und auch in der ersten Vorlesung haben wir ja den wissenschaftlichen Ansatz in der Psychologie, in der empirisch-quantitativen Psychologie kennengelernt. Das ist genau der Weg aus der Theorie.
Abgeleitet werden Hypothesen, die im Rahmen von Untersuchungen geprüft werden und die dann Rückschlüsse erlauben. im Hinblick darauf, ob die Theorie falsifiziert ist, zumindest ein Teil der Theorie, oder eben als vorläufig bewährt zu gelten ist, wenn eben die Falsifikation nicht erfolgreich war, wenn man es so formulieren möchte. Was sind überhaupt Hypothesen? Hypothesen sind vorläufige, vermutete Antworten, die Forscher auf ihre Fragen geben.
Und wie gesagt, der Weg ist eben das. diese vorläufigen Antworten, diese Annahmen abgeglichen werden mit den Beobachtungen und daraus eben Rückschlüsse auf deren Gültigkeit gezogen werden. An einem Beispiel, was auch Sedlmayr jetzt in seinem Lehrbuch verwendet hat, möchte ich eben diese grundlegende Vorgehensweise illustrieren, auch wenn das jetzt vermutlich keine...
Theorie ist, die Ihnen nochmal irgendwo begegnen wird. Es ist eben eine Formulierung, das heißt man hat eine Theorie, die in diesem Fall eben besagt, dass die Radon-Strahlung aus dem Erzgebirge sich auf die Bewohner Sachsens auswirkt, über welche Mechanismen auch immer und unter anderem eben als psychologisches Merkmal die Intelligenz erhöht. Sie sehen hier rechts auch eine Abbildung der Radon-Belastung in der Bundesrepublik.
Deutschland und je dunkler die Farbe, desto höher ist die Radonbelastung, eine Strahlungsbelastung. Und Sie sehen, dass die tatsächlich in Sachsen im Vergleich zu vielen anderen Gebieten Deutschlands relativ hoch ausfällt. Das heißt, aus dieser Theorie abgeleitet kann man jetzt eine Forschungshypothese formulieren, die besagt, dass die Sachsen intelligenter als die anderen Deutschen sind.
Das wäre eine Ableitung eben aus dieser Theorie. Die Radon-Strahlung ist im Vergleich zu vielen anderen Gebieten höher und man weiß unter anderem, oder dass die Theorie besagt, dass eben die Radon-Strahlung sich in dem Fall positiv auf die Intelligenz auswirkt. Je höher die Radon-Strahlung, desto höher die Intelligenz.
Diese Forschungshypothese muss jetzt, damit sie prüfbar gemacht werden, kann noch weiter präzisiert werden. Das heißt, man muss dann diese Forschungsfrage, Forschungshypothese übertragen in eine empirisch prüfbare, in eine empirische Hypothese. Beispielsweise gelingt das dadurch, dass man sie weiter einschränkt, bezogen auf welche Personen, für welche Personen dies gilt und auch wie man dann letztlich die Merkmale misst insbesondere hier dann Intelligenz.
Beispielsweise kann man eine Präzisierung vornehmen, indem man sagt, dass die Hypothese nur für Personen gilt, deren Eltern der Radon-Strahlung ausgesetzt waren, die mindestens 18 Jahre alt sind und so weiter. Das heißt, es wird immer mehr eingeengt und somit macht man auch diese Hypothese empirisch immer besser prüfbar und somit auch falsifizierbar. Und bei der Intelligenz als Messung, auch mit diesem Problem, was eben dieses Basissatzproblem betrifft und auch Korrespondenzproblem, muss man eben überlegen, wie man Intelligenz erfasst. Und eine Möglichkeit ist eben, dass man sich auf einen bewährten Intelligenztest zurückgreift.
Man kann nun diese empirische Hypothese noch weiter formalisieren und in eine statistische Hypothese übertragen. Und da... In der Psychologie, die Hypothesen, die sich meist auf Populationsparameter bezieht, kann man eben diese vorher empirisch formulierte Hypothese dann noch auf Werte übertragen, auf numerische Ausprägungen in der Intelligenz zum Beispiel. Also hier sind unterschiedliche Möglichkeiten aufgeführt. Zum Beispiel kann man sagen, dass der Mittelwert für die...
dass der Populationsparameter der Sachsen mit einem IQ größer von 100, und 100 ist ein durchschnittlicher Wert, dass der größer gleich 55 Prozent ist, wenn man weiß, dass sonst bei der Verteilung eben in Deutschland hier genau 50 Prozent einen Wert von größer 100 haben in der Intelligenz. Und man kann eben auch noch weitere Varianten und Abwandlungen formulieren. Wenn man jetzt eine solche Hypothese formuliert hat, entweder empirisch oder gar auch formalisiert als statistische Hypothese ausgedrückt hat, dann geht eben im Rahmen der wissenschaftlichen Methode, wird man eine Studie durchführen, Daten sammeln und dann eben anhand der Daten überprüfen, ob diese Daten für die oder gegen die Hypothese sprechen.
Entsprechend auf diesen statistischen Analysen kann man dann eben auch Implikationen für die dahinterliegende Theorie ableiten. Wie gesagt, all dies wird Ihnen dieser Ablauf an vielen Stellen wieder begegnen. Sie werden sicherlich in dem Parallelkurs Einführung in die Psychologie Beispiele aus den unterschiedlichen Teilbereichen der Psychologie kennenlernen und auch Beispielstudien.
Und Sie werden erkennen, dass die eben... Diese wissenschaftliche Methode, dieser Weg aus Theorien, abgeleitete Hypothesen, man designt eine Studie, sammelt Daten und gleicht die Annahmen mit den Beobachtungen ab, um dann eben Rückschlüsse auf die dahinterliegende Theorie zu ziehen, dass das tatsächlich der Standardweg in der Psychologie ist. So vieles soll es im Rahmen der Vorlesung zu dieser ersten Unit sein, ein erster Überblick.
zu der wissenschaftlichen Methode, auch zu dem wissenschaftstheoretischen Hintergrund und auch zu der Frage, wie man eben aus einer Theorie abgeleitet zu prüfbaren Hypothesen gelangt. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.