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Küstenmeere und ihre Bedeutung – Eine Netflix Original Doku-Reihe

EINE NETFLIX ORIGINAL DOKUREIHE Vor erst 50 Jahren brachen wir endlich zum Mond auf. Zum ersten Mal blickten wir auf unseren eigenen Planeten. Seitdem hat sich die Bevölkerungszahl mehr als verdoppelt. Diese Reihe feiert die Naturwunder, die verblieben sind, und zeigt, was wir bewahren müssen, um das Gedeihen von Mensch und Natur zu gewährleisten. Riesige Fischschwärme drängen sich in unseren Flachmeeren. Das sind Sardellen. Kleine Fische ernähren größere Fische. Jäger, wie die Dickkopf-Stachelmakrele. Und Teufelsrochen. Wenn Jäger wie diese zusammenarbeiten, sind sie extrem effizient. Die artenreichen Küstenmeere sind die Fischgründe unseres Planeten und können eine Fülle an Nahrung für Mensch und Tier bereitstellen. KÜSTENMEERE Die Küstenmeere machen weniger als ein Zehntel der Ozeane weltweit aus. Doch erstaunlicherweise leben 90 Prozent aller Meeresgeschöpfe in diesen Küstengewässern. Dieser Überfluss liegt daran, dass der Meeresboden hier vom Sonnenlicht erreicht wird. Der Everglades-Nationalpark im Süden Floridas. Seegrasfelder bedecken den Boden in dem flachen, tropischen Gewässer. Wie die Savannen an Land sind die üppigen Meereswiesen Heimat für eine große Vielfalt an Tieren. Stachelrochen suchen im Seegras versteckte Beute. Die Everglades sind auch Jagdgebiet der einfallsreichsten Fischer der Küste. Große Tümmler. Sie suchen ihre Nahrung per Echoortung, einer Art Sonar. Vor ihnen schwimmt ein Schwarm Meeräschen. Diese speziellen Delfine entwickelten ihre eigene Art des Beutefangs. Sorgfältig treiben sie die Fische an die richtige Stelle. Dann wühlt ein Delfin Schlamm in einem Ring um den Schwarm auf. Die Fische geraten in Panik und springen in die Luft. Die meisten entkommen. Fliegende Fische zu fangen, ist schwer. Aber die Delfine bedienen sich erneut. Im Nationalpark ist der kommerzielle Fischfang verboten. Daher ist das Angebot für die Delfine groß. Erst von oben können wir den Fleiß der Meisterfischer richtig würdigen. Die Flachmeere sind für den Kampf gegen den Klimawandel entscheidend. Seegras bindet 35 Mal so viel Kohlendioxid wie gleich große Regenwälder. Das mindert die Schäden, die durch die Erwärmung der Meere entstehen. Mangroven grenzen oft an Seegraswiesen an. Diese bemerkenswerten Bäume kommen als einzige mit dem wechselnden Salzgehalt der Küstengewässer klar. Sie schützen unsere Küsten vor zerstörerischen Hurrikans. Außerdem binden sie wie Seegras Kohlendioxid. Ihre verschlungenen Wurzeln sind sichere Kinderstuben für Fische, die die Mangroven irgendwann verlassen und sich im magischsten Zauberland der tropischen Meere niederlassen werden. Korallenriffe. Diese Riffe bedecken weniger als ein Prozent des Meeresbodens, beherbergen aber ein Viertel aller Meeresarten. Ohne die Korallen wäre keines dieser Geschöpfe hier. Die Strukturen der Korallen bieten Nahrung und Schutz. Die gesamte Gemeinschaft ist darauf angewiesen. Jeder Bewohner erfüllt seine Aufgabe, um das Riff gesund zu erhalten. Leider sind nur wenige Riffe noch so unberührt wie einst. In den meisten fehlt inzwischen ein extrem wichtiges Mitglied der Gemeinschaft. Haie. Durch schonungslose Überfischung schrumpften die Haipopulationen weltweit um über 90 Prozent. Ihre früheren Zahlen erreichen sie im Ansatz nur noch in den abgelegensten Riffen. Französisch-Polynesien mitten im Pazifischen Ozean. Wenigstens hier sind Haie vollständig geschützt. Tagsüber schwimmen Graue Riffhaie in der Strömung. Kleine Lippfische säubern ihre Zähne in Vorbereitung auf die nächtliche Jagd. Diese Haie jagen im Dunkeln. Mit ihren scharfen Sinnen sind sie ihrer Beute überlegen. Es wird Nacht. Kleine Fische suchen nun Schutz in den Ecken und Winkeln des Riffs. Außer Reichweite der Grauen Riffhaie. Die Haie registrieren kleinste Bewegungen. Die Deckung aufzugeben, ist gefährlich. Wer reglos verharrt, den entdecken die Haie vielleicht nicht. Ein kleiner Fisch kann einen einzelnen Hai ausmanövrieren. Aber bei so vielen Jägern gibt es kaum ein Entkommen. Ein Versteck im Geäst der Korallen ist meistens am sichersten. Doch die Ankunft eines zweiten Jägers verändert die Lage. Weißspitzen-Riffhaie. Schlank und beweglicher, erreichen die Weißspitzen-Haie mehr Verstecke als andere Jäger. Wer den Weißspitzen-Haien entgeht, wird aufgescheucht. Die Grauen Riffhaie warten schon. Mit den beiden Haiarten als Jagdpartnern gibt es im Riff wenig Erholung. Immer mehr Haie kommen dazu, angelockt von dem Aufruhr. Einst war diese große Zahl von Haien in Riffen weltweit normal. Man könnte denken, so viele Räuber seien schädlich. Doch Haie helfen sogar dabei, das Riff gesund zu erhalten. Sie sorgen für ein Gleichgewicht bei den Fischen, indem sie die Räuber jagen, die kleine, grasende Fische fressen. Die grasenden Fische wiederum halten die Korallen frei von Tang und Parasiten, die das Riff sonst überwuchern würden. Eine Gemeinschaft im Gleichgewicht, mit Haien an der Spitze, macht ein Korallenriff widerstandsfähiger gegenüber Schäden und Katastrophen. Doch auch für gesunde Korallenriffe gibt es heute eine größere Gefahr. Mit dem Klimawandel erwärmen sich unsere Meere. Mikroskopische Pflanzen, die im Korallengewebe leben, geben ihnen ihre Farbe und den Großteil ihrer Nahrung. Erwärmt sich das Meer jedoch um nur ein oder zwei Grad, stoßen die Korallen ihre pflanzlichen Partner ab. Damit verlieren sie ihre Hauptnahrungsquelle. Und sie werden weiß. Hier, in Australiens Great-Barrier-Riff, hat ungewöhnlich warmes Wasser zahlreiche Korallenbleichen verursacht. Es mag gespenstisch schön aussehen, doch nach einigen Wochen mit hohen Temperaturen werden die Korallen verhungern und schließlich sterben. Das Kohlendioxid, das die globale Erwärmung verursacht, macht die Meere auch saurer. Kein Riff kann beide Veränderungen überleben. Und ohne lebende Korallen werden auch viele der Riffbewohner zugrunde gehen. In den Jahren 2016 und 2017 gab es auf über 1000 Kilometern des Great-Barrier-Riffs Bleichen. Sechs Monate danach sind viele der Korallen tot. Die Gemeinschaft ist zerstört. Weltweit ist die Hälfte aller Flachwasser-Korallenriffe schon tot. Der Rest könnte in den kommenden Jahrzehnten verschwinden. Außerhalb der Tropen, auf höheren Breitengraden, sind die Meere viel kälter. Sturmgepeitschtes Wasser spült wichtige Nährstoffe an die Oberfläche. Durch das angereicherte Wasser und lange Sommertage sind dies die ergiebigsten Meere des Planeten. Seebären fühlen sich hier wohl und haben sogar Zeit zum Surfen. Frühling vor der Küste Kaliforniens. Goldener Seetang, der auf der Oberfläche treibt, lässt den Reichtum darunter erahnen. Ein prächtiger Unterwasserwald. Dieser Riesentang ist ebenso wichtig für die Ozeane wie Bäume für das Land. Wie ein Regenwald bieten die dichten Wipfel Nahrung und Schutz für eine große Gemeinschaft. In den kühlen, reichhaltigen Meeren kann Riesentang bis zu 50 Meter hoch werden. Durch luftgefüllte Blasen streckt sich die Spitze dem Sonnenlicht entgegen. In den Blätterwald schmiegt sich... ...ein Seeotter. Sein dickes Fell wärmt ihn im kühlen Wasser. Er bläst Luft als zusätzliche Isolierung hinein. Seeotter haben das dichteste Fell im Tierreich. Dieser luxuriöse Pelz bedarf viel Aufmerksamkeit. Sie müssen viel fressen, um sich warm zu halten, und verzehren bis zu einem Viertel ihres Körpergewichts pro Tag. Seeigel sind ein Lieblingsessen. Da ist einer. Und ein zweiter. Dann geht dem Otter die Luft aus. Er muss an die Oberfläche. Ein Seeigel sieht stachlig aus. Knackt man die Schale, wartet innen eine Delikatesse. Seeotter sind entscheidend für die Gesundheit des Tangwalds... ...da sie die Seeigel in Schach halten. Die Seeigel weiden Tang ab. Sie knabbern sich durch die harten Stängel. Ohne Kontrollinstanz breiten sie sich wie eine Seuche auf dem Meeresboden aus. Zum Glück haben die Otter Helfer im Kampf gegen die stachligen Graser. Schafkopf-Lippfische. Sie haben kräftige Zähne und machen kurzen Prozess mit den kleineren Purpurseeigeln. Die größeren schwarzen Seeigel sind schwieriger. Vor allem für kleinere Lippfische. Nur die größten Schafköpfe nehmen es mit ihnen auf. Aber er muss an den langen Dornen vorbei. Der Seeigel wird umgedreht. um die weiche Unterseite freizulegen. Nicht leicht ohne Hände. Endlich geschafft. Und alle profitieren davon. Diese Fische und Otter, die in Meeresschutzgebieten leben, halten die Tanggraser in Schach. Doch außerhalb der Schutzgebiete grasen die Seeigel unkontrolliert. Und fällen den Tangwald. Alle, die auf den Tang angewiesen sind, sind verschwunden. In Kalifornien gedeihen Tangwälder in Hülle und Fülle in Schutzgebieten, in denen alle Meeresgeschöpfe ohne Druck durch Menschen leben können. Wenigstens hier können die Seeotter auf kalifornische Art entspannen. In Alaska, 3000 Kilometer weiter nördlich, wird es viel später Frühling. Nach einem kalten, harten Winter lösen die ersten Sonnenstrahlen ein großes, jährliches Ereignis aus. Riesige Heringsschwärme steigen aus der Tiefe auf und ziehen in flacheres Wasser. Sie versammeln sich zur Fortpflanzung. Aber Räuber erwarten sie schon. Stellersche Seelöwen. Die Heringe sind fixiert auf ihre Mission und leichte Beute. Seelöwen treiben die Fische hoch in Reichweite fliegender Jäger. Weißkopfseeadler, eigentlich Einzelgänger, versammeln sich in Scharen. Einige Heringe erreichen das Ufer. Hier müssen die Adler nicht mal fliegen. Buckelwale. Sie kommen den weiten Weg aus den Tropen und hoffen auf die erste Mahlzeit seit Monaten. Die Wale sammeln diese saisonale Beute auf einzigartige Art ein. Sie arbeiten im Team. Der Anführer taucht zuerst ab. Mit einem Vorhang aus Blasen schart er die Fische zusammen. Mit einem Ruf wird der Angriff abgestimmt. Dank dieser Kooperation kann jeder Wal täglich eine Tonne Fisch fressen. Die Heringe sind so zahlreich, dass die meisten trotz der Wale das flache Wasser erreichen. Hier laichen sie ab. Die Weibchen legen ihre Eier am Seegras ab. Dann befruchten die Männchen die Eier mit Wolken aus Samen. Einst gab es hier Heringe in kaum vorstellbarer Fülle. Ihr Laich färbte die Uferbereiche weiß... ...über den gesamten Nordpazifik von Japan bis nach Kalifornien. Mit industrialisierten Fischfangmethoden ist es leicht, diese Laichbestände zu überfischen. Dies ist einer der wenigen Orte, an denen es noch Fischfang gibt. Die pazifischen Heringpopulationen sind stark geschrumpft. Ein Bruchteil der einstigen Mengen. Diese traurige Geschichte nicht nachhaltiger Fischerei wiederholt sich ständig auf der ganzen Welt. Viele der weltweiten Fischbestände schrumpfen gravierend. Ein Drittel ist bereits komplett verschwunden. In Küstenmeeren erobern Quallen die Gewässer, in denen einst Fische herrschten. Kompassquallen sind von ätherischer Schönheit. Doch sie bieten anderen Lebewesen oder uns wenig zum Überleben. Diese riesigen Schwärme gibt es immer häufiger. Ein beunruhigendes Signal eines großen Ungleichgewichts in den Flachmeeren. Ohne nachhaltigen Fischfang werden unsere einst so reichen Meere... ...kaum mehr als riesige Quallenschwärme enthalten. Aber die Zukunft muss nicht so aussehen. An der Pazifikküste Südamerikas sehen wir, wie sich Ozeane erholen können. Die Atacama, die trockenste Wüste der Welt. Im Landesinneren gedeiht hier kaum Leben. Doch an der Küste sieht es ganz anders aus. Seit Jahrhunderten versammeln sich Millionen Seevögel am Wüstenufer. Doch vor 50 Jahren verschwanden die großen Kolonien aufgrund der regionalen Überfischung. Durch neue Regulierungen erholen sich die Fischbestände. Drei Millionen Guanokormorane kommen nun jährlich zur Aufzucht der Jungen. Jeden Morgen fliegen die Vögel aufs Meer. Erst nach über einer Stunde haben sich die riesigen Kolonien geleert. Inkaseeschwalben schließen sich an. Guanotölpel. Eine große Karawane aus Jägern, die alle dasselbe suchen. Sardellen. Diese kleinen Fische sind so zahlreich, dass sie den größten Fischfang unseres Planeten ermöglichen. Erstaunlicherweise können sie ein Zehntel aller Fische ausmachen, die wir jährlich aus den Meeren holen. Seelöwen finden die Schwärme zuerst. Die nach oben getriebenen Fische sind nun in Reichweite von Pelikanen. Kormorane ertauchen sich ihren Anteil. Tölpel schlagen aus 20 Metern Höhe zu. Sie schlagen mit 100 km/h aufs Wasser auf. Fünf Millionen Kormorane und Tölpel sind zum Überleben auf die großen Schwärme angewiesen. Erlauben wir den Sardellen, sich vollständig zu erholen, könnten sie wie früher 25 Millionen Seevögel ernähren. Das erinnert eindringlich an die erstaunlichen Reichtümer, die in Küstenmeeren möglich sind. Gibt man ihnen die Chance, können sie sich überraschend schnell erholen. Die Inseln von Raja Ampat in Südostasien. Jahrelanger unkontrollierter Fischfang beraubte diese Gewässer fast aller Haie und großer Fische. In dieser Lagune befand sich ein Hai-Fischfanglager. Jetzt ist es eine Kinderstube für Haibabys. Die Gewässer rund um Misool wurden 2007 vollständig geschützt. Sie haben sich wunderbar erholt. Heute gibt es hier 25 Mal so viele Haie wie vor zehn Jahren. Schildkröten, die früher gejagt wurden, weiden jetzt in Ruhe das Seegras ab. Haie kehren in die Riffe zurück und helfen, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Damit erhöhen sie die Widerstandskraft gegen die Korallenbleiche. Mantarochen auf dem Weg ins Meer. Sieben Meter Spannweite. Diese bedrohten Riesen streifen den Großteil ihres Lebens durch die hohe See. Jetzt kehren sie in dieses Schutzgebiet zurück, um Putzerfische aufzusuchen. Misool ist einer der wenigen Orte der Erde mit wachsender Artenvielfalt. Seit Einrichtung des Schutzgebiets gibt es drei Mal so viele Fische wie noch vor zehn Jahren. Die Fischer in der Nachbarschaft profitieren vom Überfluss. Sie fangen mehr Fische mit weniger Aufwand. Es gibt viel zu wenig Meeresschutzgebiete. Und in vielen ist kommerzieller Fischfang noch erlaubt. Wir müssen ein Drittel aller Küstenmeere in echte Schutzgebiete umwandeln. Dann würden sich die Fischgründe unseres Planeten erholen, zum Wohle der Menschheit und der Natur. Besuchen Sie ourplanet.com, um zu erfahren, was wir jetzt tun müssen, um die Küstengewässer wiederherzustellen. Untertitel von: Irina Janke